Der ewige Krieg gegen die Natur
JULIA WEISS, 10. Juli 2024, 15 Kommentare, PDF„Wie sehr sich die Menschen auch mühten, nachdem sich ihrer einige Hunderttausend auf einem kleinen Raume angesammelt hatten, die Erde, auf der sie sich drängten, zu verunstalten; wie sehr sie den Boden mit Steinen zurammelten, damit nichts darauf wachse, wie eifrig sie ihn von jedem hervorbrechenden Gräschen reinigten, wie sehr sie mit Steinkohlen, mit Naphta dunsteten, wie sie auch die Bäume beschnitten, alle Tiere und Vögel verjagten – der Frühling war doch der Frühling, sogar in der Stadt! Die Sonne wärmte, das neu auflebende Gras wuchs, grünte überall, wo man es nicht weggekratzt hatte, nicht nur auf den Rasenstücken der Boulevards, sondern auch zwischen den Steinplatten. Birken, Pappeln, Traubenkirschen ließen ihre klebrigen, duftigen Blätter sich entfalten; die Linden schwellten ihre berstenden Knospen; Dohlen, Spatzen und Tauben bereiteten schon frühlingshaft fröhlich ihre Nester; Bienen und Fliegen summten, von der Sonne erwärmt, an den Wänden. Fröhlich waren die Pflanzen, die Vögel, die Insekten, die Kinder. Nur die Menschen, die großen erwachsenen Menschen hörten nicht auf, sich und einander zu betrügen und zu quälen. Die Menschen glaubten, daß nicht dieser Frühlingsmorgen heilig und wichtig sei, nicht diese Schönheit der Gotteswelt, die zum Heil aller Wesen gegeben ist – die Schönheit, die zum Frieden, zur Eintracht, zur Liebe geneigt macht –, sondern heilig und wichtig war das, was sie selbst ausgedacht hatten, um über einander zu herrschen.“ – Tolstoi, Auferstehung
Warum wird bis heute Pflanzen, Tieren und Viren ständig der Krieg erklärt, warum wird nun sogar der Sonne (1), Quell allen Lebens auf Erden, entschlossen der Kampf angesagt?
Diese grundlegende Feindseligkeit fiel mir zum ersten Mal 2020 auf: Der Kampf gegen ein angeblich gefährliches Virus wurde auf allen Kanälen explizit zu einem Krieg erklärt. Ein General leitete den Corona-Krisenstab der Bundesregierung, und überall tauchten Soldaten in der Öffentlichkeit auf, um sicherzustellen, dass wir alle auf der richtigen Seite stehen und sämtliche geforderten Opfer bringen, wie sich das in einem Krieg gehört. Wer nicht mitmachen wollte, wurde zum Staatsfeind erklärt. Nach und nach kam auch heraus, dass das US-Militär sich schon lange erheblich an der mRNA-Forschung beteiligt hatte, als wär’s eine Waffengattung (was sie ja vielleicht auch ist).
Restlos auf den Punkt brachte es ein kleiner, als Erklärbeitrag getarnter Angstmach-Film über Pandemien auf Netflix. Das hellsichtige Werk von 2019, das genau voraussagte, was man ab 2020 mit aller gebotenen Gewalt zu inszenieren versuchte, war unter anderem prominent besetzt mit Bill Gates, einem hohen US-General und etlichen Wissenschaftlern einschlägiger Fachrichtungen. Eine junge Biologin durfte die Idee des Films zum Schluss in einer unmissverständlichen Metapher so zusammenfassen:„Mutter Natur ist die ultimative Bioterroristin.“ (2) Sie vollführte damit die aus der Kriegspropaganda bekannte sportliche 180-Grad-Drehung: Die Natur hat uns den Krieg erklärt; wir schlagen nur zurück.
„Der Tod der Natur“ von Carolyn Merchant
War diese Feindseligkeit gegen die Natur wirklich so neu – oder war mir das vorher nur nie aufgefallen? Mir ging der Titel eines Buchs durch den Kopf, das viel älter war als der Viruskrieg von 2020: The Death of Nature. Women, Ecology and the Scientific Revolution von Carolyn Merchant. (3) Es erschien 1980, wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und erlangte auch hierzulande unter dem Titel Der Tod der Natur (4) eine gewisse Beachtung.
Carolyn Merchant, 1936 geboren, graduierte zunächst in Chemie und Philosophie, promovierte dann in Wissenschaftsgeschichte und ist bis heute Professorin für Umweltgeschichte, -philosophie und -ethik in Berkeley. Ihr Denken wurde stark geprägt von den sozialen Bewegungen der 60er Jahre an der Westküste der USA, insbesondere von der Ökologiebewegung und dem Feminismus. In „Tod der Natur“ geht es ihr um den Übergang von der mittelalterlichen Vorstellung von der Natur als einer Mutter zu dem mechanistischen Bild, das die wissenschaftliche Revolution in der Renaissance mit sich brachte.
Kopernikus und Luther hatten das mittelalterliche Weltbild erschüttert; der sich rasant entwickelnde junge Kapitalismus führte zu seiner endgültigen Zerstörung. Der alte Überbau musste den neuen ökonomischen Verhältnissen weichen. Diese verlangten nicht nur nach mehr ökonomischer Freiheit, schreibt Merchant, sondern auch nach erheblich mehr Freiheiten im Zugriff auf die Natur, die im Mittelalter noch mit zahlreichen Tabus umgeben war. Im Zuge dieses Prozesses begann sich ein völlig neues Bild von der Natur herauszubilden – und mit ihm von der Natur der Frau.
