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Digitalisierung der Stromnetze: Von Nachfrageorientierung zu Nachfragesteuerung

Die Bundesregierung will die Digitalisierung der Stromnetze durch den Einbau von Smart Metern – digitalen Stromzählern – mit einem neuen Gesetz vorantreiben. Endverbraucher würden dadurch zu kontinuierlichen Datenlieferanten. In anderen Ländern wird bereits die Fernabschaltung von elektrischen Geräten oder ganzen Anschlüssen mittels Smart Metern durch Stromnetzbetreiber vorgenommen. Bürger könnten zunehmend die Kontrolle über ihre Stromnutzung verlieren, wenn Algorithmen vorgeben, wer welche Geräte wann nutzen kann.

ANDREAS HEYER, 20. Februar 2023, 14 Kommentare, PDF

Im Januar beschloss die Bundesregierung den Entwurf für ein „Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende“, das in den kommenden Monaten durch den Bundestag gebracht und danach in Kraft treten soll. Die erste Beratung dazu im Parlament fand am 10. Februar statt. Durch das Gesetz soll die Einführung von Smart Metern beschleunigt werden, die an Stelle der klassischen Stromzähler bei Endverbrauchern verbaut werden. Der Einbau von Smart Metern soll sofort nach Inkrafttreten des Gesetzes vorangetrieben und ab 2025 sogar verpflichtend werden für Endkunden mit einem Verbrauch von mehr als 6000kWh/Jahr beziehungsweise mit einer installierten Photovoltaikanlage über 7kW Leistung. Bis 2030 wird der Umbau in ein digitalisiertes Stromnetz angestrebt, bis 2032 muss jeder Haushalt mit Smart Metern ausgestattet sein.

Smart Meter messen nicht nur – wie klassische Stromzähler – den Verbrauch, sondern sie können in Verbindung mit einer Kommunikationseinheit (Smart-Meter-Gateway) in Echtzeit den Stromverbrauch digital an die Energieversorger über Funk oder Kabel übermitteln und angeschlossene Verbraucher fernsteuern.

Vorgesehen ist in Zukunft auch der Anschluss von smarten Gas- und Wasserzählern. Der Einbau von Smart-Meter-Gateways wird deshalb als wichtiger Baustein für das Konzept „intelligenter Energienetze“ (Smart-Grid) gesehen, bei der die Energieinfrastruktur durch umfassende digitale Vernetzung in Echtzeit zentral steuerbar und für die beabsichtigte „Energiewende“ umgebaut werden soll. Ab 2025 sollen nach dem Gesetzentwurf Stromlieferanten dazu verpflichtet werden, Endkunden mit bereits installierten Smart Metern einen „dynamischen Strompreis“ anzubieten, der den Stromverbrauch zu Spitzenlastzeiten verteuert und zu Zeiten mit nur geringem Verbrauch verbilligt.

Gegenüber Endverbrauchern wird für den Umstieg von herkömmlichen Stromzählern zu der netzbasierten Technologie damit geworben, dass sie auf dem Smartphone in einer App ihren Stromverbrauch überwachen und durch Nutzung der dynamischen Stromtarife die stark gestiegenen Stromkosten wieder reduzieren könnten, indem sie elektrische Geräte nur dann betrieben, wenn gerade eine ausreichende Menge Strom im Netz zur Verfügung stehe.

Vorbereitung des Gesetzentwurfs mit der Digitalindustrie

Wirtschaftsminister Habeck diskutierte im Oktober 2022 mit Vertretern der Digitalindustrie bei einer Veranstaltung des „Future Energy Lab“ der Deutschen Energieagentur, wie durch eine beschleunigte Einführung der Smart-Meter-Gateways (SMGW) ein digitales Energiesystem möglichst schnell aufzubauen sei. Das Online-Portal heise.de zitierte Habeck bei der Veranstaltung so:

„'Wir bauen quasi militärische Technik ein in unser Energiesystem', begründete der Minister sein Vorhaben. Es bestünden zwar in der Bevölkerung teils Ängste, dass etwa der Staat über ein SMGW auslese, 'welches Fernsehprogramm ich gucke'. Das wäre anhand der Pixeldichte zwar theoretisch sogar möglich. Die Debatte über 'Spionagezähler' mute ihm aber seltsam an, wenn Nutzer gleichzeitig 'alle privaten Bilder bei Facebook reinhängen'.“

Bereits im 2016 verabschiedeten Gesetz zur „Digitalisierung der Energiewende“ war vorgesehen, dass Endverbraucher mit einem Jahresverbrauch über 6000 kWh/Jahr zum Einbau von Smart-Metering-Systemen verpflichtet würden, sobald die Technologie zur Verfügung stehe. Die Feststellung der technischen Verfügbarkeit erfolgt durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Das BSI bekam durch den Gesetzgeber auch die Aufgabe übertragen, einen gewissen Schutz der Datensicherheit vor Cyberangriffen bei zertifizierten Geräten sicherzustellen. Bislang wurden vom BSI vier Anbieter von SMGW zertifiziert.

Das BSI stellte die Verfügbarkeit der Technologie im Januar 2020 fest, so dass bereits dann die gesetzliche Verpflichtung zum Rollout innerhalb von acht Jahren in Kraft treten sollte. Doch im März 2021 stoppte das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht per Eilverfügung die Pflicht zum Einbau von Smart Metern wieder, was wiederum vom BSI durch eine Übergangsregel gekontert wurde.

Minister Habeck und die Vertreter der Digitalindustrie waren sich auf der Veranstaltung einig, dass die stockende Einführung der Smart Meter nun durch einen neuen Gesetzentwurf möglichst schnell beschleunigt werden müsse. Auf der genannten Veranstaltung stellte ein Unternehmen dar, dass es seine Geräte in Zusammenarbeit mit mehreren Stadtwerken als „Voll-Rollout“ einbaue. Dabei würden Straßenweise die alten Stromzähler in ganzen Stadtteilen ausgebaut und durch die Smart-Metering-Systeme des Herstellers ersetzt. Der Vertreter eines anderen Unternehmens betonte, dass Smart Meter mit Funkmodul der aktuelle Stand der Technik seien und man in Zukunft auch die Wärme- und Wasserzähler an die Smart-Meter-Gateways anschließen könne.

Stromverbrauch lässt Rückschlüsse auf Nutzung zu

Gemäß dem aktuellen Gesetzentwurf ist es zunächst vorgesehen, mit den Smart Metern den Energieverbrauch bei den Endkunden in Intervallen von 15 Minuten zu messen und an die Messtellenbetreiber zu übermitteln. Grundsätzlich wäre die Technologie jedoch auch in der Lage, in Echtzeit den Energieverbrauch zu erfassen und zu übermitteln und damit Rückschlüsse auf das Nutzungsverhalten der Verbraucher zu ziehen. In einer Studie der Fachhochschule Münster aus dem Jahr 2011 wurde nachgewiesen, dass anhand der von Smart Metern übermittelten Daten die Aktivitäten von Kühlschrank, Herd und TV-Geräten aus den Daten rekonstruierbar waren. Anhand des Verbrauchsprofils seien sogar Rückschlüsse auf das geschaute Fernsehprogramm möglich gewesen.

Die im Gesetzentwurf bislang vorgesehene Übermittlung von Verbrauchsdaten in 15-Minuten-Intervallen scheint diese detaillierte Überwachung der elektrischen Aktivitäten in Haushalten in der ersten Ausbaustufe nicht zu ermöglichen. Doch die Einführung der Telematikinfrastruktur zur Digitalisierung des Gesundheitssystems hat gezeigt, dass die neue Digitalinfrastruktur zunächst mit einfachen Funktionen eingeführt wurde, gegen die sich nur wenig Widerstand formierte. Im Laufe der Jahre wurde dann durch Updates der Funktionsumfang der bereits installierten Infrastruktur deutlich erweitert. Eine ähnliche Einführungsstrategie bei der Digitalisierung der Energiesysteme ist denkbar. Deshalb sollen im Folgenden Ausbaustufen und Anwendungsfelder dieser Technologie in anderen Ländern betrachtet werden.

