Gera, 21. Februar 2022 | Bild: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Bodo Schackow

Corona-Proteste: Mehr als 180.000 Bürger am Montag auf der Straße

Die Zahl der Demonstranten, die am Montag gegen die Impfpflicht und die Corona-Politik der Regierung protestierten, ist im Vergleich zur Vorwoche um mehr als 30 Prozent zurückgegangen: Vom Sturmtief verweht – oder ist die Luft raus?

PAUL SOLDAN, 23. Februar 2022, 0 Kommentare, PDF

Die Montagsdemonstrationen vom 21. Februar

Mehr als 180.000 Menschen haben am Montag bundesweit gegen die Corona-Politik demonstriert. Laut offiziellen Angaben kam es zu den größten Protesten in Bautzen (3.200 Teilnehmer), Chemnitz (2.500), Nürnberg (2.000), Gera (1.900), Kempten (1.500), Halle (1.400), Görlitz, Freiberg, Landshut, Altenburg und Schwerin (jeweils 1.200) sowie in Rostock und Löbau (jeweils 1.000).

Auch in Dresden wurde demonstriert (Video). Angaben zur Teilnehmerzahl sind dem Polizeibericht jedoch nicht zu entnehmen. Auf telefonische Nachfrage teilte das Dresdner Polizeipräsidium mit, dass derzeit keine Teilnehmerzahlen veröffentlicht würden, da die bis vor kurzem noch geltenden Teilnehmerbegrenzungen in Sachsen aufgehoben wurden. In den Polizeiberichten der anderen Direktionen des Landes werden die Zahlen dagegen ausgewiesen.

In einigen Städten ist an diesem Montag ein enormer Rückgang der Teilnehmerzahlen zu beobachten. Offiziellen Angaben zufolge demonstrierten in Pforzheim 700 Personen – drei Wochen zuvor waren es noch 5.000 –, Wittenberg 680 (eine Woche zuvor noch 1.900), Gotha 500 (zwei Wochen zuvor noch 2.000), Neubrandenburg 875 (drei Wochen zuvor noch 1.700) sowie in Saalfeld 700 (eine Woche zuvor noch 1.500).

Bautzen, 21. Februar 2022 | Bild: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Kahnert

Multipolar hat die offiziellen Gesamtzahlen der Bundesländer erneut bei den Innenministerien und Polizeidirektionen der Länder abgefragt, soweit diese nicht schon in der Presse veröffentlicht wurden. Die Gegendemonstrationen sind in den meisten Bundesländern (dort, wo ihre Zahl durch die Polizei separat ausgewiesen wird) bereits herausgerechnet. Demzufolge demonstrierten am Montag in:

  • Sachsen (39.300 bei 165 Demos)
  • Bayern (32.500 bei 120 Demos)
  • Baden-Württemberg (32.000 bei 279 Demos)
  • Thüringen (14.000 bei 73 Demos)
  • Nordrhein-Westfalen (13.000 bei 137 Demos)
  • Brandenburg (10.000 bei 66 Demos)
  • Sachsen-Anhalt (8.600 bei 50 Demos)
  • Niedersachsen (7.400 bei 127 Demos)
  • Mecklenburg-Vorpommern (7.200 bei 38 Demos)
  • Hessen (7.000 bei 115 Demos)
  • Schleswig-Holstein (6.000 bei 93 Demos)
  • Rheinland-Pfalz (4.600 bei 81 Demos)
  • Berlin (2.000 bei 6 Demos)
  • Saarland (600 bei 12 Demos)
  • Hamburg (300 bei 5 Demos)
  • Bremen (150 bei 2 Demo)

Damit nahmen am 21. Februar bundesweit etwa 185.000 Menschen an 1.372 Demonstrationen teil. Die amtlichen Teilnehmerzahlen sind damit im Vergleich zur Vorwoche um über 30 Prozent zurückgegangen, am stärksten in Nordrhein-Westfalen (45 Prozent) sowie in Hessen und Thüringen (jeweils 40 Prozent).

Inwieweit das durchziehende Sturmtief mit Sturmwarnungen in weiten Teilen des Landes eine Rolle spielte, oder aber eine generell nachlassende Bereitschaft zu demonstrieren für den starken Rückgang verantwortlich ist, werden die Teilnehmerzahlen in der kommenden Woche zeigen.