Wie sah das mittelalterliche, das neue Weltbild aus? Was geschah in der Naturphilosophie dieser Übergangszeit? Mit ihrer minutiösen Analyse legt Merchant Wurzeln frei, die bis heute ausschlaggebend für unsere Vorstellungen von Modernität, Fortschritt, Wissenschaft, Moral und Gesellschaft sind.
Von jeher, sagt Carolyn Merchant, besteht eine Beziehung zwischen den Frauen und der Natur, die quer durch jede menschliche Kultur, Sprache und Geschichte nachzuweisen ist: Die Natur wird als nahrungsspendende Mutter gesehen. Im Mittelpunkt der Kosmologie dieser Kulturen steht die weibliche Erde als ein Lebewesen. (5) Diese „leitende Metapher“ von der Natur als eines weiblichen Organismus impliziert eine umfassende Moral, die den menschlichen Umgang mit der Natur mit Tabus umgibt: Mit einem großzügigen, fühlenden, auf menschliches Handeln reagierenden Lebewesen geht man schonend und pfleglich um; man tut, was in menschlicher Macht steht, um die Fruchtbarkeit der großzügigen Spenderin allen Lebens zu fördern, zu erhalten und zur jährlichen Rückkehr zu bewegen. „Man schlachtet nicht so mir nichts dir nichts eine Mutter.“ Allerdings hat Mutter Natur von jeher auch eine wilde, dunkle, gefährliche Seite; sie bricht von Zeit zu Zeit in Stürmen, Fluten, Erdbeben oder Missernten hervor.
Das Naturbild im Umbruch: von der Mutter zur Maschine
Die ökonomische und wissenschaftliche Revolution im 16. und 17. Jahrhundert untergrub das Bild aller älteren Kulturen von der Natur als Nahrung spendender Mutter. Mit diesem Bild schwanden auch die mit ihm verbundenen ethischen Tabus und Regeln der menschlichen Interaktion mit ihr. Die Kommerzialisierung, die rasche Entwicklung der technischen Möglichkeiten zur Manipulation der Natur und die beginnende Industrialisierung machten es unumgänglich, die Gesellschaft von allen ethischen Hemmungen gegenüber der Natur zu befreien: „Mit dem 16. und 17. Jahrhundert war die Diskrepanz zwischen technischer Entwicklung in der Welt der Tat und leitenden organischen Metaphern in der Welt des Geistes übergroß geworden. Die alten Strukturen waren mit den neuen Aktivitäten unvereinbar.“ (6)
An die Stelle einer lebendigen weiblichen Natur trat nach und nach die Vorstellung von einer immer noch weiblichen, aber nun nur noch gefährlichen und bösartigen Natur, die niedergehalten und beherrscht werden musste. Aus diesem Prozess ging eine neue Sicht auf Mensch, Erde und Kosmos hervor: das mechanistische Weltbild, das auch heute noch das Denken und Handeln in der westlichen Gesellschaft durchdringt – auch wenn es nie unangefochten war und mehr und mehr in Frage gestellt wird. In diesem Weltbild besteht alles aus toter, unbeseelter Materie, die sich nach ewigen, unabänderlichen Gesetzen bewegt. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war die Maschine zur leitenden Metapher in Wissenschaft und Gesellschaft geworden.
Von der nährenden Mutter zum gefährlichen Weib: Francis Bacon
Besonders eindringlich illustriert Merchant diesen Übergang anhand der Schriften von Francis Bacon, oft als Vater der modernen Naturwissenschaft bezeichnet. Bei ihm wird deutlich, wie sehr die Naturbeherrschung, die bis heute unser Verhältnis zur Natur prägt, ein permanenter Kampf gegen die Natur war und ist.
Mit Kopernikus, Kepler, Galilei, Descartes, Vesalius, Harvey und Newton gehört Bacon zu den bedeutendsten Wegbereitern der wissenschaftlichen Revolution in der Renaissance. In seinen Texten lässt sich verfolgen, dass die Natur zu seiner Zeit zwar immer noch als weibliches Wesen gesehen wird; ihm erkennt Bacon aber nun ganz und gar einen Anspruch auf Ehrfurcht und Rücksicht ab. Was allein bestehen bleibt, ist die wilde, unberechenbare, gefährliche Seite der Natur. Diese Sicht legitimiert es, sie schonungslos zu erforschen und permanenter Herrschaft zu unterwerfen.
Die weibliche Natur darf man nun niederhalten, um der Unwilligen „ihre Geheimnisse zu entreißen“, wie Bacon es ausdrückt. Ihr Körper soll „in Fesseln“ gelegt werden, um ihn „eingehend untersuchen und befragen“ zu können. Denn ihre Geheimnisse gibt die Natur nicht freiwillig preis: Man muss sie „jagen“, „treiben“, „zwingen“, „einengen“, „formen“, „binden“, „ausspionieren“ und „versklaven“. Es müssen ihre Schleier zerrissen, es muss der Natur ihre Heiligkeit gewaltsam genommen werden. (7)
Unterwerfung der Natur und Unterwerfung des weiblichen Körpers
Merchant sieht in Bacons Metaphern eine deutliche Verbindung zu den Hexenprozessen, die im 16. und 17. Jahrhundert in ganz Europa stattfanden. (8) Die wegen Hexerei angeklagten Frauen werden bezichtigt, die Zeugung zu verhindern, kleine Kinder zu töten, Stürme, Fluten, Missernten und Epidemien auszulösen – ganz wie die wilde, gesetzlose Natur. Die Folterbank, auf der die Hexen festgebunden und Torturen unterzogen werden, ist für Bacon ebenso geeignet, die Natur zu zähmen, ihre Geheimnisse aus ihr herauszupressen und ihr das böse Handwerk zu legen.
