Michael Meyen | Bild: Screenshot KenFM

Ein Professor soll weg

Das Studentenmagazin der ZEIT veröffentlicht einen 8-seitigen Artikel über den Kommunikationswissenschaftler Michael Meyen. Dieser soll „Verschwörungsmythen verbreiten“. Das Magazin fragt: „Warum darf er immer noch lehren?“ Der Text ist ein Rufmord mit Ansage – und eine Lektion in Konformismus.

PAUL SCHREYER, 10. Februar 2022, 9 Kommentare, PDF

ZEIT CAMPUS ist nach eigener Aussage „das junge Magazin“ der ZEIT: „Es bietet Abiturientinnen und Abiturienten, Studierenden, Absolventinnen und Absolventen und Young Professionals Orientierung und Inspiration in gut recherchierten Geschichten aus ihrer unmittelbaren Lebenswelt.“ Mehr noch, das fünfmal im Jahr erscheinende Magazin mit einer verkauften Auflage von 90.000 Exemplaren „bereichert und empowert“ seine Leser auch und ist dabei „kritisch, reflektiert und exzellent gestaltet“ – so zumindest der Werbetext für Anzeigenkunden (eine Seite kostet laut Preisliste 20.000 Euro).

Geleitet wird das Blatt von Martina Kix, Jahrgang 1985, die zwischen Abi und Studium ein Jahr in New York verbrachte und ihre journalistische Karriere anschließend als „Aushilfe Ressort Nachrichten & Unterhaltung“ bei der Bild am Sonntag startete. Autor des Artikels (online hinter Bezahlschranke) ist Paul Hildebrandt, Jahrgang 1990, der laut eigenen Angaben nach seinem Studium der Politikwissenschaft Gelegenheit hatte, ein Jahr auf „Weltreisen“ zu gehen und dessen Arbeit seither durch zahlreiche Stipendien wohlhabender Verbände unterstützt wird.

Meyen – der auch für Multipolar schreibt – kommt aus einem anderen Milieu. Kein New York, keine Weltreisen und Stipendien, stattdessen geboren in der DDR (1967), wo auch seine Ausbildung zum Journalisten begann. Vor dem Hintergrund dieses Karrierestarts hat sein Sprung auf einen Lehrstuhl in einer westdeutschen Metropole (LMU München) bundesweiten Seltenheitswert. Meyen fällt auf und eckt an (hier eine Kritik des BR, hier Meyens Replik darauf). Er hält mit seinen politischen Ansichten und Analysen nicht hinter dem Berg, sondern publiziert sie und gibt dazu Interviews, auch und gerade dann, wenn sie regierungskritisch sind. Das irritiert nicht wenige.

„Ein Prof driftet ab“ lautet denn auch die Überschrift des am Dienstag dieser Woche veröffentlichten Artikels über Meyen. Untertitel: „Ein Münchner Medienwissenschaftler verbreitet Verschwörungsmythen. Warum darf er immer noch lehren?“ Sucht man im Text nach ebenjenen „Verschwörungsmythen“ wird man allerdings nicht fündig. Auf Twitter bewirbt das Magazin den Beitrag etwas anders:

„Ein Münchner Professor trat bei RT Deutsch auf und empfiehlt seinen Studierenden KenFM. Was hat ihn nur so radikalisiert?“

Mit dieser Einordnung kommt man dem Text schon näher. Denn tatsächlich geht es kaum um vermeintliche "Verschwörungsmythen", als vielmehr um abweichende Ansichten – sowie bestimmte Portale, auf denen Meyen aufgetreten ist: #allesaufdentisch, KenFM, RT Deutsch sowie sein im Verlag des Magazins Rubikon erschienenes Buch. Die konkreten Vorwürfe bleiben schwer greifbar. So heißt es im Artikel in Bezug auf Meyens Auftritt bei der Interview-Reihe #allesaufdentisch:

„Er behauptet, Faktenchecker seien zu einer 'internationalen Bewegung' geworden, die von Philanthropenstiftungen gekapert worden sei, und es ginge ihnen nicht um Objektivität und Transparenz.“

