Der Anstieg der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit den Impfungen: Ein Sicherheitssignal wird ignoriert
CHRISTOF KUHBANDNER, 21. Februar 2022, 12 Kommentare, PDFVorbemerkung der Redaktion: Der folgende Beitrag ist außergewöhnlich umfangreich. In Anbetracht der Brisanz der These ist es von erheblicher Bedeutung, dass die Argumente beider Seiten im nötigen Detail vorgestellt und diskutiert werden. Im Folgenden wird erklärt:
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(1) worin der alarmierende Befund genau besteht
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(2) dass Prof. Kuhbandner vor der Veröffentlichung seiner Untersuchung diese ausführlich mit der STIKO diskutierte
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(3) dass es sich bei seinem Befund laut den gängigen Regeln der Arzneimittelüberwachung um ein Sicherheitssignal handelt (unbekannte Nebenwirkungen von Arzneimitteln können nur dadurch entdeckt werden, dass man im zeitlichen Zusammenhang mit der Verabreichung einen Anstieg bestimmter Krankheiten oder Todesfälle beobachtet)
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(4) wie die zuständigen Behörden dieses Sicherheitssignal dennoch fahrlässig ignorieren
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(5) warum die Erfassung der Verdachts-Todesfälle in Zusammenhang mit den Impfungen durch das Paul-Ehrlich-Institut grob unzureichend und methodisch fragwürdig ist
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(6) wie mehrere Ärzte diese Mängel gegenüber Prof. Kuhbandner bestätigen
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(7) wie Statistiker mit fragwürdigen Argumenten und Fehlschlüssen das Sicherheitssignal wegzudiskutieren versuchen
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(8) wie verschiedene Medien diesen Statistikern ungeprüft Glauben schenken
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(9) wie Medien ihnen vorliegende Informationen zu diesem Sachverhalt vorsätzlich verschweigen und so die Öffentlichkeit in die Irre führen
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(10) warum es unverantwortlich ist, das vorliegende Sicherheitssignal zu ignorieren oder beiseite zu wischen, anstatt ihm mit weitergehenden Studien und validen Analysen nachzugehen
Am 18. Januar 2022 wurde in einem Beitrag von ServusTV über meine Befunde zum Anstieg der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit den COVID-Impfungen berichtet. Diese Befunde wurden inzwischen von verschiedenen Medien aufgegriffen. Mehrere Statistiker haben versucht, das damit verbundene Sicherheitssignal wegzudiskutieren. Im Bayerischen Rundfunk ist ein Faktencheck ("Faktenfuchs") erschienen sowie ein Radiobeitrag, in welchem ich als Wissenschaftler diskreditiert und diffamiert werde.
All diesen Beiträgen ist etwas gemeinsam: Anstatt die tatsächlich existierende Sachlage vollumfänglich aufzuarbeiten und in all ihrer Tiefe darzustellen, wird die Sachlage nur ausschnitthaft und verzerrt dargestellt, und es wird versucht, das existierende Sicherheitssignal mit Verweis auf die Existenz von „Nonsense-Korrelationen“ und – wie ich darlegen werde – unsoliden Analysen vom Tisch zu wischen.
Dieser Artikel hat das Ziel, die tatsächlich existierende Sachlage, die in großen Teilen der Öffentlichkeit nicht bekannt ist, darzustellen, und die irreführende Darstellung in den Medien offenzulegen. Ein Schwerpunkt liegt dabei darauf, die vorgebrachten Argumente der Statistiker so zu beleuchten, dass man sich auch ohne statistische Fachkenntnisse eine eigene Meinung bilden kann.
Ich hätte mir erhofft, mit all diesen Dingen nicht persönlich an die Öffentlichkeit gehen zu müssen. Nachdem ich mich zunächst mit meinen Befunden an die entsprechenden Behörden (Robert Koch-Institut, Paul-Ehrlich-Institut, Ständige Impfkommission) gewandt hatte, war meine Hoffnung, dass diese Befunde von den Behörden selbst an die Politik und die Öffentlichkeit herangetragen werden. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich niemand bin, der im Rampenlicht stehen muss. Da das nicht passiert ist, war es für mich ethisch als Wissenschaftler, Mensch und Bürger eine Pflicht, damit an die Öffentlichkeit zu gehen.
Hinsichtlich der fachlichen Diskussion um die Interpretation der Befunde hätte ich mir gewünscht, diese Dinge mit den Statistikern innerhalb der Wissenschaft und nicht in der Öffentlichkeit zu klären, weil hier am Ende ein Vertrauensverlust in die Wissenschaft stehen könnte. Deswegen habe ich – nachdem die Statistiker ihre fragwürdige und zum Teil diffamierende Kritik in die Öffentlichkeit gebracht haben, ohne vorher den wissenschaftlichen Diskurs mit mir zu suchen – die Statistiker freundlich kontaktiert, mit der Bitte um einen wissenschaftlichen Diskurs und eine Richtigstellung der in meinen Augen in deren Argumenten existierenden Fehlinterpretationen. Letzteres ist bis heute nicht passiert, so dass auch hier nur der Weg in die Öffentlichkeit blieb. Damit man sich einen eigenen Eindruck verschaffen kann hinsichtlich der Art der Kommunikation und der Qualität der Argumentation, wird der Email-Austausch mit den Statistikern im Rahmen dieses Artikels veröffentlicht.
Hinsichtlich des „Faktenfuchs“-Beitrags im Bayerischen Rundfunk hatte ich mir erhofft, mittels einer umfangreichen Stellungnahme in Reaktion auf die vorab an mich erfolgte Presseanfrage dafür sorgen zu können, dass eine ausgewogene und fachlich korrekte Darstellung der Sachlage erfolgt. In der Stellungnahme werden, neben einer ausführlichen kritischen Diskussion der Argumente der Statistiker, weitere Befunde vorgestellt, die einen Zusammenhang zwischen den COVID-Impfungen und dem Auftreten von Todesfällen erhärten. Beides hat jedoch keinen Eingang in den erschienenen Faktencheck gefunden. Damit man sich einen eigenen Eindruck davon verschaffen kann, was der Journalistin des BR eigentlich vorher bekannt war, wird meine vorab an sie verschickte Stellungnahme im Rahmen dieses Artikels veröffentlicht.
(Anmerkung der Redaktion: Multipolar hat bei der Faktenfuchs-Journalistin nachgefragt, weshalb ihr Faktencheck wesentliche Informationen unterschlägt, aber bislang nur eine ausweichende Antwort der BR-Pressestelle dazu erhalten.)
1. Der Befund: Der Anstieg der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit den COVID-Impfungen
Zunächst soll der Befund kurz vorgestellt werden: Anfang Dezember 2021 bin ich bei einer Analyse der COVID-Impfdaten in Deutschland auf einen sehr besorgniserregenden Befund gestoßen. Wie in der folgenden Abbildung für die Erstimpfungen gezeigt (gelber Rahmen, danach kommen die Effekte der Zweitimpfungen hinzu), ist ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den COVID-Impfungen und den Todesfällen zu beobachten: Steigt die Anzahl der COVID-Impfungen, so steigt auch die Anzahl der Todesfälle, sinkt die Anzahl der COVID-Impfungen, so sinkt auch die Anzahl der Todesfälle.
Dieser Befund zeigt sich sowohl auf der Ebene der Anzahl der Todesfälle unabhängig von der Todesursache (obere Grafik), auf der Ebene der Übersterblichkeit im Sinne der Zunahme der Todesfälle im Jahr 2021 im Vergleich zum Durchschnitt der fünf Vorjahre (mittlere Grafik) sowie auf der Ebene der Zunahme der nicht durch COVID bedingten Todesfälle im Jahr 2021 (Pandemiejahr mit Impfungen) im Vergleich zum Jahr 2020 (Pandemiejahr ohne Impfungen) (untere Grafik).
Die Tatsache, dass ein zeitlicher Zusammenhang auch in Bezug auf die Übersterblichkeit und die Non-COVID-Todesfälle zu beobachten ist, zeigt, dass der beobachtete Zusammenhang nicht durch saisonale Effekte oder durch COVID-bedingte Effekte wie die Anzahl der SARS-CoV-2-Infektionen oder der COVID-Todesfälle erklärt werden kann – es sei denn, man nähme ohne jegliche Evidenz dafür an, dass es sich bei den Non-COVID-Todesfällen um nicht erkannte COVID-Todesfälle handle.
Es wurden noch zahlreiche weitere Analysen durchgeführt, welche zusammen mit den zugrundeliegenden Datensätzen und Datenquellen auf einer wissenschaftlichen Open Access Plattform öffentlich zugänglich sind, damit alle meine Analysen prüfen und weitere, eigene Analysen durchführen können. Weiterhin ist eine internationale Fachpublikation gemeinsam mit einer größeren Gruppe an Wissenschaftlern und Statistikern in Arbeit.
2. Das Ignorieren eines Sicherheitssignals durch die Behörden
2.1. Die Meldung des Sicherheitssignals
Beim beobachteten Anstieg der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit den COVID-Impfungen handelt es sich um einen korrelativen Zusammenhang – dieser zeitliche Zusammenhang muss also nicht notwendigerweise einen kausalen Effekt der Impfungen widerspiegeln. Aber solche Korrelationen stellen laut den gängigen Regeln der Arzneimittelüberwachung ein Sicherheitssignal dar: Unbekannte Nebenwirkungen von Arzneimitteln werden ja immer dadurch entdeckt, dass man im zeitlichen Zusammenhang mit der Verabreichung einen Anstieg bestimmter Krankheiten beobachtet. Dieses Sicherheitssignal muss dann beispielsweise laut den Vorgaben der EMA gemeldet und anschließend genauer untersucht werden.
Diesen Prinzipien folgend, habe ich mich kurz vor Weihnachten an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das Robert Koch-Institut (RKI) und die Ständige Impfkommission (STIKO) gewandt und die Befunde in einer Kurzzusammenfassung sowie einer ausführlicheren Dokumentation beschrieben. Vom PEI habe ich nur eine Ticket-Nummer erhalten. Vom RKI kam die Email-Mitteilung, man habe keine Kapazitäten, um Befunden von Einzelpersonen nachzugehen. Mit einer Person von der STIKO hat sich ein längerer Email-Austausch über etwa drei Wochen hinweg entwickelt, in dem ich mit der STIKO über die Befunde intensiv diskutiert habe. Hierzu liegt ein in etwa 40-seitiges Dokument vor.