Bacon zieht diese Parallele in einem Brief an seinen König James I – einen großen Freund der Hexenprozesse – sogar explizit: Man müsse dem „Schoß der Natur“ ihre Geheimnisse auf ähnliche Weise entreißen wie den Hexen die Geständnisse ihrer Missetaten, da dies „ganz ähnlich zur Enthüllung der Geheimnisse der Natur dienen wird“. „Auch sollte ein Mann keine Hemmungen haben, diese Höhlen und Ecken zu betreten und zu penetrieren, wenn einzig die Untersuchung (‚inquisition‘) der Wahrheit das Ziel ist.“ (9)
In den „krassen sexuellen Implikationen“ dieses Satzes sieht Merchant deutliche Anspielungen auf die vermeintlichen Sexualpraktiken der Hexen – namentlich mit dem Teufel. So wie die Hexen durch Folterinstrumente, so wird die Natur durch die neuen Techniken bezwungen. Vorbilder sind für Bacon die im Bergbau und in der Schmiede entwickelten Methoden: „Die eine untersucht die Eingeweide der Natur, die andere bildet sie gleichsam über dem Amboss aus.“ (10) Merchant fasst zusammen:
„Die Vernehmung von Hexen als Sinnbild für das Verhör der Natur, der Gerichtssaal als Modell für ihre peinliche Befragung und die Folter als Instrument zur Unterjochung des Chaos: dies alles ist grundlegend für die wissenschaftliche Methode als Ausübung von Gewalt und Macht.“ (11)
Von der widerspenstigen Hexe zur Leiche im Anatomiesaal
Bacon betrat gesellschaftliches Neuland, indem er auf vorhandene Bilder zurückgriff. Neben dem Gerichtssaal wurde die „Gewalt seiner Sprache“ gespeist von zwei weiteren Institutionen seiner Zeit: dem Anatomiesaal und dem alchemistischen Labor. Aus diesen drei Szenarien entwickelte er, wie Merchant zeigt, die Idee des geschlossenen, kontrollierten, jederzeit wiederholbaren Experiments, das bis heute die Naturwissenschaften prägt.
Eindeutig dem Anatomiesaal zuzuordnen ist seine Vorstellung, dass die Menschheit danach trachten solle, „die Natur zu sezieren“, um ihre „Eingeweide“ hervorzuholen und zu untersuchen. Bacons ultimatives Ziel ist es, „eine Anatomie der Welt“ zu erstellen. In diesen Metaphern hat man es nicht mehr mit einer widerspenstigen Hexe zu tun, sondern mit dem „Leichnam der Natur“, wie Bacon selbst es nennt. Im Jahr 1543 hatte der Begründer der neuzeitlichen Anatomie, Andreas Vesalius, sein Opus Magnum De humani corporis fabrica libri septem (Sieben Bücher über den Aufbau des menschlichen Körpers) veröffentlicht. Es fügt sich in Merchants Analyse der Schriften Bacons, dass Vesalius auf dem Titelbild seines bahnbrechenden Werks im überfüllten Anatomie-Theater vor dem Leichnam einer Frau steht, deren Gebärmutter er gerade aufgeschnitten hat. (12)
Der Versuchsraum der Alchemisten mit seinen Öfen, Gebläsen, Destillierkolben, Mörsern und Glasgefäßen lieferte Bacon seine Vorstellungen vom modernen Laboratorium. Anders allerdings als im alchemistischen Labor sollte Wissen für Bacon nicht mehr ein Geheimnis von Schamanen, Priesterinnen oder Alchemisten bleiben, sondern – so wie im Gerichts- und im Anatomiesaal – unter den Augen von qualifizierten Zeugen öffentlich ermittelt werden. Im heutigen wissenschaftlichen Diskurs sind das – idealerweise – die Fachkollegen, die Experimente durch ihre Wiederholung überprüfen. Die Zeugenschaft soll Systematik, Kontrollierbarkeit und Wiederholbarkeit des Experiments gewährleisten. Das kennzeichnet die empirische Methode, als deren Erfinder Francis Bacon gilt.
Die neue mechanistische Ordnung
Bacons Legitimations-Metaphorik bildet die Brücke zwischen der alten organischen und der neuen mechanistischen Naturauffassung: Bei ihm ist die Natur auch im Tod immer noch ein weiblicher Körper. Das endgültige mechanistische Bild von der Natur lässt auch diese letzte Erinnerung an etwas Lebendiges verschwinden. Was bleibt, ist die Idee der Naturbeherrschung, jetzt gerechtfertigt als Einwirkung auf und Umwandlung von unbeseelter Materie. Was diese wissenschaftliche Sicht auf die Natur zu einem Weltbild erweitert, ist ihre Anwendung auch auf die Gesellschaft und ihre Mitglieder.
