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Das Ende der Glaubwürdigkeit – Systemmedien sind nicht reformierbar

Unter dem Titel „Mega-Manipulation – Ideologische Konditionierung in der Fassadendemokratie“ ist im Frankfurter Westend-Verlag ein umfangreicher, 350-seitiger Sammelband erschienen, der sich kritisch mit Medienmanipulation und Propaganda, mit psychologischer Kriegsführung, Informationskrieg und der zunehmenden Zensur gegen die Zivilgesellschaft auseinandersetzt. Herausgeber Ullrich Mies hat zahlreiche, auch international renommierte Mitarbeiter gewinnen können, wie John Pilger, Chris Hedges, Daniele Ganser oder Caitlin Johnstone. Multipolar-Mitherausgeber Ulrich Teusch hat das folgende Vorwort beigesteuert.

ULRICH TEUSCH, 5. August 2020, 1 Kommentar

Kein Mensch arbeitet fehlerfrei. Daher leuchten die Entschuldigungen der Mainstream-Journalisten auch jedem ein: Auch wir, die Journalisten der Leit- und Qualitätsmedien, machen Fehler. Wir sind auch nur Menschen, mit allen Unzulänglichkeiten, die das Menschsein so mit sich bringt. Trotz redlichster Bemühungen sind wir nicht vollkommen. Wie überall, so findet sich auch in unseren Reihen zuweilen ein schwarzes Relotius-Schaf. Und gewiss, trotz aller Akribie und Sorgfalt unterlaufen uns Irrtümer. In der mörderischen Hektik unseres beruflichen Alltags kann schon mal etwas schiefgehen. Dafür solltet ihr, liebe Leser, Hörer und Zuschauer, Verständnis aufbringen. Wesentlich ist doch: Wenn wir tatsächlich falschgelegen haben, was nur sehr selten vorkommt, dann geben wir es zu. Wir korrigieren uns. Wir arbeiten dran. Wir werden jeden Tag ein bisschen besser. Unsere Selbst- und Qualitätskontrolle funktioniert. Wir sind nicht für uns oder andere da, sondern für euch, das Publikum. Wir haben stets die besten Absichten. Vertraut uns!

Dieses schmeichelhafte Selbstbild des Mainstream-Journalismus, sei’s in Deutschland oder anderswo, hat mit der trostlosen Wirklichkeit wenig zu tun. Wobei es letztlich keine große Rolle spielt, ob ein Medium privatwirtschaftlich oder staatlich verfasst ist, oder ob es in jener merkwürdigen, degenerierten Mischform daherkommt, die man hierzulande als „öffentlich-rechtlich“ bezeichnet.

Zugegeben, hier und da haben Medien, etwa im Zusammenhang mit der desaströsen Ukraine- und Russlandberichterstattung, Fehltritte eingeräumt. Man hat sich entschuldigt. Doch man tat es nur, wenn es gar nicht mehr anders ging. Wenn also das Berichtete nachweisbar sachlich falsch war, die Fehlinformation so eklatant, dass kein anderer Ausweg mehr blieb, so man denn das Gesicht wahren wollte.

Dabei sind sachliche Fehler noch das geringste Problem! Aber schon angesichts dieser eher einfach zu ergründenden Fälle — stimmt’s oder stimmt’s nicht? — stellen sich unangenehme Fragen: Warum handelt es sich immer um pro-westliche „Fehler“? Und warum nie um pro-russische? Oder pro-chinesische? Gemäß der Gauß’schen Normalverteilungskurve müsste man doch erwarten, dass von den „Fehlern“ mal die einen und mal die anderen profitieren. Es wäre wie im Fußball, wo sich die Fehlentscheidungen der Schiedsrichter – über die Saison betrachtet – irgendwie ausgleichen und es am Ende halbwegs gerecht zugeht.

Und dann die Entschuldigungen! Sie sind löblich, sicher. Aber ist es damit getan? Und alles in Ordnung? Selbstverständlich nicht. Sachliche Irrtümer können in der Tat jedem überall unterlaufen. Die eigentliche Misere liegt ganz woanders: in einer insgesamt tendenziösen, manipulativen Berichterstattung und Kommentierung, die unseren Medienschaffenden inzwischen zur zweiten Natur geworden ist, so selbstverständlich, dass sie ihnen kaum noch auffällt. Weshalb auch die viel gestellte Frage, warum Journalisten so und nicht anders handeln, letztlich belanglos ist. Tun sie es aus innerer Überzeugung? Oder wider besseres Wissen, also zynisch? Oder mit geballter Faust in der Tasche? Aus Karrierismus oder Opportunismus? Fragen dieser Art führen auf die falsche Spur. Denn das Problem lässt sich längst nicht mehr auf der individuellen Ebene lokalisieren. Es hat systemische Qualität angenommen.

