Ein durchtrenntes Europa
ULRIKE GUÉROT UND HAUKE RITZ, 25. Oktober 2022, 4 Kommentare, PDFDie älteste Karte der Europa von 1534, Europa Prima Pars Terre in Forma Virginis, „Europa, erster Teil der Erde, in Gestalt einer Jungfrau“, zeigt eine majestätische Frauenfigur, die den ganzen europäischen Kontinent abbildet. Spanien ist der Kopf und trägt die Krone. Francia ist die Brust, Germania das Herz, Großbritannia hängt lose am linken Arm, Italia ist der rechte Arm. Weiter im Bauch beziehungsweise im Unterleib der Europa befinden sich, lose angeordnet und ohne klare Grenzen, Polonia, Bulgaria, Albania, Rumania und Russia, die ganzen europäischen Völker eben. Die Karte endet mit einem üppig ausraffenden Kleid hinter Moskau im Norden und im Süden am Bosporus. Die Europa steht mit zwei Füßen fest auf der russischen Landmasse, während sie ihren Kopf in den Atlantik neigt. Sicher hat man sich 1534 etwas bei dieser Karte gedacht, als man die Füße Europas nicht auf das Wasser des Atlantiks gestellt hat.
Dieser Europa wird jetzt der Garaus gemacht. Die derzeitige Politik des Westens im Ukraine-Krieg zielt im Wesentlichen darauf, die ehemalige Mauer des Eisernen Vorhangs von 1989 rund 1500 Kilometer weiter östlich wieder aufzubauen. Europa wird damit zurück ins 20. Jahrhundert katapultiert, aber diesmal ohne Marshall-Plan, sondern mit einem Abo auf das „Zwei-Prozent-Ziel“ der NATO, also der Verpflichtung für alle EU-Staaten, dauerhaft zwei Prozent ihres Haushaltes für die NATO aufzubringen. Das kommt de facto der endgültigen Beerdigung einer unabhängigen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik gleich, die trotz jahrzehntelanger Vorsätze seit dem Maastrichter Vertrag von 1992 stets nur eine Seifenblase geblieben ist.
Um im Bild der Karte zu bleiben: Die Europa wird jetzt unterhalb ihres Bauchnabels, mitten im Leib, durchtrennt und wird gleichsam zu einem europäischen Rumpf gemacht. Vom Baltischen Meer bis zum Schwarzen Meer wird wieder eine harte Grenze zwischen zwei Blöcken zementiert, die doch seit 1989 überwunden geglaubt war. Diese von Russland und Asien abgetrennte europäische Halbinsel wird im Wettbewerb der Mächte keine Chance haben. Europa wird dann keine „zweite Welt“ zwischen „Chimerica“ werden, die der amerikanisch-pakistanische Autor Parag Khanna schon vor zehn Jahren als plausible europäische Option skizziert hat. Mit den USA als Ordnungsmacht kann Europa keine stabile politische Einheit werden und keinen konföderalen Frieden auf dem Kontinent finden. Und ohne die sibirischen Rohstoffe und den chinesischen Markt gibt es auch keinen dauerhaften Wohlstand für Europa. Es geht hier nicht um eine Dämonisierung der USA, sondern um europäische Emanzipation. (...)
Lange vorbereiteter amerikanischer Stellvertreterkrieg
Wir zeichnen in drei Kapiteln jeweils für die 1990er, 2000er und 2010er Jahre mit groben Strichen nach, wie und warum Europa in den letzten dreißig Jahren das, was es eigentlich werden wollte, aus den Augen verloren hat und die EU als politisches Projekt spätestens seit der Jahrtausendwende keine Chance mehr hatte.
Wir leiten aus amerikanischen Quellen her, dass der russisch-ukrainische Krieg ein lang vorbereiteter amerikanischer Stellvertreterkrieg ist, eine Apotheose jahrzehntelanger amerikanischer Geostrategie, deren eigentliches Ziel die Verfestigung der amerikanischen Dominanz in Europa ist. Europa soll von seinen wirtschaftlichen Adern im Osten abgeschnitten werden, jener Landmasse, auf der die Füße der Europa stehen. Es ist eine Politik der „restricted damage“, der kontrollierten, aber bewussten wirtschaftlichen Schädigung, die vor allem die Kappung des deutschen Handelsüberschusses, der im Osten erwirtschaftet wird, zum Ziel hat. Europa wird wirtschaftlich und strategisch von den USA gebraucht, soll sich aber in amerikanischen Augen eben nicht emanzipieren und dadurch möglicherweise zu einem Konkurrenten einer längst kränkelnden Weltmacht werden, die ihren eigenen Untergang fürchtet.
