Russische Armee rückt im Donbass vor

Strategisch wichtige Städte Pokrowsk und Torezk unter hohem Druck / Analysten: Ukrainischer Entlastungsangriff auf Kursk hat gegenteiligen Effekt

21. August 2024
Donezk.
(multipolar)

Die russische Armee erobert in der Region Donezk immer größere Gebiete – dies berichten inzwischen auch westliche Leitmedien. „Russische Truppen nähern sich der strategisch wichtigen ostukrainischen Stadt Pokrowsk“, schrieb die „New York Times“ vergangenen Freitag. (16. August) Das Vorrücken lasse Zweifel an der ukrainischen Hoffnung aufkommen, die eigene Offensive im russischen Gebiet Kursk könne dazu führen, dass Russland Truppen von der Donbassfront abzieht, erklärte die US-Zeitung weiter. In der vergangenen Woche seien russische Truppen nach Angaben der örtlichen Behörden nur noch gut zehn Kilometer von Pokrowsk entfernt gewesen, meldete die Nachrichtenagentur Reuters am Montag. (19. August) Die Zivilbevölkerung des „strategischen Logistikzentrums im Osten der Ukraine“, habe nur noch zwei Wochen Zeit, um aus der Stadt evakuiert zu werden.

Dem US-amerikanischen „National Public Radio“ zufolge ist Pokrowsk „ein Verkehrsknotenpunkt, über den die Ukraine Truppen und Nachschub zu ihren Frontstellungen im Osten schickt“. Wenn die russische Armee die Stadt einnehmen sollte, würde es „für die Ukraine noch schwieriger, ihre ohnehin zahlen- und waffenmäßig unterlegenen Truppen zu unterstützen“. Während des gesamten Krieges fehle es der Ukraine an Soldaten im Osten. „Durch die Entsendung tausender Truppen nach Russland könnte die Ukraine in den Gebieten, in denen sie den russischen Vormarsch nur mit Mühe aufhalten kann, noch verwundbarer werden“, heißt es in dem Bericht weiter.

Der britische Militär-Analyst Michael Clarke sagte, die Ukrainer würden in Kursk „sehr gut“ agieren. Doch 500 Kilometer entfernt, an der Front im Osten der Ukraine, müssen sie „jetzt möglicherweise den Preis für diesen Erfolg“ zahlen, erklärte er gegenüber dem Fernsehsender „Sky News“. (20. August) Grund dafür sei der Abzug ukrainischer Truppen an der Donbassfront, wo die Armee bereits seit mehreren Monaten unter „enormen Druck“ stehe. Nun sei der Druck auf die Stadt Torezk „unerträglich“ geworden. Sie sei besonders wichtig, da sie auf einer Anhöhe liege, welche die Bewegungen in die Großstädte Kramatorsk und Slowjansk kontrolliere, sagte der Verteidigungsexperte weiter. Nehme Russland diese beiden Städte ein, würde es „den gesamten Donbass“ beherrschen, von dem es derzeit zwei Drittel kontrolliere.

Die US-amerikanische Organisation „Institute for the Study of War“ (ISW) teilte in ihrem täglichen Lagebericht zur russischen Offensivkampagne am Montag mit, mehrere russische Militärblogger hätten bestätigt, dass „die russischen Streitkräfte den gesamten Ort Niu York (südlich von Torezk) eingenommen haben“. Die „Denkfabrik“ berichtete zudem, „geolokalisierte Aufnahmen, die am 17. August veröffentlicht wurden“, deuteten darauf hin, dass die russischen Streitkräfte auch südwestlich von Wuhledar vorgerückt seien. Wuhledar (russisch: Ugledar) ist eine stark befestigte, strategisch wichtige Kleinstadt im Süden des Donbass. Dem Militärblogger „Weeb Union“ zufolge haben russische Truppen auch nördlich von Wuhledar eine Verbindungsstraße eingenommen, so dass nur noch einige wenige Wege zur Versorgung der Stadt übrig geblieben seien. Die russische Armee versucht die Ortschaft seit Anfang 2023 einzunehmen.

Nach der Eroberung der für die ukrainischen Verteidigung strategisch wichtigen Stadt Awdijiwka im Februar 2024 ist die russische Armee stetig Richtung Westen vorgerückt. Das Ziel sei laut den ISW-Lageberichten, den gesamten Oblast Donezk einzunehmen. Nach Referenden im September 2022 betrachtet die russische Regierung die vier ost- und südukrainischen Gebiete, Donezk, Lugansk, Saporoschje und Cherson als Teil des russischen Staatsgebietes.


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