Bei diesem Austausch wurden eine Reihe von der STIKO genannter möglicher Alternativerklärungen ausgeschlossen, und bis heute wurde keine überzeugende Alternativerklärung genannt. Intern wurde von der STIKO zwar dann vorgeschlagen, hier das RKI einzubinden, aber geschehen ist bis heute – zumindest meines Wissens – nichts.
Nachdem die von der STIKO genannten möglichen Alternativerklärungen ausgeschlossen wurden, habe ich der STIKO geschrieben, dass ich es aufgrund der möglichen großen Tragweite der Befunde – sowohl auf politischer Ebene hinsichtlich der Einführung einer Impfpflicht als auch auf individueller Ebene hinsichtlich der individuellen Entscheidung, sich impfen zu lassen – für unbedingt erforderlich halte, die politischen Entscheidungsträger sowie die Öffentlichkeit über diese Befunde zu informieren, verbunden mit einer Kommunikation der verbleibenden Unsicherheiten bei der Interpretation.
Das ist meiner Meinung nach unbedingt nötig, damit diese Information in die politischen und individuellen Abwägungsprozesse einfließen kann. Die jeweilige Abwägung, welches Gewicht diesem möglichen Sicherheitsproblem angesichts der bisher dafür existierenden Evidenz gegeben wird, ist meiner Meinung nach nur begrenzt eine wissenschaftliche Frage, sondern vielmehr eine politische bzw. individuelle Frage. Aber um diese Abwägung machen zu können, muss die Politik und die Öffentlichkeit davon Kenntnis erlangen.
Da die STIKO hier aber meines Wissens nicht aktiv geworden ist, ist es für mich ethisch als Wissenschaftler, Mensch und Bürger eine Pflicht, damit an die Öffentlichkeit zu gehen.
2.2. Vorab-Veröffentlichung der Befunde ohne Peer-Review Verfahren
Eine oft diskutierte Frage ist, ob man mit solchen Befunden ohne Peer-Review-Verfahren an die Öffentlichkeit gehen sollte. In Bezug auf die Entdeckung von Sicherheitssignalen ist die Forderung nach einem Peer-Review insofern problematisch, als ein Peer-Review sehr viel Zeit beansprucht und oft Monate dauern kann. Das soll nicht heißen, dass Peer-Review-Verfahren in Bezug auf die Befunde zum Zusammenhang des Anstiegs der Todesfälle mit den COVID-Impfungen nicht nötig seien. Eine entsprechende internationale Fachpublikation ist wie erwähnt gemeinsam mit einer internationalen Wissenschaftlergruppe in Arbeit.
Aber: Im Falle von Sicherheitssignalen gilt es, die entsprechenden Institutionen bzw. die Politik und die Öffentlichkeit zeitnah zu informieren, verbunden mit der Kommunikation der Vorläufigkeit der bisher existierenden Evidenz. Würde man mit der Meldung warten, bis ein Peer-Review vorliegt, könnte das bedeuten, dass – falls es tatsächlich ein Sicherheitsproblem gäbe – in der Zwischenzeit womöglich viele Menschen sterben würden, die nicht sterben müssten. Ob man dann auf ein Peer-Review-Verfahren warten möchte oder aufgrund der möglichen Sicherheitsrisiken bereits ohne Peer-Review-Verfahren handeln möchte, sind Entscheidungen, die nicht wissenschaftlich, sondern in politischen und individuellen Abwägungsprozessen gefällt werden müssen.
Hinzu kommt, dass es sich bei den von mir berichteten Befunden um einfache empirische Fakten handelt: Dass die Anzahl der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit den Impfungen angestiegen ist, das kann wirklich jeder – unabhängig von wissenschaftlichen Kenntnissen – ganz einfach anhand der Daten des Statistischen Bundesamtes und des RKI nachprüfen. Hier einen Peer-Review zu fordern, wäre so, als würde man sagen, die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Sterbefallzahlen oder die vom RKI veröffentlichten Impfzahlen seien erst nach einem Peer-Review glaubwürdig.
Anders ist es in Bezug auf die Interpretation – also ob es sich bei der beobachteten Korrelation um einen kausalen Zusammenhang handelt oder nicht. Hierzu sind weitergehende Studien nötig, und sobald beispielsweise komplexere Verfahren angewendet werden, welche nur mit spezifischem Fachwissen bewertet werden können, ist ein Peer-Review unabdingbar.
2.3. Die Blindheit des Paul-Ehrlich-Instituts für Nebenwirkungen der COVID-Impfstoffe
Auf den ersten Blick scheint das Sicherheitssignal eines Anstiegs der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit den COVID-Impfungen den Aussagen des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) zu widersprechen, dass es in Bezug auf die dem PEI gemeldeten Verdachtstodesfälle kein Sicherheitssignal gäbe. Eine genauere Betrachtung der Erhebung und Analyse der gemeldeten Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen zeigt aber, dass die vom PEI verwendeten Methoden hochgradig problematisch sind und an eine Irreführung der Bevölkerung grenzen.
Methodisch fragwürdige Sicherheitsanalysen
Zur Abschätzung, ob sich angesichts der gemeldeten Verdachtsfälle ein Sicherheitssignal ergibt, verwendet das PEI eine sogenannte „Observed-versus-Expected-Analyse“, bei der beispielsweise die Anzahl der gemeldeten Verdachts-Todesfälle mit der Anzahl der angesichts der Zusammensetzung der geimpften Personengruppe statistisch zu erwartenden Anzahl an Todesfällen in bestimmten Zeiträumen nach der Impfung verglichen wird, wenn niemand geimpft worden wäre. Wenn die gemeldete Anzahl der Verdachtsfälle statistisch über der zufällig zu erwartenden Anzahl der Todesfälle liegt, zeigt sich laut dieser Methode ein Sicherheitssignal.
Eine solche Analyse macht trivialerweise nur dann Sinn, wenn alle Todesfälle – unabhängig davon, ob ein Verdacht auf einen Zusammenhang mit der Impfung besteht – in die Analyse einbezogen werden würden, die im untersuchten Zeitraum nach der Impfung aufgetreten sind. Würde man nur die Subgruppe der Todesfälle, bei denen ein Verdacht auf einen Impfzusammenhang besteht, als „observed“ in die Analyse einbeziehen, kann sich praktisch niemals ein Sicherheitssignal ergeben. Denn dazu müsste dann die Anzahl der Verdachts-Todesfälle in einem bestimmten Zeitraum praktisch die Anzahl der Todesfälle überschreiten, die in diesem Zeitraum aufgrund aller anderen Todesursachen zusammengenommen aufgetreten sind.
Allerdings wird vom PEI genau das gemacht: Es werden nur die gemeldeten Verdachts-Todesfälle in die „Observed-versus-Expected-Analyse“-Sicherheitsanalyse einbezogen. Man kann die Absurdität dieses Vorgehens beispielhaft anhand der Analyse des PEI im Sicherheitsbericht vom 19.8.2021 illustrieren. Demnach gab es in Bezug auf den BioNTech-Impfstoff bis zum damaligen Zeitpunkt 926 gemeldete Verdachts-Todesfälle. Da diese Zahl statistisch nicht über der für den untersuchten Zeitraum zufällig zu erwartenden Anzahl an Todesfälle in Höhe von 75.284 liegt, schließt das PEI dann, dass es kein Sicherheitssignal gäbe. Es ist intuitiv einsichtig, dass mit einer solchen Art der Analyse selbst bei extremsten Nebenwirkungen kein Sicherheitssignal resultieren würde.
Methodisch fragwürdige Erhebung möglicher Nebenwirkungen und Verdachts-Todesfälle
Hinzu kommt noch ein weiteres fundamentales Problem. In Reaktion auf meinen Auftritt in einem Beitrag in ServusTV habe ich mehrere Emails von Ärzten und Ärztinnen erhalten, die darauf hinweisen, dass zahlreiche Verdachts-Todesfälle und weitere Nebenwirkungen der COVID-Impfungen aus verschiedenen Gründen nicht gemeldet werden. Im Folgenden sollen drei erhaltene Emails von Ärzten und Ärztinnen in anonymisierter Form dokumentiert werden:
Email 1: Ein Arzt/Ärztin in der Notaufnahme
xxx.de; 26.01.2022, 13:53
Sehr geehrter Prof. Kuhbandner,
ich heiße XXX und bin in meinem ersten Assistenzärztinnenjahr in einer Notaufnahme in XXX.
Aufmerksam wurde ich auf Sie durch die Sendung in Servus TV. Da Sie Studien betreiben, wollte ich fragen, ob Sie auch Zugriff haben auf die Patienten (auch sehr viele junge Patienten), die zunehmend in die Notaufnahme kommen mit thorakalen Beschwerden nach Impfungen. Ich bin neu dort und mir ist aufgefallen, dass ich fast täglich solche Menschen behandeln soll. Nun gibt es im ICD 10 System keinen Code, mit dem ich codieren könnte, dass die Thoraxschmerzen nach einer Impfung auftreten, daher werden sie nur als Thoraxschmerzen angegeben. Mich lässt dieses Phänomen nicht mehr in Ruhe, daher meine Email an Sie.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. med. XXX
Email 2: Ein Arzt/Ärztin aus einem Gesundheitsamt
xxx.de; 22.01.2022, 11:31
Sehr geehrter Herr Prof. Kuhbandner,
Ich habe Ihren Beitrag in der Reportage „Im Stich gelassen“ gesehen und will Ihnen kurz meine Beobachtungen schildern. Ich arbeite als Arzt in einem Gesundheitsamt und habe schon sehr früh Zweifel an der Ungefährlichkeit der neuartigen Covid-Impfstoffe entwickelt. In vielen Gesprächen mit Hausärzten, insbesondere aber auch Klinikärzten, konnte ich erleben, dass ein echter Unwille besteht, Impfschäden überhaupt zu erwägen und dann auch noch zu melden.