Das Protestgeschehen vom 15. bis 20. Februar

Zu den größten Protest in der vergangenen Woche kam es laut offiziellen Angaben in Augsburg (Samstag / 5.500 Teilnehmer) (Video), Reutlingen (Samstag / 4.500), Freiburg (Samstag / 4.500), Frankfurt (Samstag / 3.500) (Video), Düsseldorf (Samstag / 3.000) (Video), Saarbrücken (Sonntag / 2.200), Dresden (Samstag / 2.000), Bautzen und Ansbach (jeweils Samstag / 1.600), Regensburg (Sonntag / 1.300), Wolgast (Dienstag / 1.100) sowie in München (Sonntag / 1.000 – Angabe des Veranstalters auf Nachfrage) (Video).

Düsseldorf, 19. Februar 2022 | Bild: picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt/Geisler-Fotopress

Die Angaben zu den Teilnehmerzahlen sind erneut teilweise strittig. Wie Multipolar auf Nachfrage erfuhr, nahmen in Regensburg laut Veranstalter 2.000 Menschen teil und in Frankfurt schätzte die Initiative „Protest Hessen“ die Teilnehmerzahl auf 10.000.

Welche Folgen hat die einrichtungsbezogene Impfpflicht?

Ab dem 16. März soll die einrichtungsbezogene Impfpflicht im medizinischen Bereich Bereich gelten. Als politisches Hauptargument gilt, eine Überlastung des Gesundheitssystems und speziell der Intensivstationen zu verhindern, obwohl eine solche Überlastung bis heute nicht eingetreten ist. So erklärte Gesundheitsminister Lauterbach auf schriftliche Nachfrage des Bundestags-Vizepräsidenten Wolfgang Kubicki:

„Eine deutschlandweite, regional gleichzeitige Überlastung aller verfügbaren ITS-Kapazitäten, die eine systemische Unterversorgung von intensivpflichtigen COVID-19-Fällen oder deren strategische Verlegung ins Ausland bedeutet hätte, trat nicht ein“.

Welche Folgen hätte eine solche Impfpflicht für die medizinische Versorgung im Land? In Ostsachsen ist die Situation dramatisch. „Ärzte aus dem Kreis schätzen die Quote der ungeimpften Pfleger auf bis zu 40 Prozent“, so ein Bericht in Tichys Einblick. Udo Witschas (CDU), stellvertretender Landrat von Bautzen, hatte dazu Ende Januar persönlich zu den Demonstranten gesprochen und erklärt, dass das Gesundheitsamt des Landkreises Bautzen den betroffenen Mitarbeitern „kein Betretungsverbot aussprechen“ werde (Video).

Zu diesen potenziellen Folgen haben die Organisatoren der Corona-Demonstrationen in Regensburg die Ergebnisse einer seit Januar geführten Unterschriftenaktion am 17. Februar an die Regensburger Landrätin Tanja Schweiger (Freie Wähler) übergeben, wie Multipolar von einem der Organisatoren erfuhr. Insgesamt 465 Personen, die zum 16. März ihren Arbeitsplatz verlieren würden, hatten sich an dieser Aktion beteiligt. Mit dem Wegfall dieser 465 Beteiligten ergäben sich für den Raum Regensburg demnach folgende Auswirkungen pro Monat:

  • 8.800 Patienten könnten nicht mehr versorgt werden
  • 98.000 medizinische Leistungen könnten insgesamt nicht mehr erbracht werden
  • 24.000 Therapien könnten nicht mehr erbracht werden
  • 65.000 Laborauswertungen könnten nicht mehr erbracht werden

185 Personen konnten konkrete Zahlen zum Wegfall der Leistungen angeben, bei den verbliebenen Befragten wurden die entfallenen Leistungen mit dem niedrigst möglichen Schlüssel hochgerechnet, so ein Mitglied des Regensburger Orga-Teams.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob so eine angemessene medizinische Versorgung noch gewährleistet werden kann. Durch den Wegfall des genannten medizinischen Personals könnte es tatsächlich zu derjenigen Überlastung des Gesundheitssystems kommen, vor der die einrichtungsbezogene Impfpflicht eigentlich schützen soll.

Multipolar hat dazu bei der Regensburger Landrätin Tanja Schweiger nachgefragt. In einer gemeinsam mit den Initiatoren der Unterschriftenaktion aufgesetzten Pressemitteilung vom 22. Februar erklärte Schweiger, man müsse „die Sorge der Betroffenen ebenso wie Bürgeranliegen immer ernst nehmen“. Besonders hinsichtlich der Pflegeberufe sind sich sowohl die Landrätin als auch Florian Kuttner, einer der Initiatoren der Aktion, einig: „Eine einrichtungsbezogene Impfpflicht führt zu Versorgungsengpässen“. Die Impfpflicht sei unverhältnismäßig, so Kuttner, „da durch sie weder eine sterile Immunität entsteht, noch bekannt ist, gegen welche Varianten mit welchem Impfstoff geimpft werden soll.“ Als Mitorganisator der Regensburger Demonstrationen, die in der Regel samstags stattfinden, würde es Kuttner als Erfolg ansehen, wenn nicht nur die einrichtungsbezogene Impfpflicht wegfallen würde, sondern auch die geplante allgemeine sowie die „sinnlosen, symptomlosen Massentestungen“ und auch die Maskenpflicht.