Die Mechanik eignet sich zur Erklärung von einfachen Systemen, deren Funktionsweise sich in mathematischen Modellen darstellen lässt, wie zum Beispiel für die Bewegungen der Planeten um die Sonne. Nicht zuletzt aufgrund ihrer Anschaulichkeit, Verständlichkeit und auch wegen ihres ökonomischen Erfolgs wird die Maschine aber mehr: Sie avanciert zur umfassenden Metapher der frühen Neuzeit. Auch komplexe Systeme, also vor allem die lebenden, werden zu Mechanismen beziehungsweise Maschinen erklärt. Was nicht in der Sprache der Mathematik beschrieben und erklärt werden kann, wie zum Beispiel Wille, Zielstrebigkeit, Spontaneität oder Beseeltheit, gibt es nicht. (13)
So ist es beispielsweise Johannes Keplers Ziel zu zeigen, dass „die himmlische Maschine nicht eine Art göttliches Lebewesen ist, sondern gleichsam ein Uhrwerk“, mit Gott als dem allmächtigen Uhrmacher. René Descartes erklärt Tiere und Pflanzen rundheraus zu Maschinen: Zwischen natürlichen Körpern und menschlichen Artefakten kann er bestenfalls einen Größenunterschied erkennen; im übrigen besteht zwischen einer gehenden Uhr und einem wachsenden Baum für ihn kein grundsätzlicher Unterschied. Allein der „Menschenmaschine“ attestiert er einen – vom Körper getrennten – Geist beziehungsweise eine Seele, immateriell und unsterblich, die Gefühl, Willen, Wahrnehmung und Gedanken hervorbringt. (14)
Hobbes’ Gesellschaftsmaschine
Thomas Hobbes führte das mechanistische Denken in die Gesellschaftstheorie ein. Bei ihm besteht die Menschheit ursprünglich aus lauter gleichen, atomistischen Teilen – genauer: aus einem chaotischen Haufen egoistischer, habgieriger, ruhmsüchtiger Menschen: „Wie die gesetzlose Natur war auch der Mensch im Grunde feindselig, unfreundlich und gewalttätig.“ (15) Dank seiner überlegenen Vernunft und seinem Gewaltmonopol formt der Souverän diesen wilden Haufen gleich einem Ingenieur zu einer nach rationalen Regeln sauber funktionierenden Gesellschaftsmaschine um – zum Besten aller ihrer ursprünglichen Teile, die sich sonst gegenseitig umbringen würden.
Mit der ursprünglichen Gleichheit der Gesellschaftsatome ist es allerdings nicht sehr weit her: Aus der Hobbes’schen Familie sind die Frauen verschwunden – der Haushalt besteht aus dem Familienvater, seinen Kindern und seinen Knechten. (16)
In Hobbes’ Gesellschaftsphilosophie klingt nicht zuletzt die Angst vor dem Chaos an, die die Menschen in dieser Umbruchzeit verfolgte: Das fundamentale Problem des 17. Jahrhunderts, so Merchant, war das Problem der Ordnung. Diese Zeit, die einerseits so viele neue Ideen hervorbrachte, war andererseits „im geistigen wie im gesellschaftlichen Raum erfüllt von Angst, Verwirrung und Instabilität“. (17) Angesichts dieser Ängste fiel sowohl das Bild einer nur noch chaotischen, gefährlichen Natur als auch die neue mechanistische Sicht als metaphorische Ordnungsmacht in weiten Teilen der Bevölkerung auf fruchtbaren Boden. Auch knüpfte die Maschinen-Metapher an den Alltag der Menschen in der Renaissance an: Pumpen, Windmühlen, Wasserräder oder Druckmaschinen und mechanische Instrumente wie die Uhr, das Teleskop, der Kompass oder der Sextant fanden im 16. und 17. Jahrhundert weite Verbreitung. Die mechanistische Sicht auf die Welt erschien daher als rationales Gegengift gegen den Zerfall des organischen Kosmos; sie war in der Lage, einen „neuen Ausgleich zwischen Kosmos, Gesellschaft und Ich“ herzustellen. (18)
Bacons Traum von der Technokratie
Für Bacon ermöglichte die Wissenschaft der Menschheit die Rückkehr ins Paradies. Ausformuliert hat Bacon seine Idee von dieser glücklichen, konfliktfreien Gesellschaft, in die die Naturwissenschaftler die Menschheit führen würden, in seiner Utopie New Atlantis. Die unvollendete Schrift erschien 1627, ein Jahr nach seinem Tod. (19)
In Bacons Stadt der Glücklichen regieren allein die Wissenschaftler und Ingenieure; heute würde man das eine Technokratie nennen. In einem gigantischen Wissenschaftszentrum, dem „Hause Salomon“, entsteht eine Erfindung nach der anderen – alles zum Wohle der Bewohner von Neu-Atlantis. Mit erstaunlich weitsichtiger Phantasie schildert Bacon die Erfindungen, die dort gemacht werden, wobei Dinge wie die mikroskopische Blutuntersuchung, Hörgeräte, Lautsprecher, Verstärker, synthetische Geschmacksstoffe, Düfte oder Kunstdünger eher zu den Fingerübungen zählen; denn es werden dort auch Flugzeuge und U-Boote entwickelt, es wird Salzwasser in Süßwasser verwandelt, und neben Wind und Wasser nutzt man auch Sonnenlicht als Energiequelle. Hungersnöte, Erdbeben, Überschwemmungen, Kometen, die Jahrestemperaturen und nicht zuletzt ansteckende Krankheiten und Seuchen können prognostiziert und auch manipuliert werden; die Bevölkerung erfährt von den Wissenschaftlern, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um diesen Übeln zu entgehen. (20)
Die gentechnische Utopie
Ganz besondere Erfolge erzielt das Wissenschaftszentrum auf dem Gebiet der Biologie: Nutzpflanzen tragen in kürzerer Zeit Früchte, die größer und süßer denn je zuvor sind, und es werden auch ganz neue Pflanzen entwickelt. Die Tierzucht hat ähnliche Errungenschaften aufzuweisen: Tiere kann man nicht nur größer oder kleiner, sondern auch fruchtbarer oder unfruchtbar machen; auch bei ihnen kann man die Reifungszeit, bei Säugetieren also die Schwangerschaft, verkürzen, und man kann ganz neue Arten schaffen.