Die hier vorgetragene Analyse entspringt dem Wunsch nach einem geeinten Europa und einer kontinentalen Friedensordnung, die wir im Schlussteil dieses Buches einer näheren Betrachtung unterziehen werden. Wir wollen mit diesem Essay dazu beitragen, Europa aus der Verdrängung und Selbstablehnung des Eigenen herauszuholen: Es geht um die letzte Chance einer europäischen Emanzipation! (…)
Wer hat den Krieg begonnen?
Zu den häufigsten semantischen Setzungen seit Kriegsbeginn zählt die Rede vom „russischen Überfall“ oder dem „russischen Angriffskrieg“ auf die Ukraine. Keine Nachrichtensendung kommt bis dato ohne diese Formulierung aus. Damit wird insinuiert, dass sowohl die Ukraine als auch der Westen vom Krieg überrascht worden seien und ihn nicht haben kommen sehen, geschweige denn vorbereitet haben.
Eine genaue Analyse der Vielzahl an militärischen Aktivitäten, die Dutzende NATO-Staaten, aber insbesondere Großbritannien, die USA und Kanada, seit 2014 in der Ukraine entfaltet haben, zeigt indes deutlich, dass dem nicht so war. (…) Im Grunde genommen müsste die Frage, wer diesen Krieg wirklich begonnen hat, neu erforscht werden. Es geht eher um angelsächsische – nämlich amerikanische, britische und kanadische – Kriegsvorbereitungen gegen Russland, die zwar nicht in den Medien besprochen wurden, aber doch durch öffentliche Dokumente zugänglich waren und sind. (...)
Studiert man die westlichen Kriegsvorbereitungen im Detail, so wird deutlich, dass der Ukraine die Rolle zukam, stellvertretend für den Westen einen Krieg mit Russland zu beginnen, der dann militärisch und logistisch von NATO-Mitgliedstaaten unterstützt werden sollte, ohne die Allianz insgesamt direkt in den Krieg zu involvieren. Dieser Prozess sollte begleitet werden durch einen Wirtschaftskrieg (Sanktionen), Informationskriegsführung (antirussische Propaganda) und eine nukleare Einkreisung Russlands, die vor allem durch das Raketenschild in Rumänien und Polen sowie seegestützte Kräfte, insbesondere Zerstörer der Arleigh-Burke-Klasse, sichergestellt werden sollte. All diese Maßnahmen entsprachen dem Streben der USA nach „Full Spectrum Dominance“ und zielten darauf ab, die Russische Föderation auf mehreren Ebenen so weit zu schwächen, dass das Land sein Gleichgewicht verlieren und innere Konflikte zum Sturz der Regierung führen würden.
Westliche Manöver und Kriegsvorbereitungen im Jahr 2021
Eine Beschreibung der Aktivitäten im letzten Jahr vor Kriegsbeginn dürfte ausreichen, die obige These zu erhärten:
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Am 24. März 2021 verabschiedete die Ukraine eine Militärstrategie, die die Regierung dazu verpflichtet, alle notwendigen Maßnahmen – einschließlich militärischer – zur Wiedereingliederung der Krim sowie der Republiken Donbass und Lugansk zu ergreifen.
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Ebenfalls im März 2021 erklärte das britische Verteidigungsministerium, seine Aktivitäten im Schwarzen Meer verstärken zu wollen. Noch im gleichen Monat begann die Militärübung „Defender Europe 21“ an der 28 000 Soldaten aus 26 Ländern in unmittelbarer Nachbarschaft der Ukraine teilnahmen.
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Im April 2021 veröffentlichten die türkische und ukrainische Regierung eine gemeinsame Stellungnahme, in der die Türkei die Schritte zur Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine unterstützte.