Ich habe mir daraufhin die Todesbescheinigungen, die bei uns im Gesundheitsamt eingehen, vorgenommen und nach ungeklärten Todesursachen durchgesucht. Hier habe ich Fälle gefunden, die unerklärlich oder mit den typischen Impfkomplikationen (Thrombembolien, Herztod) in engem zeitlichen Zusammenhang zur Impfung verstorben sind, ohne dass diese als Verdachtsfälle einer Impfkomplikation gemeldet wurden oder eine klinische Sektion durchgeführt wurde.
Diese Beobachtung habe ich an das RKI, das PEI und unser zuständiges Landesgesundheitsamt weitergeleitet. Wie Sie habe ich vom PEI keine Antwort bekommen und vom RKI eine geradezu unverschämte e-mail, in der mir nochmals die Meldewege für mögliche Impfkomplikationen erläutert wurden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. med XXX
Email 3: Ein Arzt/Ärztin aus einer Allgemeinmedizinpraxis
xxx.de>; 21.01.2022, 11:59
Sehr geehrter Herr Prof. Kuhbandner,
bezugnehmend auf Ihren sehr interessanten Beitrag auf Servus TV möchte ich Ihnen aus unserer Praxis folgendes berichten: Wir haben auch versucht 3 kardiale Nebenwirkungen (1x Myokarditis, 1x Perikarditis, 1x Vorhofflimmern) nach mRNA-Impfung ans PEI zu melden. Wir erhielten erst auf renitentes Nachfragen hin die Antwort, dass Impfnebenwirkungen aufgrund einer eingeschränkten Personalkapazität (lediglich 4 Mitarbeiter) bearbeitet würden. Auf die Nachfrage hin, warum der Erfassung nicht mehr Augenmerk geschenkt würde, erhielten wir die Antwort, dass dies „nicht gewünscht“ sei.
Danke für Ihren Beitrag und beste Grüße, XXX
Gemeinschaftspraxis XXX
Dr. med. XXX
Auf die Nachfrage, ob jemand dieser Personen auch öffentlich auftreten würde, habe ich von einer der Personen folgende Email erhalten:
XXX.de>; 29.01.2022, 21:08
Sehr geehrter Herr Kuhbandner,
ich habe nochmal nachgedacht und auch mit meinen Eltern gesprochen und bin zu dem Entschluss gekommen doch nochmal zurückzuziehen. Derzeit ist kaum Raum für freie Meinungsäußerungen. Ich bin erst am Anfang meiner Karriere und meine Eltern haben Angst, dass diese hierdurch frühzeitig beendet werden könnte. Und das habe ich auch. Also bedanke ich mich für die schnelle Antwort von Ihnen und vielleicht gibt die Zeit irgendwann dann mehr Freiraum. Dankeschön!
Mit freundlichen Grüßen
XXX
Wie diese Aussagen zeigen, werden offenbar zahlreiche Verdachts-Todesfälle und weitere Nebenwirkungen der COVID-Impfungen aus unterschiedlichen Gründen nicht gemeldet: Zum einen fehlen offenbar Meldewege aufgrund fehlender Diagnoseschlüssel. Zum anderen gibt es offenbar auf der Ebene von Ärzten und Ärztinnen zum einen einen Unwillen, Impfschäden als Todesursache überhaupt in Erwägung zu ziehen, oder aber Ängste, solche Verdachtsfälle zu melden, wegen befürchteter beruflicher Konsequenzen. Hinzu kommt – sollte diese Aussage wirklich stimmen –, dass offenbar die zuständige Arbeitsgruppe des PEI extrem unterbesetzt ist.
Letzteres wäre kaum zu fassen: Man sollte meinen, dass es angesichts der politischen Zielsetzung, die komplette Bevölkerung mit einem bisher noch nie beim Menschen eingesetzten genbasierten Impfstoff zu impfen, es im allerhöchsten Interesse der Gesellschaft sein sollte, die möglichen Nebenwirkungen möglichst schnell und genau zu erfassen. Unter solchen Bedingungen die dafür zuständige behördliche Arbeitsgruppe mit nur vier Personen zu besetzten, wäre zutiefst unverantwortlich.
Zusammengenommen bieten die hochgradig problematische Erhebung und Analyse der möglichen Nebenwirkungen der COVID-Impfungen durch das PEI eine Erklärung, wie es sein kann, dass das Sicherheitssignal eines Anstiegs der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit den COVID-Impfungen den Aussagen des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), es gäbe kein Sicherheitssignal, zu widersprechen scheinen.
3. Das Wegdiskutieren des Sicherheitssignals mit fragwürdigen statistischen Argumenten
Anstatt dem existierenden Sicherheitssignal in weitergehenden Analysen und Studien nachzugehen, wurde zunächst von verschiedenen Statistikern versucht, das existierende Sicherheitssignal einer Zunahme der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit den Impfungen mit Verweis auf die Existenz sogenannter „Scheinkorrelationen“ – also zufällig auftretender Korrelationen – wegzudiskutieren. Eine genauere Betrachtung zeigt aber, dass es sich bei dem Argument der „Scheinkorrelation“ um einen statistischen Fehlschluss handelt.
Weiterhin wurde versucht, mit statistischen Zusatzanalysen zu zeigen, dass es in Wirklichkeit keinen Zusammenhang zwischen den Impfungen und Todesfällen gebe. Eine genauere Betrachtung der berichteten Analysen zeigt aber, dass diese methodisch ungeeignet sind und in Wirklichkeit existierende Effekte der Impfungen kaschieren können. Darauf soll im Folgenden genauer eingegangen werden.
Vorab ist aber noch der Hinweis auf ein Problem bei der Wissenschaftskommunikation wichtig: Wenn zwei Fachleute unterschiedliche Aussagen machen – auf der einen Seite behaupten beispielsweise die Autoren der „Unstatistik des Monats“ etwas, auf der anderen Seite behaupte ich als Fachexperte etwas – ist es für Nicht-Fachleute oft schwer zu beurteilen, wer denn nun recht hat. Die einzige Lösung in einer solchen Situation ist, die Dinge so darzustellen, dass man trotz fehlender Fachexpertise mit eigenem Denken die Dinge nachvollziehen und darauf aufbauend zu einer eigenen Meinung kommen kann. Genau das werde ich im Folgenden versuchen.
3.1. Zum Argument der „Scheinkorrelation“ bei nicht-stationären Zeitreihen
Zuerst soll das Argument der „Scheinkorrelation“ beleuchtet werden. In einem Twitter-Beitrag von Dominik Liebl, Professor am Institut für Finanzmarktökonomie und Statistik der Universität Bonn, sowie in einem Beitrag der „Unstatistik des Monats“ von Thomas Bauer, Vizepräsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung, und Katharina Schüller, Leiterin und Gründerin der STAT-UP Statistical Consulting & Data Science GmbH, in welchem die Argumente von Dominik Liebl übernommen werden, wird behauptet, bei der Beobachtung des Anstiegs der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit den Impfungen handle es sich um eine „Scheinkorrelation“ – von den Autoren auch „Nonsense-Korrelation“ genannt. Konkret lautet das Argument in der „Unstatistik“:
„Das zentrale Problem dieser Analyse ist in der Statistik seit nahezu 100 Jahren bekannt – das Problem der sogenannten „Spurious Correlations“ oder Nonsens-Korrelationen. Dahinter steht die Erkenntnis, dass man bei einem Vergleich von zwei sogenannten nicht-stationären Zeitreihen (das sind Zeitreihen mit einem Trend), wie sie auch Kuhbandner vorgenommen hat, hohe Korrelationen erhält, selbst wenn zwischen diesen Zeitreihen kein Zusammenhang existiert.“
Was ist eigentlich eine „nicht-stationäre“ Zeitreihe?
Um dieses Argument genauer zu beleuchten, ist es zunächst wichtig zu verstehen, was genau „nicht-stationäre“ Zeitreihen sind. Hinter diesem Begriff steckt eigentlich etwas ganz Einfaches: Bei einer „nicht-stationären“ Zeitreihe hat man es mit einem Verlauf von Werten zu tun, die mit der Zeit ansteigen oder abnehmen. Der Verlauf der Temperatur ist hier ein Beispiel. Diese schwankt zwar von Tag zu Tag immer etwas nach oben und unten, steigt aber unabhängig von dieser tageweisen lokalen Schwankung beispielsweise vom Winter zum Frühling langsam immer weiter an. Bei einer „stationären“ Zeitreihe ist der Verlauf der Werte dagegen so, dass es über die Zeit hinweg keinen Trend nach oben oder unten gibt.
Der Statistiker Dominik Liebl zeigt zur Veranschaulichung in seinem Tweet beispielsweise folgende Graphik:
Übertragen auf die COVID-Impfungen heißt das beispielsweise: Da die Anzahl der Impfungen in bestimmten Zeiträumen mit der Zeit zunehmend ansteigt und in anderen Zeiträumen mit der Zeit wieder sinkt, hat man es hier mit einer nicht-stationären Zeitreihe zu tun. Wäre es beispielsweise so, dass jede Woche immerzu ungefähr gleich viele Menschen geimpft werden und die Anzahl der Impfungen zufällig über die Wochentage verteilt wäre, hätte man es mit einer stationären Zeitreihe zu tun.
Was ist nun eigentlich das Problem bei nicht-stationären Zeitreihen?
Wenn man zwei unabhängige Zeitreihen hat, die inhaltlich nichts miteinander zu tun haben, kann es bei nicht-stationären Zeitreihen trotzdem per Zufall hohe Korrelationen geben. Man kann sich diese Tatsache ganz einfach klarmachen:
Nehmen wir an, man nimmt sich zwei nicht-stationäre unabhängige Zeitreihen, die beispielsweise einen Verlauf haben wie die untere von Liebls Grafiken. Diese beiden Zeitreihen zeichnet man nun in ein gemeinsames Diagramm ein und fängt an, eine der beiden Zeitreihen fortlaufend immer um einen Zeitpunkt nach rechts zu schieben. Für jede Verschiebung berechnet man nun für ein bestimmtes Zeitfenster die Korrelation zwischen den beiden Zeitreihen. Was ist das Ergebnis?
Manchmal liegen die Verläufe der beiden Zeitreihen in dem Zeitfenster zufällig aufeinander, dann bekommt man hohe positive Korrelationen. Manchmal liegen die Verläufe der Zeitreihen zufällig gegengleich aufeinander, dann bekommt man hohe negative Korrelationen. Und manchmal passen die Verläufe der Zeitreihen nicht aufeinander, dann erhält man geringe oder keine Korrelationen.