Ginge es journalistisch mit rechten Dingen zu, müsste diese Behauptung Meyens nun eigentlich vom Autor widerlegt oder zumindest mit fundierten Fakten in Zweifel gezogen werden. Warum genau also liegt Meyen hier falsch? Wo irrt er sich ganz konkret? Doch genau dieser Teil fehlt im Text. Unterstellt wird stattdessen, es sei Konsens und hinreichend bekannt, dass die Position Meyens unsinnig sei. Das aber ist mehr als problematisch, denn an dieser Stelle verabschiedet sich der Artikel vom Anspruch eines kritischen Journalismus und betritt stattdessen die heimelige Arena des Konformismus, einer Zone des Gleichklangs, wo alle Mitspieler immer schon vor jeder Diskussion wissen, was richtig ist und was falsch und man sich mühselige Erörterungen deshalb sparen kann. So mogelt sich der Autor um eine sachliche Auseinandersetzung herum und fährt fort:

„Über Meyens These in diesem Video berichten überregionale Zeitungen und Radiosender. Ein Autor des Bayerischen Rundfunks schreibt: 'Meyen ist ein gutes Beispiel dafür, wie Verschwörungsmythen funktionieren.'“

Die Argumentation, die Widerlegung, die Auseinandersetzung werden also ersetzt durch eine Anschuldigung, die eine höhere Autorität („Autor des Bayerischen Rundfunks“) geäußert hat. Eine Erklärung oder Erläuterung der Anschuldigung fehlt. Ein weiteres Beispiel aus dem Artikel unterstreicht dieses Vorgehen:

„Im April 2017 stellt Meyen ein neues Blog online: Medienrealität. Es soll eine Plattform für seine Mitarbeitenden sein: Medienkritik aus wissenschaftlicher Perspektive. Im Impressum: die offizielle Adresse der Universität, auf der Homepage des Instituts verlinkt er sein Blog. Doch Meyen tritt dort nicht nur als Wissenschaftler auf, immer öfter äußert er sich politisch. Beim Nachlesen kann man das Gefühl bekommen, dass seine Thesen mit jedem Eintrag steiler werden. Er mokiert sich über den ZDF-Journalisten Claus Kleber, vergleicht die Tagesschau mit russischem Staatsfernsehen, schreibt von 'Regierungs-PR'.“

Wiederum müsste nun eigentlich die sachliche Auseinandersetzung folgen. Warum ist es falsch, sich über Claus Kleber spöttisch zu äußern? Weshalb ist der Begriff „Regierungs-PR“ bei der Tagesschau objektiv unsinnig? Würde der Autor das näher ausführen, dann könnte der Leser die vorgebrachten Argumente mit denen von Meyen vergleichen (sofern er dessen Argumentation ebenfalls näher vorstellen würde, was im Text nicht geschieht). Der Autor vermeidet aber auch an dieser Stelle eine konkrete Auseinandersetzung mit den Thesen, die er ablehnt. Das ist vor allem deshalb journalistisch unhaltbar, da er mit dieser Ablehnung begründet, Meyen solle nicht mehr an der Universität lehren dürfen.

Deutlich wird: Paul Hildebrandt (und die Redaktionsleitung, die diesen Text des freien Autors ins Blatt genommen hat) haben eine Mission: Sie möchten Universitäten von Lehrkräften befreien, deren Ansichten sie nicht teilen, ja, für gefährlich halten (siehe auch dieser Angriff des Autors auf den kritischen Epidemiologen Prof. Kekulé). Sie berufen sich dabei auf einen Konsens, der bei näherer Betrachtung aber kein gesamtgesellschaftlicher ist, sondern bloß der einer bestimmten Gruppe. Diese Gruppe will nun allein – aber eben für die ganze Gesellschaft – entscheiden, wer etwas wo sagen darf und wer nicht. Der Artikel zitiert überraschenderweise sogar Meyen selbst mit einer ganz ähnlichen Einschätzung, geäußert vor einigen Jahren im Gespräch bei KenFM:

„'Diejenigen, die heute News machen können, die also heute bestimmen, was Realität ist, weil es in den News ist, bekämpfen die alternative Erzählung, die uns sagt, es gibt was anderes draußen, mit Labeln wie Fake-News und Hatespeech, um sie unterdrücken zu können.' Jebsen hakt nach: 'Die Vorform der klassischen …' Und Meyen ergänzt: 'Die Vorform der Zensur. Zunächst grenze ich aus, und dann verbiete ich.'“

Der Autor ordnet das von Meyen Gesagte nicht ein, sondern setzt seinen Text so fort:

„Nur wenige Tage später postet ein Journalist Auszüge aus dem Gespräch auf Twitter. Er schreibt: 'Wenn das den Stand der Medienforschung an der @LMU_Muenchen @ifkw_lmu repräsentiert, dann gute Nacht.' Erstmals beschweren sich auch Kolleg:innen bei der Institutsleitung: Meyen schade mit solchen Auftritten dem Ruf des Instituts. Leiter Carsten Reinemann erzählt am Telefon: Damals hätte er gemeinsam mit anderen Kolleg:innen versucht, das Thema im persönlichen Gespräch zu klären. Das sollte die Wogen glätten. Doch Teilnehmer:innen berichten, Meyen sei nicht auf Kritik eingegangen, stattdessen hätten beide Seiten aufgehört, miteinander zu sprechen.“

Wieder fehlt die sachliche Auseinandersetzung mit Meyens Aussagen. Sie wird ersetzt durch Berichte über Anschuldigungen Dritter. An anderer Stelle wertet der Autor dann aber auch persönlich. So heißt es etwa zu Meyens Buch „Die Propaganda-Matrix“:

„Das Buch ist eine Verschwörungserzählung, gespickt mit unseriösen Fußnoten. Es wird ein Spiegel-Bestseller, der erste in Meyens Karriere.“

Auch hier fehlt jede Begründung oder Erläuterung für diese Wertung. Was genau ist unseriös und warum? Deutlich wird das Unbehagen des Autors, das, so scheint es, vor allem auch ein Unbehagen an Meyens Abweichen von der herrschenden Meinung ist. Dieses Abweichen wird offenbar als so falsch und gefährlich angesehen, dass keine weitere Erörterung oder Begründung nötig erscheint. Kronzeugen dafür sind dann stets gesellschaftliche Autoritäten: der „Autor des Bayerischen Rundfunks“, die „Kolleg:innen bei der Institutsleitung“ und so weiter. Paul Hildebrandt, Anfang 30, gefördert durch Stipendien, anerkannt von Leitmedien, die seine Texte veröffentlichen, geht mit diesen Autoritäten konform.

Gegen Ende des Artikels heißt es: „Meyen selbst zeigt sich bis heute nicht einsichtig.“ Hier blitzt kurz das Rollenverständnis des Autors auf, der bei diesem Text offenbar nicht angetreten ist, sein Weltbild zu erweitern und neue Blickwinkel zu prüfen, sondern, viel einfacher, aber auch viel härter: zu richten. Dass hier Vorsatz im Spiel ist, belegt eine E-Mail, die Hildebrandt im Rahmen der Arbeit an dem Artikel im November letzten Jahres an Meyen sandte. Darin heißt es:

„Ich recherchiere momentan zum Konflikt um Ihre Person und würde mich dazu gerne mit Ihnen unterhalten. Mich interessiert sehr Ihre Position zu dieser Kontroverse. Was macht es mit Ihnen, dass sich Ihr Institut von Ihnen distanziert hat und Kolleg:innen Ihnen vorwerfen, nicht wissenschaftlich zu arbeiten? Wie gehen Sie damit um, dass sich Studierende über Sie beschweren? Wie reagieren Sie auf die Vorwürfe, Sie würden Ihre Position als Professor einer renommierten Universität für eine persönliche Kampagne missbrauchen? Können Sie die Kritik der Kolleg:innen eigentlich nachvollziehen? Und vor allem: Wie sind Sie eigentlich inmitten dieser Debatte gelandet – und wie kommen Sie da wieder raus?“

Meyen selbst erklärt auf Nachfrage, die Formulierung habe ihm „die Sprache verschlagen“. Tatsächlich handelt es sich um eine brandgefährliche Grenzüberschreitung, wenn Journalisten sich zu Richtern im Dienste des Konformismus aufspielen. Dass diese Grenzüberschreitung schon längst Alltag geworden ist – das ist das Problem.


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TILO GRÄSER, 10. Februar 2022, 10:20 UHR

Vielen Dank für den Beitrag. Das, was Michael Meyen da erlebt, kennt er genauso gut wie ich: aus der DDR. Es ist die gleiche Infamie, gegen kritische Stimmen mit Hilfe von Aussagen aus dem "Volk", hier Studenten, vorzugehen, mit absurden Vorwürfen. Bei diesen wird nicht mit Fakten und Daten argumentiert, sondern es werden Behauptungen in den Raum gestellt, deren Absurdität einem die Sprache verschlägt.