Fernabschaltung wird in anderen Ländern eingesetzt

Zwar sehen die Anforderungen des BSI an die bisher zertifizierten Smart-Meter-Gateways keine Fernabschaltfunktion vor, im Gesetzentwurf wird aber festgelegt, dass die eingebauten Smart-Meter-Gateways bis spätestens 2025 durch Anwendungsupdates über weitere Funktionen wie Protokollierung, Übermittlung von Stammdaten und Fernsteuerbarkeit verfügen müssen (Entwurf §31 Messstellenbetriebsgesetz).

In Frankreich schaltet der Stromnetzbetreiber enedis bereits seit Oktober 2022 die mit einem intelligenten Messsystem ausgestatteten Warmwasserboiler von 4,3 Millionen Stromkunden zwischen 12 Uhr und 14 Uhr ab. In dieser Spitzenlastzeit können die Kunden kein neues Warmwasser mehr bereiten, womit man 2,4 GWh habe einsparen können, was der Leistung von zwei Atomkraftwerken entspräche, so der Netzbetreiber. Dies hat für die Betreiber den Vorteil, dass sie für Spitzenlastzeiten weniger Kraftwerke betreiben müssen. Für Verbraucher ist der Vorteil die Kosteneinsparung, da die Boiler in dem für die Kunden bereits eingeführten dynamischen Tarifsystem nicht mehr zu den teuersten Zeiten betrieben werden könnten, sondern Warmwasser zu den günstigen Strompreisen in Zeiten mit geringer Netzauslastung bereiteten. Auch wird auf die geringere Black-Out-Gefahr für die Verbraucher hingewiesen, wenn einige Geräte gezielt durch die Netzbetreiber bei knappem Stromangebot abgeschaltet werden könnten.

Im US-Bundesstaat Colorado wurden während eines „Energienotstandes“ im Sommer 2022 bei 22.000 Kunden eines Netzbetreibers die Thermostate der Klimaanlagen ferngesteuert abgeregelt, um einen Blackout zu verhindern. Ein US-amerikanischer Stromversorger hebt hervor, dass durch eingebaute Smart-Meter mit Fernabschaltfunktion viel Fachpersonal und Treibstoffverbrauch hätten eingespart werden können, die eine manuelle Abschaltung von Stromanschlüssen an der Verbrauchsstelle gekostet hätten. Die Erfahrung sei, dass man bei Massenabschaltungen genügend Personal in Call-Centern bereit halten müsse, um die Anfragen der Kunden bewältigen zu können. Ein Hersteller von Smart Metern wirbt für die Fernabschaltfunktion mit dem Argument „Klimaschutz“: Ein Energieversorger habe durch diese Funktion 5.000 Tonnen CO2 einsparen können.

In Großbritanien wird über eine steigende Zahl von Fernabschaltungen von ärmeren Stromkunden mit Smart Metern im vergangenen Jahr berichtet. Bei 152.000 Haushalten mit Smart Metern habe der Energieversorger angesichts der deutlich gestiegenen Energiepreise und drohender Zahlungsausfälle den Tarif auf ein Vorkasse-Modell umgestellt. Wenn das Guthaben der Haushalte aufgebraucht sei, schalte der Energieversorger den Stromanschluss ähnlich einfach ab wie ein Mobilnetzbetreiber die SIM-Karte eines Prepaid-Tarifs ohne Guthaben abschalten kann.

In Irland ist mit dem Einbau von Smart Metern bereits seit 2018 die Fernabschaltung von Kunden möglich, die ihre Energierechnung nicht mehr bezahlen können.

Smart-Grid als Paradigmenwechsel der Energieversorgung

Das Ziel des Aufbaus eines intelligenten, digitalisierten Stromnetzes (Smart Grid) beinhaltet einen Paradigmenwechsel für die Endverbraucher, der im Zuge der öffentlichen Berichterstattung zur Energiewende wenig diskutiert wird. Von einem herkömmlichen Stromnetz, das sich als öffentliche Infrastruktur an den Bedürfnissen der Menschen orientiert, wird der Übergang zu einem digitalen Stromnetz angestrebt, an das die Menschen ihr Verhalten anpassen sollen.

Der Eintrag zu intelligenten Stromnetzen (Smart Grids) bei Wikipedia erläutert:

„Generell werden Netze, auch elektrische Energieversorgungsnetze, auf die mögliche Höchstbelastung ausgelegt. Die Reduktion jener Höchstbelastung und die zeitliche Verlagerung der zu übertragenden Energie in Zeiten mit geringerer Auslastung ermöglicht, die notwendige Netzinfrastruktur kleiner auszulegen, und führt dadurch zu Kostenvorteilen auf Betreiberseite.“

Die Stromnetzbetreiber müssen bislang die Energieerzeugung so ausrichten, dass die Kunden jederzeit ihre elektrischen Geräte verwenden können, wenn sie Bedarf haben. Dazu müssen die Netzbetreiber größere Kraftwerksreserven vorhalten, um auch den Stromverbrauch zu Spitzenlastzeiten abdecken zu können. Das neue Paradigma geht von einer gegebenen Menge Strom aus, die zu einem gegebenen Zeitpunkt durch „grüne Kraftwerke“ und eine abrufbare Menge aus Energiespeichern zur Verfügung gestellt werden kann. Das intelligente Netz soll durch sogenannte Lastverschiebung steuern und regeln, welche Verbraucher und Geräte angesichts der zur Verfügung stehenden Strommenge betrieben werden können.

Bei einem weiteren Ausbau von Photovoltaik- und Windkraftanlagen und gleichzeitiger Abschaltung von Atomkraftwerken und Kraftwerken aus fossilen Energieträgern hängt die zur Verfügung stehende Strommenge sehr von der jeweiligen Sonneneinstrahlung und von Windverhältnissen ab. Die digitalisierten „smarten“ Stromnetze sollen den Netzverbrauch daran anpassen. Das neue Paradigma orientiert sich also an den Anforderungen technischer Systeme und politischer Vorgaben anstatt am Bedarf der Bürger. Dies kann indirekt durch finanzielle Anreize oder direkt durch An- und Abschaltung elektrischer Verbraucher durch die Steueralgorithmen des digitalen Netzes geschehen.

In einem ersten Schritt sollen die Verbraucher mittels der ab 2025 eingeführten dynamischen Strompreise „freiwillig“ dazu gebracht werden, zu Spitzenlastzeiten auf den Betrieb elektrischer Geräte zu verzichten. In Litauen werden bereits dynamische Strompreise angeboten und bei einem dortigen Stromversorger kann man die dortigen Preisschwankungen im Tagesverlauf sehen. So schwankte der Preis am 12. Januar 2023 zwischen 0,01€/kWh zwischen 3 Uhr und 4 Uhr nachts und 1,25€/kWh zwischen 13 Uhr und 14 Uhr. Für Frankreich wird auf dem Portal für den gleichen Tag eine Schwankungsbreite des Strompreises zwischen 0,07€/kWh in der Nacht und 1,33€/kWh zwischen 18 Uhr und 19 Uhr angegeben.

Der Umbau einer Nachfrageorientierung hin zu einer Nachfragesteuerung bietet den Energienetzbetreibern den Vorteil, dass man im Rahmen der politisch vorgegebenen „Energiewende“ deutlich weniger Speicherkraftwerke bauen muss, als wenn die Verbraucher über die Nutzung von Strom frei entscheiden könnten. Die Batterien der Elektroautos sollen ebenfalls eine wichtige Rolle im Rahmen des Smart Grid als regelbare Einheiten für Energieverbrauch und -speicherung spielen. Das oft gegen die Elektromobilität angeführte Argument, die Stromnetze würden zusammenbrechen, wenn am Abend nach der Arbeit 20 Millionen Bürger ihre Elektroautos aufladen, ist nach dem alten Paradigma der freien Verfügbarkeit von Strom gedacht.

