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Big Pictures

„Big Pictures“ sind weltumspannende Bestandsaufnahmen oder Szenarien für globale Systeme. Big Pictures folgen der Ahnung, dass alles mit allem zusammenhängt, aber ein Individuum niemals das Ganze überschaut. Big Pictures simulieren eine Vorstellung vom Ganzen. Meist sind sie mit einer Art Risikoanalyse verbunden. Wohin steuert die Welt oder wie kann man sie in welche Richtung steuern?

WALTER VAN ROSSUM, 6. Februar 2021, 3 Kommentare

Vorbemerkung der Redaktion: Der folgende Text ist ein Auszug aus dem Buch „Meine Pandemie mit Professor Drosten. Vom Tod der Aufklärung unter Laborbedingungen“, das am 29. Januar erschienen ist.

Die Daten für solche großen Bilder stammen aus verschiedenen Quellen. (…) Nehmen wir The Global Preparedness Monitoring Board (GPMB). Die Selbstbeschreibung klingt wie die einer Lobbygruppe für Infektionswachtürme:

„Das Mandat des GPMB besteht darin, auf wichtige politische Entscheidungsträger und auf die Welt des systemweiten Fortschritts (world of system-wide progress) Einfluss zu nehmen für eine bessere Vorbereitung und Reaktionsfähigkeit bei Krankheitsausbrüchen und anderen medizinischen Notfällen.“

Das GPMB wurde 2018 von der WHO und der Weltbank gegründet. Vorsitzende sind Dr. Gro Harlem Brundtland, ehemalige Ministerpräsidentin von Norwegen und Ex-Präsidentin der WHO, sowie Elhadj As Sy, ehemaliger Präsident der International Federation of Red Cross and Red Crescent. Des Weiteren gehören dem Vorstand eine international besetzte Galerie illustrer Namen aus Politik und Epidemiologie an, etwa Chris Elias, einer der Direktoren der Bill & Melinda Gates Foundation, oder Anthony Fauci, seit Jahrzehnten oberster Seuchenberater amerikanischer Präsidenten von Reagan bis Trump.

Das GPMB veröffentlicht jährlich einen Bericht über den Stand der Dinge. Der 2019 erschienene hatte den Titel „A World at Risk“ und war eine Warnung, dass die Welt nicht vorbereitet sei auf drohendes Unheil. Darin wurde „vor der sehr realen Bedrohung einer sich schnell ausbreitenden tödlichen Pandemie aufgrund eines Erregers der Atemwege“ gewarnt. Der neueste Bericht von 2020 erntet die Früchte von „A World at Risk“ und heißt „A World in Disorder“:

„Unser diesjähriger Bericht hebt verantwortungsvolle Führung und Bürgersinn sowie die Angemessenheit der Systeme und Ressourcen als Schlüsselfaktoren für den Erfolg hervor. Er legt besonderen Nachdruck auf den Faktor, der diese vier Elemente zu einem wirksamen Ganzen verbindet: die Prinzipien und Werte der Regierungsführung („governance“), die sicherstellen, dass die richtigen Entscheidungen, Beschlüsse und Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt getroffen werden. Sie weisen darauf hin, dass niemand sicher ist, solange nicht alle sicher sind, und fordert ein erneutes Engagement für den Multilateralismus und für die WHO und das multilaterale System.“

Global Governance

Es geht also weniger darum, sich medizinisch auf eine Pandemie vorzubereiten, sondern eine neue Struktur globalen politischen Handelns einzurichten – kurz, es geht um Governance im Inneren und um Global Governance, um globale Führung im Ausnahmezustand. Was die UN in 75 Jahren nicht einmal in Ansätzen geschafft hat, soll im Zeichen einer globalen Bedrohung durch eine Pandemie gut vorbereitet aus den Kulissen treten: eine handlungsfähige Weltregierung, ausgestattet mit allen exekutiven Rechten. Wer ein paar Seiten dieser Überlegungen zum Wirken einer künftigen pandemischen Weltregierung gelesen hat, wird sich wahrscheinlich weniger vor einer Pandemie fürchten als vielmehr vor dieser Politik des Infektionsschutzes.

