Reutlingen, 19. März 2022 | Bild: picture alliance / Eibner-Pressefoto | Drofitsch/Eibner

Corona-Proteste: 12. (und letzter) Lagebericht

Die Zahl der Teilnehmer der Montagsdemonstrationen gegen Impfpflicht und Corona-Politik ist noch sechsstellig, aber weiter rückläufig. Multipolar schließt die seit Anfang Januar laufende wöchentliche Artikelreihe mit dieser Folge. Sollten die Proteste wieder erstarken, wird die Berichterstattung fortgesetzt.

PAUL SOLDAN, 23. März 2022, 2 Kommentare, PDF

Die Montagsdemonstrationen vom 21. März

Offiziellen Angaben zufolge kam es zu den größten Protesten in Nürnberg (2.400 Teilnehmer), Bautzen (1.700), Gera (1.300), Chemnitz (1.200), Freiberg (1.000), Pforzheim, Rostock und Altenburg (jeweils 900), Halle, Kempten und Görlitz (800) sowie in Schwerin (700).

In Köln haben laut der Zählung eines Teilnehmers rund 1.100 Menschen demonstriert; offizielle Angaben dazu fehlen. In Nürnberg sind die Angaben zur Teilnehmerzahl strittig. Laut der Initiative „Team Menschenrechte Nürnberg“ nahmen rund 4.200 Menschen teil (Video).

Multipolar hat die offiziellen Gesamtzahlen der Bundesländer erneut bei den Innenministerien und Polizeidirektionen der Länder abgefragt, soweit diese nicht schon in der Presse veröffentlicht wurden. Das Bundesland Hessen weist seit kurzem keine Gesamtzahl zur Menge der Versammlungen mehr aus; die Gesamtzahlen zu Thüringen sind unvollständig. Die Gegendemonstrationen sind in den meisten Bundesländern (dort, wo ihre Zahl durch die Polizei separat ausgewiesen wird) bereits herausgerechnet. Demzufolge demonstrierten am Montag in:

  • Baden-Württemberg (24.400 bei 250 Demos)
  • Sachsen (22.000 bei 159 Demos)
  • Bayern (22.000 bei 90 Demos)
  • Thüringen (9.400 bei 50 Demos)
  • Nordrhein-Westfalen (9.000 bei 116 Demos)
  • Brandenburg (8.900 bei 66 Demos)
  • Sachsen-Anhalt (6.900 bei 46 Demos)
  • Hessen (5.600)
  • Niedersachen (5.100 bei 81 Demos)
  • Mecklenburg-Vorpommern (4.400 bei 28 Demos)
  • Schleswig-Holstein (3.400 bei 73 Demos)
  • Rheinland-Pfalz (3.400 bei 60 Demos)
  • Berlin (1.100 bei 6 Demos)
  • Saarland (500 bei 15 Demos)
  • Hamburg (100 bei 2 Demos)
  • Bremen (100 bei 1 Demo)

(Ergänzung 23.3.: Die Zahlen zu Bayern wurden ergänzt und die bundesweite Gesamtzahl korrigiert.)

Somit nahmen am 21. März bundesweit etwa 125.000 Menschen an mehr als 1.000 Demonstrationen teil. Damit sind die amtlichen Teilnehmerzahlen weiter zurückgegangen (Vorwoche 140.000).

Das Protestgeschehen vom 15. bis 20. März

Zu den größten Protesten der vergangenen Woche kam es laut offiziellen Angaben in Reutlingen (Samstag / 4.800 Teilnehmer), Dippoldiswalde (Freitag / 2.100), Frankfurt am Main und Düsseldorf (Samstag / jeweils 1.500), Freiburg (Samstag / 1.000) sowie in Regensburg (Sonntag / 900).

In den vergangenen Monaten zählte Augsburg (Video) regelmäßig zu den Städten mit dem größten Protestgeschehen. Offizielle Angaben von dort fehlen dieses Mal; letzten Samstag protestierten dort 3.300 Menschen. Auch in Dresden wurde am Sonntag demonstriert. Konkrete Angaben zur Beteiligung fehlen. Laut Polizei hätten mehrere Tausend Teilnehmer am Protestgeschehen teilgenommen; angemeldet waren 4.000 Personen. Auf Multipolar-Nachfrage bezifferte die Initiative „Querdenken 351 Dresden“ die Zahl auf rund 7.000 (Video). In Regensburg sind die Angaben zur Teilnehmerzahl strittig. Ein Mitglied des Orga-Teams schätzte die Zahl auf 1.500.