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Im Mai und Juni 2021 kam es zu mehreren gemeinsamen Manövern zwischen der Ukraine und westlichen Ländern: Steadfast Defender 2021 mit 9000 Soldaten aus 20 NATO Ländern.
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Im Juni einigten sich ukrainische und britische Regierungsvertreter auch auf das „Naval Capabilities Enhancement Programme“, im Zuge dessen britische Kriegsschiffe an die Ukraine verkauft werden sollten.
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Ebenfalls im Juni fand im Rahmen des Manövers Defender Europe 21 die Übung „Noble Jump“ statt, an der im ukrainischen Nachbarland Rumänien 13 Nationen und 4000 Soldaten teilnahmen.
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Beim NATO-Gipfeltreffen im gleichen Monat in Brüssel erneuerten die NATO-Mitgliedstaaten ihr 2008 in Bukarest gegebenes Bekenntnis zu einer zukünftigen Mitgliedschaft der Ukraine.
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Vom 28. Juni bis 20. Juli 2021 fand die Militärübung „Sea Breeze“ unter amerikanisch-ukrainischer Führung im Schwarzen Meer statt. An dieser Übung nahmen 32 Schiffe, 40 Flugzeuge und Hubschrauber sowie 5000 Soldaten aus 24 Nationen teil.
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Vom 12. bis 19. Juli 2021 fand die Militärübung „Breeze 2021“ statt, an der 30 Schiffe und 2000 Soldaten teilnahmen.
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Am 7. Juli 2021 wies das Europäische Parlament in einem Beschluss darauf hin, dass die EU eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der von der NATO verfolgten Politik ausüben könnte.
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Ebenfalls im Juli 2021 fand die Übung „Three Swords“ mit 1200 ukrainischen, polnischen, litauischen und amerikanischen Soldaten statt. Außerdem fand im im gleichen Monat das ukrainisch-britische Manöver „Cossack Mace 2021“ statt, an dem neben 900 ukrainischen auch 500 Soldaten verschiedener NATO-Länder teilnahmen.
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Am 23. August 2021 nahm der stellvertretende Generalsekretär der NATO an der Auftaktveranstaltung der Krim-Plattform teil. Im gleichen Monat überflog eine Formation britischer Kampfjets die ukrainische Hauptstadt Kiew anlässlich der Feierlichkeiten zum 30. Jahrestages der Loslösung von der Sowjetunion.
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Im September 2021 fand das von der Ukraine und den USA organisierte Manöver „Rapid Trident 2021“ mit 4000 ukrainischen und 2000 ausländischen Soldaten statt, die neben den USA, Kanada, sechs EU-Staaten sowie Georgien, Moldau, die Türkei, Jordanien und Pakistan mit einschlossen.
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Im September wurde auch eine gemeinsame Erklärung zur US-amerikanisch-Ukrainischen strategischen Partnerschaft veröffentlicht.
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Im Oktober 2021 besuchte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin Kiew, um mit der Ukraine an der Umsetzung des Strategischen Verteidigungsabkommens zu arbeiten.
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Im Oktober fand zudem die britisch-ukrainische Übung Warrior Watchers statt, bei der die Verteidigung von Flugplätzen geübt wurde.
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Im Oktober berichteten Medien schließlich von einem internen Arbeitspapier des Europäischen Auswärtigen Dienstes, in dem erwogen wurde, ob nicht auch die EU eine eigenständige militärische Ausbildungsmission für die Ukraine einleiten könne.
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Im November 2021 unterzeichneten Großbritannien und die Ukraine ein Abkommen, im Zuge dessen die Ukraine 1,7 Milliarden britische Pfund für die Entwicklung seiner Marine erhält.
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Am 10. November kam es zur Unterzeichnung der „US-amerikanischen-ukrainischen Charta der strategischen Partnerschaft“. In dem Dokument heißt es, dass „die USA [...] nie die versuchte Annexion der Krim durch Russland akzeptieren [werden].“
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Ebenfalls am 10. November berichteten amerikanische Medien über einen Aufmarsch der russischen Armee entlang der ukrainischen Grenze. Parallel dazu kam es auch zu einem Aufmarsch ukrainischer Truppen entlang der Grenze zu den unabhängigen Republiken Donezk und Lugansk sowie an der Grenze zur Krim. Es entstand eine Übermacht ukrainischer Militäreinheiten an der Grenze zu den beiden Republiken. Russland interpretierte den ukrainischen Aufmarsch als Kriegsvorbereitung.
