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Warum die Pandemie nicht endet

Die Zahlenwerte, nach denen die Regierung über Öffnung oder Schließung des öffentlichen Lebens entscheidet, verlieren an Aussagekraft, je geringer die Anzahl der Infizierten ist. Auch ohne einen einzigen neuen Infizierten würden allein aufgrund der Fehlerquote des Tests tausende neue „Fälle“ gemeldet. Werden die derzeit verwendeten Kriterien nicht geändert, kann die Pandemie – scheinbar – endlos anhalten.

KLAUS PFAFFELMOSER, 24. Mai 2020, 21 Kommentare, PDF

Vorbemerkung der Redaktion: Die Fehlerquote (Falsch-Positiv-Rate) der verwendeten PCR-Tests beträgt laut aktuellen Untersuchungen mindestens 1,4 %. Auf 100.000 durchgeführte Tests werden also durchschnittlich mindestens 1.400 Menschen fälschlich als „Corona-Infizierte“ ausgewiesen (Ergänzung 3.6.: sofern alle Getesteten "gesund" sind, sprich, kein durch den Test messbares Virusmaterial in sich tragen). Das ist in der aktuellen Situation deshalb dramatisch, da in Kalenderwoche 20, also im Zeitraum vom 11. bis 17. Mai, nur noch 1,7 % der Untersuchten überhaupt positiv getestet wurden, also 1.700 von 100.000 Menschen. (Ergänzung 3.6.: In KW 22 sind es laut RKI sogar nur noch 1,0 %!)

Wenn man diesen 1.700 nun die 1.400 als potenziellen Messfehler gegenüberstellt, wird klar, dass den Zahlen kaum noch Aussagekraft zukommt. Schlimmer noch: Die Ergebnisse lassen sich bei Bedarf leicht manipulieren, je nachdem, wieviele Tests durchgeführt werden – was politisch beeinflusst werden kann. Der von Politikern diskutierte Grenzwert von 35 Infizierten auf 100.000 Einwohner ließe sich beispielsweise auch ganz ohne tatsächlich Infizierte allein schon durch Ausnutzung des Messfehlers erreichen, indem man 2.500 Tests je 100.000 Menschen durchführt. Das entspräche einer Verfünffachung der aktuellen Testanzahl.

Aus dem Fazit des Artikels: „Die derzeit als Kenngrößen für die Verhängung von Maßnahmen verwendeten Werte, die Anzahl der gemessenen akut Infizierten pro 100.000 Einwohner und der R-Wert haben bei einem geringen Anteil von akut Infizierten an der Gesamtbevölkerung keinen Aussagewert bezüglich der epidemiologischen Entwicklung der Krankheit. Der R-Wert tendiert bei Verschwinden der Krankheit grundsätzlich gegen 1, also gegen den derzeit als kritisch betrachteten Wert. Durch Änderung der Anzahl der Messungen können die Kenngrößen so beeinflusst werden, dass die willkürliche Verhängung von Maßnahmen möglich ist.“

1. Kriterien für die Maßnahmen

Die derzeitigen Kriterien für die Maßnahmen sind zum einen der sogenannte R-Wert und zum anderen die Anzahl der akut Infizierten pro 100.000 Einwohner. Die Maßnahmen können gelockert werden, wenn der R-Wert unter 1 liegt. Liegt er bei 1 oder darüber, werden die Lockerungen zurückgenommen. In den einzelnen Städten und Landkreisen werden die Maßnahmen anhand der Anzahl der akut Infizierten pro 100.000 Einwohner bestimmt. Die Grenzwerte für die Lockerung bzw. Wiedereinführung liegen bei 50 bzw. 35 akut Infizierten pro 100.000 Einwohner.

2. Fehlerquote des PCR-Tests

Die Messungen mit dem PCR-Test sind grundsätzlich mit Fehlern behaftet. Die Güte des Tests wird durch zwei Werte spezifiziert:

  • Sensitivität: Anteil der infizierten Personen, bei denen der Test positiv ist
  • Spezifität: Anteil der nicht infizierten Personen, bei denen der Test negativ ist

Neben diesen beiden Gruppen gibt es die, bei denen der Test falsche Ergebnisse liefert:

  • Falsch negativ: Anteil der infizierten Personen, bei denen der Test negativ ist
  • Falsch positiv: Anteil der nicht infizierten Personen, bei denen der Test positiv ist

Es gelten dann folgende Gleichungen:

  • Sensitivität + falsch negativ = 100%
  • Spezifität + falsch positiv = 100%

Ein Test ist umso genauer, je näher Sensitivität und Spezifität bei 100% liegen. Der Anteil der gemessenen Infizierten in Abhängigkeit von den tatsächlich Infizierten ist in folgender Abbildung dargestellt, wobei zum besseren Verständnis ein relativ ungenauer Test angenommen wird mit Sensitivität 90% und Spezifität 80%.