So wurde ich einst von den Knechten der Macht mit SED-Parteibuch zum "Parteifeind" erklärt, mit allen existenziellen Folgen. So erlebt es heute Michael Meyen erneut, nachdem er wie ich einst hoffte, mit dem Untergang der DDR sei so etwas nicht mehr möglich. Doch immer wenn es um Macht geht, ist so etwas möglich, egal unter welcher Fahne, egal unter welcher Ideologie. In seinem Buch über die "Propagandamatrix" beschreibt Meyen selbst das Prinzip:

„Mit dem Gewicht der Argumente sowie mit dem Ansehen und der Position der Überbringer stieg die Wahrscheinlichkeit von Attacken gegen die Person.“

Doch gegen das, was sich in dem Beitrag in "Zeit Campus" gegen den renommierten Kommunikationswissenschaftler zeigt und wie es sich zeigt, gegen diese Möchtegern-Journalisten und heutigen Propagandisten der Macht, wirken jene von der SED damals in der DDR beinahe wie die sprichwörtlichen Waisenknaben. Die Folgen sind für jene, die so ins Visier genommen werden, die gleichen. Es schaudert mich auch vor jenen, die solches tun. Und ich frage mich angesichts dessen, was aus meinem Berufsstand, dem Journalismus geworden ist. Um so mehr freue ich mich über Ausnahmen wie "Multipolar" und auch Menschen mit Mut wie Michael Meyen.

MARGIT KÜHNEN, 10. Februar 2022, 10:35 UHR

Das ist eine traurige Nachricht. Ich bedaure sehr, was Herr Meyen und andere kritische BeobachterInnen und MahnerInnen derzeit erfahren oder erdulden müssen. Es ist zum Fremdschämen!

Ich möchte mich bei Ihnen bedanken, Herr Meyen. Vor ein paar Wochen wurde ich irgendwie auf Ihren Artikel "Auf dem Weg zum Wahrheitsministerium" aufmerksam und diese Lektüre hat mich beeindruckt. Ich dachte und schrieb an ein paar Freunde/Bekannte: "Das hier ist ein Niveau, das ich sonst weitgehend vermisse" und schickte ihnen den Link zu Ihrem Artikel.

Seither bin ich eine große Freundin von Multipolar geworden und bin täglich dankbar für die Arbeit, die viele dort zu Wort Kommenden leisten zu unser aller Wohl und der Erhaltung unserer kritischen Denkfähigkeit. Erst gestern habe ich wieder eine Rundmail an Bekannte und Freunde geschickt und habe dringlich dazu aufgerufen, Multipolar zu lesen und sich mit den dortigen Ansichten und Beobachtungen auseinanderzusetzen.

Ich bin Ihnen dankbar, Herr Meyen! Ihre Artikel oder die Essays von Paul Kingsnorth oder auch andere Beiträge, die auf Multipolar veröffentlicht oder zusammengetragen werden/wurden, gehören zu den besten und wichtigsten Texten, die ich in den letzten 2 bis 3 Jahren lesen durfte!

Lassen Sie sich bitte nicht kleinkriegen. Ihre Arbeit ist wichtig und wertvoll! Mit herzlichstem Dank und solidarischen Grüßen an Herrn Meyen, an Multipolar und an alle, die diese Arbeit wertschätzen und solche Gedanken und Beobachtungen ernsthaft in Herz und Hirn bewegen und bei ihrer Meinungsbildung berücksichtigen! Vielen Dank und alles Gute Ihnen!

HELGE BUTTKEREIT, 10. Februar 2022, 14:05 UHR

Neben dem letztlich so inhaltslosen wie böswilligen Geraune in dem Text, der in der Tat einmal mehr die Abgründe zeigt, die Journalistenkollegen zu durchmessen versuchen, sollte man noch auf die Illustration hinweisen. Denn düstere Bilder begleiten den Text, beginnend mit dem "Auge der Vorsehung" ("allsehendes Auge"), was wohl auf eine vorgebliche Verbindung zu den Illuminaten und damit ganz allgemein auf "Verschwörungstheorien" hinweisen soll. Schließlich wird das Symbol auch von "rechten Verschwörungsideologen" genutzt, um eine angeblich geheime jüdische Macht zu symbolisieren, die die Menschen steuere.