Natürlich drücken sich die Autoren des GPMB-Berichts diplomatisch aus, verbrämen freundlich, wie krank so eine globale Gesundheitsdiktatur zwangsläufig sein wird, aber angesichts des Grauens kommender menschheitsfressender Pandemien bleibt der Ausnahmezustand die einzige Wahl für die, die überleben wollen.

Ist es ein Zufall, dass auch der in Oxford lehrende schwedische Philosoph Nick Bostrom, der gerne als neuer Meisterdenker gehandelt wird, seine Leser auf kommende finale Katastrophen einstimmt – und auf die Maßnahmen, mit denen sie verhindert werden könnten? Die verwundbare Welt. Eine Hypothese erschien 2018 als Thesenpapier des Future of Humanity Institute (1) in Oxford. Bostrom ist Direktor dieses Instituts sowie auch des Programme on the Impact of Future Technology. Wikipedia beschreibt das Arbeitsgebiet des Future of Humanity Institute folgendermaßen:

„Das größte Thema, mit dem sich FHI beschäftigt hat, ist das globale Katastrophenrisiko, insbesondere das existenzielle Risiko. In einem Papier aus dem Jahr 2002 definierte Bostrom ein 'existenzielles Risiko' als eines, 'bei dem ein negativer Ausgang entweder das auf der Erde entstehende intelligente Leben auslöschen oder sein Potenzial dauerhaft und drastisch einschränken würde.' (...) Das 2008 von Bostrom und Milan Ćirković verffentlichte Buch 'Global Catastrophic Risks' sammelt Essays über eine Vielzahl solcher Risiken, sowohl natürlicher als auch anthropogener Art. Zu den möglichen Naturkatastrophenrisiken gehören Supervulkanismus, Ein- schlagsereignisse und energetische astronomische Ereignisse wie Gammastrahlenausbrüche, kosmische Strahlung, Sonneneruptionen und Supernovae. Diese Gefahren werden als relativ klein und relativ gut verstanden charakterisiert, obwohl Pandemien aufgrund ihrer Häufigkeit und der Verzahnung mit technologischen Trends Ausnahmen darstellen können. Synthetische Pandemien durch waffenfähige biologische Kampfstoffe werden vom FHI stärker beachtet. Zu den technologischen Ergebnissen, an denen das Institut besonders interessiert ist, gehören der anthropogene Klimawandel, nukleare Kriegsführung und nuklearer Terrorismus, molekulare Nanotechnologie und künstliche allgemeine Intelligenz.“

Damit nicht genug, das FHI zerbricht sich auch den Kopf über Auswege, insbesondere über Chancen und Risiken des „Human Enhancement“:

„Die fraglichen Änderungen können biologisch, digital oder soziologisch sein, und ein Schwerpunkt liegt auf den radikalsten hypothetischen Änderungen und nicht auf den wahrscheinlichsten kurzfristigen Innovationen. Die bioethische Forschung des FHI konzentriert sich auf die möglichen Folgen von Gentherapie, Lebensverlängerung, Gehirnimplantaten und Gehirn-Computer-Schnittstellen sowie das Hochladen von Gedanken.“

Die verwundbare Welt von Nick Bostrom spielt die Hypothese durch, dass irgendwann oder bald der technologische Fortschritt eine Reihe von Möglichkeiten hervorbringt, die Zivilisation zu zerstören oder fast vollständig auszulöschen. Dabei fallen ihm Atombomben ein, die man mit ein paar Kenntnissen und relativ leicht erhältlichen Bauteilen in der eigenen Garage bauen kann. Vielleicht nicht mit einer, aber mit ein paar Dutzend dieser Bomben könnte ein Spinner oder ein wütender Rächer sich und die Menschheit an ihr Ende bomben. Es könnte auch sein, dass eine der Atommächte glaubt, sie verfüge jetzt über das Wissen, einen Erstschlag durchzuführen, ohne den Zweitschlag auszulösen. In diesen beiden Fällen ginge es also um neue Vernichtungstechniken in den Händen von Menschen.

