Assange vorerst weiter in britischer Haft

Gericht in London vertagt Entscheidung im Prozess um Auslieferung des Journalisten Julian Assange an die USA

22. Februar 2024
London.
(multipolar)

Der zukünftige Aufenthaltsort des „WikiLeaks“-Gründers Julian Assange bleibt weiter unklar. Am gestrigen Mittwoch (21. Februar) schob ein Londoner Gericht seine Entscheidung zur möglichen Auslieferung des Journalisten an die USA auf. Dem voraus ging eine zweitägige Anhörung der Verteidiger Assanges und der US-Staatsanwaltschaft. Die Richter entscheiden darüber, ob der Journalist gegen seine Abschiebung in die USA Berufung einlegen darf. Mit einer Entscheidung ist in den kommenden Wochen zu rechnen.

Die US-Staatsanwaltschaft erhob 2018 und 2019 Anklage gegen Julian Assange in insgesamt 18 Punkten. Dem Journalisten wird die Zusammenarbeit mit dem US-Soldaten Bradley Manning bei der Veröffentlichung geheimer Informationen vorgeworfen. Die publizierten Dokumente geben Aufschluss über die Haftbedingungen in Guantanamo sowie über die Kriegseinsätze im Irak und in Afghanistan. Berühmt geworden ist der Filmmitschnitt „Collateral Murder“: Er zeigt, wie die Piloten eines US-Kampfhubschraubers im Jahr 2007 unter Gelächter tödliche Schüsse auf Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters in Bagdad abfeuerten.

Julian Assange fand während der Zeit von 2012 bis 2019 Asyl in der Botschaft Ecuadors in London, bevor er der Polizei überstellt wurde. Seither befindet sich der Journalist in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis. In erster Instanz verschob ein Gericht im Januar 2021 die Auslieferung Assanges an die USA wegen seines Gesundheitszustandes. Im Dezember desselben Jahres hob der High Court in nächster Instanz die Entscheidung auf und entschied im Sinne der US-Staatsanwaltschaft. Die britische Innenministerin ordnete daraufhin im Juni 2022 die Auslieferung an.

Im aktuellen Gerichtsverfahren kämpfen die Anwälte von Julian Assange gegen die Nichtzulassung der Berufung. Sollte es dabei bleiben, wären alle Rechtsmittel in Großbritannien ausgeschöpft. Ehefrau Stella Assange zeigte sich skeptisch, was den Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte betrifft. Im Interview mit der Wochenzeitung „der Freitag“ (16. Februar) sagte sie, ihr Mann „könnte schon am Tag nach der Anhörung in einem Flugzeug in die Vereinigten Staaten sitzen, wenn er verliert.“

Die Gerichtsanhörung in London wurde begleitet von internationalen Protesten. Vor dem Londoner Gerichtsgebäude sprachen am Dienstagmorgen die Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko und Sevim Dagdelen, aber auch der frühere Labour-Chef Jeremy Corbyn und weitere britische Oppositionspolitiker. Von der Straße berichtete der Musiker Kilez More per Liveschalte, eine Korrespondentin der Tageszeitung „Junge Welt“ verfolgte die Entwicklung im Gerichtssaal.

75 Parlamentarier der Ampel-Parteien forderten jüngst in einem Brief Assanges Freilassung. Denselben Appell richtete das australische Parlament am 14. Februar an die USA und Großbritannien; zu den Unterstützern zählte auch Premierminister Albany. In dem Appell heißt es, Assange erwarte eine Strafe für die Veröffentlichung von Dokumenten, die „schockierendes Fehlverhalten“ der USA aufdeckten.

Annalena Baerbock hatte im Wahlkampf 2021 von schwerwiegenden Verstößen gegen die Freiheitsrechte Assanges gesprochen. Nun heißt es vom Auswärtigen Amt auf Multipolar-Anfrage: „Die Bundesregierung hat keinen Grund zu Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens in Großbritannien.“ Ob das Außenministerium dem Verdacht des UN-Sonderberichterstatters Nils Melzer nachging, dass Assange psychischer Folter ausgesetzt ist, blieb unbeantwortet. Stella Assange erklärte im Interview mit dem „Freitag“, dass die westlichen Demokratien sich stärker für bürgerliche Freiheiten und Menschenrechte eingesetzt hätten, als sie Julian Assange kennenlernte. Dies sei nun völlig anders. „Die westliche Welt hat sich ruckartig in Richtung Autoritarismus entwickelt.“

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