Aber auch demgegenüber eher konventionell wirkende Versuche mit Tieren stehen bei Bacon hoch im Kurs: Man entnimmt Versuchstieren bei lebendigem Leibe Organe, um zu schauen, ob sie auch das überleben, und ebenso „stellen wir Versuche mit allen möglichen Giften, Gegengiften sowie chirurgischen und internistischen Verfahren an, um dadurch den menschlichen Körper besser schützen zu können.“ (21) Überhaupt geschieht in New Atlantis alles zum Wohle der Menschheit, insbesondere (wie heute angeblich auch) ihrer Gesundheit. Pflanzen und Tiere dagegen werden wie Gegenstände behandelt. Kein Mitbürger wird allerdings danach gefragt, was er für sein Wohl hält; das wissen die Technokraten im Hause Salomon besser.
Die Diktatur des Patriarchats
Und wie kommen die Bewohner von Neu-Atlantis miteinander aus? Wie leben sie zusammen, wie lösen sie Konflikte? Was Letzteres betrifft: gar nicht, weil es keine Konflikte gibt. Alles läuft, um bei der Metapher zu bleiben, wie in einer gut geölten Maschine. Das ist auf die steile Hierarchie zurückzuführen, in der es zwischen Erhabenheit und Ergebenheit wenig gibt. Erhaben sind die Väter, seien es die der Großfamilien, seien es die „Väter des Hauses Salomon“; ihnen ergeben sind die Söhne, das Volk, und fast verschwunden vor lauter Unterwürfigkeit sind die Frauen.
Während der großen Familienfeste, mit denen besonders nachkommenreiche Patriarchen vom Staat geehrt werden, dürfen die Söhne den Vater mit Kniefall bedienen, die Frauen dürfen nicht einmal das; sie stehen um den Patriarchen herum an der Wand, während dieser spricht: „Meine Söhne, ich bin zufrieden, dass ihr geboren seid.“ Die „Stammesmutter“ wird in einer voll verschleierten Sänfte hereingetragen, aus der sie während der Feierlichkeiten auch nicht wieder herauskommt. Die Väter hingegen sind während der jeweiligen Zeremonie in wertvolle, lange Gewänder in den prächtigsten Seidenstoffen gekleidet und überhaupt umgeben von einem schwülstigen Pomp, der einem heute die Tränen in die Augen treibt. Mit diesen prunkvollen Zeremonien schafft Bacon dann doch wieder eine Art Priesterkönigtum in seinem sonst so rationalen Gemeinwesen. (22)
Technokratie im 20. Jahrhundert
Die herrschaftlichen Zeremonien, die die Auftritte der Väter in Neu-Atlantis begleiten, verhüllen – und exponieren gleichzeitig in den grellsten Farben – eine für die Freunde der Expertenherrschaft lästige Wahrheit: Wissenschaftler können zwar Erklärungen für Phänomene liefern und Ingenieure Bauanleitungen für Maschinen; Werte und Ziele können aber auf wissenschaftlichem Wege nicht ermittelt werden. Darum aber geht es vor allem in der Politik; Experten sind erst bei der Umsetzung dieser Werte und Ziele gefragt.
Dass im Übrigen der gepflegte Streit grundlegend für die Wissenschaft ist, weil sie mit ihren Methoden immer nur Modelle, Ausschnitte, Aspekte der Wirklichkeit abbilden kann und niemals die Wirklichkeit selbst, so dass die wissenschaftliche Wahrheit insbesondere in den Sozialwissenschaften ein relativ flüchtiges Phänomen ist, ist im Allgemeinen auch bekannt. Trotzdem oder gerade deshalb erfreut sich die Idee des Regierens und Regiertwerdens durch Experten bis heute großer Beliebtheit – bei den Herrschenden, weil man mit Geld die genehme Wissenschaftsrichtung fördern, also kaufen kann, aber auch bei denen, die sich – sei es aus Bequemlichkeit, aus Opportunismus oder aus Angst – gern ohne Diskussion beherrschen lassen. Mit anderen Worten: Technokratie ist etwas Feines für alle, die Demokratie nicht mögen.
Es ist deshalb auch nicht weiter erstaunlich, dass die Technokratie-Bewegung, die Anfang des vorigen Jahrhunderts in den USA entstand, die Expertenherrschaft explizit als Gegenvorschlag zur Demokratie verstand. In der Definition der sich „Technocracy Inc.“ nennenden Bewegung taucht das mechanistische Denken in aller Deutlichkeit wieder auf:
„Technokratie ist die Wissenschaft von der Sozialtechnik, vom wissenschaftlichen Betrieb des gesamten sozialen Mechanismus zur Produktion und Verteilung von Waren und Dienstleistungen an die gesamte Bevölkerung des Kontinents. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit wird dies als ein wissenschaftliches und technisches Problem behandelt.“ (23)
In einem „sozialen Mechanismus“ wird nicht gestritten; es gibt nur das Ganze und seine Teile, die alle nach objektiven Gesetzen möglichst reibungslos funktionieren sollen. Für diesen effizienten Ablauf sind allein Ingenieure und Wissenschaftler zuständig, nicht irgendein dahergelaufenes Volk, und diese Experten stehen genauso außerhalb und oberhalb des Systems wie ein Ingenieur oder Maschinenführer außerhalb seiner Maschine.