In einem anderen Szenario stellt sich Bostrom vor, der Prozess der Erderwärmung würde sich enorm beschleunigen und könnte nur noch aufgehalten werden, wenn restlos alles unterbliebe, was dazu beiträgt. Für Bostrom gibt es nur zwei mögliche Antworten auf solche Bedrohungen: einerseits eine ungeheure Verstärkung präventiver Polizeiarbeit, deren Praxis einer totalen Überwachung aller Menschen gleichkäme, und zweitens eine Global Governance, „um die gravierendsten internationalen Koordinationsprobleme zuverlässig auch dann zu lösen, wenn lebenswichtige nationale Interessen der Staaten jeweils gegen eine Zusammenarbeit sprechen“. (2)

Zugespitzte Alternativlosigkeit

Damit sie wirklich schlagkräftig würden, müssten die beiden Formen der Reaktion natürlich Hand in Hand gehen. Bostrom übersieht dabei keineswegs, dass seine Rettungsphantasien unausweichlich in einer Art globalen Totalitarismus enden müssen. Und es sieht auch nicht danach aus, als ob es sich um ein hypothetisches Gedankenspiel handelt, das uns mit der Frage konfrontiert, was wir bevorzugen. Er meint es vollkommen ernst. Alternativlos.

Man kann sich natürlich fragen, ob Bostrom mit solchen Überlegungen hofft, der Langeweile eines britischen Intelligenzlagers zu entkommen, oder ob es sich um eine Blaupause für den globalen Katastrophenschutz handelt. Ich möchte hier gar nicht die Schwächen dieser Überlegungen diskutieren. Mich interessiert allein die Haltung dieses Denkens, das offenbar nur noch Halt in einer radikal zugespitzten Alternativlosigkeit findet. Vielleicht etwas weniger radikal oder zumindest weicher formuliert, findet sich diese Haltung in den Plänen oder Szenarien unserer Pandemieschützer. Anders als in Bostroms konstruierten Albträumen stünde nicht alles auf dem Spiel, sondern schlimmstenfalls viele von allen.

Der Ausweg aus dem Dilemma wäre ziemlich einfach: Wir leben längst mit einer Vielzahl von Bedrohungen. Manche nehmen wir nicht einmal wahr. Manche kosten viele Menschenleben. Viele könnten wir abwenden, aber es fällt uns nicht viel ein. Ohne Anlass und aus guten Gründen denke ich nicht darüber nach, ob mich jemand vergiften will. Beispiele dieser Art ließen sich zahllose aufführen. Am Ende bliebe nur der hysterische Stupor.

Wir überleben schwere Influenzazeiten, ohne sie überhaupt wahrgenommen zu haben. Die dröhnenden Beschwörungen einer pandemischen Bedrohung produzieren hingegen kollektive ängstliche Erregung. Der Horizont unserer Möglichkeiten verengt sich auf eine einzige Perspektive: das Virus oder ich. Die Mittel spielen keine Rolle mehr. Risikoabwägung entfällt im Tumult des unmittelbar Drohenden. Das einzig sichere Mittel gegen die Bedrohung, vergiftet zu werden, besteht darin, nichts mehr zu mir zu nehmen. Wie in Bostroms Hypothese die schiere Möglichkeit eines Superselbstmordattentäters uns unausweichlich zwingt, Zuflucht bei der totalen Kontrolle über alle und alles zu suchen. Die Frage ist nur, ob wir uns in den Raum dieser Hypothese begeben. Im Moment noch würde man uns wahrscheinlich irgendeine Anomalie bescheinigen. Aber was, wenn diese Bedrohung immer realer zu werden scheint und bereits Phantombilder des bösen Irren kursieren?

„Niemand ist sicher, wenn nicht alle sicher sind“

Die Szenarien der Pandemiewächter landen früher oder später immer im Bostromschen Dilemma, wo man alles verlieren kann, um ein bisschen Überleben zu gewinnen. Wenn man die Bedrohung nur so groß wie unausweichlich macht, dann ist schnell der Punkt überschritten, an dem man angesichts einer realen Gefahr Chancen und Risiken abwägt. Traumatisiert ergibt man sich den Anweisungen der Experten und der Ordnungskräfte. Ich habe schon ein paar Beispiele für maßlose und phantastische Horrorszenarien über die möglichen Opfer der Corona-Pandemie genannt. Man kann genau nachweisen, wie der Schrecken vorsätzlich inszeniert wird. Das gehört einfach zum Werkzeug des Katastrophenschutzes: den Menschen Angst machen, um sie besser retten zu können.

