Corona-Hypnose – Krieg gegen das individuelle kritische Bewusstsein
THOMAS KÜLKEN, 23. Oktober 2020, 4 Kommentare, PDFVom gesunden sozialen Organismus
Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit – das sind die drei Ideale der Französischen Revolution. Diese drei Ideale sind auch heute noch Zukunftsideale. Aber das sind keine willkürlich aus der Luft gegriffenen Ideale; es sind Ideale, die für soziale Notwendigkeiten stehen. Wie der menschliche Organismus seine unentbehrlichen Lebensbedingungen hat, so hat sie auch der soziale Organismus. Und dieser ist in dem Maße gesund, wie diese Bedingungen erfüllt sind, und er ist in dem Maße krank, wie diese Bedingungen nicht berücksichtigt werden.
Im Geistesleben, also in Kultur, Bildung und vor allem in der Wissenschaft, müsste absoluteste Freiheit herrschen. Da dürfte es keinerlei Abhängigkeit geben von staatlichen oder wirtschaftlichen Interessen oder Kräften. Der soziale Organismus ist krank, wenn es Politiker sind, die darüber entscheiden, welche Wissenschaftler wir hören dürfen und welche nicht. Der soziale Organismus ist krank, solange die Forschung von der Wirtschaft finanziert wird, das heißt: solange die Forschung auf Profit ausgerichtet ist und nicht auf das Menschlich-Notwendige. Und der soziale Organismus ist krank, wenn Informationen frisiert werden, frisiert werden durch Medien, die finanziell vom Staat und von der Wirtschaft abhängig sind. So viel zur notwendigen Freiheit im Geistesleben.
Im Rechtsleben ist das Prinzip der Gleichheit das notwendige Lebensprinzip. Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich. Das ist der Bereich, auf den sich der Staat eigentlich zu beschränken hätte. Der Staat dürfte weder in die Erziehung und Wissenschaft hineinreden, noch dürfte er als Wirtschaftsmacht auftreten.
Ein gesundes Wirtschaftsleben schließlich gedeiht nur im Element der Brüderlichkeit oder Geschwisterlichkeit. Der größte Feind der Brüderlichkeit im Wirtschaften ist der Kapitalismus, der das Geld zur Ware gemacht hat, der wenigen Einzelnen die Herrschaft über die Produktionsmittel und über Grund und Boden gibt und der uns dazu zwingt, unsere Arbeitskraft für Geld zu verkaufen. Der heutige Arbeitsmarkt ist der Rest des alten Sklavenmarktes. Brüderlichkeit im Wirtschaftsleben heißt: der Einzelne arbeitet nicht für den eigenen Lebensunterhalt, nicht aus egoistischen Motiven, sondern aus altruistischen Motiven: er arbeitet schlicht und ergreifend für die Bedürfnisse seiner Mitmenschen.
Eines wird vielleicht deutlich: Der erste Schritt zur Heilung des Sozialen muss die Befreiung des Geisteslebens sein: die Befreiung der Forschung, die Befreiung der Bildung und die Befreiung der Information. Denn schon vor Jahren diagnostizierte der Journalist und Publizist Peter Scholl-Latour: „Wir leben in einem Zeitalter der Massenverblödung, besonders der medialen Massenverblödung.“
Ein erstes Hilfsmittel gegen diese Verblödung ist die Beschäftigung mit den besagten sozialen Grundforderungen, wie Rudolf Steiner sie unter anderem in den „Kernpunkten der sozialen Frage“ ausgeführt hat. Diese Beschäftigung kann unser Denken urteilsfähig machen – urteilsfähig für das Lebensfremde der Experten-Logik, urteilsfähig für die Absurdität der von Politikern über uns verhängten Maßnahmen und urteilsfähig für das Irreführende der medialen Berichterstattung.
Herabdämpfung des individuellen Bewusstseins
Zugleich aber müssen wir ein Haupthindernis für diese Urteilsfähigkeit ins Auge fassen! Darauf macht unter anderem Dietrich Bonhoeffer in seinen Gefängnis-Aufzeichnungen aufmerksam. Sinngemäß sagt er: Das Haupthindernis für die Ausbildung der Urteilsfähigkeit ist die Bereitschaft, sich durch Propaganda verdummen zu lassen. Was meint er mit diesem Sich-verdummen-lassen?