Anders ausgedrückt: Bei nicht-stationären Zeitreihen ist es so, dass rein per Zufall manchmal hohe positive Korrelationen auftreten können, obwohl die beiden Zeitreihen unabhängig sind, ganz einfach deswegen, weil die beiden Zeitreihen Zeiträume mit absteigenden oder zunehmenden Verläufen haben, die zufällig aufeinanderliegen können.
Was ist nun vom Argument einer „Scheinkorrelation“ zu halten?
Aufbauend auf dieser Tatsache wird vom Statistiker Liebl und den Autoren der „Unstatistik“ nun folgendes behauptet:
Da die beiden Zeitreihen der Impfungen und der Todesfälle über bestimmte Zeiträume hinweg ansteigen oder sinken, handelt es sich um nicht-stationäre Zeitreihen. Und da bei nicht-stationären Zeitreihen manchmal auch per Zufall hohe positive Korrelationen auftreten können, handle es sich beim beobachteten Anstieg der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit dem Anstieg der Impfungen um eine „Nonsense-Korrelation“. Als Beweis werden dann auf Internetseiten publizierte absurde „Nonsense-Korrelationen“ angeführt, wie die offenbar existierende hohe Korrelation zwischen dem durchschnittlichen jährlichen Pro-Kopf-Käsekonsum und den Todesfällen aufgrund des Verhedderns im Bettlaken.
Dieses Argument ist in Wirklichkeit ein fundamentaler Fehlschluss. Der erste Teil ist richtig: Korrelation muss nicht Kausalität bedeuten, das ist absolut trivial. Darauf weise ich auch beispielsweise explizit in der Kurzzusammenfassung meines veröffentlichten Analyse-Papiers hin (S. 2):
„Es handelt sich um korrelative Befunde, die hinsichtlich kausaler Schlussfolgerungen vorsichtig zu interpretieren sind.“
Der von den Statistikern daraus gezogene Schluss, beim Anstieg der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit den Impfungen handle es sich demnach um eine „Nonsense-Korrelation“ – also um Zufall und nicht um einen kausalen Effekt der Impfungen –, ist allerdings ein fundamentaler Fehlschluss.
Korrelation muss nicht Kausalität bedeuten, aber – und das ist der springende Punkt, welcher von den Statistikern übersehen wird: Kausalität bedeutet Korrelation. Wenn ein Medikament eine bisher unbekannte Krankheit als Nebenwirkung kausal hervorruft, dann steigt mit der zunehmenden Verabreichung des Medikaments die Anzahl der beobachteten Krankheitsfälle. Man erhält also zwei nicht-stationäre Zeitreihen, die gemeinsam ansteigen. In einem solchen Fall mit dem Verweis auf irgendwelche zufällig existierenden „Nonsense-Korrelationen“ zu behaupten, die beobachtete Korrelation zwischen dem Medikament und der vom Medikament kausal hervorgerufenen Krankheit sei in Wirklichkeit eine „Nonsense-Korrelation“, wäre absurd und gefährlich.
Beobachtet man nun im echten Leben, dass mit der zunehmenden Verabreichung eines Medikaments eine Krankheit zunimmt, steht damit definitiv die Möglichkeit im Raum, dass es sich hier möglicherweise um eine unbekannte Nebenwirkung handelt. Natürlich muss die Beobachtung einer solchen Korrelation noch nicht bedeuten, dass es sich auch tatsächlich um einen kausalen Effekt des Medikaments handelt. Aber das Auftreten solcher Korrelationen ist ein erster Hinweis auf einen möglichen kausalen Effekt – also ein Sicherheitssignal –, welches dann in weitergehenden kausalitätsprüfenden Studien genauer untersucht werden muss.
Ich möchte die Absurdität der Argumentation der Statistiker noch einmal an einem Beispiel demonstrieren: Ich habe mit den Autoren der „Unstatistik“ per Email diskutiert. Und dort wurde argumentiert, dass der Anstieg der Todesfälle ja auch mit den geschossenen Toren in der 1. und 2. Bundesliga korreliert sei, was beweise, dass es sich bei der Beobachtung, dass mit der zunehmenden Anzahl an Impfungen zunehmend mehr Menschen versterben, um eine Scheinkorrelation handle.
Das tiefgreifende Problem einer solchen Argumentation ist, dass man nur lange genug suchen muss, und dann immer irgendeine Zeitreihe finden wird, die mit dem Anstieg der Krankheit zufällig korreliert ist – wenn es mit den Toren in der Bundesliga nicht klappt, dann nimmt man die Anzahl der gelben Karten, und wenn das auch nicht klappt, dann nimmt man die Anzahl der im Stadion verkauften Bratwurstsemmeln und so weiter. Genau mit dieser Strategie werden ja die ganzen „Nonsense Korrelationen“ gefunden – wie beispielsweise Käsekonsum und Tod durch Verheddern im Bettlaken – mit denen die Autoren der „Unstatistik“ versuchen, sich über den beobachteten zeitlichen Zusammenhang zwischen den COVID-Impfungen und den Todesfällen lustig zu machen. Diese „Nonsense Korrelationen“ werden dadurch entdeckt, dass man viele Zeitreihen korreliert und sich gezielt diejenigen herauspickt, bei denen zufällig hohe Korrelationen auftreten (denn das ist ja nur bei einem kleinen Teil der Fall).
Ein solches Vorgehen zu verwenden, um Sicherheitssignale wegzudiskutieren, ist nicht nachvollziehbar: Denn dann bräuchte man überhaupt keine Sicherheitsanalysen mehr zu machen, weil man immer irgendeine Zeitreihe finden wird, die per Zufall hoch korreliert ist.
Offenbar ist den Statistikern in Bezug auf die beobachtete Korrelation zwischen den Impfungen und den Todesfällen zudem nicht klar, dass bei meinen Analysen genau dieses Problem nicht existiert, da eben nicht zufällige Zeitreihen korreliert werden. Stattdessen gibt es – noch bevor überhaupt etwas korreliert oder gerechnet wird – ein ganz spezifisches Zeitfenster, wie zum Beispiel den Zeitraum der Erstimpfungen, und genau in diesem Zeitfenster werden ausschließlich zwei vor der Analyse definierte Zeitreihen korreliert, nämlich nur die Erstimpfungen und die Todesfälle, aber keine anderen Daten.
Zusammenfassend ist es ein gefährlicher Fehlschluss, das Sicherheitssignal der Beobachtung eines Anstiegs von Krankheiten im zeitlichen Zusammenhang mit der Verabreichung eines Medikaments durch den Verweis auf irgendwelche „Nonsense-Korrelationen“ vom Tisch zu wischen. Ein solcher zeitlicher Zusammenhang muss nicht notwendigerweise Kausalität bedeuten, kann aber Kausalität bedeuten. Solche Sicherheitssignale mit statistischen Fehlschlüssen wegzudiskutieren, anstatt diesen in weitergehenden Studien nachzugehen, halte ich für unverantwortlich.
3.2. Zum Argument, die Korrelation würde verschwinden, wenn man die Daten mittels der sogenannten Methode der Differenzbildung richtig analysiere
Zunächst ist es notwendig, die grundlegende Funktionsweise der Methode der Differenzbildung zu verstehen. Die Grundidee ist, dass man mit dieser Methode bestehende längerfristige zeitliche Trends, welche nicht mit der lokalen Variation von Tag zu Tag zusammenhängen, aus den Daten beseitigen kann.
Ein einfaches Beispiel ist der Verlauf der Temperaturentwicklung: Diese setzt sich aus zwei Effekten zusammen: (1) der lokalen Variation von Tag zu Tag und (2) dem längerfristigen saisonalen Trend, der dazu führt, dass die Temperaturen beispielsweise vom Winter zum Frühling unabhängig von der lokalen Variation von Tag zu Tag langsam ansteigen. Bei der Differenzbildung wird nun von Tag zu Tag berechnet, wie sich die Temperatur von einem auf den nächsten Tag verändert. Damit bleibt in der Zeitreihe der Temperaturentwicklung nur die lokale Variation von Tag zu Tag übrig, weil es dafür beispielsweise egal ist, ob die Temperatur von einem Tag auf den nächsten von 3 auf 4 Grad oder von 12 auf 13 Grad gestiegen ist.
Das Argument der Statistiker
Der Statistiker Dominik Liebl und die Autoren der „Unstatistik“ behaupten nun, die Korrelation zwischen den COVID-Impfungen und den Todesfällen würde verschwinden, wenn man die für die Analyse von nicht-stationären Zeitreihen übliche Methode der Differenzbildung verwenden würde. Das beweise wiederum, dass es in Wirklichkeit keinen Zusammenhang zwischen den Impfungen und den Todesfällen gäbe. Die Autoren der „Unstatistik“ beschreiben die von ihnen gerechnete Analyse in einer Email an mich beispielsweise so – der Statistiker Liebl formuliert es in einer Email an mich praktisch identisch:
„Eine Lösung [des Problems nicht-stationärer Zeitreihen] liegt darin, die ersten Differenzen der Zeitreihen zu bilden und die Korrelation auf Basis dieser ersten Differenzen zu berechnen. Hätten Sie dieses Standardvorgehen angewendet, hätten Sie festgestellt, dass Ihre Korrelationen verschwinden.“
Auch hier zeigt eine genauere Betrachtung, dass es sich bei diesem Argument in Wirklichkeit um eine Fehlinterpretation handelt. An sich ist die Methode der Differenzbildung in der Tat ein wichtiges Instrument bei der Analyse von nicht-stationären Zeitreihen. Aber bei kausalen Effekten, die mit einer Zeitverzögerung auftreten – wie es bei den möglichen Effekten der Impfung trivialerweise der Fall ist – führt diese Methode, so simpel wie von den Statistikern angewendet, in die Irre.