Nach dem neuen Paradigma können die Autofahrer abends ihr Auto an die Ladesteckdose zwar anschließen. Die Aufladung erfolgt im Fall, dass ausreichend Strom zur Verfügung steht, im Laufe der Nacht dann aber zu einem vom digitalen Netz gesteuerten Zeitpunkt. Wenn nicht ausreichend Energie im Stromnetz verfügbar wäre, könnte es auch sein, dass das intelligente Stromnetz die Batterie des Autos entlädt und in das Netz einspeist, um einer Stromknappheit entgegenzuwirken. Dann bekäme der Autofahrer vielleicht am Morgen eine Nachricht auf seine Klima-App, dass das Auto ihm heute leider nicht zur Verfügung stehe. Er erhielte möglicherweise „komfortabel und praktisch“ von der App gleich mitgeteilt, wie er mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren könne. Vielleicht würde die App auch dem Arbeitgeber melden, dass sein Mitarbeiter heute nicht mobil sei und im Home-Office arbeiten müsse.

Das Smart Grid soll auch den Verbrauch von Wirtschaftsunternehmen durch Lastverschiebung steuern. In dem genannten Wikipedia-Eintrag heißt es:

„Mit Einschränkungen bieten sich aber auch energieintensive industrielle Prozesse wie die Aluminiumherstellung per Elektrolyse, die Elektrostahlherstellung und der Betrieb von Zementmühlen und Lüftungsanlagen für Lastverschiebungen an (...) Die Steuerung kann entweder indirekt über den Preis oder direkt über Energieversorgung bzw. Netzbetreiber erfolgen; größere Unternehmen können auch direkt am Regelenergiemarkt handeln (…) Ein erhebliches Potential zur Lastverschiebung bieten auch Rechenzentren (…) Auf diese Weise könnten Systemkosten minimiert werden. Insgesamt wird für möglich gehalten, dass europäische Rechenzentren im Jahr 2030 ein Lastverschiebungspotential von einigen GW bis einigen Dutzend GW besitzen.“

Nach dem neuen Paradigma können energieintensive Betriebe vermutlich also nur dann arbeiten, wenn gerade genügend „grüne Energie“ zur Verfügung steht. Dazu wird eine sehr flexible Arbeitnehmerschaft notwendig sein, die je nach aktueller Energieproduktion kurzfristig zu Hause bleiben oder die Arbeit wieder aufnehmen kann. Durch ein universelles Grundeinkommen und staatliche Zuschüsse könnte es somit möglich gemacht werden, dass die von Minister Habeck prophezeite Option, dass Betriebe in Phasen der Energieknappheit einfach für einen gewissen Zeitraum die Arbeit einstellten ohne insolvent zu gehen, in eine zukünftige Realität umgesetzt werden kann.

Integration in den „European Green Deal“

Eingebettet ist der deutsche Gesetzentwurf in den EU-Aktionsplan zur Digitalisierung der Energiesysteme im Rahmen des „European Green Deal“. Damit soll die Energieinfrastruktur mittels Digitaltechnologien wie dem „Internet der Dinge“, künstlicher Intelligenz und 5G-Anbindung zukunftsfähig gemacht werden. Die EU geht davon aus, dass bis 2030 etwa 170 Mrd. Euro in die Digitalisierung der Energienetze investiert werden müssten. Sie strebt das Ziel an, spätestens ab 2024 einen „Europäischen Energiedatenraum“ zu schaffen, in dem die Daten aus den Energienetzen europaweit gesammelt und Drittparteien für Big Data-Anwendungen zur Auswertung verfügbar gemacht werden sollen.

Gleichzeitig plant die EU im Rahmen ihres Programms „Fit for 55“ in den nächsten Jahren Anreize für die Energieverbraucher zu setzen, den CO2-Verbrauch bis 2030 drastisch zu verringern. Das Ziel sei, bis 2030 55% des CO2-Ausstosses von 1990 zu erreichen. Im Lockdown-Jahr 2020 sei nur eine Reduktion von 34% zum Vergleichsjahr erreicht worden, so dass bis 2030 drastischere Maßnahmen erforderlich wären. Ab 2024 werde die Seeschifffahrt und ab 2027 Gebäude und der Straßenverkehr in den CO2-Emissionshandel einbezogen. Hierbei solle durch eine schrittweise Verknappung der Emissionszertifikate das Preisniveau für den Verbrauch fossiler Energieträger verteuert werden, so dass ein größerer finanzieller Anreiz für Verbraucher entstehe, auf „grüne“ und „smarte“ Technologien umzusteigen.

Einbettung in politische Transformationsagenden

Im August 2022 fand ein „Gespräch zur Transformation“ zwischen Bundesminister Habeck und der EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen statt. Die taz zitierte aus dem Gespräch:

„Auch Robert Habeck spricht beim Talk zur 'Transformation' von Hoffnungszeichen. Der Umstieg der Industrie auf grünen Wasserstoff sei noch vor einem Jahr ein Wunsch der Politik gewesen. 'Heute ist das marktgetrieben', sagt er, 'jede Kilowattstunde grünen Wasserstoffs ist billiger als Gas.' Unter der Oberfläche von mehr Gas und Kohle gebe es in Europa 'einen Hochlauf von klimaneutraler Technik und erneuerbaren Energien und Wasserstoff, wie wir ihn vor neun Monaten nicht hätten voraussehen können'. Wenn wir 'klimapolitisch diesen und nächsten Winter überstehen', werde die Energielandschaft deutlich verändert sein, schneller als eigentlich erwartbar. Habeck zitiert noch den Ökonomen Joseph Schumpeter, der von 'schöpferischer Zerstörung' spricht, die bei grundlegenden Veränderungen das Alte abstreift und dafür Neues schafft.“

Habeck kann den hohen Energiepreisen also durchaus positive Seiten abgewinnen, um die von ihm angestrebte Transformation einer Energiewende leichter umsetzen zu können. Es scheint somit eine Kollusion zu entstehen zwischen der durch politische Beschlüsse nach Beginn des Krieges in der Ukraine herbeigeführten Knappheit fossiler Energieträger und den Transformationszielen im Rahmen einer ausgerufenen „Klimakrise“. Die von Habeck und von der Leyen angestrebte Transformation stellt die Erfüllung von selbstgesetzten CO2-Einsparzielen kommunikativ in den Vordergrund und gibt das Ziel einer „dekarbonisierten Gesellschaft“ aus. Habeck hat in Interviews erklärt, dass die Ökonomin Mariana Mazzucato zu den Frauen gehöre, die sein Leben verändert hätten. Mazzucato tritt in ihren Schriften für einen starken Staat ein, der die Transformation der Gesellschaft vorantreibe. Sie wirbt für eine umfassende staatliche Kraftanstrengung wie die „Mondmission“ der 1960er Jahre in den USA, um eine Transformation der Digitalisierung und Dekarbonisierung schnell zu bewältigen.

Ein noch drastischeres Bild der Transformation verwendet die taz-Journalistin Ulrike Hermann in ihrem aktuellen Spiegel-Bestseller „Das Ende des Kapitalismus“. Sie schlägt vor, die Wirtschaft solle nach dem Vorbild der britischen Kriegswirtschaft im 2. Weltkrieg umgebaut werden. Zur Rettung des Klimas müsse aus Sicht der Autorin eine Planwirtschaft mit Rationierung von Produkten aufgebaut werden. Damals habe die britische Regierung privaten Unternehmen Rohstoffe, Kredite und Arbeitskräfte zugeteilt. Jeder Einwohner habe eine feste Menge an Lebensmitteln erhalten. „Luxusgüter“ wie Möbel oder Kleidung seien nur über ein persönliches „Punktebudget“ erwerbbar gewesen.