Die moderne Psychologie hat Experimente gemacht, gut geprüfte Experimente, welche zeigen, mit wie erschreckend einfachen Mitteln man unser Bewusstsein unselbständig machen kann und wehrlos gegenüber Lügen und Täuschungen. – Am Anfang eines solchen Experiments stellt der Versuchsleiter den Teilnehmern eine Behauptung vor, die unwahr ist – und er erklärt ihnen, warum sie falsch ist. Dann aber wird im weiteren Verlauf diese unwahre Behauptung ständig positiv wiederholt. Und es stellt sich heraus: je öfter die Unwahrheit wiederholt wird, umso mehr gewinnt sie bei den Teilnehmern an Glaubwürdigkeit. Und das noch Unglaublichere ist, dass das auch dann funktioniert, wenn die Versuchspersonen vorher über den Trick aufgeklärt werden.
Nun bewirkt diese Art der Manipulation aber noch etwas anderes als nur den Glauben an eine Lüge. Und das ist das eigentlich Verheerende an der Sache. Diese gebetsmühlenartige und wie selbstverständliche Wiederholung einer Lüge bewirkt nämlich eine Herabdämpfung unserer geistigen Verfassung, eine folgenschwere Herabdämpfung des Bewusstseins. Die Psychologen sprechen da von einer Art Hypnose – und nach den Beobachtungen Rudolf Steiners sind wir unter dieser Hypnose in demjenigen Bewusstseinszustand, in dem wir normalerweise nur dann sind, wenn wir im Schlaf träumen. Wir können ja, solange wir träumen, das Geträumte nicht überprüfen auf seinen Wahrheitsgehalt. Wenn ich zum Beispiel träume, dass ein längst verstorbener Freund noch lebt und mit mir am Tisch sitzt, dann staune ich zwar darüber, ich kann es aber nicht hinterfragen oder in Zweifel ziehen. Das kann ich erst, wenn ich wieder zu mir gekommen bin, das heißt: wenn ich wieder wach bin.
Und genau so sind wir nicht in der Lage, die durch systematische Propaganda eingeflößten Vorstellungen anzuzweifeln; wir können sie nicht, und zwar absolut nicht hinterfragen! Egal, welche Lüge uns auf diese Weise eingeimpft wird; das eigentlich Perfide an der Sache ist diese Art der Manipulation, die unser Bewusstsein bis zur Dumpfheit des Traumbewusstseins herabdämpft, so dass wir unzugänglich werden für jeden Zweifel – und wehrlos gegenüber allen weiteren Lügen. Was da eingeschläfert wird, das ist unser individuelles Bewusstsein. Unser zur Kritik und vor allem zur Selbstkritik fähiges Bewusstsein wird außer Kraft gesetzt – und zwar nachhaltig außer Kraft gesetzt!
Das ist ein ganz erbärmlicher Zustand – und von daher das abwegige Verhalten, das die Betreffenden zeigen. Sehr anschaulich charakterisiert Dietrich Bonhoeffer die ganze Tragik dieses Verhaltens. Er selber benutzt für diesen hypnotischen, für diesen traumartigen Bewusstseinszustand das Wort „Dummheit“. Damit will er sich aber nicht erheben über diese Menschen. Und das will auch ich nicht; denn: wer sich gänzlich frei von dieser Form der Dummheit wähnt, der werfe den ersten Stein… Es geht nicht um Verurteilung oder Menschenverachtung. Es geht um Verständnis – und damit auch um ein Verständnis dafür, warum die Befreiung von dem Corona-Wahnsinn ein Marathon ist und kein Sprint. Bonhoeffer schreibt:
„Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als die Bosheit. Gegen das Böse lässt sich protestieren, es lässt sich bloßstellen, es lässt sich notfalls mit Gewalt verhindern, das Böse trägt immer den Keim der Selbstzersetzung in sich. … Gegen die Dummheit sind wir wehrlos. Weder mit Protesten noch mit Gewalt lässt sich hier etwas ausrichten; Gründe verfangen nicht; Tatsachen, die dem eigenen Vorurteil widersprechen, brauchen einfach nicht geglaubt zu werden – in solchen Fällen wird der Dumme sogar kritisch –, und wenn sie [die Gründe] unausweichlich sind, können sie einfach als nichtssagende Einzelfälle beiseitegeschoben werden. Dabei ist der Dumme, im Unterschied zum Bösen, restlos mit sich selbst zufrieden; ja, er wird sogar gefährlich, indem er leicht gereizt zum Angriff übergeht. Daher ist dem Dummen gegenüber mehr Vorsicht geboten als gegenüber dem Bösen. Niemals werden wir mehr versuchen, den Dummen durch Gründe zu überzeugen; es ist sinnlos und gefährlich.“
