Wir schreiben wieder zwischen den Zeilen
AGNES IMHOF, 21. August 2021, 4 Kommentare, PDFVor einem Jahr veröffentlichte ich einen kritischen Artikel in einer der größten deutschen Tageszeitungen (eine, die auch titelte, man möge gehorsamst impfen und ansonsten die „Klappe halten“). Einen Verweis auf die bayerische Regierung strich mir die zuständige Redakteurin heraus, mit der Bemerkung, man wolle ja niemanden verärgern. Als ich fragte, ob Regierungskritik nicht erwünscht sei, fiel sie aus allen Wolken. Man sei höchst regierungskritisch, und ich solle ihre Äußerung auf gar keinen Fall verstehen, als wäre es anders.
Als was dann?
Zensur wird nie so genannt. Immer wird sie als „Schutz“ vor etwas deklariert: vor „Hass und Hetze“, vor „Ketzern“ – oder auch vor „medizinischen Fehlinformationen“. Auch in der DDR verklausulierten die Zensoren ihre Aktivität hinter Euphemismen wie „Genehmigungsverfahren“ oder „administrative Maßnahmen“. Da Demokratien bekanntlich nicht zensieren, war die Zensur peinlich. Keine Diktatur gibt gern zu, eine zu sein. Ein Blick auf die Geschichte der Zensur zeigt, wie Menschen früher mit diesem Narrenschiff verfuhren – und wie sie um ihre Freiheit kämpften.
Im Namen der Hose
In ihrem Feldzug gegen die Freiheit hat diese noch nie davor zurückgescheut, sich lächerlich zu machen. Dass Michelangelos „Jüngstes Gericht“ in der Sixtinischen Kapelle züchtig bekleidet wurde, fanden schon die Zeitgenossen albern. Flugs verpassten sie dem Künstler Daniele da Volterra für diese Meisterleistung den Beinamen „Braghettone“ („Höschenmaler“), den dieser nie wieder loswurde.
Wo die Höschenmaler unterwegs sind, greifen Künstler in die Trickkiste. Bei Opernklassikern wie La Traviata, Un Ballo in Maschera oder Rigoletto genügte es, die Handlung zu verlegen, ohne an der Aussage etwas zu ändern: Aus der zeitgenössischen Edelhure wurde eine Mätresse des 18. Jahrhunderts, der schwedische Königsmord wurde weit weg in die Karibik outgesourct, und das verkommene Staatsoberhaupt aus Hugo’s Le Roi s‘amuse zu einem Grafen im beschaulichen Mantua degradiert.
Die Leiden des Zensors
Den Bürokraten der Inquisition fehlte es auch oft schlichtweg an intellektuellen Fähigkeiten, um solche Tricks zu durchschauen. Die Inquisition im Fall Giordano Bruno beispielsweise interessierte sich brennend für seine Kontakte zu „ketzerischen“ Fürsten (wie Königin Elisabeth von England). Dabei bemerkte sie aber nicht wirklich, dass er eine der bissigsten und amüsantesten Karikaturen Jesus‘ verfasst hat, welche die Literatur kennt. Unfähigkeit? Definitiv. Peter Godman beschreibt in seinem Buch „Die geheime Inquisition“ die Leiden eines Spions: Die zu überprüfenden Texte seien entweder auf Deutsch, klagt er, und dann könne er sie nicht lesen. Oder aber sie stünden auf dem Index, und dann dürfe er sie nicht lesen.
Vielleicht war besagter Spion auch einfach Realist. Zensur kann nämlich das Gegenteil von dem bewirken, was sie soll: Der Index der verbotenen Bücher, den die Inquisition seit 1559 regelmäßig herausgab, erzeugte eine veritable Schattenwirtschaft. Denn natürlich wurden die Bücher trotzdem gedruckt und verkauft, nur eben unter der Hand. Als der Index 1966 eingestellt wurde, war er längst zur Empfehlungsliste geworden – und konsequenterweise seinerseits auf dem Index gelandet.