Wie der britische Journalist Iain Davis ausführlich darlegt, hat das Ideal der Technokratie die Reise in die Gegenwart gut überstanden. Über den späteren Präsidentenberater Zbigniew Brzezinski und die von ihm und David Rockefeller 1973 gegründete Trilaterale Kommission und andere einflussreiche Thinktanks prägt es die politischen Bestrebungen der westlichen Eigentums-Eliten bis heute. Nach Davis’ Ansicht eint diese technokratische Sicht auf die Welt und die dazugehörige strikt autoritäre und antidemokratische Regierungsform Ost und West – unbeschadet politischer Machtkämpfe unterhalb der Ebene dieser Übereinstimmung.
Brzezinski: Des Technokraten neue Kleider
In seinem 1970 erschienen Buch Between Two Ages – America's Role in the Technetronic Era sieht Brzezinski in der Gegenwart eine Zeit des Umbruchs, ausgelöst insbesondere durch die neuen Kommunikationstechniken und die Entwicklungen in der Biochemie. Die nun entstehende „technetronische Gesellschaft“ zeichne sich, anders als das Industriezeitalter, durch die Möglichkeit aus, die neuen Techniken nicht nur in der Produktion, sondern in allen gesellschaftlichen Bereichen einzusetzen. Schiebt man seine verbalen Nebelschwaden beiseite, lassen sich Brzezinskis Empfehlungen an die Eliten etwa so zusammenfassen: ‚Die neuen Techniken vergrößern eure Macht, die Gesellschaft in die von euch gewünschte Richtung zu lenken. Euer entscheidendes Anliegen sollte dabei sein, die herkömmlichen Vorstellungen von den sozialen Organisationsformen des Industriezeitalters und auch die vom Wesen des Menschen in Frage zu stellen und im Sinne der Ausweitung eurer Macht in die gewünschte Richtung zu lenken.’ (24)
Die „bewusst gewählte Richtung“ besteht vor allem in der Empfehlung, eine enge Zusammenarbeit zwischen privatem und öffentlichen Sektor zu fördern – eine Grenzverwischung, „die für die Europäer so schwer zu verstehen“ sei. (25) Eine von Restriktionen befreite, internationale Wirtschafts- und Finanzstruktur, eine gemeinsame westliche Sicherheitsstruktur und internationale Ausbildungsstandards seien ebenfalls anzustreben. Die politische Planung unter Einbeziehung der fortgeschrittensten Verbündeten – in der technetronischen Gesellschaft wichtiger denn je – sei am besten in einer „informellen Beratungsgruppe auf hohem Niveau“ zu betreiben. (26)
Diese Einschätzung bewog Brzezinski wenig später, gemeinsam mit David Rockefeller die Trilaterale Kommission zu gründen. 50 Jahre eifrigen Wirkens dieses Thinktanks in Zusammenarbeit mit anderen einflussreichen Lobbyorganisationen wie dem Council on Foreign Relations haben die europäischen Politiker von der störenden Überzeugung, die Trennung von privaten und öffentlichen Interessen, Institutionen und Grundsätzen sei eine gute Sache, restlos befreit und auch die Verwirklichung der anderen Ziele sehr erfolgreich vorangetrieben. In die „bewusst gewählte Richtung“ ging damit auch die Aushöhlung überlebter Institutionen des Industriezeitalters wie Demokratie, Rechtsstaat, nationale Souveränität, Würde des Menschen und der ganze alte Krempel. Des Weltwirtschaftsforum postuliert heute genau dasselbe: Sämtliche Institutionen (27) und das Wesen des Menschen müssen in Frage gestellt werden; sonst passen sie nicht zur sakrosankten „Vierten Industriellen Revolution“.
Seltsamerweise breitet sich nun genau die Herrschaftsform über die ganze Erde aus wie eine riesige schwarze Wolke, die Brzezinski mit seinen Empfehlungen angeblich zu verhindern suchte:
„Eine solche Gesellschaft würde von einer Elite beherrscht werden, deren politischer Machtanspruch auf vermeintlich überlegenem wissenschaftlichem Know-how beruhen würde. Ungehindert von den Zwängen traditioneller liberaler Werte würde diese Elite nicht zögern, ihre politischen Ziele zu erreichen, indem sie die neuesten modernen Techniken zur Beeinflussung des öffentlichen Verhaltens einsetzt und die Gesellschaft unter strenger Überwachung und Kontrolle hält.“ (28)
Der Autor Iain Davis ist überzeugt, dass das nie Brzezinskis Dystopie, sondern von vornherein die von ihm angestrebte Gesellschaftsform war: der totalitäre Überwachungsstaat.
Einfache und komplexe Systeme
In der Systemtheorie werden mechanische Systeme auch als einfache Systeme bezeichnet: Sie können mathematisch beschrieben und modelliert werden und erlauben daher auch gute Prognosen. Das Sonnensystem ist zum Beispiel ein einfaches System: Es gibt nur die Sonne und die Planeten, die schon da sind, und sie interagieren nur auf eine Weise – über Gravitation. Alle von Menschen erzeugten Maschinen, Automaten, Apparate einschließlich Computern (sogenannte Turing-Maschinen) sind einfache Systeme. Sie werden von Menschen verstanden, weil sie von Menschen entworfen worden sind. Sie können sehr kompliziert sein, sind aber deshalb nicht komplex. (29)
Komplexe Systeme haben völlig andere Eigenschaften; sie können nicht mittels mathematischer Modelle beschrieben werden und erlauben daher auch bestenfalls sehr kurzfristige Prognosen. Das Klima ist zum Beispiel ein solches komplexes System, auch menschliche Gesellschaften aller Art oder auch das menschliche oder tierische Gehirn gehören dazu. Anders als einfache Systeme verändern komplexe Systeme die Eigenschaften und Interaktionsweisen ihrer Elemente und können jederzeit neue Elemente erschaffen. Sie sind mit ihrer Umgebung verbunden, interagieren mit ihr und zeichnen sich durch unüberschaubar viele Vernetzungen aus.