Das Problem der Anwendung der Differenzbildung auf die Impfungen und Todesfälle
Was passiert, wenn man die Methode der Differenzbildung auf die Zeitreihen der Impfungen und der Todesfälle anwendet? Dann bleibt in jeder Zeitreihe nur die lokale Veränderung von Tag zu Tag übrig. Das heißt: Man entfernt mit dieser Methode – wenn man sie so simpel anwendet wie die Statistiker – alle Effekte der Impfungen, die über einen Tag hinausgehen. Dass man dann bei einer simplen Korrelation der so transformierten Zeitreihen schwindende Korrelationen findet, heißt also nicht notwendigerweise, dass die Impfung keine Effekte hätte. Der Grund für die schwindenden Korrelationen könnte stattdessen sein, dass mit der verwendeten Methode alle Impfeffekte aus den Daten herausgerechnet wurden, die über einen Tag hinausgehen. Mit einer solchen Methode werden also vielmehr mögliche existierende Impfeffekte kaschiert.
Man kann das Ausmaß der Irreführung der von den Statistikern verwendeten Methode auch anhand einer simplen Simulation illustrieren. Bei den beiden Zeitreihen in der folgenden Abbildung erzeugt die Variable 1 mit einer Zeitverzögerung von drei Tagen zu 100 Prozent kausal die Variable 2, weshalb der Verlauf der beiden Linien identisch und lediglich nach rechts verschoben ist:
Rechnet man hier eine simple Korrelation, korrelieren die beiden Variablen mit r = .84, p < .001, was in diesem Fall den wahren Zusammenhang trotz fehlender Korrektur für die Zeitverschiebung zumindest annäherungsweise realistisch abbildet – ein zu 100 Prozent kausaler Zusammenhang entspricht einer Korrelation von r = 1.
Wendet man nun aber die Methode der Differenzenbildung auf beide Zeitreihen an und korreliert dann die beiden Variablen miteinander – genauso wie von den Statistikern gemacht –, korrelieren diese mit r = -.27, also negativ, und die Korrelation ist nicht signifikant. Dieses Ergebnis erweckt also fälschlicherweise den Eindruck, als gäbe es keinen kausalen Zusammenhang, obwohl die Variable 1 zu 100 Prozent den Verlauf der Variable 2 kausal erzeugt.
Wie dieses einfache Beispiel zeigt, kann die von den Statistikern verwendete Methode fundamental in die Irre führen. Ein mit einer Zeitverzögerung auftretender kausaler Effekt wird dann womöglich nicht nur nicht erkannt, sondern es hat sogar den Anschein, als wäre der Zusammenhang gegenteilig. Hieraus zu schließen, es gäbe keinen kausalen Zusammenhang, wäre ein fundamentaler Fehlschluss.
Was wäre die richtige Analysemethode?
Genau das ist übrigens der Grund, warum ich in meinem auf der Open-Access-Plattform veröffentlichten Analyse-Papier nur beispielhaft für eine erste Abschätzung einige Korrelationen berichte, aber diesbezüglich immer darauf verweise, dass diese mit Vorsicht zu genießen sind, weil für eine genauere Schätzung des tatsächlichen Zusammenhangs komplexere Analysen gerechnet werden müssen, unter anderem mit Einbezug der möglichen Zeitverzögerung der Effekte. So heißt es beispielsweise in meinem Analyse-Papier (S. 8):
„Hinsichtlich der Stärke des statistischen Zusammenhangs werden aktuell komplexere statistische Verfahren gerechnet, welche die Zeitverzögerung der Effekte und weitere mögliche Einflussfaktoren berücksichtigen. Allerdings liefern bereits einfache Korrelationsanalysen Hinweise auf extrem starke Zusammenhänge, welche aber noch mit Vorsicht interpretiert werden müssen.“
Mit einer größeren Gruppe von zum Teil sehr renommierten Wissenschaftlern und Statistikern werden gerade solche komplexeren Analysen gerechnet – auch unter Einsatz der Methode der Differenzbildung, aber unter zusätzlicher Beachtung der Existenz zeitverzögerter Effekte und verschiedener weiterer Einflussfaktoren. Die ersten – noch mit Vorsicht zu interpretierenden – vorläufigen Befunde bestätigen einen zeitverzögerten Effekt der Impfungen, selbst wenn man verschiedene weitere mögliche Einflussfaktoren berücksichtigt.
3.3. Zum Argument, die Korrelation für die Erstimpfungen würde verschwinden, wenn man diese nicht nur für den Zeitraum März und April, sondern für längere Zeiträume berechnet
Weiterhin berichtet der Statistiker Dominik Liebl eine Analyse mit erweitertem Zeitfenster, innerhalb dessen die Korrelation zwischen den Erstimpfungen und den Todesfällen berechnet wird. Aus dem Befund, dass die beobachtete Korrelation dann kleiner wird, wird dann geschlossen, es sei nur eine Scheinkorrelation.
Auch diese Analyse ist methodisch fragwürdig und führt dazu, dass mögliche existierende Effekte der Impfungen unterschätzt werden. Wenn es darum geht, einen möglicherweise existierenden Effekt der Erstimpfungen zu detektieren, macht es trivialerweise Sinn, in den Zeiträumen nach Effekten zu suchen, in denen viele Erstimpfungen verabreicht wurden und es starke Veränderungen in der Anzahl der Erstimpfungen gab. Stattdessen in Zeiträumen nach dem möglichen Effekt von Erstimpfungen zu suchen, wo es vergleichsweise wenige Erstimpfungen und damit weniger Variation in der Anzahl der Erstimpfungen gab, und zudem noch die möglichen zusätzlichen Effekte der Zweitimpfungen und Booster-Impfungen hinzukommen, welche den Effekt der Erstimpfung vernebeln, ist dagegen wenig sinnvoll. In solchen Zeiträumen fallen Korrelationen aufgrund der geringen Variation und der zusätzlichen Einflussfaktoren notwendigerweise kleiner aus.
Auch ein einfaches Aufsummieren der Erst-, Zweit- und Booster-Impfungen, wie von Dominik Liebl gemacht, bringt hier keine Lösung des Problems. Da immer zuerst die Älteren und anschließend zunehmend die Jüngeren geimpft wurden, kann man die zu einem bestimmten Zeitpunkt verabreichten Erst-, Zweit- und Booster-Impfungen nicht einfach in einen gemeinsamen Topf werfen, sondern man muss die drei Impfungen mit jeweils individuellen Effekten in das statistische Modell aufnehmen. Würde Dominik Liebl das machen – und zudem die Möglichkeit berücksichtigen, dass eventuell zeitverzögerte Effekte auftreten – würde er sehen, dass bei allen drei Impfungen die Anzahl der Todesfälle mit einer Zeitverzögerung ansteigt, zumindest sind das die ersten Ergebnisse der gemeinsam mit der Gruppe von Wissenschaftlern und Statistikern momentan gerechneten Modelle.
4. Die Darstellung der Befunde in den Medien
4.1. Die Prägung der Berichterstattung durch einen fragwürdigen ersten Beitrag
Interessant ist auch eine Betrachtung der Aufbereitung der Rezeption meiner Studie in den Medien. Verfolgt man den Verlauf der Berichterstattung, so stößt man auf eine fragwürdige Dynamik, welche des Öfteren zu beobachten ist: Die Berichterstattung über eine Thematik wird stark geprägt durch die als Erstes erschienene Reaktion. Anstatt sich die tatsächliche Sachlage unabhängig von der ersten Reaktion anzusehen, wird oft die in der ersten Reaktion erfolgte Darstellung der Sachlage als „Realität“ betrachtet, ohne zu prüfen, ob diese Darstellung die Realität überhaupt korrekt abbildet. Das Problem ist: Sollte diese anfängliche Reaktion fehlerhaft sein oder die Realität falsch abbilden, bildet die komplette weitere Berichterstattung die Realität fehlerhaft und falsch ab.
Man kann diesbezüglich einen Blick in den Twitter-Beitrag des Statistikers Dominik Liebl werfen, welcher die ganze weitere Berichterstattung geprägt hat. Als erstes fällt auf, dass von Anfang an ein abwertendes Framing erfolgt:
Dann werden folgende Behauptungen aufgestellt:
Die Behauptung, bei meinen Analysen wäre für nichts kontrolliert worden, entspricht aber nicht der Realität. In Wirklichkeit wurde beispielsweise für Wochenend-Effekte kontrolliert. Die Zeitreihe der Impfungen sowie die Zeitreihe der Todesfälle enthalten beide einen Wochenendeffekt: Am Wochenende wurden generell über das ganze Jahr hinweg sowohl weniger Impfungen verabreicht als auch weniger Todesfälle verzeichnet.
Auf den ersten Blick könnte man sogar meinen, das sei ein weiterer Beleg für einen zeitlichen Zusammenhang zwischen den Impfungen und den Todesfällen. Aber wenn man sich die Sterbefallzahlen der Vorjahre ansieht, bemerkt man, dass die Sterbefallzahlen in den Vorjahren denselben Wochenend-Trend enthalten, also an Wochenenden tendenziell generell weniger gestorben wird. Gleichzeitig wird an Wochenende weniger geimpft, weil ärztliche Praxen und Impfzentren an Wochenende nicht oder weniger impfen als unter der Woche. Hier handelt es sich also tatsächlich um eine „Scheinkorrelation“, für welche mit der Berechnung von gleitenden Sieben-Tage-Mittelwerten kontrolliert wurde. Dieser rein zeitliche Effekt floss also nicht in die Berechnung der Korrelation zwischen Impfungen und Todesfällen ein.
Weiterhin wurde die Analyse zum Zusammenhang der Impfungen mit der Übersterblichkeit im Sinne der Zunahme der Todesfälle 2021 im Vergleich zum Durchschnitt der fünf Vorjahre deswegen gemacht, um damit für saisonale Effekte zu kontrollieren. Konkret heißt es in meinem Analyse-Papier dazu (S. 11):
„Die bisherigen Befunde zeigen, dass der Verlauf der Anzahl der Todesfälle im Jahr 2021 einen starken zeitlichen Zusammenhang mit dem Verlauf der verabreichten COVID-Impfungen aufweist. Allerdings sind in der Verlaufskurve der Todesfälle saisonale Effekte enthalten. In einem nächsten Schritt kann zur Kontrolle solcher Effekte untersucht werden, ob die Zunahme an Todesfällen im Jahr 2021 verglichen mit den Vorjahren (Übersterblichkeit) vergleichbar mit der Anzahl der verabreichten COVID-Impfungen variiert.“
Die Darstellung von Dominik Liebl ist also falsch. Anders als von ihm behauptet, wurden verschiedene zeitliche Trends aus den Zeitreihen gezielt entfernt. Entweder er hat in Wirklichkeit mein Analyse-Papier nicht gelesen, oder er versucht, die Öffentlichkeit gezielt über meine Ergebnisse zu täuschen.
