Bauernproteste gegen Medienberichterstattung
12. Februar 2024Handwerker und Landwirte sowie deren Unterstützer haben in den vergangenen Tagen gemeinsam vor mehreren Medienhäusern und Druckereien protestiert. Zuletzt blockierte in der Nacht zu Sonnabend (10. Februar) eine Gruppe von etwa 120 Personen mit Traktoren, einem Sattelschlepper und weiteren Fahrzeugen die Druckerei von Axel Springer in Ahrensburg bei Hamburg und verhinderte damit stundenlang die Auslieferung mehrerer Tageszeitungen. In der Nacht zum Donnerstag war die Druckerei der Nordsee-Zeitung in Bremerhaven für zwei Stunden blockiert worden, dort war auch Mist abgekippt worden. Eine Woche zuvor hatten Demonstranten in Hamburg das Auslieferungslager eines Pressegroßhändlers blockiert.
Weitere Proteste gab es in den vergangenen zwei Wochen beim Landesfunkhaus des NDR in Hannover, in Unterföhring bei München beim Bayerischen Rundfunk sowie in Kempten im Allgäu und im niedersächsischen Hameln jeweils vor dem Gebäude der lokalen Tageszeitung.
Nach Angaben des Hamburger Abendblatts konnten am Sonnabend insgesamt 15.000 Abonnenten nicht beliefert werden. In der Druckerei werden auch die Bild, die Welt und die Süddeutsche Zeitung gedruckt. Im Bremerhaven kam die Zeitung laut Medienbericht trotz der Blockade pünktlich bei den Abonnenten an, am Morgen nach dem Protest war ein Gespräch zwischen dem Verleger und Demonstranten geplant.
Im Zuge des Protestes vor dem Landesfunkhaus in Hannover wurden vergangenen Montag drei Vertreter der Demonstranten von der Leitung des Landesfunkhauses Niedersachsen zum Dialog empfangen, bestätigte der Sender auf Nachfrage von Multipolar. In dem Gespräch wurden Forderungen nach Medienberichten thematisiert und über die Arbeit der Journalisten berichtet. In einem auf Youtube verbreiteten Video sagte Landwirt und Lohnunternehmer Günther Winkelmann aus dem Landkreis Uelzen über das Gespräch: „Das war erfolgreich und das war gut.“
„Der Dialog mit unserem Publikum gehört zum Auftragskern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“, sagte der NDR auf Anfrage von Multipolar. Konkrete Inhalte der Berichterstattung seien nicht zugesichert worden, eine Liste der Landwirte mit Höfen, von denen berichtet werden sollte, werde entgegen genommen. „Aber wie auch in anderen Fällen treffen weiterhin stets Journalistinnen und Journalisten im NDR eine eigene Auswahl nach handwerklichen Kriterien.“ Dies habe die Funkhausleitung den Landwirten deutlich gemacht, so eine Sprecherin. Im Gespräch mit Multipolar bewertet Landwirt Winkelmann die Aktion beim NDR auch rückblickend als positiv und verweist insbesondere auf die Veranstaltung, die vom Sender zugesagt wurde. Eine Spaltung der Bewegung, von der unter anderem in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung die Rede war, sieht er nicht. „Der Bauernverband steht weiter hinter uns.“
Die Demonstranten halten die Berichterstattung über die Proteste nach eigenen Angaben für unausgewogen. Die Medien hingegen verweisen auf ihre Unabhängigkeit und sehen bei Aktionen wie in Hamburg die Pressefreiheit in Gefahr, heißt es vom Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger. „Wer mit der journalistischen Berichterstattung nicht zufrieden ist, kann Leserbriefe schreiben oder Postings in sozialen Netzwerken absetzen“, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster. Blockaden gegen die Auslieferung von Zeitungen des Axel Springer Verlags im Jahre 1968 waren von einigen Gerichten als berechtigte Demonstrationen gewertet worden.
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