Dazu dann noch die Aussage imn Text, Michael Meyen habe sich als Linker "gegeben", als er vor drei Jahren mit Kerem Schamberger das Buch "Die Kurden" veröffentlicht hat. Soll wohl sagen: In Wirklichkeit war das eine Camouflage, der Meyen ist ein Rechter. Zum Abschuss freigegeben. Mit Journalismus hat das wirklich nichts mehr zu tun. Da stimmt nur noch die Haltung – aus Sicht des Mainstreams. Das ist entscheidend. Dass "Journalisten" heute richten statt zu recherchieren ist in der Tat eine Grenzüberschreitung, die brandgefährlich ist. Danke für den Text!

BERNHARD MÜNSTERMANN, 10. Februar 2022, 15:30 UHR

Da es doch als Artikel des „renommierten“ Magazins ZEIT Campus erschien, kann die Diffamierung von Michael Meyen unter Verweis auf diese vermeintlich „reputierliche Quelle“ auch bald bei Wikipedia ihren Niederschlag finden. Die ZEIT als Sprachrohr von Volkes Stimme. Wem dieses erbärmliche Niveau von Rufmordkampagne nicht selbst auffällt, dessen Reife für das Verweilen auf dem „Campus“ einer Universität und Urteilsfähigkeit darf füglich in Zweifel gezogen werden.

Die Auflagenhöhe seines Buches „Die Propaganda Matrix“ unterstreicht die Relevanz seiner Beiträge und macht Herrn Meyen zur Zielscheibe solcher Verleumdungskampagnen. Dass er mit für den Mainstream Unberührbaren häufiger im Gespräch zu hören ist, kommt als seine Kontaktschuld hinzu. Walter van Rossum, Ken Jebsen, Matthias Burchardt , Paul Schreyer, Dirk Pohlmann, Corona Ausschuss …. der Herr sei bei uns.

Ich verweigere seit 2013 die uns auferlegten ÖRR Rundfunkbeiträge und bekomme vom WDR Beitragsservice deshalb regelmäßig Post: turnusmäßig Mahnungen, letzte Mahnungen incl. anwachsender Mahngebühren, fürsorgliche Ratenzahlungsofferten, Festsetzungsbescheide, Zwangsvollstreckungsbescheide mit Haftandrohung. Seit ich zuletzt Anfang September 2021 in meinem 10. Widerspruch die Skizze einer Reform des ÖRR an Haupt und Gliedern erwähnte, die Michael Meyen in seinem Buch publizierte, bekomme ich überraschenderweise vom WDR Beitragsservice keine Post mehr. Keine Mahnungen, keinen Bescheid über meinen Widerspruch von Anfang September 2021 seit nunmehr 5 Monaten. Ich kann mir das nur so erklären, dass WDR Intendant Tom Buhrow die wohl erwogenen Vorschläge von Michael Meyen seither eingehend prüft. Auch wenn dessen Vorschlag für eine Erneuerung des ÖRR intendieren würde, das derzeit sehr auskömmliche Salär eines WDR Intendanten bedeutend zu verschmälern. Daran lese ich die Relevanz der Beiträge von Prof. Dr. Michael Meyen ab, wofür ich ihm Respekt und Dank schulde.

GABRIEL MÜLLER-HUELSS, 10. Februar 2022, 15:30 UHR

Daß solche Artikel, wie der beschriebene in der 'Zeit', ohne dem Blatt massiv zu schaden überhaupt veröffentlicht werden können, liegt hauptsächlich an unserem heruntergekommenen heutigen Bildungssystem. In meinen jungen Jahren waren die Leute um mich herum noch kritisch eingestellt, haben hinterfragt. Heute sehen sich die jungen Menschen in meinem Umfeld Dschungelcamp und seichte Filme an, kritische Bücher werden nicht in die Hand genommen und bestellt wird bei Amazon, Kommunikation findet vornehmlich über die 'Sozialen Netzwerke' statt. Spricht man sie auf kritische Themen an, versucht abweichende Argumente anzubringen, den Horizont zu erweitern, erntet man zumeist ungläubige, auch mal abweisende Blicke und entsprechende Kommentare. Ganz selten kommt dann später ein „Oh, hast Recht gehabt“, ohne allerdings ein Umdenken erkennen zu lassen, da dies einen gedanklichen und zeitlichen Aufwand benötigte, den man dann vom Gebrauch des Gesichtsbräuners mit Whatsapp, Facebook & Co. abziehen müsste.