Als nächstes wird von Dominik Liebl – anstelle einer umfassenden Darstellung der Befundlage – ein Einzelbefund gezeigt, der die tatsächliche Sachlage irreführend abbildet:
Fragwürdig ist zum einen, dass hier ein Befund ausgewählt wird, bei dem der zeitliche Zusammenhang mit den Todesfällen – anders als bei vielen der weiteren Zusammenhangsbefunde – visuell besonders schwer zu sehen ist. Es sieht so aus, als würden die Booster-Impfungen erst nach dem Anstieg der Todesfälle ansteigen. Allerdings ist das nur ein visueller Trugschluss, der sich bei einer vergleichbaren Skalierung der Achsen für die Todesfälle und die Impfungen dann einstellt, wenn der Effekt der Impfungen auf die Todesfälle mit der Zeit kleiner wird.
Dieser entstehende visuelle Trugschluss wird in meinem Analyse-Papier mittels einer Simulation demonstriert, bei der angenommen wird, dass die Impfungen die Todesfälle kausal beeinflussen, aber mit abnehmendem Effekt. Es stellt sich dann genau der visuelle Effekt ein, die Impfungen würden erst nach den Todesfällen ansteigen, obwohl die Impfungen in dieser Simulation die Todesfälle kausal erzeugen.
Bemerkenswert ist hier vor allem: Hätte Liebl die vollständige Original-Abbildung gezeigt, wäre das zu sehen gewesen, denn die Original-Abbildung enthält diese Simulation, und zeigt, dass der simulierte kausale Zusammenhang visuell dem beobachteten zeitlichen Zusammenhang zwischen den Booster-Impfungen und den Todesfällen entspricht. Anstatt diesen Aspekt zu zeigen, wird Graphik mit der Illustration des Trugschlusses von Dominik Liebl weggeschnitten:
Fragwürdig ist weiterhin, dass Dominik Liebl einen Einzelbefund selektiv herausgreift, welcher theoretisch auch durch saisonale Effekte und COVID-bezogene Effekte erklärt werden könnte. Dabei fällt unter den Tisch, dass es weitere Analysen zur Übersterblichkeit und zu den Non-COVID-Todesfällen gab, welche zeigen, dass alle diese Alternativerklärungen den Zusammenhang nicht erklären können.
Dann kommt das fragwürdige Argument der Scheinkorrelation:
Und der Beitrag schließt schließlich mit einer weiteren hochmütigen Diffamierung:
Diese ausschnitthafte und irreführende Darstellung wurde in den darauffolgenden Beiträgen und Reaktionen der Medien unkritisch als die „Realität“ angesehen:
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Es wird manchmal behauptet, ich hätte aus korrelativen Befunden kausale Schlüsse gezogen – obwohl ich in Wirklichkeit mehrmals ausdrücklich darauf hinweise, dass Korrelation nicht Kausalität bedeuten muss.
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Es wird manchmal behauptet, ich hätte nicht beachtet, dass COVID-bezogene Effekte eine Rolle spielen könnten – obwohl diese mögliche Erklärung durch die Zusatzanalyse von nicht COVID-bedingten Todesfällen ausgeschlossen wurde.
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Es wird manchmal behauptet, ich hätte saisonale Effekte nicht beachtet – obwohl die Analyse zur Übersterblichkeit genau mit dem Ziel des Ausschlusses saisonaler Effekte durchgeführt wurde.
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Es wird nicht erwähnt, dass – wie in meinem Analyse-Papier gezeigt – sich auch bei einer Betrachtung auf der Ebene der einzelnen Bundesländer ein Zusammenhang zwischen den Impfungen und den Todesfällen zeigt, trotz unterschiedlicher Impfverläufe.
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Es wird nicht erwähnt, dass – wie in meinem Analyse-Papier gezeigt – sich ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den Impfungen und der Übersterblichkeit auch in einer länderübergreifenden Analyse über 15 Länder hinweg bestätigt (Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Israel, Norwegen, Österreich, Schweiz, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn).
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Es wird nicht erwähnt, dass in meinem Analyse-Papier weitere empirische Belege erwähnt werden, wie beispielsweise dass sogar selbst in der damaligen großen Zulassungsstudie zum BioNTech-Impfstoff im verfolgten Zeitraum in der Impfgruppe unabhängig von der Todesursache vier Todesfälle mehr zu verzeichnen waren als in der Placebogruppe.
4.2. Die irreführende Aufbereitung der Thematik im „Faktenfuchs“ des Bayerischen Rundfunks
Das Verschweigen von vorab vorliegenden Informationen
Wie eingangs erwähnt, ist zu meinen Befunden inzwischen auch ein „Faktenfuchs“ im Bayerischen Rundfunk erschienen. Auch hier ist bemerkenswert, auf welche Weise die tatsächliche Sachlage verzerrt abgebildet wird, obwohl ich in meiner, auf eine vorherige Presseanfrage der Journalistin erfolgte Stellungnahme zu Beginn folgenden Wunsch geäußert habe:
Vorab möchte ich auch noch einen Wunsch äußern. Ich möchte damit in keiner Weise nahelegen, dass das auf Ihre Art der Berichterstattung zutrifft. Aber da ich das in den letzten beiden Jahren sehr oft persönlich erlebt habe, stelle ich diesen Wunsch den folgenden Ausführungen voraus. In einem Beitrag der Bundeszentrale für politische Bildung zur Frage „Was ist Propaganda?“ heißt es:
„Propaganda ist der Versuch der gezielten Beeinflussung des Denkens, Handelns und Fühlens von Menschen. (…) Charakteristisch für Propaganda ist, dass sie die verschiedenen Seiten einer Thematik nicht darlegt und Meinung und Information vermischt. Wer Propaganda betreibt, möchte nicht diskutieren und mit Argumenten überzeugen, sondern mit allen Tricks die Emotionen und das Verhalten der Menschen beeinflussen, beispielsweise indem sie diese ängstigt, wütend macht oder ihnen Verheißungen ausspricht. Propaganda nimmt dem Menschen das Denken ab und gibt ihm stattdessen das Gefühl, mit der übernommenen Meinung richtig zu liegen. Hier zeigt sich der große Unterschied etwa zur journalistischen Information: Journalisten betreiben Aufklärung, indem sie alle verfügbaren Fakten und Hintergründe darlegen und die Menschen selbst entscheiden lassen, was richtig und was falsch ist.“
Eine erste Verzerrung ist für Personen, welche von den vor dem „Faktenfuchs“ erschienenen Beiträgen nichts wissen, nicht zu erkennen: Im „Faktenfuchs“ kommen als statistische Fachexperten fast ausschließlich der Statistiker Dominik Liebl und die Autoren der „Unstatistik“ zu Wort, von denen bereits vorher bekannt war, dass sie das Sicherheitssignal des beobachteten Anstiegs der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit den Impfungen mit statistisch fragwürdigen Argumenten wegdiskutieren.
Dass es auch Fachexperten gibt, die es anders als die Statistiker Dominik Liebl und die Autoren der „Unstatistik“ sehen, zeigt beispielsweise folgende Email, die ich erhalten habe:
XXX.de>; 13.02.2022, 13:09
Sehr geehrter Herr Kuhbandner,
ich habe vor einigen Tagen Ihr Interview auf ServusTV zum Thema der Übersterblichkeit im zeitlichen Zusammenhang mit den COVID-Impfungen gesehen und zunächst freudig zur Kenntnis genommen, dass Sie sich dieses Phänomens analytisch angenommen haben. Als ich gestern auf dem Blog von Bert Ehgartner dann gelesen habe, wie Sie auf Grund Ihres publizierten Beitrages von verschiedenen Seiten diffamiert werden und insbesondere die „Argumentation“ von Herrn Dominik Liebl in Ihrem e-mail-Austausch zur Kenntnis genommen habe, hat mich das doch sehr aufgeregt. Kurz zu meinem Background: Ich bin (...) und habe mich in der Vergangenheit mit zeitreihenbasierten Ein-Ausgangs-Analysen (Blackbox-Verfahren) von sogenannten Deformationsprozessen (Veränderungen von Form und Lage von Objekten wie Berghängen, Bauwerken und Maschinen) auf der Grundlage einwirkender Kräfte beschäftigt.
Ich bin ehrlich gesagt entsetzt über die Argumentation von Herrn Liebl und frage mich, ob er das, was er schreibt, wirklich nicht besser weiß, oder ob er Sie einfach nur diffamieren möchte. Ersteres wäre bedenklich, letzteres absolut unkollegial.
Herr Liebl schreibt, dass nichtstationäre Zeitreihen immer einen hohen Korrelationsbetrag aufweisen. Nun, das kann so sein, muss aber nicht sein. Eine Vorab-Filterung von Zeitreihen durch Differenzen-, Hochpass-, Tiefpass- oder andere Filter ist immer dann angezeigt, wenn ein bekannter deterministischer Effekt aus den Zeitreihen herausgerechnet werden soll, um weitere Effekte, die insbesondere durch den ansonsten vorhandenen Trend „verschluckt“ werden würden, zu detektieren. Beispiel: Modellierung der Bodentemperatur in Abhängigkeit von Sonnenstand, Bewölkungsgrad, Niederschlag und Wind. Da die Abhängigkeit vom Sonnenstand ziemlich klar ist, würde ich hier die Daten vorab tatsächlich filtern, um anschließend die Korrelation mit Bewölkung, Niederschlag und Wind zu bestimmen. Niemand käme aber, glaube ich, auf die Idee, zu behaupten, dass die Bodentemperatur nicht maßgeblich vom Sonnenstand beeinflusst wäre, nur weil beide Zeitreihen nichtstationär sind und die Korrelation eine Scheinkorrelation sei. Das wäre ungefähr so, als wenn man behauptete, dass die Öffnung eines Heizventils nur mit der Zimmertemperatur korreliert wäre, weil Ein- und Ausgangsgröße durch nichtstationäre Zeitreihen repräsentiert werden, das eine aber nicht Ursache des anderen sei.