Im Rahmen einer staatlich gelenkten Transformation und Rationierung von knappen Gütern wären die „intelligenten Energienetze“ ein praktisches Mittel zur Steuerung und Zuteilung der verknappten Ressourcen Strom und Gas. Die Politik könnte Einteilung in systemrelevante und nicht-systemrelevante Branchen und Verbraucher vornehmen. Die Ressourcen könnten dann mittels Algorithmen rationiert werden. Der Baustein der digitalisierten Energienetze kann deshalb im Zusammenhang einer gesellschaftlichen Transformationsagenda eingeordnet werden, die politische Entscheidungsträger offen bewerben.

Die Bürger „motivieren“

Die Bürger werden naturgemäß nicht freiwillig ein neues Paradigma der Nutzung der Energieinfrastruktur annehmen, bei dem nicht mehr sie selbst im Mittelpunkt stehen, sondern ein technisches System, das an den Vorgaben politischer Entscheidungen, Zielsetzungen und Ideologien ausgerichtet ist. Auch gibt es keinen Grund auf neue Technologien umzusteigen, wenn man mit der bisherigen analogen Energieinfrastruktur zufrieden war. Wie ließen sich Bürger also „motivieren“ für den Umstieg auf digitalisierte Energienetze?

Eine schöpferische Zerstörung der alten Technologien könnte in diesem Zusammenhang durch die Bundesregierung durchaus als hilfreich empfunden werden. Nudging-Mechanismen wie zunächst ein allgemein stark gestiegenes Energiepreisniveau, das durch die Umstellung auf dynamische Energiepreise zu bestimmten Zeiten wieder gesenkt werden kann, könnte die Bereitschaft der Bürger zum Einsatz der Digitaltechnologie vermutlich erhöhen.

Auch durch die Ausweitung des CO2-Zertifikatehandels auf Gebäude und Straßenverkehr kann ein negativer Anreiz durch höhere Kosten für diejenigen geschaffen werden, die bei der Umstellung von Technologien und Verhaltensweisen nicht mitmachen möchten. Ein Forscher vom Potsdamer Institut für Klimafolgeforschung schlug jüngst ein persönliches CO2-Budget von 3 Tonnen je Person und Jahr vor, was eine Reduktion um 70% des aktuellen Durchschnittsverbrauchs der Bürger bedeuten würde. Ein individueller CO2-Zertifikatehandel könnte motivierend für Verhaltensänderung wirken, wenn man nicht über ausreichende finanzielle Ressourcen verfügt: „wer mehr braucht, muss es sich eben einkaufen“, so der Forscher. Habeck lehnt diesen Ansatz jedoch vorerst ab.

Nützliche Krisennarrative

Eine schnellere Transformation der Energienutzung ließe sich wohl vor allem durch Krisennarrative in der Bevölkerung durchsetzen. So brachten die Corona-Lockdowns die Digitalindustrie schnell voran bei der Einführung digitaler Technologien im Alltag der Bürger. In der Corona-Krise wurden zunächst globale Lockdowns durchgesetzt, unter denen vor allem der Teil der Bevölkerung litt, der noch nicht als „digital native“ lebte. Aufgesetzt auf die Erfahrung des Leids in den Lockdowns entstand in der Folge die Bereitschaft bei vielen Bürgern, einen aufgezeigten Ausweg der Anpassung an neue Technologien zu akzeptieren, den sie ohne die vorherige Erfahrung der Lockdowns vermutlich nicht akzeptiert hätten: Zugangskontrollen mit digitalen Zertifikaten, Nachteile für Verweigerer neuer Technologien und die Ausrichtung des individuellen Verhaltens an rasch wechselnde staatliche Vorgaben.

Welche Form einer Krisenerfahrung könnte Bürger also motivieren, ein neues Paradigma knapper Energieressourcen und die digitale Überwachung und Steuerung im Zuge deren Nutzung zu akzeptieren? Nach zunächst freiwilligen Appellen an die Bevölkerung zum Energiesparen könnten häufige, kontrollierte Stromabschaltungen oder mehrwöchige Blackouts auf Grund einer Energiemangellage im Zuge verknappter Energieressourcen und abgeschalteten, „nicht grünen“ Kraftwerken Leidensdruck erzeugen. Durch mediale Begleitung dieser Prozesse könnte eine „Einsicht“ in der Bevölkerung befördert werden, dass die alten analogen Energiesysteme verantwortlich seien und die Lösung ein neues digitales und intelligentes Energiesystem solche Leidenserfahrungen in Zukunft vermeiden könnten.

Wie in der Corona-Krise könnten Menschen ausdifferenziert werden nach kooperativen Bürgern, die bereits die neue Smart-Meter-Technologie bei sich installieren lassen haben und zumindest zu manchen Zeiten wieder Elektrizität nutzen können und nicht-kooperativen Bürgern, die dann „selbstverschuldet“ mit ihren analogen Energieanschlüssen womöglich häufigen Stromabschaltungen in der Winterzeit ausgesetzt wären. In einer voll ausgebauten Stufe des „digitalisierten Energiesystems“ dürfte es zudem keine Schwierigkeit sein, nicht nur Banken davon zu überzeugen, dass sie mit politisch unkooperativen Bürgern besser keine Geschäfte betreiben sollten, sondern auch Energieversorger davon zu überzeugen, diesen den Strom-, Gas- oder Wasseranschluss per digitalem Steuerimpuls abzuschalten.

Die hier dargestellten Negativszenarien sind spekulativ und müssen nicht eintreten. Digitale Technologien sind ein Werkzeug und können somit auch zum Wohle der Menschen eingesetzt werden. Wenn sie an den Bedürfnissen der Bürger orientiert sind, werden sie freiwillig übernommen. Technologien jedoch, die der Bevölkerung im Rahmen von Krisenszenarien als „alternativlos“ aufgedrängt werden, dürften an anderen Interessen ausgerichtet sein, als an denen der Bürger.

Kontroverse Diskussion notwendig

Eine bessere Auslastung der Netze durch Anpassung von verschiebbarem Energieverbrauch erscheint vernünftig. Die Warmwasserbereitung in Boilern mit ausreichend großem Wasserspeicher kann dafür ein Anwendungsfeld sein. Entscheidend ist es jedoch, dass Endverbraucher die Kontrolle über ihre Hausanschlüsse behalten und frei wählen können, ob sie an digitalen Steuerprozessen aus dem Netz teilnehmen möchten. Eine Möglichkeit könnte die Vorgabe sein, dass Funktionen zur Datenübermittlung (jenseits der Verbrauchsabrechnung) und Fernabschaltung durch den Kunden am Smart Meter deaktivierbar sein müssen.

Manche angestrebte Funktionen der Lastverschiebung erscheinen auch umsetzbar über eine Vorgabe, dass Geräte mit hohem Stromverbrauch über eine vom Nutzer einstellbare Zeitschaltuhr verfügen müssen. Hilfreiche Datenauswertungen können zudem in vielen Fällen auch dezentral unter hohen Datenschutzstandards vorgenommen werden, anstatt Daten europaweit zentral zu sammeln und Drittparteien zur Analyse zur Verfügung zu stellen.

Die Abhängigkeit der Infrastruktur von einer Technologie, die nur noch von wenigen Spezialisten verstanden und gewartet werden kann, wirft zudem machtpolitische Fragen auf. So sind die Pläne der Bundesregierung für die Ausrichtung des BSI nach Absetzung des bisherigen Chefs noch unklar, gerade auch wie das im Gesetzentwurf genannte Ziel einer besseren „Steuerungsmöglichkeit“ des BSI durch das Wirtschaftsministerium bei den Themen der Energiewende ausgestaltet werden wird.