Aus demselben Grund wurde der Libanon zur Druckerpresse der arabischen Welt. Wer im eigenen Land keine Druckerlaubnis bekam, konnte den Bescheid als Empfehlungsschreiben an die blühende libanesische Verlagslandschaft betrachten. Noch Rajaa Alsaneas „Banat al-Riyadh“ (deutsch Die Girls von Riyadh) wurde zum Weltbestseller, möglicherweise gerade, weil es den saudischen Hardlinern so sehr missfiel.
Zensur? Hier doch nicht!
Nein, die Landesmedienanstalten, die gegen ausgewählte (regierungskritische) online-Medien vorgehen, sind selbstverständlich keine Zensurbehörde. Auch Correctiv, Youtube und Facebook nicht (die schützen uns nur vor „medizinischen Fehlinformationen“ durch Medizinprofessoren). Nicht alles, was zensiert oder Druck ausübt, ist eine offiziell dazu ermächtigte Behörde. Nicht zuletzt wird der eine oder andere Höschenmaler sicher auch von der Sorge ums eigene wirtschaftliche Überleben getrieben. Der Deutsche Journalistenverband teilte mit, dass insbesondere die Honorare der freien Journalisten in der Corona-Krise massiv eingebrochen und viele von den Soforthilfeprogrammen der Landesregierungen abhängig seien. Wie unabhängig kann man solche Journalisten wohl noch nennen? Auch Selbstzensur ist Zensur.
Die „Cancel Culture“ treibt sonderbare Blüten. Regierungskritische Schauspieler und selbst Friedensikone Nena werden wegen ihrer kritischen Haltung angefeindet. Die Medien schreiben größtenteils im Gleichschritt, und über unwillkommene Entwicklungen wird nicht selten Schweigen, gewissermaßen als nonverbales Höschen, gebreitet. Wegen Regierungskritik kann man neuerdings wie ein Terrorist beobachtet werden („verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staats“). Und bei Correctiv urteilen Journalisten über die Zulässigkeit einer Fachaussage von Nobelpreisträgern – von Facebook und Twitter gar nicht zu reden. Selbst der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer (der sich wegen der Berliner Polizeigewalt gegen Demonstranten am 1. August 2021 eingeschaltet hatte), beschwerte sich jüngst, dass sein Account von Twitter nicht verifiziert wurde, nach Aussage des Anbieters, weil er ihre „criteria for notability“ nicht erfülle! Angesichts all dessen nicht das Z-Wort in den Raum zu stellen, kann man kaum anders nennen als gedankliche Selbstzensur. Und so lesen wir zwischen den Zeilen des Höschenmalervokabulars:
Bei dem Attribut „umstritten“ oder gar „höchst umstritten“, weiß heute jeder, dass ein „einflussreicher Dissident“ gemeint ist. Mit einem „Demokratiefeind“ assoziieren wir jemanden, der das Grundgesetz unterm Arm spazieren trägt (Jemand hingegen, der dafür plädiert, Menschen je nach Impfstatus zu Bürgern erster und zweiter Klasse zu machen ist nicht selten ein honoriger Volksvertreter oder gar Vorsitzende des Ethikrats). „Verschwörungstheoretiker“ nennt man jemanden, der eine Theorie vertritt, welche im Widerspruch zur Regierungsmeinung steht (ob nun zu Recht oder zu Unrecht). Allerdings arbeitet gerade die Wissenschaft eigentlich immer mit Theorien und Arbeitshypothesen. Somit würde ein großer Teil früherer wissenschaftlicher Theorien womöglich heute als Verschwörungstheorie deklariert werden. Vielleicht sogar das Higgs-Boson zwischen 1964 und 2012, dessen Aluhut die Forscher am CERN vermutlich einfach nur übersehen haben. Selbst für die Bezeichnung als „rechts“ ist die tatsächliche politische Ausrichtung längst nicht mehr von Bedeutung, seit alles und jeder als „rechts“ tituliert wird. Schon der große Abu Hayyan at-Tauhidi (st. 1023) spöttelte: wo jeder jeden einen Ketzer nennt, interessiert sich niemand mehr dafür. Der Vorwurf ist inhaltsleer geworden. Er sagt nichts mehr über die Person aus. Nur noch über den Sprecher:
Denn diese Etikettierungen sind Ausdruck einer Dialogverweigerung. Nur wenige sprechen das so naiv-ehrlich aus wie Höschenmaler Richard David Precht im ARD-Morgenmagazin vom 30.4.: Man müsse nicht mit dem politischen Gegner diskutieren. Denn dieser sei von der eigenen Rechthaberei besessen, sie sei derart Teil seines Selbstwertgefühls, dass er nie zugeben würde, wenn er Unrecht habe. Deshalb käme man mit Argumenten nicht an ihn heran. Oder, wie es unser Inquisitor gesagt hätte: Verstockte Ketzer, diese Lutheraner!