Weiterhin hatte ich die Journalistin in meiner Stellungnahme, die sie vor Veröffentlichung ihres Beitrags erhielt, auf die weiter oben beschriebenen Fehlinterpretationen in den Analysen der Statistiker hingewiesen, mit denen diese zu belegen versuchen, es gebe in Wirklichkeit keinen Zusammenhang zwischen den Impfungen und den Todesfällen. Diese methodische Kritik wird im „Faktenfuchs“ jedoch mit keinem Wort erwähnt.
Schließlich hatte ich in meiner vorher verschickten Stellungnahme auf inzwischen existierende weitere Befunde verwiesen, welche die Evidenz zunehmend verdichten, dass die COVID-Impfungen mit mehr Todesfällen einhergehen als bisher vermutet. Zum Beispiel zeigt eine altersgruppenabhängige Analyse der Sterbefallzahlen, dass im Jahr 2021 selbst in den jüngeren Altersgruppen die Sterberate angestiegen ist, und zwar im Jahresverlauf umso später, je jünger die Altersgruppe ist, was als ein weiteres – korrelatives – Indiz für einen möglichen kausalen Effekt der Impfungen gewertet werden kann. Obwohl die Journalistin davon wusste, wird keiner der weiteren empirischen Belege im „Faktenfuchs“ erwähnt.
Die Täuschung hinsichtlich meiner methodischen Fachkompetenzen
Journalistisch fragwürdig ist weiterhin, dass zusätzlich versucht wird, die aufgegriffenen Argumente von mir zu entwerten, indem meine methodischen Fachkompetenzen vorab mit fragwürdigen Mitteln diffamiert werden, bevor es im „Faktenfuchs“-Beitrag überhaupt um Argumente und Gegenargumente geht. So heißt es zu Beginn:
„Kuhbandner fiel schon in der Vergangenheit auf: In einem Seminar an der Universität Regensburg verglich er laut einem Bericht des Deutschlandfunks Anfang 2021 Corona-Maßnahmen an Schulen - die Durchsetzung von Maskenpflicht und Abstandsregeln - mit einem Experiment, bei dem Teilnehmer mit Stromstößen gequält wurden.“
Diese Behauptung basiert auf einem journalistisch äußerst fragwürdigen Beitrag im Deutschlandfunk. Das Problem dieses Beitrags ist, dass der Journalist das mit mir geführte Interview ausschnitthaft so wiedergibt, dass die tatsächliche Sachlage irreführend vermittelt wird.
Das tatsächlich stattgefundene Interview des Deutschlandfunk-Journalisten mit mir wurde beim Online-Journal „Telepolis“ veröffentlicht. Wer das Interview liest, wird sehen, dass die obige Behauptung die Realität in keiner Weise abbildet.
Dann heißt es im „Faktenfuchs“ weiter:
„2020 veröffentlichte Kuhbandner gemeinsam mit dem Finanzwissenschaftler Stefan Homburg einen Kommentar. Homburg verbreitet in der Pandemie immer wieder Falschinformationen auf; der Autor eines 'Spiegel'-Kommentars bezeichnet ihn als 'Querdenker'-Wortführer”.
Mein Beitrag wird abwertend so geframed, als handle es sich hier um eine unwissenschaftliche Fehlinformation. In Wirklichkeit wurde dieser Kommentar mit Peer-Review in einer internationalen medizinischen Fachzeitschrift veröffentlicht. Verschwiegen wird auch, dass ich einen weiteren peer-reviewed Artikel in einer internationalen Fachzeitschrift zu methodischen Aspekten bei der Analyse der Effekte von Corona-Maßnahmen publiziert habe. In beiden Kommentaren geht es darum, die in publizierten Studien zur Wirkung von Maßnahmen enthaltenen methodischen Probleme herauszuarbeiten. Anstatt das als Hinweis auf meine methodischen Kompetenzen zu interpretieren, werde ich stattdessen vorab diffamiert. Dieses Ziel scheint auch der darauffolgende Satz im „Faktenfuchs“ zu verfolgen:
„Außerdem ist er Mitglied im Verein 'Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie', gegründet von Sucharit Bhakdi. Der ehemalige Professor für Mikrobiologie fällt ebenfalls immer wieder mit teilweise unbelegten, teilweise falschen Behauptungen zu Covid-19 und zur Impfung auf.“
Man hätte auch erwähnen können, dass ich über 40 empirisch-wissenschaftliche Publikationen mit zum Teil komplexen statistischen Analysemethoden in hochrangigen internationalen peer-reviewed Fachzeitschriften veröffentlicht habe, oder dass ich wissenschaftlicher Fachgutachter für zahlreiche internationale Fachzeitschriften oder wissenschaftliche Institutionen wie beispielsweise die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bin; oder dass ich in meiner Lehre Seminare anbiete, in denen das Ziel darin besteht, Studierenden ein tiefergehendes Verständnis in wissenschaftlichen Methoden und Statistik – über das bloße Anwenden von Formeln hinaus – beizubringen.
Stattdessen werden meine methodischen Fachkompetenzen mit Verweis auf angebliche Falschaussagen von anderen Wissenschaftlern und journalistisch fragwürdig aufbereitete Artikel gezielt unterminiert.
4.3. Das Messen mit zweierlei Maß
Es gibt noch eine weitere frappierende Beobachtung beim Umgang mit Befunden zu den möglichen Effekten der COVID-Impfungen: Ein fragwürdiges Messen mit zweierlei Maß. Das kann man beispielsweise anhand eines vor wenigen Tagen erschienenen „Faktenchecks“ der dpa zu den Befunden des zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Anstieg der COVID-Impfungen und des Anstiegs der Todesfälle illustrieren. In diesem heißt es zunächst in Bezug auf die von mir veröffentlichten Befunde:
„Ein Korrelationskoeffizient von 0,9 soll dies untermauern. Der Wert misst die Stärke eines Zusammenhangs zwischen zwei Variablen. Ein Wert knapp unter 1 bedeutet in der Statistik einen besonders starken Zusammenhang. Einen kausalen Zusammenhang kann dieser Wert jedoch nicht messen.“
Als Gegenbeweis wird später dann folgende Studie angeführt:
„Studien zeigen zudem gegenteilige Effekte. Forschende der Ernst-Abbe-Hochschule in Jena sehen Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen hohen Impfquoten und niedrigen Übersterblichkeitszahlen.“
Ein Blick in diese Studie offenbart, dass auch diese auf einer Korrelation beruht, in diesem Fall sogar auf einer methodisch sehr fragwürdigen. Laut den verfügbaren methodischen Informationen wurde dort einfach die in einem Bundesland in der Kalenderwoche 49 erreichte Impfquote mit der in einem Bundesland in den Kalenderwochen 1-48 insgesamt beobachteten Übersterblichkeit korreliert. So heißt es in der Pressemitteilung der Ernst-Abbe-Hochschule Jena zu den Methoden:
„Für das Jahr 2021 liegen demnach aktuell die Sterbefälle bis zur Kalenderwoche 48 vor. Dementsprechend wurde die Anzahl an Sterbefällen der Jahre 2016 bis 2019 und die im Jahr 2021 jeweils in den Kalenderwochen 1 bis 48 verglichen. (…) Als Indikator für den Impffortschritt wurde die Impfquote (vollständige Impfung) nach Angaben des Robert-Koch-Instituts vom 8. Dezember 2021 (KW 49) genutzt. Der Verlauf der Impfkampagne und ggf. Boosterimpfungen finden in der Untersuchung demnach keine explizite Berücksichtigung.“
Das ist allein schon deswegen methodisch fragwürdig, weil ein größerer Teil der Übersterblichkeit Im Jahr 2021 aus dem Januar und Februar stammt, als die Impfungen noch gar keine Wirkung zeigen konnten. Weiterhin zeigen genauer aufgelöste zeitliche Analysen, dass der Zusammenhang zwischen der beobachteten Übersterblichkeit und der Impfquote in einem Bundesland über die Zeit hinweg stark schwankt und in manchen Zeiträumen positiv, anstatt wie in der Jenaer Studie negativ, korreliert ist.
Das eigentlich interessante an der Studie aus Jena ist, dass man das fragwürdige Messen mit zweierlei Maß anhand dieser Studie besonders deutlich aufzeigen kann:
Vor ein paar Monaten wurde von zwei Wirtschaftswissenschaftlern in einer Analyse basierend auf praktisch derselben Methode genau das Gegenteil gezeigt, also dass die Übersterblichkeit in einem Bundesland umso höher ist, je höher die Impfquote ist. Als Reaktion darauf gab es zahlreiche Faktenchecks, warum das nicht stimmen könne oder nicht kausal interpretiert werden darf. So heißt es beispielsweise in einem Faktencheck der Tagesschau:
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„Das Gewichten der Werte nach der Bevölkerungszahl der einzelnen Bundesländer [auch das wurde in der Jenaer Studie unter anderem gemacht] sorge außerdem dafür, dass das Ergebnis von wenigen bevölkerungsreichen Bundesländern und damit von sehr wenigen Datenpunkten abhängt.“
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„Zudem wäre die Ermittlung einer Korrelation nur ein erster Anhaltspunkt, erklärt zur Nieden. Diese müsse weitere Untersuchungen nach sich ziehen, ob es einen tatsächlichen direkten oder indirekten kausalen Zusammenhang gebe.“
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„Der zeitliche Zusammenhang und Abstand zwischen Impfquote und Immunität wurde in der Untersuchung komplett ausgeblendet, ebenso Effekte wie das Mortality Displacement und das unterschiedliche Infektionsgeschehen in den einzelnen Bundesländern.“
Das Fazit lautet dann:
„Niedens [Felix zur Nieden, Experte für Demografie und Sterbefallzahlen des Statistischen Bundesamtes] Fazit zu dem Papier fällt dementsprechend harsch aus: "Das ist keine seriöse Auswertung, mit der man an die Öffentlichkeit geht.“
Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie veröffentlichte eine Stellungnahme, in der es heißt:
„Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie hält es für unverantwortlich, ein Papier in die Öffentlichkeit gelangen zu lassen, dessen Inhalt und Methodik wissenschaftlichen Standards nicht genügen und das zu Fehlinterpretationen Anlass gibt bzw. diese sogar nahelegt; dazu gehören zum Beispiel die kausale Interpretation der Korrelation von Impfquote und Übersterblichkeit und die selektive Auswahl der analysierten Zeiträume.“
In einem MDR-Faktencheck erklärt Prof. Helmut Küchenhoff von der LMU München dazu:
„Da ist man wirklich zum Teil dann auf dem Niveau bei diesem klassischen Beispiel: Es gibt Zusammenhänge zwischen Störchen und Geburten.“
Alle der in den Faktenchecks und Stellungnahmen genannten Argumente treffen eins zu eins auch auf die im obigen dpa-Faktencheck als Gegenbeweis ins Feld geführte Studie der Ernst-Abbe-Hochschule in Jena zu, weil dort praktisch genau dieselben Methoden verwendet wurden. Dementsprechend müssten auch hier sofort – genauso wie damals – zahlreiche Faktenchecks und Stellungnahmen von Fachgesellschaften erscheinen, welche genau dieselben Probleme thematisieren.