Abbildung 1: Anteil der Gemessenen in Abhängigkeit von den tatsächlich Infizierten

Der Test von Dr. Drosten wurde in einem Ringversuch von INSTAND e.V., Gesellschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien, zertifiziert. Die Ergebnisse wurden am 2. Mai veröffentlicht. Im Rahmen des Versuchs wurden die Sensitivität für vier und die Spezifität für drei verschiedene Testszenarien festgestellt.

Tabelle 1: Sensitivität des SARS-CoV-2 PCR-Tests

Tabelle 2: Spezifität des SARS-CoV-2 PCR-Tests

Da sich der Anteil der Infizierten unter den getesteten Personen im einstelligen Prozentbereich bewegt (zuletzt 1,7 %, siehe Tabelle 3), interessiert für diese Untersuchung vor allem die Spezifität des Tests, also die Inhalte von Tabelle 2.

Für die Tests werden sogenannte Lyseprodukte (Zerfallsprodukte) von Zellen verwendet. In Tabelle 2 sind die Proben aus Zellen gewonnen, die nicht mit Viren infiziert waren bzw. mit den (mit SARS-CoV-2 verwandten) Viren HCoV OC43 bzw. HCov 229E infiziert waren. Die Lyseprodukte infizierter Zellen sind durch Lyseprodukte nicht infizierter Zellen im jeweils angegebenen Verhältnis verdünnt.

Im Fall der nicht infizierten Proben werden 1,4 % als infiziert („falsch positiv“) getestet, in den Fällen der mit HCoV OC43 bzw. HCov 229E Proben ist dieser Anteil 2,2 % bzw. 7,6 %.

Die genaue Güte des Tests in der Praxis lässt sich nicht eindeutig bestimmen. Im Folgenden wird mit einer Sensitivität von 98,8 % und einer Spezifität von 98,6 % eine sehr hohe Güte angenommen. Für den Anteil der gemessenen Infizierten in Abhängigkeit von den tatsächlich Infizierten ergibt sich dann folgende Grafik.

Abbildung 2: SARS-CoV-2: Anteil der Gemessenen in Abhängigkeit von den tatsächlich Infizierten

Das bedeutet, dass selbst wenn SARS-CoV-2 verschwunden ist, bei 100.000 Tests immer noch 1.400 Infizierte gemessen werden.

3. Werte des RKI

Die folgende Tabelle ist dem täglichen Lagebericht des Robert Koch-Instituts (RKI) vom 20. Mai 2020 entnommen (Tabelle 5, S. 11).

Tabelle 3: Anzahl der SARS-CoV-2-Testungen in Deutschland (Stand 19.05.2020)

Der Anteil der positiv Getesteten bewegt sich bereits auf den Anteil der zu erwartenden falsch positiv Getesteten zu.

4. Kenngrößen zur Bestimmung der Maßnahmen

Die Güte des PCR-Tests zur Bestimmung von SARS-CoV-2 hat Auswirkungen auf die Kenngrößen, die zur Bestimmung der politischen Maßnahmen herangezogen werden. Im Folgenden wird beispielhaft die Entwicklung des R-Werts und der Anzahl der Neuinfizierten für zwei Szenarien betrachtet. Im ersten wird angenommen, dass es keine Infizierten mehr gibt, im zweiten, dass die Anzahl der Neuinfizierten exponentiell abnimmt. Dies entspricht derzeit nicht der Realität, soll aber aufzeigen, welche Auswirkungen die Anzahl der Tests auf die Kenngrößen hat, wenn SARS-CoV-2 ganz verschwunden ist.

Wie oben wird mit einer Sensitivität von 98,8% und einer Spezifität von 98,6% eine sehr hohe Güte des PCR-Tests angenommen.

Für die beispielhaften Modellrechnungen zum zeitlichen Verlauf des R-Werts wird der Zeitraum vom 22. Mai bis 31. Juli betrachtet. Die zu erwartende Anzahl der positiv Getesteten wird direkt aus der Anzahl der Tests bei konstanter Güte des PCR-Tests berechnet. Eine durch Messfehler oder Messungenauigeiten bedingte Streuung der Werte ist nicht berücksichtigt.

