FDP will „psychologische Verteidigung“ forcieren

Fraktion schlägt nationales Warnsystem gegen „Desinformation“ und „hybride Angriffe“ vor / Symposium von Pentagon und Verteidigungsministerium warnt vor Kriegsmüdigkeit

4. Juni 2024
Berlin.
(multipolar)

Die FDP-Bundestagsfraktion hat in einem Positionspapier, das derzeit nur dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt, die Gründung eines „Hubs für psychologische Verteidigung“ vorgeschlagen. Der englische Begriff „Hub“ bedeutet Drehscheibe. Die Institution solle Maßnahmen gegen „Desinformationskampagnen und hybride Angriffe“ bündeln sowie „bisherige blinde Flecken“ aufzeigen, heißt es im RND-Artikel. Zudem solle die Drehscheibe die „Einrichtung eines nationalen Warn- und Informationssystems“ hinsichtlich solcher Angriffe verantworten.

Autoren des FDP-Positionspapiers sind der Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle und der Koordinator für die transatlantische Zusammenarbeit Michael Link. Als Begründung für ihren Vorschlag erklärte Kuhle dem RND, „weite Teile der deutschen Gesellschaft“ hätten nicht verinnerlicht, wie stark die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die deutsche Gesellschaft seien. Russland führe eine „Einflussoperation gegen Deutschland“ durch und die deutsche Bevölkerung sei „besonders anfällig für autokratische Narrative“. Belege für diese Aussagen liefert der RND-Artikel nicht.

Eine gezielte politische Einmischung Russlands in Deutschland wurde bereits 2016 von der Bundesregierung unterstellt. Die damals von Bundeskanzlerin Merkel persönlich beauftragten deutschen Geheimdienste gelangten nach einem Jahr Ermittlungen jedoch zu dem Ergebnis, dass keine eindeutigen Beweise für eine russische Desinformations-Kampagne vorlagen. Aktuelle konkrete Erkenntnisse des Bundesnachrichtendienstes, die eine politische russische Einflussnahme in Deutschland belegen, sind öffentlich nicht bekannt. Russische staatliche und regierungsnahe Medien sind in der Europäischen Union inzwischen größtenteils verboten. Zuletzt wurden im Mai die Nachrichtenagentur „Ria Novosti“ und die Zeitungen „Iswestija“ und „Rossiskaja Gaseta“ gesperrt.

Der Journalist Norbert Häring bewertet den FDP-Vorschlag als „Ausfluss eigener psychologischer Kriegsführung“ des Westens. Er verweist hierzu auf einen Beitrag des George C. Marshall European Centers for Security Studies sowie auf eine NATO-Broschüre zur kognitiven Kriegsführung. In den Dokumenten wird vor einer Kriegsmüdigkeit in Deutschland gewarnt und die Notwendigkeit der NATO-Überlegenheit in der kognitiven Kriegsführung hervorgehoben.

In einem Multipolar-Artikel hatte der Propagandaforscher Jonas Tögel von der Universität Regensburg im November 2022 darauf hingewiesen, dass die Nato einen „Krieg um die Köpfe“ der Einwohner in den Mitgliedsstaaten führt. Der Mensch mit seinen Gedanken und Gefühlen wird von der Militärallianz laut einem Dokument des „NATO Innovation Hubs“ als „größte Schwachstelle“ betrachtet. Der menschliche Verstand sei die Basis für alle anderen Schlachtfelder, die es zu kontrollieren gelte. Laut einem weiteren Dokument der Nato-Denkfabrik gehe es bei der kognitiven Kriegführung darum, „das Humankapital der Nato“ zu schützen, erläuterte Tögel.


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