Außerdem sind Zweifel angebracht, ob die Ziele einer besseren Einbindung des BSI in politische Agenden und einer Zusammenführung von Verbrauchsdaten in einen Datenraum mit dem Ziel des Schutzes der Infrastruktur vor Cyberangriffen in Einklang zu bringen sein wird. Was insgesamt fehlt, ist Transparenz, vor allem darüber, welche neuen Risiken durch vernetzte Hausanschlüsse entstehen werden, wer die Spezifikationen für Smart Meter festlegt, wer die Algorithmen für das intelligente Stromnetz entwickelt und wer Zugang zu den Steuerungsprogrammen bekommt.

Eine kontroverse Diskussion über mögliche Auswirkungen der von EU und Bundesregierung geplanten digitalisierten Energienetze wäre wichtig, um die Interessen der Bürger bezüglich der Technologie zu berücksichtigen und das Vertrauen der Bevölkerung in Transformationsprozesse zu erhöhen. Wenn Transformationsagenden ohne öffentliche Diskussion der Nachteile für die Bürger als „zwingend notwendig“ für ein höheres Ziel wie den „Klimaschutz“ versucht werden durchzusetzen, dann ist ein Dialogprozess über die unterschiedlichen Annahmen, Menschenbilder und Ideologien in der Gesellschaft um so notwendiger.

Korrektur 20.2.: Im Artikel stand zunächst, dass ein Forscher vom Potsdamer Institut für Klimafolgeforschung jüngst "ein persönliches CO2-Budget von 3000 Tonnen je Person und Jahr" vorgeschlagen hätte. Tatsächlich sprach der Forscher von 3 Tonnen. Wir haben die Zahl korrigiert.

Über den Autor: Andreas Heyer, Jahrgang 1973, arbeitet als Psychologischer Psychotherapeut mit tiefenpsychologisch-fundierter Fachrichtung in eigener Praxis.

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Diskussion

14 Kommentare
DIETER R., 20. Februar 2023, 10:15 UHR

Sehr schöner Artikel, der den Sachverhalt Smart meter, Smart grid und wenn man so will weiterführend Smart home oder Smart city aus verschiedenen und nicht nur einem Blickwinkel beleuchtet… so wie guter Journalismus sein sollte und so wie unser Mainstreamjournalismus eben nicht mehr ist.

„Die hier dargestellten Negativszenarien sind spekulativ und müssen nicht eintreten. Digitale Technologien sind ein Werkzeug und können somit auch zum Wohle der Menschen eingesetzt werden.“

Dass diese Technologien zum Wohle der Menschen eingesetzt werden, glaube ich nach Corona und der Ukraineberichterstattung nicht mehr (siehe auch: https://norberthaering.de/news/soziale-mega-maschine/). Selbst wenn es noch jemanden gibt, der das bejaht, so muss man doch konstatieren, dass smarte Technologien – also solche, die Daten erfassen, diese bewerten und dann steuern – dem Menschen vom handelnden Subjekt in ein gesteuertes Objekt umwandeln. (https://www.rubikon.news/artikel/das-smart-city-panoptikum) Wer will das eigentlich?

Ein weiterer Aspekt – und den hat Herr Heyer noch gar nicht angesprochen – und der auch mal wieder illustriert, wie „umfassend und ausgewogen“ wir von den Staatsmedien informiert werden, ist der das smarte Technologien und auch Smart meter mit HF-EMF (hochfrequenten elektromagnetischen Feldern) arbeiten. Also zur Erhöhung der Strahlenbelastung führen. Entgegen der Abwiegelung der staatlichen Behörden, dass die derzeit festgelegten Grenzwerte alle gesundheitlichen Risiken ausschließen, sagt die Wissenschaft genau das Gegenteil.

Ich hab mir die wissenschaftliche Originalliteratur mal durchgelesen und war erschrocken, wie eindeutig die Datenlage da ist und dass wir auch da ein riesiges Problem haben. Entgegen den Warnungen der Wissenschaftler – die derzeitigen Grenzwerte sind viel zu hoch (derzeit 2W/m2, empfohlen sind 100µW/m2) – nehmen die Behörden offensichtlich die gesundheitlichen Risiken in Kauf (einen guten Überblick liefert https://diagnose-funk.org). Kurzum: zwangsweise eingeführte funkende Zähler im Keller werden die Strahlungsbelastung der Bevölkerung weiter erhöhen. Auch dieser Aspekt gehört mit in die Diskussion der Themen, wenn man diese ehrlich und ganzheitlich führen will.

Aber hey, wozu Diskussion. Wir sind doch eh zu blöd, andere wissen doch viel besser, was gut für uns ist…

SEBASTIAN MELZER, 20. Februar 2023, 00:00 UHR

Vielen Dank für den Artikel. Da die Strompreise der Seite (https://www.nordpoolgroup.com/) in €/MWh angegeben sind, liegt der Faktor 1000 zwischen den angegebenen Preisen und der für Endverbraucher üblichen Einheit €/kWh. Folglich schwankten die Preise am 12.01.2023 zwischen 0,01 ct/kWh und 12,5 ct/kWh.

ANDREAS HEYER, 21. Februar 2023, 20:15 UHR

Danke für Ihre Rückmeldung. Da ich mich für den Artikel in ein fachfremdes Gebiet eingearbeitet habe, kann ich nur die von mir aufgefundenen Quellen interpretieren. Ihre Berechnung kann ich nachvollziehen, die aus der Umrechnung der bei nordpool angegeben MWh in KWh entsteht. Allerdings wirken die sich daraus ergebenden um den Faktor 10 verringerten Strompreise wenig plausibel auf mich, da mir aus Medienberichten bekannt ist, dass in Litauen in diesem Winter zu Spitzenlastzeiten bis zu 2€/KWh bei Endverbrauchern berechnet wurde. Die im Artikel angegebene Spannbreite erscheint mir deshalb zunächst plausibler. Der verlinkte litauische Stromanbieter verweist seine Haushaltskunden auf den angegebenen Link von nordpool zur Ermittlung ihres dynamischen Strompreises am kommenden Tag. Insofern ist mir nicht eindeutig klar, ob die von Ihnen durchgeführte Rechnung den litauischen Endkundenpreis wiedergibt oder ob der von mir genannte Preisbereich eher der Realität entspricht.

Mit der Redaktion von Multipolar ist abgestimmt, dass die Angaben im Text erstmal so stehen bleiben, bis eindeutigere, plausible Zahlen einen anderen dynamischen Strompreis in Litauen oder Frankreich nachweisen. Mir geht es nicht so sehr darum, auf die Verwendung einer bestimmten Quelle zu bestehen, als einen realistischen Preisbereich für dynamische Strompreise in anderen Ländern anzugeben. Falls Leser hierzu eindeutigere Quellen beisteuern können, können diese gerne als Kommentar hinzugefügt oder an die Multipolar-Redaktion übersendet werden.

ELKE SCHENK, 20. Februar 2023, 13:55 UHR

Vielen Dank für den Überblick über diese Pläne zur Verbrauchssteuerung und Konsumentenüberwachung. Dazu passt das Vorhaben der Bundesnetzagentur, den Stromverbrauch für E-Autos und Wärmepumpen ab 2024 drosseln zu können: https://www.giga.de/news/stromfresser-waermepumpe-bundesnetzagentur-warnt-deutsche-vor-netzkollaps/ vom 29.1.2023.

"Stromverbrauch drosseln: E-Autos und Wärmepumpen könnten Netz überfordern [...] Besonders Wärmepumpen und E-Autos als neue Stromverbraucher bringen einen viel höheren Bedarf mit sich, als es bisher der Fall war. Umso mehr, je mehr Bürgerinnen und Bürger umsatteln und sich ein E-Auto mitsamt privater Ladestation anschaffen oder die alte Heizung gegen eine Wärmepumpe tauschen.