Der R-Wert gibt an, ob die Anzahl der als infiziert Getesteten

  • steigt: R-Wert > 1
  • gleich bleibt: R-Wert = 1
  • fällt: R-Wert < 1.

Bei dem „sensitiveren“ Verfahren des RKI wird die Summe der gemessenen Neuinfizierten der letzten 4 Tage (0, 1, 2 und 3 Tage zuvor) durch die Summe der Neuinfizierten 4, 5, 6 und 7 Tage zuvor geteilt. Um beispielsweise den („sensitiveren“) R-Wert für den 08.06.2020 zu bestimmen, wird die Anzahl der Neuinfizierten vom 05. bis 08.06. durch die Anzahl der Neu-Infizierten vom 01. bis 04.06. geteilt.

Die verwendete Formel gemäß den Erläuterungen des RKI vom 15.05. ist (siehe S. 3):

4.1. SARS-CoV-2 nicht mehr vorhanden

Betrachtet man den Fall, dass es keine Infizierten mehr gibt, dann hängt sowohl die Anzahl der gemessenen Infizierten als auch der R-Wert nur von der Anzahl der Tests ab. Die Anzahl der gemessenen Infizierten beträgt bei der angenommenen Güte des Tests 1400 Infizierte pro 100.000 Tests.

Um den Grenzwert von 50 Infizierten pro 100.000 Einwohner zu erreichen, sind über den durchschnittlichen Zeitraum der aktiven Infektion (6 – 10 Tage) ca. 3.500 Tests pro 100.000 Einwohner erforderlich, für den Grenzwert 35 sind es entsprechend ca. 2.500 Tests.

Für den R-Wert werden bezüglich der Anzahl der Tests folgende vier Szenarien betrachtet:

  • Anzahl konstant
  • Anzahl fallend
  • Anzahl steigend
  • Anzahl alternierend

Die folgenden Abbildungen zeigen jeweils in der oberen Hälfte den zeitlichen Verlauf der Anzahl der Tests. In der unteren Hälfte sind die Anzahl der positiv Getesteten und der R-Wert zu sehen. Die Anzahl der tatsächlich Infizierten ist immer 0.

Abbildung 3: R-Wert ohne tatsächlich Infizierte bei konstanter Anzahl der Tests

Abbildung 4: R-Wert ohne tatsächlich Infizierte bei fallender Anzahl der Tests

Abbildung 5: R-Wert ohne tatsächlich Infizierte bei steigender Anzahl der Tests

Abbildung 6: R-Wert ohne tatsächlich Infizierte bei alternierender Anzahl der Tests

In folgender Tabelle ist das Verhalten des R-Werts in Abhängigkeit vom Verlauf der Anzahl der Tests beschrieben.

Tabelle 4: Verhalten des R-Wertes in Abhängigkeit vom zeitlichen Verlauf der Anzahl der Tests

4.2. Anzahl der Infizierten abnehmend gegen 0

Betrachtet man den Fall, dass die Anzahl der Neuinfizierten abnimmt und schließlich auf 0 zurückgeht, dann hängt sowohl die Anzahl der gemessenen Infizierten als auch der R-Wert zunehmend von der Anzahl der Tests ab. Die Anzahl der gemessenen Infizierten beträgt bei der angenommenen Güte des Tests mindestens 1.400 Infizierte pro 100.000 Tests.

Der Grenzwert von 50 Infizierten pro 100.000 Einwohner wird mit ca. 3.500 Tests pro 100.000 Einwohner über den durchschnittlichen Zeitraum der aktiven Infektion (6 – 10 Tage) erreicht, für den Grenzwert 35 sind entsprechend ca. 2.500 Tests erforderlich.

Für den R-Wert werden bezüglich der Anzahl der Tests wieder vier Szenarien betrachtet:

  • Anzahl konstant
  • Anzahl fallend
  • Anzahl steigend
  • Anzahl alternierend

Die folgenden Abbildungen zeigen jeweils in der oberen Hälfte den zeitlichen Verlauf der Anzahl der Tests. In der unteren Hälfte sind die Anzahl der positiv Getesteten und der R-Wert zu sehen. Die Anzahl der tatsächlich Neuinfizierten nimmt ab und geht gegen 0.