Das Papier des Deutschen Innenministeriums ist da wahrscheinlich noch ein harmloses Beispiel. Aber es ist exemplarisch für das, was die Autoren des GPMB in ihrem grauenvollen Jahresbericht „A World in Disorder“ leidenschaftlich ausmalen: „Niemand ist sicher, wenn nicht alle sicher sind.“ Wenn einer nicht mitmacht, dann gehen alle unter. Wer die Bürger retten will, muss Krieg gegen sie führen. Tertium non datur. Oder in den Worten von Professor Wieler: „Das darf nie hinterfragt werden.“ Keine Diskussionen. Und das sicherste Mittel besteht darin, dass die Bürger einander überwachen.

Dafür bedarf es einer Infrastruktur. „A World at Risk“ hat es klar vorhergesagt: „Wir warnten vor der sehr realen Bedrohung einer sich schnell ausbreitenden Pandemie aufgrund eines tödlichen Erregers der Atemwege.“ Und man warnte davor, dass die Welt auf diese Bedrohung in keiner Weise vorbereitet sei. Und schon kam sie: die „sich schnell ausbreitende Pandemie aufgrund eines tödlichen Erregers der Atemwege“ – und bestätigte die schlimmsten Befürchtungen: Lastwagen mit Särgen in Norditalien, Massengräber in New York – der globale Notstand. (…)

Event 201

Der deutsche Wirtschaftsjournalist Norbert Häring hat mehrfach auf die Ambitionen des World Economic Forum (WEF) aufmerksam gemacht, die Rolle der UNO zu übernehmen und sich als eine Art Global Governance zu installieren. Wir kommen darauf zurück. Die Aktivitäten des WEF beschränken sich keineswegs auf die jährlichen Treffen in Davos. Das World Economic Forum ist ein ständig aktives globales Netzwerk, das unter anderem politische Nachwuchskräfte ins Rennen schickt. Jedes Jahr wählt das WEF 100 Menschen unter 40 Jahren aus, die dann zum Club der „Young Global Leaders“ gehören. Emmanuel Macron und Sebastian Kurz gehörten dazu und wurden prompt Staatspräsident und Bundeskanzler. 2017 wurde Jens Spahn einer der jungen Weltführer.

Man muss es sich genau vor Augen führen: Der zweitreichste Mensch der Welt, Bill Gates, und der neuntreichste Mensch, Michael Bloomberg – repräsentiert durch das von ihm finanzierte Center for Health Security – und das WEF, der Club der reichsten Konzerne der Welt, lassen eine Katastrophenübung durchführen (Event 201), bei der die ganze Welt zuschauen darf. Übrigens hatte Bloomberg im Jahr zuvor noch einmal 1,8 Milliarden Dollar der Johns Hopkins University gespendet. Die größte Spende an eine akademische Institution in den USA aller Zeiten. Wenn schon nicht als US-Präsident, dann muss die Macht aus anderen Quellen sprudeln. Die Absicht der Veranstaltung [Event 201] war eindeutig:

„Obwohl der öffentliche Sektor die erste Front der Verteidigung gegen Pandemien bildet, finden sich die meisten Ressourcen und Fähigkeiten im privaten Sektor. Wie die bisherigen Vorbereitungsübungen des Zentrums – 'Clade X', 'Dark Winter' und 'Atlantic Storm' – werden die Teilnehmer von 'Event 201' die komplexen politischen, ethischen, finanziellen und politischen Herausforderungen durcharbeiten, denen sie sich zu stellen hätten, wenn eine ernste Gesundheitskrise sich zur Pandemie ausweitete. Dies soll eine einzigartige Pandemieübung sein, um Konzernchefs mit Regierungen und der Pandemie-Reaktionsgemeinschaft („pandemic response community“) zu verwickeln.“

Was zu beweisen wäre, doch längst im Drehbuch festgeschrieben war.