„Wenn weiter sehr viele neue Wärmepumpen und Ladestationen installiert werden, dann sind Überlastungsprobleme und lokale Stromausfälle im Verteilnetz zu befürchten, falls wir nicht handeln“, warnt deswegen Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS, via Zeit). Vor allem auf der letzten Meile, in den Niedrigvolt-Ortsnetzen rechnet Müller mit Problemen, wenn die Auslastung stark ansteigt. [...] die Bundesnetzagentur (sieht) in einem Eckpunktepapier vor, den Stromfluss in Spitzenzeiten zu regulieren. Im Klartext heißt das: Wenn zu viel Strom gleichzeitig benötigt wird, werden die E-Auto-Ladestationen und Wärmepumpen gedrosselt." [...] (Zitat Ende)

Verbrennungsmotoren, Gas- und Ölheizungen werden in absehbarer Zeit verboten, der Umstieg auf Elektroenergie wird verlangt, aber die entsprechenden Versorgungsstrukturen sind nicht vorhanden. Was folgt: Frieren für eine über's Knie gebrochene und ideologisierte Transformation sowie Stay-Home - Letzteres ist praktischerweise schon eingeübt worden.

ALEXANDER FEIN, 20. Februar 2023, 23:25 UHR

Zweifellos ein bedrückender Artikel, dennoch ergeben sich beim Thema Energie - anders als bei Corona oder der Telematik im Gesundheitswesen - Handlungsmöglichkeiten für den Einzelnen.

Ich hatte über das Thema Energie gerade ein Gespräch bei einem Montagsspaziergang mit einer Mitdemonstrantin, die meinte, Energiesparmaßnahmen wären für ihren Vermieter zu teuer und dann würde ihre Miete steigen, was für sie ein existenzielles Problem sei. Ich fand es verblüffend, dass sie für den Hausbesitzer Partei ergriff, und hielt ihr entgegen, dass es aber kein Weg sei, die Häuser verkommen zu lassen, damit die Miete bezahlbar bleibe. Die DDR sei da ein warnendes Beispiel, so weit ich mich richtig erinnere.

Man sieht an dieser Stelle bereits, dass das Energieproblem offenbar viel mit sozialer Ungleichheit zu tun hat. Da das Thema der sozialen Ungleichheit sich tief in die Gesellschaft eingefressen hat, wird auf der links-grünen Seite jetzt offenbar auf Sprechweise und Maßnahmen von Militärregimen gesetzt, damit wir alle in die neue Gesellschaft eingehen, und da könnte "eingehen" tatsächlich wörtlich zu nehmen sein. Offensichtlich, so beschreibt es der Philosoph Jochen Hörisch in "Es gibt (k)ein richtiges Leben im falschen", Bibliothek der Lebenskunst, Suhrkamp-Verlag, 2003, ziehen hier Denkfiguren der Gnosis auf, nach deren innerweltlicher Lesart alles Schlechte und Falsche zu besiegen sei. Und da rette sich, wer kann.

Bezogen auf die Stromversorgung kann jedoch eine gewisse Autarkie und Autonomie erreicht werden. In dem Artikel ist weder von Photovoltaikanlagen noch von Blockheizkraftanlagen die Rede, was mich etwas erstaunt. Ich halte die Senkung insbesondere des fossilen Energieverbrauchs jedenfalls für wünschenswert. Zur Montage einer Photovoltaikanlage mit einem Speicher kann ich jedem, der ein geeignetes Dach hat, unbedingt zuraten. Aber unbedingt folgenden Tipp beachten: Für den Betrieb einer Photovoltaikanlage benötigt man einen Wechselrichter, der auch die Netzeinspeisung synchronisiert und ermöglicht. Bei einem Stromausfall trennt dieser automatisch die Photovoltaikanlage vom Netz, damit Reparaturen durchgeführt werden können.

Und die meisten Wechselrichter legen dann auch die Stromversorgung des Hauses lahm, was natürlich absurd ist. Es gibt aber Wechselrichter, die eine Ersatzstromlösung ermöglichen, d.h. das Haus wird komplett vom Netz getrennt und vom Speicher oder der Anlage weiter versorgt. Wenn man sich mit diesen Dingen beschäftigt, kann man dem zentralistischen Regierungswahn, der einer gnostizistischen Denkweise geschuldet zu sein scheint, doch deutlich in die Speichen greifen.

RIPPLE, 20. Februar 2023, 23:45 UHR

Erneut ein sehr guter Artikel und eine sehr gute Aufklärung über Details, wie das akkumulierte Kapital das Leben, wie wir es bisher kannten, nicht nur plant, in Zukunft irgendwann mal zu zerstören, sondern jetzt bereits zerstört. Natürlich bekommt man angemessenen Hautausschlag und instantanen psychosomatischen Magenkrebs davon, von der Perfidie lesen zu müssen, mit der die willigen Vollstrecker des Kapitalwillens im Detail vorgehen. Nur wirklich neu sind diese Pläne und die Perfidie ihrer Exekution an der Bevölkerung inzwischen ja nicht mehr.

Was ich bei allem Wert und aller Notwendigkeit solcher Aufklärungsartikel daher vermisse, ist wenigstens ein allereinziger Gedanke dazu, was man denn gegen die Zerstörung unseres Lebens, wie wir es bisher kannten, tun könnte. Nichts? Wir müssen es bei dieser bloßen Protokollierung unserer Vernichtung belassen?

AYU, 22. Februar 2023, 02:15 UHR

"Was ich bei allem Wert und aller Notwendigkeit solcher Aufklärungsartikel daher vermisse, ist wenigstens ein allereinziger Gedanke dazu, was man denn gegen die Zerstörung unseres Lebens, wie wir es bisher kannten, tun könnte. Nichts? Wir müssen es bei dieser bloßen Protokollierung unserer Vernichtung belassen?"

Lieber Ripple,

ich kann Sie voll verstehen und komme durchaus damit überein, dass das Leben ansich unerklärbar und in Teilen auch unbegreiflich ist und bleibt und man gewisse Dinge selbstverständlich nicht anteilslos hinnehmen sollte! Das ändert nichts daran, dass es gut ist, am Leben zu sein, niemals aufzugeben und alles zu nutzen, was einem mitgegeben wurde: lassen sie den Gedanken von sich aus gehen, gerade in einer Situation der Ausweglosigkeit=Freiheit!

Das kann man gar nicht bewusst genug verinnerlicht haben! Verstehen sie mich nicht falsch, wenn ich diese Erkenntnis mit den folgenden Filmempfehlungen vertreten und verstanden haben möchte, veranschaulichen diese doch recht gut, zu was wir allem fähig sind, und was uns dabei aber niemals abhandenkommen darf! Ich gehe respektvoll davon aus, dass Sie mit solchem Material umgehen können, aber korrigieren Sie mich gerne, hierzu je meine Einordnung!

Battle Royal 1
Dieser japansiche Gesellschaftskritikfilm spielt in und dreht sich um überwiegend innerjapanische Probleme. (Es war wohl mal das Land mit der höchsten Selbstmord/Freitod-Rate weltweit.) Die Mittel der Dramaturgie könnten kaum perfider sein, die Machart kaum schockierender und gegensätzlicher! Nichtsdestotrotz haben mich die darin verwobenen Botschaften der Menschlichkeit und ihrer komplexen Erscheinungsformen noch jedes Mal berührt; wie es bspw. auch Giovannis Insel vermag, nur ist Ersteres eben kein Kinderzeichentrick: es soll uns "Erwachsene" Lügen strafen und ermahnen, von wo hier Gewalt gegen wen ausgeht und wo die guten Ideen, Strategien und Antworten für Frieden zu finden sind; die fernöstlichen Kunst- und Ausdrucksformen sind nunmal, wie sie sind.

Battle Royal 2
Übertrifft den ersten in den meisten Belangen, wird damit allerdings grenzwertig in der Gewaltdarstellung, Achtung hier! Der Plot wird weiter gefasst, der Handlungs- und Erzählstrang auf internationale Ebene gebracht. Aktuell leider auch wieder anzumerken, dass Japan sich jetzt den US-Strategen anschließt/unterwirft und man fragen muss, in welchem "unbedingtem" Interesse diese "Einigkeit und Geschlossenheit" wohl ist?