Abbildung 7: R-Wert mit abnehmender Anzahl der Infizierten und konstanter Anzahl der Tests

Abbildung 8: R-Wert mit abnehmender Anzahl der Infizierten und fallender Anzahl der Tests

Abbildung 9: R-Wert mit abnehmender Anzahl der Infizierten und steigender Anzahl der Tests

Abbildung 10: R-Wert mit abnehmender Anzahl der Infizierten und alternierender Anzahl der Tests

In folgender Tabelle ist das Verhalten des R-Werts in Abhängigkeit vom Verlauf der Anzahl der Tests beschrieben.

Tabelle 5: Verhalten des R-Wertes in Abhängigkeit vom zeitlichen Verlauf der Anzahl der Tests

Das in Tabelle 4 und Tabelle 5 beschriebene Verhalten gilt grundsätzlich auch für andere Verläufe der Abnahme der (Neu-)Infektionen und für die anderen, in den Erläuterungen des RKI beschriebenen Verfahren zur Berechnung des R-Wertes.

5. Fazit

Die derzeit als Kenngrößen für die Verhängung von Maßnahmen verwendeten Werte, die Anzahl der gemessenen akut Infizierten pro 100.000 Einwohner und der R-Wert haben bei einem geringen Anteil von akut Infizierten an der Gesamtbevölkerung keinen Aussagewert bezüglich der epidemiologischen Entwicklung der Krankheit. Der R-Wert tendiert bei Verschwinden der Krankheit grundsätzlich gegen 1, also gegen den derzeit als kritisch betrachteten Wert. Durch Änderung der Anzahl der Messungen können die Kenngrößen so beeinflusst werden, dass die willkürliche Verhängung von Maßnahmen möglich ist.

Diese Aussagen würden auch dann gelten, wenn die ganze Bevölkerung zu 100% wirksam gegen Covid 19 geimpft wäre.

Für eine objektive Beurteilung der epidemiologischen Lage ist es erforderlich, den Messfehler der Tests aus den Ergebnissen heraus zu rechnen. Um die Abhängigkeit von der Anzahl der Tests zu beseitigen, müsste jeweils mit den relativen Werten der Infizierten in Bezug auf die Anzahl der Tests gerechnet werden, nicht mit den absoluten Zahlen der Infizierten. Jedoch ist auch in diesem Fall eine Relevanz des R-Werts bei ausklingender Krankheit nicht erkennbar.

Über den Autor: Dr. Klaus Pfaffelmoser, Jahrgang 1956, ist promovierter Mathematiker und arbeitete seit 1990 überwiegend in der Funkplanung für Rundfunk und Mobilfunk. Er steuerte bei verschiedenen Studien zur Bestimmung des Einflusses von Witterung und Schadstoffimmissionen auf das Waldwachstum die statistischen Arbeitsteile bei.

Diskussion

21 Kommentare
BERNHARD MÜNSTERMANN, 24. Mai 2020, 20:05 UHR

Die Mathematik gilt mit ihren Axiomen als exakte Wissenschaft, die nach den mathematischen Gesetzen ermittelten Resultate als intersubjektiv jederzeit nachvollziehbare Vernunftwahrheit. Frau Dr. Angela Merkel studierte in der DDR Physik und wurde in dieser Naturwissenschaft promoviert. Sie war als Oberschülerin den überlieferten Berichten nach zu urteilen in Mathematik so gut, dass sie an Mathe-Schülerwettbewerben teilnahm. Heute kann sie jedoch die Beschleunigung des freien Falls eines kollabierenden Stahlskelettbaus und den daraus abgeleiteten Anlass für den NATO Verteidigungsfall gem. Artikel 5 mit dem Auslandseinsatz unserer Bundeswehr seit 20 Jahren in Afghanistan nicht miteinander in Verbindung bringen:

Angela Merkel studierte Physik um weniger zu lügen: Video 1 Min.
https://www.youtube.com/watch?v=9y0hP0CtDHM

Sollte ich dieser Frau im Amt der Bundeskanzlerin, die vorgeblich 100-100=0 nicht mehr rechnen kann, der der Energieerhaltungssatz unerklärlicherweise völlig entfallen sein müsste, sollte ich ausgerechnet ihr ungeprüft ihre offizielle Version vom Killervirus Covid-19 glauben? So, wie Frau Dr. Merkel in einer Fernsehansprache mit der Deutschlandfahne neben dem Schreibtisch die Nation mit sehr ernster Attitüde adressierte? Ist die Gesellschaft noch bereit und willens, diese ungeheuerliche Affaire mit nie zuvor gesehenen Einschränkungen bürgerlicher und parlamentarischer Rechte in einem unabhängigen Untersuchungsausschuss am Maßstab der Vernunft, der europäischen Aufklärung orientiert ergebnisoffen zu untersuchen?