Dialogverweigerung liegt jeder Zensur zugrunde. Ein Philosoph, der nicht mit Leuten anderer Meinung diskutieren will, hat jedenfalls seinen Job verfehlt. Und woher weiß Precht denn so genau, dass der Gegner keine Argumente hat und es ihm nur ums Rechthaben geht? Möglicherweise, weil Precht selbst kein besseres Argument mehr einfällt und das (P)Rechthaben so sehr Teil seines Selbstwertgefühls …? Jemand, der Philosophie lehrt, sollte wenigstens mit den Grundlagen der Logik vertraut sein.
Auch das inoffizielle Verbot, Vergleiche mit dem Nationalsozialismus zu ziehen, ist eine solche Dialogverweigerung. Denn natürlich ist es ein einseitiges Verbot: der Vergleich ist durchaus zulässig, wenn er von Vertretern des Staats gegenüber dessen Kritikern gezogen wird. Kommt er hingegen von den Kritikern des besagten Staates, ist es eine Beleidigung der Opfer. So macht man sich immun gegen Kritik. Lernen aus der Geschichte – passé. Dabei ist nicht jede Parallele eine Anklage. Und selbst wenn – in freien Ländern dürfen Bürger eben auch ihren Staat anklagen. Nur in Diktaturen darf man dem Staat nicht vorwerfen, er sei eine Diktatur.
Mit Metaphern wider die Höschenmaler
Verlage, die noch vor zwei Jahren kaum jemand in der Branche kannte, stehen heute mit Büchern, an die sich sonst niemand wagt, auf den Bestsellerlisten. Doch wer einmal als „Verschwörungstheoretiker“ abgestempelt ist, trägt ein Stigma. Als der etablierte Lübbe-Verlag mit Clemens Arvay Anfang 2021 wochenlang die Bestsellerlisten dominierte, wurde er mit einem veritablen Shitstorm überzogen – vor wenigen Jahren noch undenkbar bei einem derartigen Erfolg. Wo Verlage oder Agenturen Druck bekommen, sich von ihren Autoren zu trennen, weil sie die „falsche“ Meinung vertreten, kann man von Freiheit nicht mehr sprechen. Und dabei ist es völlig gleichgültig, ob man die Meinung des „umstrittenen“ Autors nun teilt oder nicht.
So greifen wir Autoren eben wieder in die Trickkiste. Früher schrieb Donna Leon offen, sie habe in ihrem ersten Krimi einen verhassten Dirigenten quasi auf dem Papier umgebracht. Heute tun wir dasselbe – aber wir sagen es nicht mehr. Wo der Vergleich untersagt wird, machen wir Künstler eben eine Kapriole mehr und schreiben in Concetti. Ein Concetto (Konzept) ist vereinfacht gesagt ein Vergleich, bei dem das „wie“ fehlt. Der Begriff stammt aus dem italienischen Manierismus und prägte die Barockliteratur insbesondere Italiens und Spaniens. Der Unterschied zum Vergleich ist ganz einfach: „Deine Zähne sind wie Perlen“ wäre ein Vergleich. „Sanft schließen sich die Lippen über der Perlenkette“ ist ein Concetto. Bei ersterem Satz zieht der Autor den Vergleich, bei zweiterem der Leser. Perfekt für das Schreiben zwischen den Zeilen – weshalb sich die Technik auch weit über die Barockzeit hinaus hielt:
Im 16. Jahrhundert fragte Giordano Bruno satirisch, wozu man die Natur studieren und nach intellektueller Entwicklung streben solle, wo man doch genauso gut nach Art der sant’ asinità (heiligen Eselei) mit gefalteten Händen von Gott sein Schicksal erwarten könne (die oben genannte Zeitung hätte vermutlich getitelt „Beten und Klappe halten“). Sebastian Brants Narrenschiff (1494) wagte sich gar an eine Typologie des Irrsinns in unterhaltsamem Gewand. Ein prominentes und viel jüngeres Beispiel ist Heinrich Heines Versepos „Deutschland. Ein Wintermärchen“. Um die hochbrisante Gesellschaftskritik dieses brillanten Satirikers zu verstehen, benötigt man ein gewisses Grundverständnis der Stilfiguren und Sagengestalten – etwas, das die Höschenmaler seiner Zeit ganz offensichtlich nicht besaßen. Heine verwendet die Reisebeschreibung, angereichert mit romantischen Elementen und Metaphern, um die Sprengkraft seiner Aussagen zu verschleiern. Der Text, auf den ersten Blick Unterhaltung, muss vom Leser erst dekodiert werden – wie im Concettismo. Nicht immer ist er so offensichtlich auf die Gegenwart gemünzt wie bei dem historisierenden Harfenmädchen. An diesem exemplifiziert Heine die zeitlose Tendenz aller Herrschenden und Politiker, Wasser zu predigen und Wein zu trinken:
Sie sang das alte Entsagungslied,
das Eiapopeia vom Himmel,
womit man einlullt, wenn es greint,
das Volk, den großen Lümmel.