„'Event 201' simuliert den Ausbruch eines neuartigen zoonotischen Coronavirus, das von Fledermäusen erst auf Schweine und dann auf Menschen übertragen wird und schließlich von Mensch zu Mensch übertragbar wird und zu einer schweren Pandemie führt. Der Erreger und die von ihm verursachte Krankheit sind weitgehend an SARS angelehnt, doch ist das Virus durch Menschen mit schwachen Symptomen leichter übertragbar. (...) Im ersten Jahr steht kein Impfstoff zur Verfügung. (...) Da die gesamte menschliche Bevölkerung anfällig ist, steigt in den ersten Monaten der Pandemie die Gesamtzahl der Fälle exponentiell an und verdoppelt sich jede Woche. Und je mehr Fälle und Todesfälle sich häufen, desto gravierender werden die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen.

Das Szenario endet nach 18 Monaten mit 65 Millionen Toten. Die Pandemie beginnt sich zu verlangsamen, da die Zahl der anfälligen Personen abnimmt. Die Pandemie wird mit einer gewissen Geschwindigkeit weitergehen, bis es einen wirksamen Impfstoff gibt oder bis 80–90 Prozent der Weltbevölkerung sich angesteckt haben. Von diesem Zeitpunkt an handelt es sich wahrscheinlich um eine verbreitete Kinderkrankheit.“ (Quelle)

Mit anderen Worten: Im New Yorker Hotel The Pierre wurde an jenem 18. Oktober 2019 nichts geübt, sondern da wurden wohlvorbereitete und fiktive Szenen einer Katastrophe aufgeführt, die es nie gegeben hat und mit größter Wahrscheinlichkeit nie geben wird. Mit diesen Szenen sollte bewiesen werden, was längst feststand: Die „Konzernchefs“ müssen als Säulen der Pandemiebekämpfung eingebunden werden. So war das Ganze schon überschrieben: „Call for Public-Private Cooperation for Pandemic Preparedness and Response“. Schmierentheater hat einen unbestreitbaren Vorteil: Es bleibt kaum Spielraum für Interpretation.

Vermutlich hatte man auch vor dem Theater schon die Auswertung geschrieben. Doch die wurde erstaunlicherweise erst am 17. Januar 2020 öffentlich:

„Die nächste schwere Pandemie wird nicht nur große Krankheiten und Verluste an Menschenleben verursachen, sondern könnte auch große wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen auslösen mit erheblichen globalen Auswirkungen und Leiden. Die Bemühungen, solche Folgen zu verhindern oder auf sie zu reagieren, während sie sich entfalten, erfordern ein nie dagewesenes Maß an Zusammenarbeit zwischen Regierungen, internationalen Organisationen und dem Privatsektor.“

Wenig überraschend, ebenso wenig wie die unterbreiteten Vorschläge:

„1. Regierungen, internationale Organisationen und Unternehmen sollten jetzt planen, wie wesentliche Unternehmenskapazitäten während einer groß angelegten Pandemie genutzt werden.
2. Die Industrie, die nationalen Regierungen und die internationalen Organisationen sollten zusammenarbeiten, um die international gehaltenen Vorräte an medizinischen Gegenmaßnahmen (MCM) zu verbessern, um eine schnelle und gerechte Verteilung während einer schweren Pandemie zu ermöglichen.
3. Länder, internationale Organisationen und globale Transportunternehmen sollten zusammenarbeiten, um Reisen und Handel während schwerer Pandemien aufrechtzuerhalten.
4. Die Regierungen sollten mehr Ressourcen und Unterstützung für die Entwicklung und Förderung der Herstellung von Impfstoffen, Therapeutika und Diagnostika bereitstellen, die während einer schweren Pandemie benötigt werden.
5. Die Weltwirtschaft sollte die wirtschaftliche Belastung durch Pandemien erkennen und für eine stärkere Bereitschaft kämpfen.
6. Internationale Organisationen sollten der Verringerung der wirtschaftlichen Auswirkungen von Epidemien und Pandemien Priorität einräumen.
7. Die Regierungen und der Privatsektor sollten der Entwicklung von Methoden zur Bekämpfung von Fehl- und Desinformation vor der nächsten Pandemiereaktion größere Priorität einräumen.“