Komplexe Systeme befinden sich also im permanenten Wandel; sie sind evolutionär. Aufgrund der vielen Entwicklungsmöglichkeiten, die bei einem solchen System zu jedem Zeitpunkt bestehen, ist nicht vorhersehbar, in welche Richtung(en) es sich entwickeln wird. (30) Lebewesen können selbst Energie erzeugen und sind daher belebte komplexe Systeme. Darüberhinaus tragen lebende Systeme einen Entwicklungsplan in sich, sie organisieren sich selbst. In gewöhnlicher Sprache könnte man auch sagen: Sie zeichnen sich durch Zielstrebigkeit und einen eigenen Willen aus.
Der Physiker Hans-Peter Dürr sieht das ganze Universum als ein solches schöpferisches System: als etwas, das sich sich ständig wandelt, immer Neues erzeugt und dessen Zukunft daher stets in unvorhersehbarer Weise offen ist. Anders, so Dürr, wird das im Alten Testament gesehen: Gott schuf die Welt in sieben Tagen – und von da an war sie fertig und bewegte sich nach festen Regeln. Widergänger der Genesis sieht Dürr sowohl in Keplers Uhrmacher-Gott als auch in der Urknalltheorie – nur dass die Welt in dieser Theorie nicht mal mehr eine Woche Zeit gehabt habe zu entstehen, sondern nur eine Millliardstel Sekunde. Nein, sagt Dürr, es gab nicht einen großen Knall, „es knallt die ganze Zeit!“. Alles ist kreativ, und alles und alle sind an der ständigen Veränderung und Erschaffung der Welt beteiligt. (32)
Leider gilt das auch für unsere Globalisten. Überzeugt von der totalen Planbarkeit und Kontrolle des Menschen und seiner Gesellschaft – und überhaupt der Machbarkeit von allem, inklusive Unsterblichkeit – versuchen sie, die Menschheit und die übrige Natur total in den Griff zu bekommen, mit welchen Zielen auch immer. Weil aber ihr mechanistischer Deckel den brodelnden Topf darunter partout nicht schließen kann, befinden sie sich im ständigen Krieg gegen alles, was lebt.
Resümee
Die Idee vom Krieg gegen die Natur hat ihren Ursprung, wenn man Carolyn Merchant folgt, in der frühen Neuzeit. Dem symbolischen Tod der Natur in der Renaissance folgte die Maschine als leitende Metapher. Angewendet auf die Gesellschaft, bringt das mechanistische Weltbild zwangsläufig ein autoritäres, letztlich totalitäres Ideal hervor: Damit die soziale Maschine funktioniert, müssen wie bei einer echten Maschine alle und alles ständig überwacht und kontrolliert werden. Alles Spontane, Strittige, mit eigenem Willen Begabte, kurz: alles Lebendige mit seiner Fähigkeit und seinem Drang, sich selbst zu organisieren, ist Sand im Getriebe und muss von den Maschinenführern eliminiert werden.
Merchant schildert in eindringlicher Weise, wieviel metaphorische und reale Gewalt gegen die Natur mit dem Aufbruch in die Neuzeit verbunden war. Nicht zuletzt beschert einem die Lektüre von „Tod der Natur“ die Erkenntnis, dass die neuzeitliche Vorstellung von der Natur als tote Materie, die der Mensch zu beherrschen berufen sei, nicht aufgeklärter ist als das Bild von der Natur als einer beseelten Mutter, deren Kinder wir sind. Im Gegenteil: Die alten Metaphern von der Verbundenheit allen Lebens scheinen sich mit den Erkenntnissen der modernen Physik, der Systemtheorie und der Ökologie viel besser zu vertragen als das alte mechanistische Weltbild.
Über die Autorin: Julia Weiss, Jahrgang 1949, aufgewachsen in Westberlin, studierte in der späten 68er Zeit zunächst Bildende Kunst, dann Ökonomie und arbeitete als Werbetexterin.
Weitere Artikel zum Thema:
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- Technologie der unfreien Welt (Hauke Ritz, 6.7.2020)
Anmerkungen
(1) Siehe dazu zum Beispiel die Expresszeitung mit dem Thema Krieg gegen die Sonne oder diesen Beitrag über ihre gezielte Verdunkelung.
(2) Der Film ist nicht mehr online; 2021 habe ich ihn in diesem Multipolar-Beitrag besprochen.
(3) Merchant, Carolyn: The Death of Nature: Women, Ecology and the Scientific Revolution, überarbeitete Auflage, New York, HarperCollins 1989 (Erstauflage 1980)
(4) Merchant, Carolyn: Der Tod der Natur: Ökologie, Frauen und neuzeitliche Naturwissenschaft. München, Beck 1987
(5) Merchant: Tod der Natur, Einleitung
(6) Merchant, Tod der Natur, Kapitel 1, S. 19
(7) Merchant, Carolyn: The Scientific Revolution and The Death of Nature, in: The History of Science, 2006, S. 525
(8) Zur Rolle der Hexenprozesse in der frühen Neuzeit und bei Bacon siehe die Kapitel 5 und 7 in Merchant: Tod der Natur
(9) Zitiert nach Merchant: Death of Nature, Kap.7, S. 168. Ich habe diesen Satz selbst aus dem Englischen übersetzt, weil der Übersetzer der deutschen Ausgabe Bacon hier meines Erachtens zu sehr entschärft hat. (in der deutschen Ausgabe: Kap. 7, S. 179).