The Qube 1
Einige wenige, dafür harte Szenen erzeugen innerhalb dieser Erzählung extrem viel Spannung, was diese in vielerlei Hinsicht bemerkenswerte Produktion für einige inkompatibel macht, alle unter 18 sind es besser mal. Die eiskalte Raffinesse im Ungewissen des Schicksals scheint sich nie festzulegen und im unwirklichen Versuch dagegen anzukommen wird eher klar, welche Haltung/Einstellung zueinander in uns vorliegen sollte, wenn es drauf ankommt, und welche besser nicht.

RIPPLE, 22. Februar 2023, 12:15 UHR

Lieber AYU,

die Fiktionalisierung realer Probleme und Gefahren ist immer ein zweischneidiges Schwert. Das Potential, als Warnung vor gesellschaftlichen und politischen Gefahren dienen zu können, konterkariert selbst ein Klassiker wie Orwells "1984" durch unvermeidliche Elemente der Darstellung, also z.B. dass die karge Welt in "1984" in schmuddeligem Grau und Sepiabraun gehalten ist. Bei denjenigen unserer Mitmenschen, denen eigentlich die Augen geöffnet werden müssten, heißt es dann "Schau dich doch um. Alles so schön bunt und lebendig hier. Dein "1984" und dein "Brave New World" haben also nichts mit der Realität zu tun. Hast du schon das neue iPhone? Klebst du dich morgen mit uns auf die Straße?" Game Over.

Der Hollywood-Spruch "niemals aufgeben" stammt aus einer Science-Fiction-Parodie, wenn ich mich recht erinnere, ist also noch etwas weniger ernst zu nehmen als "A man's gotta do what a man's gotta do!" Und Ihre in blutrünstigen asiatischen Martial-Arts-Splatter-Movies "verwobenen Botschaften der Menschlichkeit" sind auch nicht wirklich dazu angetan, das Kapital von seiner weltweiten Zerstörungsorgie abzuhalten, die im Wesen des Kapitalismus unausweichlich fest verankert ist.

Vor allem schaffe ich es nicht, die Schuld an der weltweiten Zerstörung durch das Kapital als einen Mangel an Menschlichkeit bei den Opfern des Kapitals zu erklären, was aber versucht wird, wenn in der gegenwärtigen Situation ein Appell an die Menschlichkeit der Opfer (Wir-lieben-uns-alle-Liedchen auf friedlichen Demos, mit Fingern geformte Herzchen und der freundliche Vorschlag an das Kapital, uns doch bitte nicht weiter zu töten, falls es gerade passt?) der Ausweg sein soll.

Es gibt die Menschheit deshalb noch, weil unsere Vorfahren sich wirkmächtig dem Säbelzahntiger entgegenwarfen, der gerade die eigene Sippe zerfetzen wollte. Mit "Botschaften der Menschlichkeit" wäre kein Säbelzahntiger von irgendetwas abzuhalten gewesen, das ihm seine Natur ebenso zwingend vorschreibt, wie der Kapitalismus den Exekutoren des Kapitalwillens in Politik, Medien und Regimewissenschaften die Zerstörung alles bekannten menschlichen Lebens vorschreibt, um das Borg-System des Great Reset als Erlösung verkaufen zu können. Unsere Vorfahren konnten den seiner Natur folgenden Säbelzahntiger nur dadurch vertreiben, dass sie ihm weh taten. Sehr weh. So sehr weh, dass eine Fortführung des Angriffs mit mehr und schlimmeren Kosten für den Säbelzahntiger verbunden war als seine Flucht.

Dass wir derzeit vom krassesten und weltumspannendsten Säbelzahntiger der gesamten Menschheitsgeschichte zerfetzt werden, haben die Analysten der Pläne des Kapitals und die Aufklärer nun so oft und so hervorragend begreifbar gezeigt, dass niemand, der es aus charakterlichen Gründen wahrnehmen darf, in Unwissenheit verbleiben muss. Ich plädiere selbstverständlich NICHT für ein Einstellen der Aufklärungsbemühungen, sondern vermisse wenigstens den Ansatz von Überlegungen, wie man den Säbelzahntiger davon abbringen könnte, uns zu zerstören und uns als irgendetwas Transhumanes (wörtlich also: etwas jenseits alles Menschlichen) in sein Borg-System zu integrieren.

Blutrünstige Filme, die den Opfern "Botschaften der Menschlichkeit" vermitteln sollen, und dadurch bei (unvermeidlich) ausbleibendem Erfolg die Schuld am Untergang den Opfern der Täter anlasten, können als Vorschlag genauso wenig ernst genommen werden wie die furchtbar intensive Lektüre bronzezeitlicher Splatter-Romane mit unsichtbaren Gespenstern und Wunder wirkenden Superhelden oder der mit katholischer Intensität vorgetragene Konsum anderer Comics mit oder ohne Bilder, auf Papier oder Zelluloid.

Als Reaktion auf den Säbelzahntiger des 21. Jahrhunderts bleibt es also auch nach Ihrer Antwort, werter AYU, beim reinen Protokollieren des eigenen Untergangs und ihrem Hinweis, wie wir an uns selbst arbeiten könnten, um damit irgendwie klar zu kommen. Ein Vorschlag, der genau so auch vom akkumulierten Kapital selbst an uns gerichtet worden sein könnte, desavouiert er doch jeden Gedanken an eine wirkmächtige Gegenwehr als ethisch verwerflich, die dem Säbelzahntiger auf allen gesellschaftlichen Ebenen weh tun könnte. Richtig weh!

AYU, 24. Februar 2023, 00:05 UHR

"...sondern vermisse wenigstens den Ansatz von Überlegungen, wie man den Säbelzahntiger davon abbringen könnte, uns zu zerstören und..."

Lieber Ripple, Ihrer Anklage der Wirkungslosigkeit eines friedlichen-am-Leben-Seins kann ich nur halbwegs folgen. Was ich gänzlich vermisse, oder übersehen habe, ist Ihr Ansatz von Überlegungen jenseits von Wehtun. Jedenfalls war es mir heute aus charakterlichen Gründen möglich, erfeut ein Taubenpaar auf einem Zaun wahrgenommen zu haben; es könnte zum gleichen Zeitpunkt aber auch "einfach nur der letzte verdammte Frühling sein". Aber woher will ich das wissen? Ist Wissen überhaupt relevant, wenn jeder Versuch einer Erklärung zum Scheitern verurteilt ist? Da das hier nicht der Rahmen ist, bedanke ich mich für Ihre Gesprächsbereitschaft und denke, wir werden schon voneinander lesen. Danke auch an Multipolar!

RIPPLE, 24. Februar 2023, 09:00 UHR

@ AYU

Ihrer Anklage der Wirkungslosigkeit eines friedlichen-am-Leben-Seins kann ich nur halbwegs folgen.

Welche Hälfte fehlt Ihnen denn? Mir fehlt der Teil mit dem Hinweis, welche Wirkung friedliche Demoliedchen und Aufklärung über das, was mit uns gemacht wird, bisher hatten - wie ich ja ausführlich geschrieben hatte. Wenn Ihnen dazu etwas einfällt, immer raus damit!

Was ich gänzlich vermisse, oder übersehen habe, ist Ihr Ansatz von Überlegungen jenseits von Wehtun.

Sehr schön. Da Sie diesen Ansatz bei mir vermissen, müssen Sie ja einen solchen Ansatz kennen. Erzählen Sie uns doch, wie Sie den Säbelzahntiger vom Zerfetzen Ihrer Sippe oder das Kapital von der Exekution seiner Pläne friedlich abhalten zu können glauben!

Jedenfalls war es mir heute aus charakterlichen Gründen möglich, erfeut ein Taubenpaar auf einem Zaun wahrgenommen zu haben...