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Am 8. Dezember 2021 wurde in einem gemeinsamen Kommuniqué zwischen Großbritannien und der Ukraine noch einmal der Status der Ukraine als „NATO Enhanced Opportunities Partner“ unterstrichen.
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Am 14. Dezember verabschiedete das ukrainische Parlament das Gesetz „über die Zulassung bewaffneter Einheiten der Streitkräfte anderer Staaten auf dem Territorium der Ukraine im Jahr 2022“. Das Gesetz bezieht sich auf die für das Jahr 2022 geplanten Manöver Rapid Trident, Cossack Mace, Light Avalance, Silver Sabre, Sea Breeze, Riverine, Maple Arch und Viking und erlaubt die längere Präsenz ausländischer Truppen in der Ukraine.
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Um den 27. Januar 2022 herum scheiterte der diplomatische Briefwechsel zwischen Moskau und den USA. Die USA lehnten die russischen Kernforderungen wie den Verzicht auf die NATO-Osterweiterung, Rückbau der NATO-Präsenz gemäß NATO-Russland-Akte von 1997 sowie den Verzicht auf die Stationierung von Kurz- und Mittelstreckenraketen ab.
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Am 7. Februar 2022 erklärte der ukrainische Außenminister in einer Pressekonferenz mit der deutschen Außenministerin Baerbock, dass „es keinen direkten Dialog seiner Regierung mit den prorussischen Rebellen im Osten der Ukraine geben“ werde. Damit wurde öffentlich zugegeben, das Minsker Abkommen nicht umsetzen zu wollen.
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Am 14. Februar 2022 sagte der ukrainische Botschafter in Großbritannien, man erwäge anstelle einer sofortigen NATO-Mitgliedschaft auch zusätzliche bilaterale Abkommen mit den USA und Großbritannien.
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Ebenfalls am 14. Februar äußerte US-Präsident Joe Biden, dass er mit einem Angriff Russlands auf die Ukraine am 16. Februar rechne. Tatsächlich begann am 16. Februar 2022 ein immer stärkerer Beschuss der Republiken Donezk und Lugansk durch die Ukraine. Am 18. Februar war der Beschuss gegenüber dem 14. Februar bereits um das 34-Fache gestiegen. Für den Fall, dass die Ukraine selbst eine Offensive geplant hätte, wäre zu erwarten gewesen, dass diese ganz ähnlich begonnen hätte, nämlich mit massivem Artilleriebeschuss. In gewisser Weise könnte man deshalb ebenso den 16., 17. oder 18. Februar zum Tag des Kriegsbeginns erklären.
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Am 16. Februar kam es zu 591 Waffenstillstandsverletzungen und 316 Explosionen, was eine Verachtfachung gegenüber dem 14. Februar darstellte. Am 17. Februar kam es wiederum zu einer zu einer Verdoppelung des Beschusses, bei dem sich die Streitkräfte der Republiken Donezk und Lugansk deutlich in der Defensive befanden. Die OSZE registrierte 870 Waffenstillstandsverletzungen und 654 Explosionen. Am 18. Februar zeigte sich das gleiche Bild. Nun registrierte die OSZE bereits 1566 Waffenstillstandsverletzungen und 1413 Explosionen. Am Wochenende vom 19. und 20. Februar 2022 registrierte die OSZE sogar 3231 Waffenstillstandsverletzungen und 2026 Explosionen.
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Am 19. Februar 2022 erklärte der ukrainische Präsident Selenski auf der Münchner Sicherheitskonferenz, dass sein Land aus dem Budapester Memorandum aussteigen würde, sofern es keine festen Sicherheitsgarantien der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates, einschließlich Deutschlands und der Türkei gäbe. Damit kündigte der Präsident indirekt an, Atomwaffen erwerben zu wollen.