Bürgerdialoge

Regensburg: Runder Tisch mit bayerischem Gesundheitsminister

Wie Multipolar von der Initiative „Gemeinsam in Regensburg“ erfuhr, ist am 12. April ein Runder Tisch mit sechs Maßnahmenkritikern aus dem ostbayerischen Raum und dem bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) in den Räumlichkeiten der Mittelbayerischen Zeitung geplant. Thema ist die einrichtungsbezogene Impfpflicht. In den vergangenen Monaten hatte in Regensburg eine Unterschriftenaktion stattgefunden – Multipolar berichtete –, an der sich gut 500 Beschäftigte aus dem medizinischen Bereich beteiligten, denen mit Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht der Verlust des Arbeitsplatzes droht. In Folge ihres Wegfalls könnten 8.800 Patienten nicht mehr versorgt und 98.000 medizinische Leistungen nicht mehr erbracht werden. Am 17. Februar waren die Ergebnisse dieser Aktion der Regensburger Landrätin Tanja Schweiger (Freie Wähler) übergeben worden.

Multipolar hat in diesem Zusammenhang beim bayerischen Gesundheitsminister nachgefragt, ob die Ergebnisse der Unterschriftenaktion ausschlaggebend für die Beteiligung an dem geplanten Runden Tisch seien, ob mit einer konsequenten Umsetzung der Impfpflicht die medizinische Versorgung in Bayern in Gefahr sei, was sich der Gesundheitsminister von dem Dialog verspreche und ob in Zukunft weitere solcher Formate vorgesehen seien.

(Ergänzung 26.3.: Antwort des Bayerischen Gesundheitsministeriums auf die Presseanfrage vom 18. März:

"Bayerns Gesundheitsminister Holetschek wurde von der Mittelbayerischen Zeitung zu besagter Diskussionsrunde eingeladen. Der Bürgerdialog im Allgemeinen, aber auch der Austausch von Argumenten mit kritischen Stimmen und Vertretern anderer Meinungen nimmt dabei für Minister Holetschek einen hohen Stellenwert ein. Dies zeigt auch die Vergangenheit, in der Holetschek sich offen auch auf kontroverse Dialoge eingelassen hat. Daher hat er diese Einladung gerne angenommen und wird dies auch zukünftig nach Möglichkeit tun. Darüber hinaus ist dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege kein Zusammenhang mit einer Unterschriftenliste bekannt.")

Wanderausstellung im Burgenlandkreis

In Naumburg hatten Ende Januar die Organisatoren der Montagsspaziergänge die Umfrage „Wofür gehst du auf die Straße?“ durchgeführt, um dem Protest im Burgenlandkreis eine Stimme zu verleihen – Multipolar berichtete. Die Antworten wurden anschließend systematisiert und am 29. Januar auf dem Naumburger Marktplatz bekannt gegeben. Zuvor waren von dem aus dieser Aktion heraus entstandene Bürgergremium „Die Bürgerstimme“ verschiedene Bundes- und Kommunalpolitiker sowie die Bürgermeister der beteiligten Städte aus dem Burgenlandkreis zu dieser Bekanntgabe eingeladen worden. Ein Mitglied der Bürgerstimme teilte Multipolar mit, dass bis auf Martin Reichardt, Bundestagsabgeordneter der AfD, und Kerstin Worms, Kreistagsabgeordnete der AfD, kein Politiker dieser Einladung nachgekommen sei.

Im Folgenden sei zwar ein Bürgergespräch mit Landrat Götz Ulrich (CDU) angedacht gewesen, aber von den Vertretern der Montagsdemos wegen mangelnder Transparenz und dem Ausschluss der Öffentlichkeit abgesagt worden. Das Gespräch habe trotzdem stattgefunden, jedoch „ohne uns und unter Ausschluss der Presse“, so ein Mitglied der Bürgerstimme auf Nachfrage.