Ja dann ... dann hat das Kapital ja praktisch schon so gut wie verloren! Die Menschheit ist bereits so gut wie gerettet.

Ist Wissen überhaupt relevant ...

Manchmal sogar relevanter als eine Taube auf dem Zaun - aber halt nur für Leute, die mit Wissen etwas anfangen können.

... wenn jeder Versuch einer Erklärung zum Scheitern verurteilt ist?

Welche Erklärung(?) haben Sie nicht verstanden?

Übrigens: Es geht ja eben genau darum, dass Ihnen gerade Ihr "friedlich-am-Leben-Sein" genommen wird. Verstehen Sie das wirklich nicht? Aber lassen Sie mal lieber andere irgendwelche "Erklärungen" verstehen und um Ihr Überleben kämpfen. Erfreuen Sie sich weiter an Ihren Tauben auf dem Zaun und versuchen Sie wenigstens, denen, die sich wehren wollen, nicht im Weg herumzuschreiben.

WILLY SCHÜRER, 26. Februar 2023, 23:45 UHR

Lieber Ripple,
vorneweg möchte ich Ihnen versichern, dass ich Ihre Kommentare aufgrund Ihrer ästhetischen Formulierung und inhaltlicher Substanz im Allgemeinen sehr zu schätzen weiß und als echte Bereicherung der Artikel vom multipolar-magazin empfinde. Dieser Kommentar von Ihnen allerdings lässt mich etwas ratlos zurück. Sie beklagen das Fehlen praktikabler Lösungsansätze („Wir müssen es bei dieser bloßen Protokollierung unserer Vernichtung belassen?“).

Aufgrund meiner Hochachtung für Sie als Kommentator hätte ich erwartet, dass Sie diese zu Recht beklagte Lücke schließen würden. Leider haben Sie mich diesbezüglich enttäuscht. Ihre Empfehlung uns an der Handlungsweise unserer Vorfahren in einer vermeintlich vergleichbaren Situation („Es gibt die Menschheit deshalb noch, weil unsere Vorfahren sich wirkmächtig dem Säbelzahntiger entgegenwarfen, der gerade die eigene Sippe zerfetzen wollte.“) zu orientieren halte ich nicht für praktikabel. Denn die aktuelle Situation ist nicht wirklich mit jener vergleichbar. Zum ersten ist das Akkumulierte Kapital ein viel gefährlicherer, mächtigerer und vermutlich weitaus überlegener Gegenspieler als ein Säbelzahntiger.

Und zum zweiten bedroht das Akkumulierte Kapital nicht eine Sippe, für die man sich aufgrund persönlicher Bindung zu den Betroffenen selbstlos mit Todesverachtung in den Kampf wirft. Sondern die ganze Menschheit. Also eine ziemlich anonyme Masse für die mich todesmutig zu opfern ich mir lieber zweimal überlegen würde. Und das, obwohl ich für den Begriff der „Menschheitsfamilie“ von Daniele Ganser große Sympathie empfinde. Außerdem erinnert mich die Kampfsituation weniger an diejenige einer zusammengeschweißten Sippe gegenüber dem Säbelzahntiger. Mir scheint, die Opfer des Akkumulierten Kapitals befinden sich eher in der Situation harmloser Schwimmer, die von den Tentakeln eines gigantischen Tiefseewesens unter Wasser gezogen werden, das ihrem Zugriff entzogen ist. Im glücklichsten Fall kann sich ein Opfer durch das Abschlagen so einer Tentakel vor schlimmerem retten. Ohne auch nur in die Nähe des Ungeheuers zu kommen.

Mir geht es bei meinem Wunsch nicht etwa wie AYU („Was ich gänzlich vermisse, oder übersehen habe, ist Ihr Ansatz von Überlegungen jenseits von Wehtun.“) um einen Ansatz jenseits von Wehtun. Ich würde mich auch über die Formulierung eines konkreten und praktikablen Vorschlags inklusive Wehtun freuen. Können Sie mir den Gefallen tun, einen solchen auszuformulieren?

PS: Ich bin (wie Sie) Zeuge der Aktion großer Helden geworden, die sich mutig in den Kampf warfen, um dem Akkumulierten Kapital weh zu tun. Die meisten davon haben dafür mit schweren Verwundungen bezahlt. Inwiefern sie dem Akkumulierten Kapital mit ihren Aktionen wehtun konnten, möchte ich aus Respekt vor diesen Helden nicht beurteilen. Damit Sie sehen, von wem ich rede, hier eine kurze, unvollständige Aufzählung einiger dieser Helden (die mir grade spontan einfallen, in alphabethischer Reihenfolge): Clemens Arvay, Julian Assange, Beate Bahner, Michael Ballweg, Sucharit Bhakdi, Samuel Eckert, Ulrike Guérot, Seymour Hersh, Stefan Hockertz, Ken Jebsen, Ralf Ludwig, Michael Meyen, Jürgen Pohlmann, Vladímir Putin, Bodo Schiffmann, Edward Snowden, Wolfgang Wodarg …

AYU, 28. Februar 2023, 02:35 UHR

Liebenswerter Ripple,

Ihrer hervortretenden Ausstrahlung gemäß habe ich für mich entschieden, Ihren neuerlichen Argumentations- und Eindringlichkeits-Methoden mit mindestens einem weiteren Misstrauens- und Herangehensfilter zu begegnen - und da ausgerechnet einer aktiviert werden musste, der mich sehr, sehr (!) vorsichtig werden lässt, wollte ich Ihnen hiermit davon Kenntnis geben.

CHRISTIAN SCHANTZ, 21. Februar 2023, 11:40 UHR

Auch von meiner Seite danke für den gut recherchierten Artikel von Andreas Heyer. Allerdings wäre ein Hinweis auf den historischen Zusammenhang von Smart Grid mit der us-amerikanischen Technokratie-Bewegung der 30er Jahre angebracht gewesen. Denn die selbsternannten Technokraten dieser Zeit haben die Idee von Smart Grid schon Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts entwickelt.

Der Autor Patrick Wood beschreibt das in seinem 2015 veröffentlichen Buch folgendermaßen:

„Chapter 8 - Transforming Energy: Global Smart Grid
A key requirement in the implementation of Technocracy is control over energy, both distribution and consumption. However, you cannot control what you cannot monitor and measure, and this is where Smart Grid weighs in. Howard Scott and M.King Hubert clearly delineated this in the first two requirements listed in Technocracy Study Course:
(-) Register on continuous 24 hour-per-day basis the total net conversion
(-) By means of the registration of energy converted and consumed, make possible a balance load“

Patrick Wood’s These ist, dass mit der Gründung der Trilateralen Kommission von David Rockefeller und Zbigniew Brzezinski 1972 die Ideen der Technokraten wieder ausgegraben und in den darauf folgenden Jahrzehnten in der ganzen Welt immer mehr umgesetzt wurden. Wood sieht auch die Nachhaltigkeitsziele der UNO und Agenda 21 eng verbunden mit den Ideen der Technokraten.
Hier ein Interview von 2015: https://www.youtube.com/watch?v=wNkDiBOO4H0

Ich würde mich über einen Artikel bei Multipolar freuen, der Themen wie ID2020, Smart Grid und Global Governance in den Kontext von „Technocracy Incorporated“ stellt.

BERNHARD MÜNSTERMANN, 21. Februar 2023, 15:45 UHR

Zur Salamitaktik bei der Durchsetzung von u.a. digitaler Identität, hier ein Beitrag von Norbert Häring. Jean Claude Junker hatte in seiner Amtszeit schon bestätigt, wie man dabei in der EU Schritt für Schritt voranzukommen sucht und die möglichen Widerstände dagegen ins Kalkül einbezieht.
https://norberthaering.de/macht-kontrolle/bundid/

Andreas Heyer ist hier eine gute Zusammenschau gelungen, was für einen Autor seiner beruflichen Qualifikation alles andere als selbstverständlich ist. Vielen Dank in die Oberlausitz.

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