Bürgerdialoge auf Sparflamme

Stollberg

In Stollberg im Erzgebirge hat sich Bürgermeister Marcel Schmidt (Freie Wähler) am 16. Februar schriftlich an die Bürger gewandt:

„Während anderswo die Masken fallen, sitzen hierzulande weiterhin Kinder stundenlang in den Schulen mit Masken – ungeachtet möglicher Kollateralschäden. Gastronomie und Einzelhandel sollen 'vorsichtig' von 2G oder 2G+ zu 3G geführt werden. Die Angst ist überall präsent. Manche Menschen laufen allein mit FFP-Maske auf leeren Straßen. Vor Wochen überschlugen sich die Medien mit Schuldzuweisungen an die 'dummen Sachsen' im Erzgebirge, die bei bundesweit geringster Impfquote die höchsten Inzidenzen aufwiesen. Als kürzlich der deutsche Norden bei höchster Impfquote die gleichen Zahlen vermelden musste – waren dieselben Medien mucksmäuschenstill. Niemand besprach diesen offensichtlichen Widerspruch. (...) Bürgerinnen und Bürger, die diese Abweichungen dazu bewegten, auf die Straße zu gehen und schon frühzeitig darauf hinzuweisen, dass eine 'einrichtungsbezogene Impfpflicht' eine große Gefahr für den Pflege- und Gesundheitssektor bedeute – wurden als rechtsextreme Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt. (...) Mittlerweile ist die 'einrichtungsbezogene Impfpflicht' verschoben – weil wir sonst den Pflege- und Gesundheitssektor gefährden. Haben die Leute auf der Straße etwa doch Recht gehabt?

Menschen, die auf die Straße gehen, um dort friedlich ihre Bedenken kund zu tun, sind Teil einer lebendigen und gelebten Demokratie. Sie sind der Ausdruck dessen, dass Teile der Bürgerschaft anderer Meinung als der öffentlich vorgetragenen sind. In dieser Kritik können durchaus berechtigte Aspekte enthalten sein, jedenfalls sind sie ein Stimmungsindikator für das politische Klima im Lande. (...) Und wenn beispielsweise gegen eine 'einrichtungsbezogene Impfpflicht' demonstriert wird und wenige Wochen später Landräte einen Aufschub dieser Impfpflicht fordern, dann sollte sachlich mit der Forderung aus Teilen der Bevölkerung umgegangen werden. (...) Ein Jeder, der auf die Straße geht, um friedlich seine Meinung zu äußern, ist ein wertvoller und engagierter Beitrag unserer Demokratie und unserer gelebten Verfassung.“

Bad Dürrenberg

In der südlich von Halle (Saale) gelegenen Stadt Bad Dürrenberg hat Bürgermeister Christoph Schulze (CDU) am 7. Februar zu Teilnehmern der Montagsdemonstrationen gesprochen,auch zur nahenden einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Diese sei zwar ehrlicher als eine Impfpflicht durch die Hintertür, aber sie spalte, so Schulze. Zudem prognostizierte er, dass ausgesprochene Beschäftigungsverbote zu Klagen führen und Gerichte die Verbote in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit nicht bestätigen würden.

Am 8. Februar ergänzte er: „Wer nicht bereit ist, zu reden, findet keine Lösung.“ Es sei ihm ein Bedürfnis gewesen, nicht als Bürgermeister, sondern als normaler Einwohner, mit den „Spaziergängern“ zu reden, da sich an den Protesten „Menschen wie Du und ich“ beteiligen würden. Eine von Multipolar erbetene weitergehende Stellungnahme lehnte der Bürgermeister mit Verweis auf anderweitige Verpflichtungen ab.