Ich erinnere das Church Committee des US Senats zur Aufklärung von CIA Aktivitäten im Vietnamkrieg Mitte der 1970iger Jahre. Nur mal so als eine geeignete Größenordnung, wenn es einen Augias-Stall auszumisten gilt. Wer kommt als moderner Herakles unserer Tage dafür in Betracht, was müsste der gesellschaftliche Rückhalt für eine solche Rolle sein? Spielt die Wahrheit noch eine maßgebliche Rolle oder müssen wir künftig mit von den Machteliten zweckdienlich konstruierter und fabrizierter „Realität“ vorlieb nehmen, wie die Executive sie uns via gleichtönender Systemmedien ohne alle Skrupel verkaufen möchte?

ALBRECHT SCHMIEDEL, 24. Mai 2020, 23:10 UHR

Ich finde es super, dass multipolar sich immer mehr zur ersten Adresse für medizinische Fachartikel entwickelt. Endlich mal vertrauenswürdige Ergebnisse zur Rate von Falsch-positiven beim PCR-Test. Mal ganz nebenbei: Wer ist eigentlich im wissenschaftlichen Beirat, welche Qualifikationen haben die Mitglieder? Wie werden die Fachleute für das Peerreview rekrutiert? Nicht ganz unwichtig, wenn ich die Forschungsergebnisse an meine Peergroup weiterleite und empfehle :-)

Jetzt mal ganz im Ernst: Ihr habt sie nicht mehr alle.

PAUL SCHREYER, 25. Mai 2020, 11:05 UHR

Danke für diesen "sachlichen" Beitrag. An dieser Stelle vielleicht das Plädoyer, sich seines Verstandes ohne Anleitung eines anderen zu bedienen.

KLAUS PFAFFELMOSER, 26. Mai 2020, 08:20 UHR

Ich möchte darauf hinweisen, dass der exakte Wert der Spezifität des PCR-Tests für die Kernaussagen des Artikels nur eine untergeordnete Rolle spielt. Es gilt im Allgemeinen, dass bei ausklingender Krankheit der R-Wert gegen 1 geht und dass sowohl der R-Wert als auch die Anzahl der Infizierten pro 100.000 Einwohner willkürlich durch die Anzahl der Messungen beeinflusst werden können.

M. KRAHE, 26. Mai 2020, 12:15 UHR

Die Rate der falsch-positiven Resultate ist direkt aus dem Ringversuch von INSTAND übernommen. Der Artikel diskutiert lediglich die Tatsache, dass die veröffentlichte Zahl der SARS-CoV-2-Infizierten völlig unbrauchbar ist, wenn sie sich in der gleichen Größenordnung wie dieser zu erwartende Fehler bewegt. Dafür benötigt es kein medizinisches Fachwissen, sondern bloß ein wenig Schulmathematik.
Skandalös finde ich allerdings, dass in den offiziellen Publikationen z.B. des RKI nicht auf diesen Umstand hingewiesen wird.

OLIVER MÄRTENS, 25. Mai 2020, 11:55 UHR

Aus dem in diesem Artikel verlinkten INSTAND-Versuchsbericht vom 02.05.2020 geht hervor, dass von jeweils 1.000 Menschen, die kein Corona-Virus "beheimaten", durchschnittlich 14 Personen dennoch vom Drosten-Test als SARS-CoV-2-positiv bezeichnet werden. Ist man mit dem typischen Erkältungs-/Coronavirus HCoV-OC43 infiziert, steigt die Quote der Falschpositiven (fälschlicherweise als SARS-CoV-2-positiv erkannt) demnach auf 22 aus 1.000 Menschen. Handelt es sich um das verbreitete Erkältungs-/Coronavirus HCoV-229E, erhöht sich die Quote der Falschpositiven dem Versuchsbericht zufolge auf stattliche 76 aus 1.000 Menschen, also auf knapp 8%.

https://www.instand-ev.de/System/rv-files/340%20DE%20SARS-CoV-2%20Genom%20April%202020%2020200502j.pdf

Auf deutsch: Wenn getestet würde, während HCoV-229E, aber nicht SARS-CoV-2 in der Bevölkerung umliefe ("Erkältung statt Pandemie"), dann würden hochgerechnet 6,3 Mio. aller Bundesbürger als von COVID-19 befallen gelten, obwohl es annahmegemäß keinen einzigen Fall von COVID-19 gäbe! (Echte SARS-CoV-2-Infizierte, die nicht bestritten werden, kämen zu diesem Sockel von 6,3 Mio. Menschen erst noch hinzu.)