In einer Pressemitteilung vom 14. März machte das Bürgergremium nun eine Wanderausstellung bekannt, auf welcher die Schriftstücke wie ausgefüllte Umfrageergebnisse, Schriftverkehr, regionale Zeitungsartikel sowie Fotos präsentiert würden. In der Mitteilung heißt es:

„Die Teilnehmer der Montagsdemos im Burgenlandkreis haben ein überwältigendes Zeugnis zu ihren Motiven, Sorgen und Fragen in Schriftform eingereicht. Die Einreichungen gingen in die Tausende. (...) Viele dieser bewegenden Zeitzeugnisse wurden und werden durch Unterstützer der Bürgerstimme verlesen und öffentlich gemacht. Eine große repräsentative Auswahl der Einsendungen wird auf dieser Wanderausstellung veröffentlicht. Kein Amt, keine Presse, kein Mandatsträger hat sich diese Mühe gemacht – es waren Bürger aller Schichten, die die Meinungen kategorisierten, zählten und in einer Auswertung und einem Forderungskatalog zusammengefasst, die berechtigten Sorgen der Menschen mit Aufmerksamkeit gewürdigt und diese spannende Wanderausstellung organisiert haben.

Kein Amt, keine Presse, kein Mandatsträger hat sich für die berechtigten Sorgen der Menschen auf den angemeldeten Montagsdemos ernsthaft interessiert. Da mag der eine oder andere Protagonist geleugnet haben, eine Einladung bekommen zu haben. Dieselben Protagonisten, die nicht das Rückgrat hatten, mit ihren Bürgern zu sprechen, haben bei den Veranstaltungen im Januar Platz auf der Bühne gelassen und geschaffen für ihre politischen Gegner und sich dann herausgeredet, es seien ja politische Gegner da, mit denen wolle man ja sich nicht auf eine Bühne stellen, gaben dieser größten demokratischen Bewegung im Burgenlandkreis damit die Schuld für ihr eigenes Fernbleiben, für ihre eigene Dialogverweigerung. (...) Der Fairness halber sei erwähnt: Zwischenzeitlich gab es, spät, kleine Zeichen von Interesse: Ein ‚runder Tisch‘ sollte stattfinden, mit ausgewählten Vertretern, hinter geschlossenen Türen, nach einseitigen Bedingungen. Ein Bürgerdialog geht natürlich von selbstbewussten, redlichen Bürgern aus. Von wem denn sonst? Und ein Bürgerdialog findet im Moment durch den Austausch auf der Ausstellung kraftvoll, selbstbewusst und erfolgreich statt.“

Dazu teilte ein Mitglied der Bürgerstimme Multipolar mit, dass die Ausstellung am 20. März in Zeitz stattgefunden habe, am 27. März werde sie in Naumburg gezeigt.

Hannover: weitere Erklärung gegen Spaziergänger

Zusammen mit dem „Deutschen Gewerkschaftsbund Niedersachsen-Mitte“ hat das „Bündnis bunt statt braun“ am 22. März die „Hannoversche Erklärung zu den ‚Spaziergängen‘ gegen die Corona-Maßnahmen“ bekannt gegeben. Darin heißt es:

„Mit großer Sorge beobachten wir die seit vielen Wochen stattfindenden unangemeldeten Demonstrationen in unserer Stadt und auch bundesweit, die sich als angebliche ‚Spaziergänge‘ gegen die Corona-Schutzmaßnahmen tarnen. (...) Vielerorts nehmen rechte Akteure von AfD bis Neonazi-Kameradschaften an den sich heterogen zusammensetzenden Protesten teil. (...) Seit zwei Jahren kämpft unsere Stadtgesellschaft gegen die Corona-Pandemie und ihre Folgen. An vorderster Linie stehen dabei die Beschäftigten im Gesundheitswesen, aber auch im Einzelhandel und vielen anderen Branchen. Sie alle halten unsere Gesellschaft trotz einer weltweiten Pandemie tagtäglich am Laufen. (...) Wir denken an die Kinder, Schülerinnen und Studentinnen, die einerseits stark unter Kontaktbeschränkungen und Distanzunterricht gelitten haben und die sich andererseits in der Omikron-Welle aufgrund ihres vielfach noch fehlenden Impfschutzes als besonders infektionsbedroht erwiesen haben. (...)