Flensburg

Aus Flensburg heißt es auf Nachfrage, dass die Stadtverwaltung bereits seit dem ersten „sogenannten ‚Spaziergang‘ den Dialog“ suche. „Leider war es bisher nicht möglich einen Kontakt herzustellen, mit dem Absprachen im Rahmen des Versammlungsrechtes zu treffen möglich war. Eine Bereitschaft unter den Spaziergängern dazu, war aus unserer Sicht bisher auch nicht zu erkennen. Am 12.02. ist es erstmals gelungen eine rudimentäre Absprache zu treffen.“ Zu möglichen Spannungen in der Stadt heißt es: „Die Tatsache, dass Menschen in unserer Stadt ihrem grundgesetzlich verbrieften und im Schleswig-Holsteinischen Versammlungsfreiheitsgesetz geregelten Recht sich zu versammeln nachgehen, wird seitens der Stadtverwaltung bisher nicht als Spannungen betrachtet, auch wenn wir die vor allem für den Einzelhandel existenzbedrohenden Auswirkungen mit Sorge betrachten“. „Außer einer bisher kaum aufzulösenden Unkenntnis über potentielle Gesprächspartner*innen“ sehe die Stadt keine Hürden, die einem Bürgerdialog im Weg stehen würden. Zudem führe die Stadt „zu zahlreichen kommunalen Projekten erfolgreich Bürgerdialoge durch“, so ein Sprecher.

Hildburghausen

Im thüringischen Hildburghausen hat Bürgermeister Tilo Kummer (Linke) am 7. Februar eine Erklärung mit dem Titel „Wir müssen wirklich reden!“ veröffentlicht und darin zum Dialog aufgerufen. Dabei bezog er sich auf eine Einladung zum Dialog an ihn, die am 3. Februar am städtischen Marktbrunnen hing, „sicherlich“ aufgrund des Polizeieinsatzes vom 2. Februar, so Kummer. Bei diesem soll eine 62-jährige Frau eine lebensbedrohliche Verletzung erlitten haben. Seit Monaten habe er versucht, mit den Demonstranten ins Gespräch zu kommen, jedoch nie eine Einladung erhalten. Neben Themen zu den Ängsten der Menschen in dieser Zeit, dem Rechtsauftrag der Polizei oder der zweifelhaften Sinnhaftigkeit manch rechtlicher Verordnungen heißt es zu den Demoauflagen in der Erklärung: „Nach aktuell geltendem Recht dürfen auf einer angemeldeten Versammlung beliebig viele Menschen unter freiem Himmel ihre Meinung äußern. Den notwendigen Abstand für die Hygienevorschriften lässt unser Markt zu und eine Maske oder einen Schal wird man in der Zeit sicher tragen können.“ Bezüglich der Einladung zum Dialog bot Kummer am Ende zwei Möglichkeiten an: Am 21. Februar sei eine Versammlung geplant, „auf der unter anderem den derzeit 380 Toten der Corona-Pandemie im Landkreis Hildburghausen gedacht werden soll“. Und am 23. Februar lade die „Stadtverwaltung gemeinsam mit dem Landratsamt im Rahmen der 2. Diskussionsrunde rund um Corona in einem YouTube-Kanal“ ein.

In diesem Zusammenhang hat Multipolar bei Bürgermeister Kummer nachgefragt, ob es nicht zielführender gewesen wäre, er selbst hätte die Demonstranten zum Dialog eingeladen, anstatt mehrere Monate auf eine Einladung zu warten; darüber hinaus, wie die Demonstranten aus seiner Sicht korrekt gegen Auflagen, wie die Maskenpflicht, protestieren können, ohne sich selbst zu demütigen; und zudem, ob die von ihm angebotenen Gesprächsforen tatsächlich für einen solchen Dialog geeignet seien, insbesondere, da es sich bei der geplanten Versammlung am 21. Februar mutmaßlich um eine Gegenveranstaltung handele.

Kummer äußerte dazu, dass auch für Bürgermeister Gesetze und Verordnungen gelten und er deshalb „nicht zu einer großen Versammlung ohne Maske und Abstand einladen“ könne, wenn das die Corona-Verordnung des Landes ausschließe. „Für die angemeldete Versammlung am 21.02.2022 wurde ein Hygienekonzept erstellt, welches unter anderem die Maskenpflicht beinhaltete. Das 1. Diskussionsangebot bei YouTube am 20.12.2021 wurde von ca. 700 Menschen angenommen und es gab die vielfache Bitte, es zu wiederholen und das Landratsamt mit einzubinden“, so Kummer. Seiner Ansicht nach würden die Demonstranten durch das Tragen einer Maske nicht ihre Würde verlieren und er glaube auch nicht, dass dies das Hauptproblem der Spaziergänger in Hildburghausen sei. Bezüglich des Polizeieinsatzes von Anfang Februar erklärte er: „Ich habe in der Südthüringer Rundschau deutlich gemacht, wofür die Polizei zuständig ist. Außerdem habe ich auch geschrieben, dass die Polizei keinen Freibrief für unangemessene Gewalt gegenüber Demonstranten hat und solche Fälle aufgeklärt werden müssten.“