Wer hätte das gedacht? Diese vollkommen absehbaren Ergebnisse werden erst drei Monate später veröffentlicht, während sich eine Corona-Pandemie auf den Weg zu machen schien. Doch von der ist in dieser Erklärung überhaupt keine Rede. So wenig die Rede, dass einem der ausgesparte Zusammenhang gleichsam ins Hirn springt. Der 17. Januar 2020 war ein Freitag. Zu diesem Zeitpunkt dürften sich die Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums auf den Weg nach Davos gemacht haben. Dem größten „Public-private-Partnership“-Marktplatz der Welt. Die Sitzung des „Politbüros des Kapitalismus“ begann am Dienstag, dem 21. Januar. Genau darauf zielte wahrscheinlich die ganze „Übung“ namens „Event 201“. Als sich dann noch die Kunde von einigen an einem neuartigen Coronavirus Erkrankten in Asien verbreitete, mischte sich in die obszöne Fiktion ein Hauch von Realität. Kein Wunder, dass die Veranstalter von „Event 201“ bald jeden Zusammenhang mit der anlaufenden viralen Realität abstreiten mussten. (...)

Die Weltimpfung

Das Netzwerk der professionellen Pandemiewarner mit ausgedehnten Zusatzinteressen ist sehr viel größer, als ich es hier darstellen kann. Und es ist ungeheuer mächtig. Wer sich in die Abgründe dieses Reichs vertieft, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wer den fanatischen Reden eines Bill Gates lauscht, der seit Jahren die große Weltimpfung predigt und jetzt 7 Milliarden Menschen ohne Rücksicht auf Verluste durchimpfen lassen will, bekommt es mit der Angst zu tun.

„Wir haben, also, eine von zehntausend Nebenwirkungen. Das sind ... wissen Sie ... viel mehr. Siebenhunderttausend ... ah ... wissen Sie ... Menschen, die darunter leiden werden. Also, wirklich die Sicherheit in gigantischem Ausmaß über alle Altersgruppen hinweg zu verstehen – wissen Sie – schwanger, männlich, weiblich, unterernährt und bestehende Komorbiditäten. Es ist sehr, sehr schwer, und die tatsächliche Entscheidung, 'OK, lasst uns loslegen und diesen Impfstoff der ganzen Welt geben' ... ah ... die Regierungen werden einbezogen werden müssen, weil es ein gewisses Risiko und eine Entschädigung geben wird, bevor darüber ... ah ... entschieden werden kann.“ (3)

Man muss fast dankbar sein, dass Gates noch Regierungen einbeziehen will, wenn auch nur für die Risikoübernahme und Entschädigungsfragen. Man wird den Eindruck nicht los, dass letztlich er die Entscheidungen trifft. Oder, um es in den Worten von Ursula von der Leyen zu sagen: „Thank you Bill for your Leadership.“

Worum geht es?

Die mächtigsten Organisationen der Philanthropie beteiligen sich an Projekten, die einander erstaunlich ähneln. Mit einiger Sicherheit geht es dabei nicht um kurzfristige Profite. Mehr Geld als der Club der Pandämoniker kann man kaum haben.

Man könnte natürlich sagen: Die reale Gefahr einer verheerenden Pandemie ist nicht wirklich auszuschließen – auch wenn die Pandemien des 21. Jahrhunderts bestenfalls als Randnotizen des Szenarios von „Event 201“ durchgingen. Gewiss, man könnte auch Vorkehrungen gegen einen finalen Meteoriteneinschlag treffen, die Sonnengewitter könnten heftiger werden, oder die Vulkane unter dem Yosemite Park in Kalifornien begraben den Planeten unter Aschegebirgen. Alles möglich. Aber warum schlecht träumen, wenn wir in einer Welt realer Gefahren und Katastrophen leben, die wir entweder ignorieren oder hinnehmen?

Beginnen wir im Kleinen: Den sogenannten multiresistenten Krankenhauserregern fallen Jahr für Jahr allein in Deutschland 15.000 bis 30.000 Menschen zum Opfer. Mit kaum nennenswertem Aufwand könnte man Abhilfe schaffen. Malaria ist immer noch die tödlichste Krankheit auf Erden, aber da ihre Opfer in der Regel zu den Ärmsten gehören, scheint pharmazeutische Forschung nicht so interessant. Obwohl der Klimawandel als größte reale Gefahr seit einiger Zeit fast weltweit anerkannt wird, wirken die bis heute aufgebotenen Gegenmittel geradezu läppisch.