Wir stehen ein für eine demokratische Gesellschaft. Hierzu gehört das allgemeine Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit – auch und gerade in gesellschaftlichen Krisenzeiten. Das zeichnet unsere demokratische Gesellschaft aus. Wer jedoch gezielt versucht das Versammlungsrecht und Corona-Schutzmaßnahmen zu unterlaufen, wer der Präsenz und dem Wirken von Rechtsextremen auf den eigenen Demonstrationen nicht widerspricht, der verlässt das Fundament demokratischen Protests. (...) Wir alle haben die Pandemie satt. Dennoch ist für uns klar: Ohne ein entschieden solidarisches Handeln, zu dem eben auch die selbstbestimmte Entscheidung für die Corona-Schutzimpfung zählt – zum eigenen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen, aber auch zum Schutz unserer Mitmenschen und des Gesundheitssystems – ohne dieses solidarische Handeln werden wir diese Pandemie nicht in den Griff bekommen.“

In diesem Zusammenhang stellen sich mehrere Fragen: Zum einen, ob für die Erklärenden das „Fundament demokratischen Protests“ gleichbedeutend mit politisch erlaubtem und regierungskonformem Protest ist – mit dieser Haltung hätte das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit keine vollumfängliche Geltung mehr –, und zum anderen, inwieweit die Solidarität der Erklärenden auch für diejenigen im Gesundheitswesen Beschäftigten gilt, deren Arbeitsplätze aktuell von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht bedroht sind. Hierzu und auch bezüglich der drohenden allgemeinen Impfpflicht kann kaum von einer „selbstbestimmten Entscheidung“ gesprochen werden.

In Bezug auf den Impf-Aufruf der Erklärenden stellt sich zudem die Frage, wie dieser mit den diversen jüngst veröffentlichten Daten vereinbar ist. So hatte Gesundheitsminister Lauterbach kürzlich erklärt, dass eine „deutschlandweite, regional gleichzeitige Überlastung aller verfügbaren ITS-Kapazitäten“ nicht eingetreten sei, und der mittlerweile entlassene Vorstand der BKK ProVita, Andreas Schöfbeck, hatte in einem Brief an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) dargelegt, dass 2021 die Zahl der Menschen, die infolge von Impfnebenwirkungen nach der Corona-Impfung in ärztlicher Behandlung gewesen sind, vermutlich mehr als zehnmal so hoch sei wie vom PEI gemeldet. Zudem hatte am 18. März Hendrik Streeck in einem Interview erklärt, dass der Impfstoff nicht vor einer Infektion schütze und demnach das Virus „nicht ausrotten“ könne, sowie, dass, „wenn auch alle Menschen geimpft“ wären, die Pandemie damit „nicht vorbei“ wäre (Video).

Neues Infektionsschutzgesetz: Rückkehr zur Normalität gewünscht?

Am Freitag hat der Bundestag dem geänderten Infektionsschutzgesetz (IfSG) zugestimmt, womit zum 20. März erste bundesweite Corona-Beschränkungen weggefallen sind – darunter 3G in Bus und Bahn sowie am Arbeitsplatz. Ein Großteil der vom Bund erlassenen Corona-Maßnahmen gilt damit nicht mehr, jedoch können die Bundesländer zukünftig zu stärkeren Einschränkungen wie Abstands- und Hygieneregeln, Maskenpflicht sowie 3G-, 2G- oder 2G-Plus-Nachweise zurückkehren, wenn dies die Infektionslage in sogenannten Hotspot-Gebieten erfordere. Ein Hotspot-Gebiet kann sich demnach auf einen Stadtteil beschränken, aber auch ein ganzes Bundesland umfassen. Die neuen Auflagen sollen maximal bis zum 23. September gelten. In einer Übergangszeit bis zum 2. April können die Länder die bisherigen Maßnahmen noch aufrecht erhalten.

Viele Bundesländer äußerten scharfe Kritik an der Zurücknahme der tiefgreifenden Einschränkungen und kündigten an, die Übergangsfrist zur, zumindest teilweisen, Aufrechterhaltung der bisherigen Regeln nutzen zu wollen.

Im Anschluss der Bund-Länder-Gespräche erklärte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident, Hendrik Wüst (CDU), dass das von der Bundesregierung geplante Gesetz „das exakte Gegenteil“ von dem sei, was die Länder bräuchten, um schnell auf dramatische Corona-Entwicklungen reagieren zu können. Laut ihm benötigten die Länder weiterhin „Basismaßnahmen“ wie Abstand, Maske und Tests, die auch in kurzer Zeit verhängt werden können müssten.

Auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) kritisierte das geänderte IfSG und betonte, dass er mit dem neuen Entwurf höchst unzufrieden sei.