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Am 21. Februar 2022 erkannte Moskau die Unabhängigkeit der beiden unabhängigen Republiken Donezk und Lugansk an. Die OSZE registrierte an diesem Tag 1927 Waffenstillstandsverletzungen und 1481 Explosionen.
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Am 22. Februar 2022 kam es zu 1710 Waffenstillstandsverletzungen und 1420 Explosionen. Die Republiken Donezk und Lugansk konnten dem militärischen Druck von Seiten der Ukraine kaum noch standhalten und reichten eine Bitte um militärische Hilfe bei der russischen Regierung ein.
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Der Bericht über den 23. Februar spricht nur noch von einer stark verschlechterten Sicherheitslage.
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Am 24. Februar überschritten russische Truppen die Grenze zur Ukraine. (…)
Asymmetrische Abhängigkeit
Die letztendliche Ursache dafür, dass ein 1989 scheinbar geeintes, von zwei Weltkriegen zum Frieden bekehrtes Europa erneut an der Lunte des Krieges zündelt, liegt mithin in der unkritischen und nicht ausbalancierten transatlantischen Ausrichtung Europas begründet, die keine gleichberechtigte Partnerschaft ist, sondern eine asymmetrische Abhängigkeit bedeutet. Daran müsste sich etwas ändern, damit sowohl die europäische Einheit als auch eine friedliche Partnerschaft mit Russland auf dem Kontinent gesichert werden können. (...)
In Europa könnte – so wie sich die Dinge mit Blick auf die Ukraine entwickeln – durch eine Übersprunghandlung zum dritten Mal ein Weltkrieg beginnen. Das Zeitgeschehen ist darum ein gleich dreifacher Verrat an Europa, ein Kulturbruch sondergleichen mit 70 Jahren Aufbauarbeit an Europa und Zivilität!
Die einzige und unmittelbare Verantwortung, die sich daraus für Europa ergibt, ist, sich mit all seinem politischen Gewicht, flankiert von UNO und OSZE, für einen sofortigen Waffenstillstand auszusprechen und Friedensverhandlungen anzuberaumen. In diesen Friedensverhandlungen muss es nicht nur um einen Friedensschluss für die Ukraine gehen, sondern um eine europäische Grand Strategy, einen neuen, großen Entwurf für Europa im 21. Jahrhundert. Die USA sollten von diesen Verhandlungen eigentlich ausgeschlossen werden. Zwischen Europa und Russland müsste es möglich sein, sich auf eine neutrale Ukraine innerhalb einer föderalen Ordnung zu einigen, damit zu den Zielen des Minsker Abkommens (Minsk II) zurückzukehren und zugleich eine Sicherheitsordnung anzustreben, in der keiner sich bedroht fühlt. Dies würde genau der Idee einer kooperativen, föderalen Ordnung für den gesamten Kontinent entsprechen, wie sie 1989 nach dem Mauerfall angestrebt wurde.
Ulrike Guérot / Hauke Ritz, Endspiel Europa. Warum das politische Projekt Europa gescheitert ist und wie wir wieder davon träumen können, Westend, 208 Seiten, 20 Euro
Über die Autoren:
Ulrike Guérot, Jahrgang 1964, studierte Politikwissenschaft, Geschichte und Philosophie in Bonn, Münster und Paris. Als Autorin, Aktivistin und Professorin arbeitet sie vor allem zu den Themen Europa und Demokratie, mit Stationen in Denkfabriken und an Universitäten in Paris, Brüssel, London, Washington, Berlin und Wien. Seit 2021 ist sie Professorin für Europapolitik an der Rheinischen-Friedrich-Wilhelms Universität Bonn.
Hauke Ritz, Jahrgang 1975, studierte an der FU und HU Berlin. Nach seiner Dissertation im Fach Philosophie mit dem Schwerpunkt Geschichtsphilosophie beschäftigte er sich intensiv mit dem Ost-West-Konflikt, dessen Fortbestehen er seit 2008 im Zuge verschiedener Publikationen und seit 2014 durch regelmäßige Russlandreisen erforscht. Er hat an der Universität Gießen, der MSU und RGGU in Moskau sowie der Universität Belgorod unterrichtet und war zuletzt für den DAAD in Moskau tätig.
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