Man könnte noch Kriege, Militär und Hunger nennen. Man könnte aber auch einfach in „A World at Risk“ (4) schauen – den Katalog der real existierenden Gefahren und Bedrohungen, der alljährlich zum Davoser Gipfeltreffen erscheint – im Auftrag des WEF. Die Ausgabe 2020 hat den Titel „An unsettled world“ – eine instabile Welt, und die lange Liste der größten Risiken reicht vom Börsencrash bis zur Hitzewelle, vom Zusammenbruch der digitalen Infrastruktur bis zu Migrationswellen. Es handelt sich hauptsächlich um systemische Risiken – Naturkatastrophen, die nicht vom Klimawandel ausgelöst werden, kommen da nur am äußersten Rand vor.

Doch wenn im Netz der Gefahren nur eine zündet, wankt die ganze Welt. Und vielleicht geht es den obersten Phantasten der Monsterpandemien genau darum: um die Installierung einer Global Governance, einer globalen Public-private-Partnership, die die globale Instabilität unter Kontrolle bekommt und gleichzeitig zur größten, zur totalitärsten Bedrohung aller Zeiten aufsteigt. Das entspräche dem, was man seit Beginn des Jahres beobachten kann: Wie von Geisterhänden bewegt, begab sich ein Staat nach dem anderen in Quarantäne, haben sich die unterschiedlichsten Gesellschaften und Kulturen, die gegensätzlichsten politischen Lager den vermeintlichen Imperativen einer Pandemie widerstandslos gefügt. So viel One-World war noch nie – und nie war es unheimlicher.

Die überlegene Übersicht der Big-Picture-Produzenten scheint mit dem Tumult der unübersichtlichen Gegenwarten nichts zu tun zu haben. Oder ordnen sich die Realitäten, wenn man die vorproduzierten Szenarien der Apokalypse als Blaupause über sie legt?

Walter van Rossum, „Meine Pandemie mit Professor Drosten. Vom Tod der Aufklärung unter Laborbedingungen“, Rubikon, 264 Seiten, 18 Euro

Über den Autor: Walter van Rossum, Jahrgang 1954, schloss seine Studien der Romanistik, Philosophie und Geschichte in Köln und Paris 1988 mit einem Doktortitel ab. Er arbeitete als freier Autor unter anderem für den Deutschlandfunk, die ZEIT und die FAZ. 2004 erschien „Meine Sonntage mit Sabine Christiansen“, 2007 „Die Tagesshow: Wie man in 15 Minuten die Welt unbegreiflich macht“. Die von ihm mitverantwortete und moderierte Buchsendung „Gutenbergs Welt“ wird im WDR-Hörfunk ausgestrahlt.

Anmerkungen

(1) Das Institut wird von zahlreichen Wohltätern unterstützt, unter anderem von Elon Musk, das Open Philanthropy Project spendierte bislang 12 Millionen Dollar. Die Stiftung wurde unter anderem von Facebook-Mitbegründer Dustin Moskowitz gegründet und unterstützt zum Beispiel auch das Johns Hopkins Center for Health Security mit 18,9 Millionen Dollar. Zu den Themen, die Open Philantropy unterstützt, gehören die „Risiken globaler Gefahren, Biosecurity und Pandemievorsorge“.

(2) Nick Bostrom, Die verwundbare Welt. Eine Hypothese, Berlin 2020, S. 83f.

(3) CNBC, „Bill Gates explains the work his foundation is doing to combat coronavirus“, 9. April 2020

(4) Nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Katastrophenszenario des Global Preparedness Monitoring Board (GPMB), von dem oben bereits die Rede war.

MARIE, 7. Februar 2021, 11:45 UHR

In einer Welt von Neurotikern sehen die Muster und Blaupausen leider völlig anders aus.