Meines Wissens ist allerdings zu dieser Studie bis heute kein einziger Faktencheck und keine einzige Stellungnahme einer Fachgesellschaft erschienen. Stattdessen schaffte es diese Studie zum Beispiel ins Ärzteblatt, mit dem Titel "Hohe Impfquoten gehen mit niedrigerer Übersterblichkeit einher".
Man trifft hier auf ein eindrückliches Beispiel für das Messen mit zweierlei Maß: Es erscheinen zwei Studien mit praktisch exakt derselben Methode, bei denen aufgrund der einmal nur ausschnitthaften (Studie der zwei Wirtschaftswissenschaftler) und einmal zu groben (Jenaer Studie) zeitlichen Auflösung gegenteilige Ergebnisse berichtet werden. Hinsichtlich der Aussagekraft in Bezug auf den Zusammenhang der COVID-Impfungen mit den Todesfällen sind aus diesen methodischen Gründen beide Studien nicht aussagekräftig. Aber die Studie, welche zum Narrativ eines wirksamen und sicheren Impfstoffs passt, wird unkritisch in vielen Qualitätsmedien verbreitet, hier erscheint keiner der obigen Faktenchecks und keiner der statistischen Experten tritt auf, um das kritisch zu betrachten. Die Studie, welche das Narrativ eines wirksamen und sicheren Impfstoffs in Frage stellt, wird dagegen nie von den Qualitätsmedien kommuniziert, stattdessen wird versucht, diese Studie in Faktenchecks in Frage zu stellen, Fachexperten treten auf und kritisieren die Studie und Fachgesellschaften verfassen kritische Stellungnahmen.
4.4. Ein Grundproblem der Wissenschaftskommunikation
Abschließend möchte ich noch auf ein grundlegendes Problem in der Wissenschaftskommunikation hinweisen. Um dieses Problem zu illustrieren, kann man sich in die Perspektive der „Faktenfuchs“-Journalistin hineinversetzen: Man stelle sich vor, es treten drei Personen mit Titel Statistikprofessor auf, die einstimmig meinen, beim Anstieg der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit den Impfungen handle es sich um eine „Nonsense-Korrelation“. Und auf der anderen Seite behauptet ein Psychologie-Professor, dass sich alle drei Statistik-Professoren irren. Wem würde man wohl Glauben schenken?
Das Problem wird von Kary Mullis, Nobelpeisträger und Erfinder des PCR-Test-Prinzips, in einem Interview auf den Punkt gebracht:
„Guys like Fauci [Anthony Fauci, Chefvirologe der USA] get up there and start talking, you know, he doesn’t know anything really about anything and I’d say that to his face. Nothing. (...) You can’t expect the sheep to really respect the best and the brightest. They don’t know the difference, really. I mean, I like humans, don’t get me wrong. But basically, there is a vast, vast majority of them that do not possess the ability to judge who is and who isn’t really a good scientist. That’s a problem, that’s a main problem actually with science, I’d say.“
Unterschiedliche wissenschaftliche Meinungen zu haben, ist eines der fundamentalsten Grundprinzipien der Wissenschaft überhaupt. Würde man das nicht zulassen, gäbe es keinen wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt mehr. Allerdings gibt es hier hinsichtlich der Kommunikation von Wissenschaft unter anderem zwei wichtige Einschränkungen:
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Erstens: Eine als „wissenschaftlich“ titulierte Meinung muss auf überprüfbaren Daten beruhen, welche mit Methoden analysiert wurden, welche valide Aussagen zulassen, die wiederum fachlich korrekt interpretiert werden.
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Zweitens: Eine „wissenschaftliche“ Meinung darf nicht als „Wahrheit“ tituliert werden, sondern die angesichts der verwendeten Methoden und Analysen verbleibende Unsicherheit muss mitkommuniziert werden.
Genau hier besteht ein Unterschied in der Kommunikation zwischen mir und Dominik Liebl bzw. den Autoren der „Unstatistik“: Während ich immer wieder betone, dass die korrelativen Befunde vorläufig und mit Vorsicht zu interpretieren sind und nicht notwendigerweise einen kausalen Effekt bedeuten müssen, stellen Dominik Liebl und die Autoren der „Unstatistik“ ihre Argumente dar, als wären diese „Wahrheiten“. Insbesondere im Hinblick darauf, dass es hier darum geht, mögliche bisher unbekannten tödlichen Nebenwirkungen von Medikamenten zu entdecken, wäre es umso wichtiger, wissenschaftlich valide zu kommunizieren und Unsicherheiten zu benennen.
5. Abschließende Bemerkungen
Es ist persönlich verstörend, erleben zu müssen, wie in unserer Gesellschaft mit Sicherheitssignalen umgegangen wird, welche einen möglichen Hinweis darauf liefern, dass mit einem bevölkerungsweit verabreichten Medikament möglicherweise bisher unbekannte extreme Nebenwirkungen verbunden sein könnten. Das Sicherheitssignal des Anstiegs der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit den COVID-Impfungen muss natürlich nicht notwendigerweise auf einen kausalen Effekt hinweisen. Man kann nur hoffen, dass dem nicht so ist.
Aber ein solches Sicherheitssignal einfach zu ignorieren oder mit fragwürdigen statistischen Argumenten beiseite zu wischen, anstatt diesem Sicherheitssignal mit weitergehenden Studien und validen Analysen nachzugehen, halte ich für zutiefst unverantwortlich – ganz zu schweigen davon, was es bedeutet, als Überbringer dieses Sicherheitssignals öffentlich diskreditiert und diffamiert zu werden.
Interessanterweise gibt es eine historische Parallele: den Contergan-Skandal. Auch dort wurde nach der Beobachtung des vermehrten Auftretens von Missbildungen im zeitlichen Zusammenhang mit der Verabreichung des Medikaments zunächst abgewiegelt und auf Zufall oder irgendwelche Drittvariablen verwiesen. In den Medien erschienen Berichte, es sei nicht gerechtfertigt, breite Bevölkerungskreise mit Nachrichten zu beunruhigen, deren Stichhaltigkeit vorerst keiner statistischen Prüfung standhält.
Im monitor Versorgungsforschung schreibt dazu Reinhold Roski, Professor für Wirtschaftskommunikation an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, im Nachhinein:
„Viele medizinische Katastrophen hätten früher enden können. Es dauerte drei Jahre, bis Contergan als Grund von Missbildungen identifiziert wurde.“
Man hätte sich wünschen können, dass man aus diesen historischen Vorerfahrungen gelernt hat. Aber das scheint offenbar nicht der Fall zu sein.
Über den Autor: Christof Kuhbandner, Jahrgang 1974, ist Professor für Psychologie und leitet den Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie an der Universität Regensburg. Zuvor war er an der LMU München, der TU Dresden und der International University Bremen tätig. Er forschte und lehrte in den Bereichen der Allgemeinen Psychologie, der Entwicklungspsychologie, der Persönlichkeitspsychologie und der Pädagogischen Psychologie. Forschungsschwerpunkte sind die Themen Emotion, Gedächtnis, Motivation und Förderung der Persönlichkeitsentwicklung basierend auf experimentalpsychologischen, neurophysiologischen und korrelativen Forschungsmethoden sowie mathematischen Modellierungsmethoden. Er hat über 40 wissenschaftlich-empirische Artikel in internationalen peer-reviewed Fachzeitschriften veröffentlicht und ist wissenschaftlicher Fachgutachter für zahlreiche hochrangige internationale Fachzeitschriften und wissenschaftliche Institutionen wie beispielsweise die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG).
Materialien zur Kontroverse in der Reihenfolge ihres Erscheinens:
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Servus TV / Bert Ehgartner, Im Stich gelassen – die Covid-Impfopfer,
Dokumentarfilm, 48 min (18.01.2022) -
Oval Media / Bert Ehgartner, Impfungen und Übersterblichkeit,
Video, 9 min (20.01.2022) -
Christof Kuhbandner, Der Anstieg der Übersterblichkeit im zeitlichen Zusammenhang mit den COVID-Impfungen,
28-seitiges Analysepapier (21.01.2022) -
Dominik Liebl, Twitter-Beitrag zum Kuhbandner-Papier (25.01.2022)
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RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung / Thomas Bauer / Katharina Schüller, Unstatistik des Monats: Impfquote und Übersterblichkeit, eine „Spurious Correlation“ (31.01.2022)
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Christof Kuhbandner, Dokumentation des Email-Austausches mit den Autoren der „Unstatistik des Monats“ (08.-17.02.2022)
-
Bert Ehgartner, Impfungen, Übersterblichkeit - und statistische Nebelbomber (in diesem Beitrag wird die E-Mail-Korrespondenz zwischen Christof Kuhbandner und Dominik Liebl vom 26.01. öffentlich gemacht) (10.02.2022)
-
BR / Jeanne Rubner, Der Fall Kuhbandner: Vom Umgang mit akademischen Querdenkern, Radiobeitrag, 6 min (11.02.2022)
-
Christof Kuhbandner, Antwort auf die Presseanfrage vom 10.02.2022 vom Bayerischen Rundfunk, 22 Seiten (14.02.2022)
-
BR Faktenfuchs / Elisabeth Kagermeier, Doku von ServusTV: Fehlende Einordnung und falsche Zusammenhänge (15.02.2022)
-
dpa factchecking, Video interpretiert Studien falsch - Corona-Impfung wirkt und verhindert Todesfälle (18.02.2022)
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