Und jetzt geht Bonhoeffer auf das Wesen dieser Dummheit näher ein. Beziehen wir das auf heute, dann müssen wir sagen: Corona ist kein Intelligenztest! Corona ist ein vorläufiger Höhepunkt im Krieg gegen das individuelle selbstkritische Bewusstsein. Dazu Bonhoeffer:
„Es gibt intellektuell außerordentlich bewegliche Menschen, die dumm sind, und intellektuell sehr Schwerfällige, die alles andere als dumm sind. […] Dabei gewinnt man weniger den Eindruck, dass die Dummheit ein angeborener Defekt ist, als dass unter bestimmten Umständen die Menschen dumm gemacht werden, bzw. sich dumm machen lassen. […] Bei genauerem Zusehen zeigt sich, dass jede starke äußere Machtentfaltung, sei sie politischer oder religiöser Art, einen großen Teil der Menschen mit Dummheit schlägt. Ja, es hat den Anschein, als sei das gerade ein soziologisch-psychologisches Gesetz. Die Macht der einen braucht die Dummheit der anderen. Der Vorgang ist […], dass unter dem überwältigenden Eindruck der Machtentfaltung dem Menschen seine innere Selbständigkeit geraubt wird und dass dieser nun – mehr oder weniger unbewusst – darauf verzichtet, zu den sich ergebenden Lebenslagen ein eigenes Verhalten zu finden.“
Das Stockholm-Syndrom
Was da, wie Bonhoeffer sagt, „unter dem überwältigenden Eindruck der Machtentfaltung“ mit den Menschen geschehen kann, das ist seit 1973 bekannt unter der Bezeichnung „Stockholm-Syndrom“. Damals befanden sich vier Geiseln mehrere Tage in der Hand von Bankräubern. Mit diesem massiven Trauma und vernichtenden Ohnmachtserlebnis kamen die Gefangenen instinktiv dadurch zu recht, dass sie eine unwillkürliche Sympathie entwickelten für ihre Peiniger und mit ihnen zusammen gegen die Polizei kooperierten.
Entsprechend gehe ich davon aus, dass im März 2020 die abrupt erwirkte, bodenlos-verbrecherische Total-Entmündigung bei den allermeisten Menschen ein massiv traumatisierendes Ohnmachtserleben ausgelöst hat; dass viele sich unbewusst in die Empathie mit ihren Unterdrückern geflüchtet haben, sich nun vor deren Kritikern fürchten und gegen sie agieren.
Die totalitäre Machtpolitik der Regierung wird uns von Drosten und Wieler als Wissenschaft verkauft. Und wie reagiert die breite Masse der Bevölkerung? Ihr Vertrauen in diese „Wissenschaft“ wächst und wächst und wächst. … Und Bonhoeffer weiter:
„Dass der Dumme oft bockig ist, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass er nicht selbständig ist. Man spürt es geradezu im Gespräch mit ihm, dass man es gar nicht mit ihm selbst, mit ihm persönlich, sondern mit über ihn mächtig gewordenen Schlagworten, Parolen etc. zu tun hat. Er ist in einem Banne, er ist verblendet, er ist [und das ist die wohl erschütterndste Aussage Bonhoeffers: er ist] in seinem eigenen Wesen missbraucht, misshandelt. So zum willenlosen Instrument geworden, wird der Dumme auch zu allem Bösen fähig sein und zugleich unfähig, dies als Böses zu erkennen. Hier liegt die Gefahr eines diabolischen Missbrauchs. Dadurch werden Menschen für immer zugrunde gerichtet werden können.“
Und Bonhoeffer folgert daraus,
„dass nicht ein Akt der Belehrung, sondern allein ein Akt der Befreiung die Dummheit überwinden könnte. Dabei wird man sich damit abfinden müssen, dass eine echte innere Befreiung in den allermeisten Fällen erst möglich wird, nachdem die äußere Befreiung vorangegangen ist; bis dahin werden wir auf alle Versuche, den Dummen zu überzeugen, verzichten müssen.“
In Puncto Corona-Hypnose schätze ich den Anteil solcher Menschen an der Bevölkerung auf etwa 40% – und den Anteil der „nur“ Uninformierten auf etwa 50%. Deshalb muss ich bei jedem Versuch, einen Menschen mit Informationen zu versorgen, zuallererst abspüren, ob sein individuelles selbstkritisches Bewusstsein überhaupt ansprechbar ist oder nicht.