Leider sind auch die meisten der seinerzeit kritischen Mitmenschen mittlerweile so in ihrem Hamsterrad gefangen und durch die Berichterstattung der Mainstream-Medien geprägt, daß sie ebenfalls kaum mehr über den Tellerrand zu blicken in der Lage sind. Michael Meyen und vielen Anderen, nicht zuletzt den Multipolar-Autoren, muß man sehr dankbar sein, daß sie standhaft dagegen halten und trotz heftiger Anfeindungen, gerne auch mal mit einhergehenden massiven materiellen Nachteilen verbunden, ihre Meinung äußern, auf Mißstände aufmerksam machen!

HUT AB !!!

ARNOLD WEIBLE, 15. Februar 2022, 13:45 UHR

"In meinen jungen Jahren waren die Leute um mich herum noch kritisch eingestellt, haben hinterfragt. Heute sehen sich die jungen Menschen in meinem Umfeld Dschungelcamp und seichte Filme an."

In meinen jungen Jahren hatte ich von Politik noch keine Ahnung. Wir haben uns mehr für Technik und seichte Unterhaltung interressiert. Die Jugendgruppe, die ich bis Coronabeginn im Verein betreute ist mein kritischster und politisch intressiertester Bekanntenkreis. Zudem sollte die Bewegung um "Fridays for Future" nicht vergessen werden. Ich vermute, wenn wir das große Ganze sehen, hat sich nicht viel an der Einstellung der Menschen geändert.

TK, 10. Februar 2022, 16:10 UHR

Vielen Dank für Ihren Artikel, lieber Herr Schreyer, der im Gegensatz zum Artikel von ZEIT Campus tatsächlich inhaltlich fundiert ist. Ich hoffe wirklich sehr, dieses Machwerk fällt ob seiner Bösartigkeit schließlich vielmehr der ZEIT auf die Füße als dass es Herrn Meyen schadet.

ROTH GÜNTER, 11. Februar 2022, 11:10 UHR

Unfassbar, und vielen Kolleginnen und Kollegen geht es ähnlich (angesichts eines lfd. Verfahrens vielleicht später dazu mehr). Wie wäre #Metoo_2.0?

MATTHIAS, 11. Februar 2022, 12:15 UHR

Vielen Dank für diesen Beitrag. Die Geisteshaltung des Artikels in ZEIT Campus kann man nur als totalitär bezeichnen. Die Überschrift spricht Bände. Da erstaunt es nicht, dass sachliche Argumente nicht zu erkennen sind. Die totalitäre Haltung des Autors, Paul Hildebrandt, ist so unverschämt, dass sogar Prof. Meyens Kollege an der LMU, der als Kronzeuge bemüht wird, sich «windet» und die Wissenschaftsfreiheit erwähnt.

Der erste Abschnitt zeigt, wohin die Reise geht. Doch dabei verhebt sich Hildebrandt. Er meint allen Ernstes, #allesaufdentisch würde «vermeintliche Expert:innen zur Corona-Politik befragen». Die zahlreichen Fachleute, die interviewt werden, darunter mehrere Hochschullehrer:innen aus verschiedenen Disziplinen, verfügen also über eine nur «vermeintliche» Expertise! Man kann nur hoffen, dass Hildebrandt dieses Adjektiv aus Unwissenheit heraus verwendet, vielleicht weil er von #allesaufdentisch nur das Video mit Prof. Meyen kennt. Aber auch dann bleibt die Aussage peinlich.

Ein weiterer Punkt: Das Buch «Die Propaganda-Matrix». Worum geht es? Hildebrandt meint: «Die Bevölkerung sei in einer Art Matrix gefangen, unwissend, verblendet. Er, Meyen, könne ihr den Weg herausweisen.» Das erinnert an die legendäre Filmserie «The Matrix». Sie wird in dem Buch erwähnt. Aber es wird sofort erklärt, worin der Unterschied besteht: Das Buch verhandelt, «was aufgeklärte Menschen aus der Matrix machen könnten» (S. 13). Wir sollen nicht auf einen Anführer warten, sondern den eigenen Verstand aktivieren - auch beim Lesen von Büchern. Doch Hildebrandt raunt von «unseriösen Fußnoten». Das ist auf demselben Niveau wie die Rede von «vermeintlichen Expert:innen».

Zum Schluss: die «Faktenchecker», die von Hildebrandt belobigt werden, weil sie «im Netz Fake-News widerlegen» würden. So einfach ist die Welt. Dazu ein Lesetipp (auf Englisch): https://www.bmj.com/content/376/bmj.o95/rapid-responses („Facebook versus the BMJ: when fact checking goes wrong“)

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