Der bayerische Minister für Bundesangelegenheiten Florian Herrmann (CSU) sagte dazu: „Das ist alles eine Unverschämtheit“, da die Länder es nun im Eiltempo regeln müssten, wenn sie eine Übergangsfrist vor dem grundsätzlich beschlossenen Auslaufen bundesweiter Vorgaben nuzen wollten. „Es blickt ja auch niemand mehr durch, welche Regelung wann gilt“, so der Minister.

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) erklärte, dass das Verfahren unsäglich und schlichtweg unwürdig sei, da es bei dem neuen Gesetz keine Abstimmung mit den Ländern gegeben habe. Zudem würde es keine klaren Kriterien zur Definition eines Hotspots geben.

Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) monierte, dass das Gesetz „ohne unser Fachwissen“ geändert worden sei. Dazu kritisierte er Bundeskanzler Olaf Scholz, der ihm ausdrücklich zugesichert habe, dass eine Zusammenarbeit mit den Ländern beim neu gefassten IfSG selbstverständlich sei.

Laut Stefanie Drese (SPD), Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern, ist die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Aufhebung „elementarer Schutzmöglichkeiten“ falsch; die Belastung in MV sei so hoch wie nie. Daher plane die Landesregierung, das ganze Bundesland zum Hotspot-Gebiet zu erklären, um auch nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes striktere Maßnahmen einsetzen zu können. Auch für ganz Sachsen steht eine solche Erklärung zum Hotspot-Gebiet im Raum.

In Anbetracht dessen, dass die Regierungschefs den von vielen Menschen langersehnten Abbau der Corona-Maßnahmen derart vehement kritisieren und ablehnen, stellt sich die Frage, ob die politischen Verantwortungsträger überhaupt an einer Rückkehr zu einem normalen Leben interessiert sind oder ob die Beschränkungen und Ermächtigungen mittlerweile zum Selbstzweck geworden sind.

Bundestagsdebatte zur allgemeinen Impfpflicht

Am Donnerstag vergangener Woche fanden im Bundestag erste Lesungen zu den verschiedenen Gesetzentwürfen – fünf an der Zahl – zu einer allgemeinen Impfpflicht statt. In der ersten Aprilwoche soll über die Entwürfe abgestimmt werden. Die parteiübergreifenden Gruppenanträge beinhalten auf der einen Seite eine komplette Ablehnung einer allgemeinen Impfpflicht, und reichen auf der anderen Seite von einer Impfpflicht je nach Infektionslage (auf Vorrat) bis zu einer Impfpflicht für alle Erwachsenen ab 50 oder gar ab 18. Einen Gesetzentwurf der Regierung gibt es nicht. Zur Begründung der Regierungsparteien heißt es, dass bei diesem sensiblen Thema kein Fraktionszwang gelten dürfe, damit die Abgeordneten rein nach ihrem Gewissen entscheiden könnten. Eine klare Mehrheit findet sich jedoch bislang zu keinem der Anträge. So sagte Sepp Müller, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU: „Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Impfpflicht tot. Es gibt keine eigene Mehrheit der Ampel für eine Impfpflicht ab 18.“

Gegen eine Impfpflicht sprach sich bei der Bundestagsdebatte AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel aus. „Die vorliegenden Anträge für eine Impfpflicht in verschiedenen Spielarten sind das Produkt von verbohrter Besessenheit und ignoranter Tatsachenverweigerung“, so Weidel. Die Impfpflicht sei auf falschen Tatsachenbehauptungen aufgebaut, da die Impfung weder vor Ansteckung noch vor Verbreitung des Virus schütze. „Eine das Gesundheitssystem gefähredende Überlastung der Krankenhäuser gab es nie, es gibt sie nicht, sie droht auch nicht; das hat im Übrigen der Gesundheitsminister unfreiwillig zugeben müssen“. Zudem würde eine allgemeine Impfpflicht zentrale Grundrechte wie die Menschenwürde, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit sowie das Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit verletzen, so Weidel. Die Unterstützer der Impfpflicht rief sie dazu auf, ihre Anträge zurückzuziehen und gemeinsam den Irrweg der einrichtungsbezogenen Impfpflicht zu beenden: „Sie reiten ein totes Pferd, bitte steigen Sie ab!“

Auch Gregor Gysi (Die Linke) positionierte sich gegen eine allgemeine Impfpflicht. „Ich bin ein strikter Gegner der allgemeinen Impfpflicht. Bei Masern war ich dafür, weil das die Krankheit ausrottete, das schafft der Impfstoff hier nicht“, sagte er. Dagegen forderte er mehr Aufklärung. Geldbußen seien aber der falsche Weg.