Die modernen Psychologen sagen, dass uns die besagte Art der Propaganda automatisch und unbewusst unter Hypnose versetzt, so dass wir uns gar nicht dagegen wehren könnten. Und doch: wir müssen uns dagegen wehren! Und unser einziges Mittel gegen diese Hypnose ist unsere kompromisslose Liebe zur Wahrheit. Und ich glaube: es gibt mehr Menschen, als es scheint, die trotz aller Propaganda noch erreichbar sind für die Wahrheit.
Die Liebe zur Wahrheit
Unsere Liebe zur Wahrheit taugt aber nur dann etwas, wenn sie eine absolut selbstlose Liebe ist. Dazu schreibt Matthias Claudius: „Nimm dich der Wahrheit an, wenn Du kannst, und lass Dich gerne ihretwegen hassen; doch wisse, dass Deine Sache nicht die Sache der Wahrheit ist, und hüte, dass sie nicht ineinander fließen, sonst hast Du deinen Lohn dahin.“
Wohin diese Vermischung des Eigenen mit der Wahrheit führt, das verdeutlicht der englische Dichter Coleridge an einem eindrücklichen Beispiel. Er sagt: „Wer das Christentum mehr liebt als die Wahrheit, der wird bald sehen, dass er seine christliche Sekte mehr liebt als das Christentum, und er wird sehen, dass er sich mehr liebt als seine Sekte.“ Das heißt: Wer, egal was, über die Wahrheit stellt, der verfolgt dabei letztlich immer egoistische Motive.
Der Corona-Betrug steht und fällt ja damit, dass wenige Täter, die ihre Macht mehr lieben als die Wahrheit, ihre Opfer dazu gebracht haben, dass sie ihre Unterdrücker und deren Zwangsvorstellungen mehr lieben als den eigenen Verstand und die Wahrheit.
Kein Mensch kann das riesenhafte Unglück ermessen, das mit diesem beispiellosen Betrug über die Menschheit gekommen ist. Und doch – ein Sprichwort sagt: „In jedem Unglück liegt ein Glück.“ Dieses Glück dürfen wir – vor lauter berechtigter und absolut notwendiger Empörung – nicht verpassen. Denn: wo ein solch monströser Schatten die ganze Menschheit zu verdummen droht, da muss auch ein mächtiges Licht sein!
Der Schatten will uns kollektiv, wie Schafe, in eine rundum-überwachende Fürsorge-Diktatur treiben; in eine Diktatur, die angewiesen ist auf die Abwesenheit unseres individuellen Bewusstseins. Das Licht dagegen bricht sich im einzelnen Menschen Bahn – und nur im einzelnen Menschen. Es bricht sich überall da Bahn, wo der Einzelne am Widerstand dieses Schattens aufwacht, zu sich kommt und selbst die Verantwortung für sein Menschwerden und Gesundwerden übernimmt. Dieses Licht kündigt sich an in dem Satz: „Ihr werdet die Wahrheit erkennen; und die Wahrheit wird euch zur Freiheit führen.“ (Joh. 8:32)
Und das hieß für Martin Luther King: „Fürchte dich nie, nie, niemals davor, das zu tun, was richtig ist, speziell dann, wenn das Wohl eines Menschen oder eines Tieres auf dem Spiel steht. Die Strafe der Gesellschaft ist nichts – verglichen mit den Wunden, die wir unserer Seele zufügen, wenn wir wegschauen.“
Die Maske
Schauen wir hin! Zum Beispiel auf die uns aufgezwungene Maske! Diese Maske ist ja das Symbol der Solidarität – der Solidarität der Opfer mit den Tätern! Der Anblick maskierter Menschen machte und macht mir persönlich mehr Not noch als das eigene Tragen dieses Undings. Und es fiel mir lange nichts Besseres ein, als wegzuschauen: Mir war klar, dass das nicht genügt; und mich bedrängte die Frage, ob ich auch hier eine Wahrheit erkennen könnte, die mich zur Freiheit führt. Das hat zunächst mich veranlasst, mich mit dem Rätsel des menschlichen Antlitzes zu beschäftigen.
Das Gesicht eines jeden Menschen ist einmalig. Ein mir bekanntes Gesicht erkenne ich unter Milliarden von Gesichtern mit absoluter Sicherheit heraus. Denn das Gesicht ist der stärkste äußere Ausdruck der Individualität eines Menschen. Von einem neu gewählten Bürgermeister zum Beispiel wird man ja in der Zeitung nicht seine Knie oder seinen Rücken abbilden, sondern eben sein Gesicht. … Ersetzt man aber einen wesentlichen Teil des Gesichtes durch diese kotzbeutelförmige Uniform, dann ist der Gesamteindruck des Gesichts entstellt und das Individuelle nicht mehr erkennbar. Das Individuelle wird momentan also nicht nur im Bewusstsein des Menschen ausgelöscht, sondern dazu noch in seiner äußeren Erscheinung!