Systemmedien - ein lebensfeindliches Milieu

Ob New York Times, Le Monde oder der Guardian, ob FAZ, Süddeutsche oder Die Welt, ob CNN oder BBC, ob ARD oder ZDF — sie alle unterdrücken absichtsvoll wichtige Nachrichten. Sie alle gewichten einseitig, pushen also die ihnen genehmen Informationen und halten die unangenehmen weit unten. Sie alle versehen Nachrichten mit einem Spin, liefern die Meinung, die man dazu haben soll, gleich mit. Sie alle messen mit zweierlei Maß, bedienen sich verbindlicher Sprachregelungen, konstruieren interessengeleitete Narrative, fahren Kampagnen, betreiben Propaganda. Und sie tun es alle auf die gleiche Weise. Es herrscht ein frappierender medialer Gleichklang. Statt vitaler Pluralität erleben wir eine stetig wachsende Homogenisierung des Mainstreams.

Bei alledem handelt es sich nicht um Fehler oder Unzulänglichkeiten. Es ist so gewollt. Es soll so sein. Die immer noch verbreitete Vorstellung, Medien berichteten „einfach so“, also interesselos, nach bestem Wissen und Gewissen, ist von bestürzender Naivität. Medien sind für die Herrschenden — auch in den sogenannten Demokratien — viel zu wichtig, als dass sie sich selbst überlassen werden könnten. Sie sind ins jeweils gegebene Macht- und Herrschaftssystem integriert. Im Zweifelsfall, wenn es ernst wird, wenn es darauf ankommt, dienen sie den etablierten Mächten, in deren Besitz oder unter deren Kontrolle sie sich befinden.

Es handelt sich um Systemmedien. Mit welcher Wucht die Besitz- und Kontrollstrukturen durchschlagen, hängt freilich von den jeweiligen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ab. In ruhigen, stabilen Zeiten zeigen sich auch die Herrschenden großzügig und liberal; da dürfen die Medien an der langen Leine laufen. So war es in den 1960er und 1970er Jahren, die Älteren erinnern sich bestimmt noch. In Krisen- und Kriegsperioden — wie gegenwärtig — sieht es ganz anders aus. Da wird der Zugriff hart und unerbittlich. Von „Vierter Gewalt“ kann dann keine Rede mehr sein. Auch nicht davon, dass Medien eine irgendwie umfassende Informationsgrundlage bereitstellten, die uns eine unabhängige Urteilsbildung ermöglichen würde. Oder dass sie einen offenen und ehrlichen gesellschaftlichen Diskurs organisierten. Stattdessen gießen sie fleißig Öl ins Feuer, im Innern und nach außen.

Mainstream-Medien agieren immer seltener als Wachhunde und immer öfter als Kampfhunde. Sie ergreifen einseitig Partei — auch insofern, als sie sich dem Dialog mit ihren Kritikern verweigern. Von den beispielsweise zahllosen, wohlbegründeten Programmbeschwerden Volker Bräutigams und Friedhelm Klinkhammers gegen das Gebaren von ARD-aktuell — verantwortlich für Tagesschau und Tagesthemen — fand bezeichnenderweise keine einzige die Anerkennung der Betroffenen. Sie wurden abgebügelt, ausnahmslos — und dies trotz erdrückender Beweislast. Trotzig beharrte man in der Hamburger Nachrichtenzentrale darauf, richtiggelegen zu haben, obwohl man nachweislich falschlag.

Die wenigen echten Journalisten, die in diesem lebensfeindlichen Milieu ausharren, die es anders machen oder anders machen wollen, kämpfen heute auf verlorenem Posten. Sie sind Auslaufmodelle, ihre Tage sind gezählt. Es haben sich weltweit mediale Machtstrukturen herausgebildet, die den Gedanken an „Medienreform“ illusorisch erscheinen lassen. Der Point of no return ist schon lange überschritten.

Aufgaben der Medienkritik

Medienkritik ist unverzichtbar. Aber sie braucht eine Zielgruppe, für die sich der ganze Aufwand lohnt. Nicht an die medialen Schleusenwärter und ihre Fußtruppen sollten sich Kritiker der herrschenden Zustände wenden, das wäre vergebliche Liebesmüh, sondern an die letztlich Betroffenen, an uns, die Rezipienten. Wir brauchen Unterstützung, wir benötigen medienkritische Kompetenz, uns gilt es aufzuklären.

Dass Medien Partei sind, haben inzwischen große Teile des Publikums gemerkt — und sie sind verstimmt. Sie artikulieren ihren Frust, zum Leidwesen der Macher. Gut so! Und weiter so! Aber es gibt nach wie vor viele Menschen, leider zu viele, die sich jeden Abend um 20 Uhr andächtig vor dem Fernseher versammeln in der irrigen Erwartung, umfassend und wahrheitsgemäß über das Tagesgeschehen informiert zu werden.