(10) Zitiert nach Merchant: Tod der Natur, Kap. 7, S. 182
(11) Zitiert nach Merchant: Tod der Natur, Kap. 7, S. 183
(12) Alle wörtlichen Zitate in diesem Absatz stammen aus Carolyn Merchants Vortrag von 2010, Environmentalism. From the Control of Nature to Partnership, Min. 23:30 bis 24:30. Der Vortrag fasst im Übrigen die Grundzüge von „Tod der Natur“ sehr übersichtlich zusammen.
(13) Siehe hierzu einen älteren Artikel des niederländischen Wissenschaftshistorikers E. J. Dijksterhuis: Die Mechanisierung des Weltbildes, in: Physikalische Blätter, Heft 11, 1956, Faksimile online hier.
(14) Dijksterhuis: Die Mechanisierung des Weltbildes, S. 486
(15) Merchant: Tod der Natur, 1987, S. 214
(16) Merchant, Tod der Natur, S. 218, im Originaltext des Leviathan nachzulesen hier: Chapter XX: Of Dominion Paternall and Despoticall, Abschnitt Difference Between a Family and a Kingdom
(17) Merchant: Tod der Natur, S. 193
(18) Merchant: Tod der Natur, S. 192
(19) Bacon, Francis: Neu-Atlantis, 1982/2022, Stuttgart, Reclam. Den englischen Originaltext findet man online hier.
(20) Zu diesem Absatz siehe Bacon: Neu-Atlantis, S. 44 bis 53
(21) Zu seinen Ideen zur tiefgreifenden Veränderung und Neuerfindung von Lebewesen siehe Bacon, Neu-Atlantis, S. 46 bis 48
(22) Zu diesem Absatz siehe Bacon, Neu-Atlantis, S. 31 bis 39. Am Ende dieser Ausführungen über die Familie erfahren die Leser, dass die Ehe in Neu-Atlantis eine lebenslange, züchtige Angelegenheit ohne voreheliches Herumgemache ist; damit aber der Bräutigam dennoch nicht die Katze im Sack erwirbt, darf er einen Freund an die „Teiche von Adam und Eva“ schicken, in dem die Braut und ihre Gespielinnen nackt herumplätschern; der Freund erstattet anschließend dem Bräutigam Bericht.
(23) Zitiert nach Corbett, James, The Corbett Report: What is Technocracy? – Questions for Corbett No. 92, 2. November 2022, Min. 9:24. Übersetzung von mir.
(24) Siehe Brzezinski, Zbigniew: Between Two Ages. America´s Role in the Technetronic Era, New York 1970, S. 10. Als Faksimile online hier.
(25) Brzeziniski: Between Two Ages, New York 1970 S. 99f, Abschnitt Participatory Pluralism. Die wünschenswerte Verwischung dieser Grenze nennt Brzezinski „partizipatorische Demokratie“, wobei er als Kandidaten für diese „public participation“ stets nur das „business“, nie Bürgerinitiativen, Gewerkschaften, Elternverbände oder Ähnliches in Betracht zieht – bestenfalls mal die Kirchen.
(26) Brzeziniski: Between Two Ages, 1970 S. 112. Faksimile online hier.
(27) „Governance-Herausforderungen wie diese zeigen, dass die Regeln und Systeme, die für frühere industrielle Revolutionen entwickelt wurden, an neue Belastungen und neue Möglichkeiten angepasst werden müssen, um die Lebensqualität der Menschen auf der ganzen Welt verantwortungsvoll zu verbessern.“ S. 6 im englischen Originaltext. Unter diesen Neuerungen ist die enge Verzahnung von öffentlichem und privatem Sektor für Brzezinski von größter Bedeutung.
(28) Brzezinski: Between Two Ages, 1970, S. 97, Übersetzung von mir. Nachzulesen im englischen Originaltext hier.
(29) Für Laien nahezu verständlich erklären der Biomathematiker und Mediziner Jobst Landgrebe und der Philosoph Barry Smith den Unterschied zwischen einfachen und komplexen Systemen zum Beispiel in dem Beitrag Unsterblichkeit 2.0: eine kalifornische Illusion oder in diesem Vortrag über den Transhumanismus (Min. 23:33). Gemeinsam haben sie das Buch Why Machines Will Never Rule the World verfasst. In den obigen Ausführungen über Systeme stütze ich mich vor allem auf Veröffentlichungen von ihnen.
(30) Bei komplexen Systemen versagen auch mathematische Modelle, die auf Wahrscheinlichkeiten beruhen, sogenannte stochastische Modelle, wie hier begründet wird. Zur Unvorhersehbarkeit dynamischer Systeme siehe zum Beispiel auch Wikipedia, Stichwort Chaosforschung.
(31) Als Beispiel für ein komplexes System, das seine Energie von außen bezieht, führen Landgrebe und Smith den Wasserkreislauf der Erde an; er wird von der Sonne mit Energie gespeist.
(32) Hans Peter Dürr: Weil es ums Ganze geht, 2011, YouTube, insbesondere Minute 16 bis 19
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