Kempten

Aus Kempten im Allgäu heißt es auf Nachfrage, dass zwischen der städtischen Versammlungsbehörde, der Polizei sowie den „Versammlungsorganisatoren ein erfolgreicher Dialog“ vorhanden sei. „Grundsätzlich bestehen zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und der Stadt vielfältige intensiv genutzte Kontaktmöglichkeiten, vor allem mit den Mitgliedern des Stadtrats und gerade auch mit dem Oberbürgermeister Thomas Kiechle. Ein weiteres Format für einen Dialog halten wir daher nicht für notwendig“, so ein Sprecher.

Altenburg

Ein Sprecher der thüringischen Stadt Altenburg gab an, dass die Stadtverwaltung keine Runden Tische oder ähnliche Formate plane. „Altenburgs Oberbürgermeister ist regelmäßig im Dialog mit den Bürgern der Stadt, dabei wird kein Thema ausgespart. Die Bürgersprechstunden finden monatlich digital und analog statt.“

Paderborn

Eine Sprecherin teilte lediglich mit, dass die Stadt sich zur Frage der Bürgerdialoge momentan nicht äußere.

Schnellere Verurteilungen bei Straftaten auf Demos

Ende Januar hatte die Justizministerin Niedersachsens Barbara Havliza (CDU) angekündigt, dass nach Straftaten bei Corona-Demonstrationen die Täter rascher zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Versammlungs- und Meinungsfreiheit seien hohe Güter der Verfassung, wenn dabei aber „Grenzen überschritten werden, müssen wir klare Kante zeigen“, so Havliza. Demzufolge seien die Staatsanwaltschaften in Niedersachsen dazu aufgefordert worden, „in geeigneten Fällen das beschleunigte Verfahren anzuwenden“. „Dann soll es möglichst schnell zu einem Urteil kommen. Die Betroffenen sollen spüren, dass ihr Verhalten unmittelbare Konsequenzen hat. Das hätte dann durchaus Signalcharakter.“

In Hannover wurde am 17. Februar ein 45-jähriger Mann vom Amtsgericht im beschleunigten Verfahren „wegen tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 2.250 Euro verurteilt“. So wird dem Mann vorgeworfen, am 10. Januar in Hannover ohne vorgeschriebene Mund-Nasen-Bedeckung an einer Versammlung gegen die aktuellen Corona-Maßnahmen teilgenommen zu haben. „Als die Polizei die Versammlung zur Verfolgung dieser Ordnungswidrigkeit mittels Polizeikette stoppte“, habe der Angeklagte daraufhin die Polizeikette durchbrochen und sei geflüchtet. Als der 45-jährige kurz darauf von einem Polizeibeamten gestellt wurde, habe er diesen zu Boden gestoßen, worauf der Beamte gegen einen Fahrradständer gefallen sei und dadurch Verletzungen im Rippenbereich und am rechten Knie erlitten habe, so die Pressemitteilung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

In Osnabrück hat die Staatsanwaltschaft am 17. Februar einen Antrag auf beschleunigtes Verfahren gegen einen 54-jährigen Mann wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte gestellt. Laut Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft habe der Mann am 17. Januar in Lingen an einer Versammlung gegen die Corona-Maßnahmen teilgenommen und sich trotz wiederholter Aufforderung geweigert, eine Maske zu tragen. Der folgenden Personalienaufnahme habe sich der 54-jährige entziehen wollen, versucht, sich loszureißen und dabei „die Beamtin mit beiden Händen kräftig weggeschubst“, so die Pressemitteilung. Verletzungen der Beteiligten werden nicht erwähnt.

In diesem Zusammenhang drängt sich die Frage auf, ob mit Aburteilungen im beschleunigten Verfahren – ursächlich zurückzuführen auf das Nichttragen einer Maske – nicht jegliche Verhältnismäßigkeit verloren geht, und dieses Vorgehen nicht eher das Ziel verfolgt, Teilnehmer einzuschüchtern und so die Demonstrationsbewegung einzudämmen.

Über den Autor: Paul Soldan, Jahrgang 1988, war nach seiner Ausbildung zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen bis zum Jahr 2017 für verschiedene Finanzdienstleistungsunternehmen in Hamburg tätig. Von 2018 bis 2021 arbeitete er am Volkstheater Rostock, unter anderem als Regieassistent. Seit Anfang 2022 schreibt er regelmäßig für Multipolar über das Demonstrationsgeschehen in Deutschland.

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