Auch diese Menschen gilt es zu erreichen. Skepsis, Misstrauen, Zweifel sind nur erste Schritte. Der zweite Schritt wäre, sich bei allem, was man in Nachrichtenmedien liest, sieht oder hört, einige Standardfragen zu stellen. Zum Beispiel: Wer will wem was damit sagen? Warum gibt man mir ausgerechnet diese Information? Was soll mir die Information mitteilen? Wer könnte ein Interesse daran haben, dass ich das weiß? Ist die Information überhaupt für mich, den Durchschnittsleser, -zuschauer, -hörer, bestimmt? Oder hat sie einen ganz anderen Adressaten? Und wer könnte das sein? Entspricht die Information den Tatsachen? Gibt es andre, zusätzliche Informationen, die man mir vorenthält? Und so weiter.

Medienkritik ist Machtkritik und damit Schwerstarbeit. Sie ist eine dringend notwendige Dienstleistung für ein Publikum, das sich nicht mit der täglichen Manipulations- und Propagandadosis abspeisen lassen will. In einer von Medien geprägten Welt kann es gar nicht genug Medienkritik geben — und gar nicht genug Medienkritiker.

Die wichtigste Lehre aus diesem Buch: Vertraut niemals nur einem einzigen Medium! Informiert euch kritisch-vergleichend, aus den verschiedensten Quellen, vor allem aus dem prosperierenden und von den etablierten Mächten bekämpften medialen Alternativsektor! Entwickelt eine skeptische Grundhaltung — immer und überall!

Die Autorinnen und Autoren dieses Sammelbandes zeigen, wie berechtigt diese skeptische Grundhaltung ist. Sie erweitern diese sogar noch, indem sie den Blick auf die Mega- Manipulation werfen. Diese vollzieht sich – nahezu unbemerkt – hinter dem Schleier des Mainstream. Sie weisen an zahlreichen Beispielen nach, wie Manipulation und Propaganda in den modernen Gesellschaften des „freien Westens“ funktionieren.

Ullrich Mies (Hg.), Mega-Manipulation. Ideologische Konditionierung in der Fassadendemokratie. Westend Verlag, Frankfurt am Main 2020, 350 Seiten, € 22.-

BERNHARD MÜNSTERMANN, 5. August 2020, 13:55 UHR

Die derzeitigen Schwierigkeiten macht aus, dass das hemmungslose Als-Ob auch anderswo den Ton angibt. Dass damit auch da die Glaubwürdigkeit verdampft ist, dass auch da die Reformierbarkeit in Zweifel gezogen werden darf. Kann man nicht aus gutem Grund auch von Systemparteien, von Systemgewerkschaften, von System-NGOs, von System-Kirchenhierarchie, von wenigstens in großen Teilen einem System-Kulturbetrieb sprechen?

Anselm Lenz und die Plattform Demokratischer Widerstand sprechen davon, eine Gewerkschaft für Deutschland zu gründen. Mir fiel in den letzten 20 Jahren auf, dass die IG Metall den Schmelzpunkt von Stahl vor fast 20 Jahren bei 9/11 nicht thematisierte, dass Ver.di zu den vielen Opfern bei diesem Terrorereignis nichts einfiel, die wie die Feuerwehrleute von New York doch im Bereich öffentlicher Dienst tätig waren und ums Leben kamen. 343 Opfer allein bei der Feuerwehr an 9/11. Die Kirchen halten sich zum Krieg gegen die muslimische Welt bedeckt wie zum Betrug bei der Begründung der beispiellosen Corona Maßnahmen. Sie halten wie gewohnt mit den Mächtigen und befördern deren Interessen. Kritische Minderheiten in Kirche, Gewerkschaft, Parteien, NGOs, im Kulturbetrieb gibt es immerhin durchaus doch. Auf die wird aber von allen Seiten kräftig eingeschlagen.

Zu den Zielen sollte es also in all diesen Bereichen gehören, die Loyalität z.B. auch im öffentlichen Dienst stellenweise mal in Frage zu stellen. Zumal wenn die Politik offensichtlich die verfassungsmäßige Ordnung als den Rahmen, der ihr Handeln in Staatsämtern wie der Exekutive insgesamt verbindlich eingrenzen soll, pflichtwidrig nicht mehr beachtet. In Berlin am 1.8.2020 war der Begriff Remonstrationsrecht zu hören. Das geht in die richtige Richtung als ein erster Schritt. Wer die gesellschaftlich tiefe Spaltung nicht weiter in Richtung bürgerkriegsähnlicher Unruhen eskalieren will, der soll hier nach wirkungsvollen Ansatzpunkten suchen. Die alternativen Medien immerhin konnten durch ihre Existenz sicherstellen, dass fast ohne zeitlichen Verzug der Betrug mit dem Viren-Hype entlarvt wurde. Das war vor 20 Jahren als Struktur und Informationsmöglichkeit so noch nicht so verfügbar und wirksam.

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