RKI: Keine inhaltlichen Änderungen an Protokollen „soweit ersichtlich“

Robert Koch-Institut spricht von „bloßen Formatänderungen“ / Zeitpunkt von Textlöschung weiter unklar / Anwalt: „sehr problematisch, wenn nicht täuschend“

15. August 2024
Berlin.
(multipolar)

Das Robert Koch-Institut (RKI) hat am Mittwoch (14. August) gegenüber Multipolar auf den Vorwurf reagiert, die Protokolle des Krisenstabes nachträglich geändert zu haben. Dieser Verdacht hatte sich aus einer Analyse der Metadaten (PDF) der Protokolle ergeben, die zeigte, dass fast alle Protokolle des Zeitraums Januar 2020 bis April 2021 – deren Freigabe Multipolar am 5. Mai 2021 beantragt hatte – an drei Tagen vom RKI geändert wurden: am 12. April, 6. Mai und 10. Mai 2021. Die Behörde erklärte dazu nun:

„Zwischen dem 12.4.2021 und dem 10.5.2021 haben Mitarbeitende des RKI-Lagezentrums in älteren Protokollen bloße äußere Formatänderungen vorgenommen, wie zum Teil beispielsweise Aktenzeichen ergänzt, die Formatierung der Seitenzahlen angepasst und damit einhergehende Formatanpassungen vorgenommen. Inhaltliche Änderungen der Protokolle wurden nicht in Auftrag gegeben und soweit ersichtlich auch nicht vorgenommen. Die Anpassungen wurden vorgenommen, um formale Dokumentationsanforderungen zu erfüllen, die zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bei allen Protokollen umgesetzt waren. Die Protokolle wurden in dem o.g. Zeitraum angepasst, weil die Mitarbeitenden des RKI-Lagezentrums an diesen Tagen jeweils Zeit dafür fanden.“

Offen bleibt, wann die in einer Entwurfsversion des Protokolls vom 25. März 2020 noch vorhandene, in der freigeklagten Version aber gelöschte Passage zur zweifelhaften Wirksamkeit des Lockdowns („gewagt, Causalität herzustellen – wir sind ja generell am Ende der Grippesaison“) vom RKI entfernt wurde, worüber Multipolar bereits berichtete. Es ist unklar, ob diese Löschung bereits unmittelbar nach der Sitzung im Rahmen einer regulären Straffung der Entwurfsversion erfolgte oder später. Eine entsprechende Nachfrage ans RKI blieb bislang unbeantwortet.

Unklar ist weiterhin, ob beim RKI Zwischenversionen der Protokolle existieren sowie eine Dokumentation, anhand derer transparent nachgewiesen werden kann, wann welche Änderungen in den Protokollen erfolgten. Die Registraturrichtlinie des Bundesinnenministeriums schreibt solches für das „Bearbeiten und Verwalten von Schriftgut in Bundesministerien“ vor. In Paragraf 6 der Richtlinie heißt es: „Bei elektronischer Vorgangsbearbeitung ist sicherzustellen, dass die Dokumente, der Laufweg und die Aufzeichnungen aus der Bearbeitung (…) in Protokoll- und Bearbeitungsinformationen nachgewiesen und der elektronischen Akte zugeordnet werden.“ In Paragraf 18 („Aufbewahren“) wird ergänzt: „Bei elektronisch gespeichertem Schriftgut sind die Vollständigkeit, Integrität, Authentizität und Lesbarkeit durch geeignete Maßnahmen zu gewährleisten.“ Das RKI hat sich auf Nachfrage noch nicht dazu geäußert, ob und in welcher Form Änderungen an den Protokollen dokumentiert sind.

Rechtsanwalt Christoph Partsch erklärt dazu, es komme darauf an, dass die Protokolle am 5. Mai 2021 beantragt wurden, „also in der Version, in der sie zum Zeitpunkt des Antrags vorlagen“. Daher sei es „sehr problematisch, wenn nicht täuschend“, wenn eine andere, als die beantragte Version herausgegeben werde.


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