So einmalig jedes Antlitz auch ist – wir finden in jedem Gesicht drei Haupt-Bereiche: die Stirn, die Augen und den Mund. Und Rudolf Steiner hat auf das Ausdrucks-Potenzial dieser drei Teile des menschlichen Antlitzes aufmerksam gemacht.
Die Stirn des Menschen kann zum Ausdruck des Staunens werden. Schon die alten Griechen haben betont, dass die Erkenntnis einer Sache nur dann fruchtbar werden kann, wenn wir zuvor über diese Sache intensiv gestaunt haben. Heute ist das Staunen ja zum Zwecke der Massenverblödung schon lange aufgegeben worden und wird den Kindern mit Fleiß abtrainiert.
Und dann die Augen. Der Blick des Menschen kann immer mehr ein Ausdruck werden für die liebevolle Teilnahme, für das Mitfühlen mit allen Wesen. Schauen wir uns aber die Augen der maskierten Gesichter an: wir können ihren Blick nicht mehr deuten; sie scheinen zu stieren, zu starren; durch den Maulkorb bekommt der Blick etwas Tierisch-Angstvolles.
Und schließlich der maskierte Bereich: der von Ober- und Unterkiefer umschlossene Mund. Dieser Bereich kann immer mehr ein Ausdruck werden für Wahrhaftigkeit und Gewissenhaftigkeit. Und ausgerechnet dieser Bereich des Gesichts, wo wir etwas abfangen können davon, wie der vor uns stehende Mensch es mit der Wahrheit hält, wie der zu uns sprechende Mensch es mit der Wahrheit hält, dieser Bereich wird durch den Maulkorb kaschiert – und für unsere Wahrnehmung wird der Mensch zu so etwas wie einem missglückten Tier.
Wenn Goethe sagt, „dass eigentlich nur in der Teilnahme das wahre Glück besteht“, dann fasst er damit das Höchste zusammen, wozu das individuelle Bewusstsein sich aufschwingen kann: die liebevolle Teilnahme an allen Wesen – und vor allem an den Mitmenschen.
Und ich stelle fest: Der Anblick eines maskierten Menschen kränkt meinen Willen zur Anteilnahme; er beschämt meine Bereitschaft zur Anteilnahme! So, wie der Anblick eines Exhibitionisten unsere Gefühle kränkt und beschämt, so kränkt und beschämt uns in der entgegengesetzten Gefühls-Richtung der Anblick eines maskierten Menschen. Wie kann ich mit dieser Kränkung fertig werden, ohne den Blick abzuwenden? Nur dadurch, dass ich schöpferisch würde. Ich müsste mir eine Wahrheit produzieren, die noch nicht da ist, und die dennoch wahr und befreiend ist. Und da kam mir die folgende Idee. Und diese Idee stelle ich hier nur als einen Vorschlag hin; denn jeder kann natürlich auch auf andere Ideen kommen.
Wenn ich einen maskierten Menschen sehe (oder mich später wieder an ihn erinnere), dann realisiere ich zunächst den stereotyp-verblödeten Eindruck, den er auf mich macht. Dann aber kommt die Gegenbewegung. Ich stelle mir Flammen vor, die aus seinem Mund hervorbrechen, Flammen wie Worte, Worte wie Flammen – etwa die Worte „Ich bin Ich“. Und unter diesen Worten geht die Maske restlos in Flammen auf – und ein befreiter Mensch lächelt mir zu.
Anmerkung: Dieser Beitrag ist das Manuskript einer Rede, die der Autor am 16. Oktober auf einer Querdenken-Demonstration in Sinsheim hielt (Videomitschnitt). Der Text erschien zunächst auf dem Blog Fassadenkratzer. Wir danken Herrn Külken für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung.
Über den Autor: Dr. med. Thomas Külken, Jahrgang 1953, hörte Rechtswissenschaft und Philosophie an der Universität Münster, studierte an den Universitäten Marburg und Göttingen Medizin und promovierte 1984 mit einer Arbeit über "Fieberkonzepte in der Geschichte der Medizin". Nach klinischen Tätigkeiten seit 1987 Allgemeinarzt, seit 2006 in Staufen im Breisgau. Seminaristische Bemühungen auf medizinischem, pädagogischem, physikalischem und allgemein menschlichem Feld. Weitere Informationen finden sich auf der Webseite des Autors.
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