Die eingangs aufgeführten Beispiele aus der Oper zeigen, dass es oft schon genügt, die Handlung in eine andere Zeit zu verlegen oder die Figuren umzubenennen. So hat Lion Feuchtwanger gearbeitet, als er in seinem Roman „Erfolg“ Porträts bekannter Personen von Brecht bis Hitler versteckte. Feuchtwanger benutzte den historischen Roman einerseits, um über den Umweg in die Vergangenheit Probleme der Gegenwart zu thematisieren. Aber eben auch, um aus der Geschichte zu lernen.
Aus der Geschichte lernen – das ist keine Respektlosigkeit, sondern das Mindeste, was unsere Generation den Opfern des Nationalsozialismus schuldig ist. Mehr denn je, da in Deutschland der Firniss der Zivilisation bröckelt und ab Herbst 2021 zum ersten Mal seit 1945 wieder zweierlei Rechte für Menschen gelten sollen. Da Politiker und Ethikratsvorsitzende allen Ernstes wieder die Aufteilung in „zweierlei Menschen“ (B. Brecht) fordern und diejenigen, welche sich keinen experimentellen Impfstoff verabreichen lassen wollen (und damit ihr im Nürnberger Kodex verbrieftes Recht in Anspruch nehmen) „außerhalb der Solidargemeinschaft“ stehen sehen. Da Karl Lauterbach behauptet, von Ungeimpften ginge Gefahr aus (aber leider nicht spezifiziert, wie das sein kann, wenn die Impfung die Geimpften doch schützen soll). Und da Twitter-User allen Ernstes verkünden, Ungeimpfte sollten wegen dieser Gefahr in Lager gesteckt werden.
Der Roman „Das Vermächtnis“ (Julia Freidank, Rowohlt Polaris, 2021) setzt sich mit der Haltung auseinander, die unter den Nazis den Weg zum organisierten Massenmord bereitete:
„Juden wurde alles verboten, was das Leben lebenswert machte: Den Hund hatten sie einer Nachbarin schenken müssen, weil Juden keine Haustiere halten durften. Sie durften nicht Rad fahren, nicht reisen; oft genug verweigerte man ihnen sogar den Zutritt zu Geschäften. Ärzte und Rechtsanwälte verloren ihre Zulassung. Der Ariernachweis war die Eintrittskarte zur Normalität und das J im Ausweis ein Brandmal: der Stacheldraht vor all den kleinen Dingen, die das Leben ausmachten. Arbeit. Freizeit. Glück. Anfangs hatten sie sich geweigert zu glauben, dass es einen Plan gäbe, Juden zu vernichten. Hirngespinste von Verirrten, die überall Verschwörungen witterten. Aber die täglichen Schikanen und Demütigungen hatten eine klare Sprache gesprochen.“
Kollektivismus und die Entmenschlichung von Juden und Kritikern legten die Saat für Auschwitz. Für den SS-Mann im Roman sind diese Menschen nichts als
„…formlose Masse, die kein Recht hatte auf Besitz, auf Glück, auf Leben. Die man tätowierte, kennzeichnete mit Brandmalen wie Rinder, damit sie nicht entlaufen konnten. An denen man die medizinischen Behandlungen testete, die den Auserwählten dereinst zugutekommen würden. Es war zu ihrem eigenen Besten, auch wenn sie das nicht einsehen mochten. Wozu hätten sie auch sonst getaugt? Der Einzelne war nichts. Selbst das Leben war den Zielen der Partei zu opfern.“
Der Romanprotagonist hat begriffen, wie Menschen mit Angst in einen zerstörerischen Krieg getrieben und gegen ihre eigenen Nachbarn, Freunde und Familien aufgehetzt werden. Er spottet über die Nazipropaganda:
„Wenn ihm die irdischen Feinde ausgehen, wird Hitler gegen die Außerirdischen zu Felde ziehen. Oder meinetwegen gegen die Kaninchen. Dann werden wir bald in den Zeitungen lesen, was für furchterregende, brandgefährliche Kreaturen Kaninchen sind. Möhrchen fressen die nur zur Tarnung, wird man uns belehren, denn sind nicht alle Kaninchenbesitzer eines Tages tot? Ein paar Universitätsprofessoren werden bestätigen, dass die Gefährlichkeit von Kaninchen all die Jahrtausende hindurch sträflich unterschätzt wurde, und schon geht es in den nächsten Krieg. Dem famosen Herrn Goebbels würde schon ein Grund einfallen, warum man selbst vor putzigen Nagern Angst haben muss und warum jeder, der diese Gefährlichkeit leugnet, ein Kommunist ist und eingesperrt gehört.“
Ob auch hier Porträts lebender Personen vorliegen, etwa beim Blockwart mit dem weißblauen Halstuch, über den die Protagonisten singen
„Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei
Zuerst Markus Sauter, dann seine Partei!“
… nun, beim Concetto sagt der Autor dazu nichts.
„Eine Zensur findet nicht statt“ bedeutet nicht nur, dass der Staat auf Zensur verzichtet (diese aber beispielsweise an private Unternehmen outsourcen darf), sondern auch, dass er seine Bürger aktiv vor Zensur zu schützen hat. Nein, wir haben keine Zensurbehörde, die Texte freigeben muss, ehe sie erscheinen dürfen. Wir haben auch keine Behörde, die Bücher offiziell verbietet. Aber wir haben jede Menge Leute, die das auch ohne Behörde erledigen oder gern erledigen würden.
Und so setzen wir Schriftsteller unsere Narrenkappe wieder auf. Spielen unser Spiel mit Assoziationen und Metaphern wider die Höschenmaler. Holen unsere povere gabbane d’istrioni (armen Schauspielerkostüme) aus der verstaubten Kiste und erzählen die alte Geschichte vom Narrenschiff auf seinem Weg durch die stürmischen Gewässer di quest‘ orfano mondo (dieser verwaisten Welt).
Über die Autorin: Agnes Imhof, Jahrgang 1973, ist Autorin, promovierte Islamwissenschaftlerin und derzeit assoziierte Wissenschaftlerin an der Universität Erlangen. Sie studierte außerdem Philosophie und vergleichende Religionswissenschaft.
Quellen, sofern nicht im Text genannt:
- Hans Kaufmann: Politisches Gedicht und klassische Dichtung, Berlin 1959*
- Caitlin Johnstone: „Es ist ein privates Unternehmen, also ist es keine Zensur“ – die Biden-Regierung straft dieses Argument Lügen, NachDenkSeiten, 19.Juli 2021
- Tilo Gräser: Neue Zensurbehörde? Medienaufseher gehen gegen unabhängige Online-Medien vor, Multipolar, 22. Februar 2021
- DJV: Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die wirtschaftliche und soziale Lage der freien Journalistinnen und Journalisten, Juni 2020
- povere gabbane d’istrioni / di quest‘orfano mondo, aus: R. Leoncavallo, I Pagliacci). Die Oper gilt als Inbegriff des italienischen Verismo (etwa: Realismus). Im Prolog, aus dem die Zitate stammen, wird das Programm des Verismo skizziert: sich an der Realität zu inspirieren.
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