GERHARD ALFRED, 7. Februar 2021, 12:40 UHR

Die Probleme der Welt potenzieren sich mit der stetigen Zunahme der Weltbevölkerung, jeder Mensch braucht Raum und Rohstoffe. Die westliche Wirtschafts- und Lebensart zeigt dem „Rest der Welt“ wie man zu „Reichtum“ kommt, am besten durch ungehemmten Ressourcenverbrauch. Aus der westlichen Welt kommen nun vermehrt Anleitungen zur Weltrettung, zunehmend von Oligarchen und Nerds. Religiös verbrämtes Allmachtswissen geht einher in Koalition mit den Allmachtsphantasien, Gutes zu tun. Zahlreiche Menschen hatten in der jüngeren Vergangenheit auch den Vorsatz, Gutes zu tun, doch es genügen ein paar wenige Blicke in die Geschichte nur der letzten einhundert Jahre. Alle Weltverbesserer richteten unzählige Gemetzel, Kriege und zig-Millionen von Toten an. Paul Watzlawick erklärte uns 1986 in seinem Buch „Vom Schlechten des Guten oder Hekates Lösungen“ - wie wir auf „Patendlösungen“ hereinfallen, die so patent sind, dass sie nicht nur das Problem, sondern auch alles damit zusammenhängende aus der Welt schaffen.

Zum aktuellen Beispiel von Professor Drosten lese man nur mal seine Schillerrede von Marbach, in der er nicht nur seine Rolle als Virologe in der Pandemie erklärt, sondern auch einen ziemlich tiefen Einblick in sein „Weltverständnis“ gibt. Menschen mit einem hohem selektiven Wissen verfügen auch über eine hohe Selbstwahrnehmung, sie schaffen es hervorragend ihre wahren Absichten zu verbergen. Diese Undurchsichtigkeit ist es, die andere Menschen als anziehend empfinden.

Wie „komplexe Lösungen“ in Europa aussehen, das kann man aktuell an der EU-Grenzpolizei FRONTEX studieren. Diese 10.000 Beamten der EU-Grenzpolizei sollen auf Geheiß der Europäischen Staaten „Ordnung“ in die Flüchtlingsströme bringen. Ein aufwändiges, bürokratisches Monster wurde geschaffen, zur „Lösung“ eines sehr dynamischen und weltweiten Vorgangs. An FRONTEX ist beispielhaft ablesbar, wie die 447 Millionen Einwohner EU nur ein Problem „intelligent“ lösen möchte. Mit einer gigantischen Application, einem bürokratischen Monster, das westlicher, linear und technokratischer Denke des 19. Jahrhunderts entsprungen ist. Die EU-Antworten auf komplexe Herausforderungen lösen keine Probleme, sie schaffen ständig neue, weil ein ganzheitlicher Denkansatz nicht im Ansatz vorhanden ist, nicht ins „Konzept“ passt.

Hüten wir uns also vor angeblich „großen Denkern“ und Oligarchen, die am Ende nur über ein winziges Nischenwissen ihrer Lebenswirklichkeit verfügen. Sie wollen uns mit dem Marketing ihrer Denke, ihrer vorgeblichen, genialen und universellen Ganzheitlichkeit über die Komplexität der Probleme dieser Welt hinters Licht führen.

JAN HESSE, 8. Februar 2021, 14:40 UHR

Das Drehbuch wurde in den Planspielen vorbereitet und geschrieben und musste später nur abgespult werden. Ähnlich wie Paul Schreyer es in seinem Buch beschreibt. Die Bewusstseinsindustrie liefert in der Krise dazu die fertigen Bilder mit den dazu passenden Stories den großen Leitmedien aus aller Welt zu, um die Menschheit kollektiv in ein Trauma beziehungsweise in Angststarre zu versetzen. Unter Angst lässt sich das eigenständige Denken blockieren, und wir sind auf Kommandos und Befehle Fremder angewiesen und fixiert.

Es wird wahrscheinlich nur über zivilen Ungehorsam (Demos) und Aufklärung funktionieren, damit man sich aus Umklammerung lösen kann. Hoffnung sehe ich noch im Rechtsstaat. Wobei mir schon klar geworden ist, dass die meisten Richter leider obrigkeitsdenkend handeln, wie Torsten Schleif es beschreibt. Möglicherweise könnte da noch die Sammelklage hilfreich sein, die in den USA eingereicht wird, da dort noch ein funktionierendes Rechtssystem existiert, das weniger korrumpierbar ist.

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