Für die Impfung an sich, jedoch gegen die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht warb Manuel Höferlin (FDP). Dazu erklärte er: „Schützt die Impfung sicher vor Ansteckung? Nein. Schützt die Impfung vor Ansteckung anderer? Nein. Verhindern wir mit der Impfpflicht eine Infektionswelle im kommenden Herbst? Die Antwort ist: Nein!“ Er selbst sei geimpft und auch geboostert, wie er betonte, und empfehle dies mit Nachdruck auch jedem. Jedoch resultiere daraus nicht die Pflicht zu einer Impfung.

Mit 236 weiteren Bundestagsabgeordneten aus vier Fraktionen unterstützt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Impfpflicht ab 18, da Deutschland ohne deutlich höhere Impfquote im Herbst mit nahezu einhundertprozentiger Wahrscheinlichkeit eine neue Coronawelle erleben werde. Die Ungeimpften trügen derzeit die Verantwortung dafür, „dass wir nicht weiterkommen“. Den Vorschlag der CDU für eine Impfpflicht auf Vorrat lehnte er ab.

Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vertritt die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht, da mit reiner Freiwilligkeit der „Grundschutz in der Gesellschaft“ nicht gelänge: „Die Freiheitsinterpretation der wenigen darf nicht zur permanenten Freiheitseinschränkung der vielen führen. (…) Wir haben es satt. Die Menschen in diesem Land haben es satt. Bringen wir diese Pandemie endlich hinter uns! Erledigen wir das Virus, und kehren wir dann zur Freiheit zurück.“

Über den Autor: Paul Soldan, Jahrgang 1988, war nach seiner Ausbildung zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen bis zum Jahr 2017 für verschiedene Finanzdienstleistungsunternehmen in Hamburg tätig. Von 2018 bis 2021 arbeitete er am Volkstheater Rostock, unter anderem als Regieassistent. Seit Anfang 2022 schreibt er regelmäßig für Multipolar über das Demonstrationsgeschehen in Deutschland.

BERNHARD MÜNSTERMANN, 24. März 2022, 18:00 UHR

Ein Blick nach Frankreich: Rechtsanwältin Maître Virginie de Araujo-Recchia wurde am Morgen des 23. März 2022 in Paris festgenommen und in Untersuchungshaft genommen. Bericht darüber, darin ein aufgezeichnetes Video, in dem sich die Anwältin zum Zustand des französischen Rechtssystems äußert.

https://www.apar.tv/societe/lavocate-me-virginie-de-araujo-recchia-raflee-chez-elle-devant-ses-enfants-par-letat-francais/

Der vielfach einschlägig medial diffamierte Jean-Dominique Michel, Gesundheits-Anthropologe aus Genf, im Gespräch auf dem belgischen Kanal Kairos.

https://www.kairospresse.be/arrestation-de-lavocate-virginie-de-araujo-recchia-interview-de-jean-dominique-michel/

Dieses Geschehen im laufenden Wahlkampf bei unseren französischen Nachbarn ist auch deshalb alarmierend, weil Mme. Virginie de Araujo-Recchia mehrfach im Corona Untersuchungsausschuss im Zoom zu sehen und zu hören war und zudem in der Grand Jury - The Court Of Public Opinion aktiv ist. Die Zeiten werden härter, die Eliten sind nervös. Obwohl die Demonstrationen aktuell weniger Menschen auf die Straße bringen, gilt weiterhin: Qui tacet, consentire videtur.

BERNHARD MÜNSTERMANN, 31. März 2022, 18:50 UHR

Nach ihrer Entlassung aus der Untersuchungshaft beim Inlandsgeheimdienst DGSI (Direction générale de la sécurité intérieure) äußert sich Mme Virginie de Araujo-Recchia zum Geschehen:

Bericht France Soir aktualisiert am 31.3.2022 in franz. Sprache:
https://www.francesoir.fr/politique-france/me-virginie-de-araujo-recchia-communique-suite-gav-dgsi

Bericht Time News v. 30.3.2022 in engl. Sprache:
https://time.news/me-virginie-de-araujo-recchia-communicates-following-her-custody-by-the-dgsi/

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