Es gibt also ein riesiges Reservoir von Falschpositiven, mit denen man "Pandemie" spielen könnte, selbst wenn es gar kein SARS-CoV-2 gäbe. (Dies bedeutet nicht, dass es SARS-CoV-2 nicht gibt, sondern: Echte COVID-19-Fälle wären diesem Reservoir aus falsch identifizierter humaner Coronaviren-Inzidenz und -Prävalenz noch hinzuzurechnen.)

Was bedeutet dies bei tagesdurchschnittlich 2.400 Todesfällen in der Bundesrepublik? Ein Potenzial von 33 bis 182 Personen pro Tag, die fälschlicherweise als "im Zusammenhang mit COVID-19 gestorben" klassifiziert werden könnten, ohne dass nur eine einzige Person mit SARS-CoV-2 infiziert wäre. (Nochmals: Echte SARS-CoV-2-infizierte Tote werden nicht bezweifelt, sondern wären noch zu addieren; SARS-CoV-2 muss dabei aber nicht ursächlich für den Tod der jeweiligen Person sein.)

M. KRAHE, 25. Mai 2020, 13:25 UHR

Dazu müssten dann aber sehr viele Menschen akut mit HCoV-229E infiziert sein, was aufgrund der bereits verbreiteten Immunität gegen dieses Virus unwahrscheinlich ist.

OLIVER MÄRTENS, 26. Mai 2020, 19:00 UHR

Ja, die von mir implizit unterstellte Prävalenz bei HCoV-229E war etwas hochgegriffen. ;-)

Allerdings stelle ich mir ergänzend noch die Frage, warum INSTAND z. B. die humanpathogenen Coronaviren HCoV-NL63 und HCoV-HKU1 nicht in die Spezifitätsermittlung einbezogen hat?

Auch erklärte Frau Prof. Dr. Brigitte König, Uniklinikum Leipzig, in einem Interview, dass der Originaltest von Drosten et. al. in Leipzig spezifischer gemacht wurde: https://www.youtube.com/watch?v=rU28CfwCBx8, ca. 32. bis 35. Laufzeitminute.
Trotzdem erreicht der Drostentest bei INSTAND bereits 98,6% in Abwesenheit anderer Coronaviren?

Und obwohl das Original-Testprotokoll von Drosten et. al. dokumentiert, dass der Test auf vier humanpathogene Coronaviren negativ reagiert (https://www.who.int/docs/default-source/coronaviruse/protocol-v2-1.pdf?sfvrsn=a9ef618c_2, Seite 7), wird im INSTAND-Ringversuch nur gegen zwei dieser vier Coronaviren getestet und die Testspezifität sinkt in Anwesenheit der beiden Coronavirentypen, trotz der gegenteiligen Aussage im von der WHO veröffentlichten Testprotokoll?

Was ist davon zu halten???

Und von einer möglichen heutigen Prävalenz des guten alten SARS-CoV-1-Virus aus der letzten "Coronoia" will ich gar nicht erst anfangen zu reden: Dann ginge ja noch mehr Spezifität dahin ...

ALBRECHT SCHMIEDEL, 25. Mai 2020, 18:00 UHR

Man geht im allgemeinen davon aus, dass die Spezifität des PCR-Test 100% ist, dass also praktisch keine falsch-positiven Testergebnisse auftreten. Läge die Spezifität wie behauptet bei 98,6%, müssten die Chinesen bei ihrem Test der gesamten Population von Wuhan allein deshalb mit 154000 positiven Ergebnissen (das wäre 14000 pro Millionen) rechnen. Berichtet werden aber 46 pro Millionen (im Vergleich zu 660 pro Millionen im April)[1].

Falsch Positive kann es aber geben durch Verwechslung von Proben und durch kontaminierte Arbeitsumgebungen (infizierte Mitarbeiter). Aber das sind keine Eigenschaften des Tests selber, aber möglicherweise ein Maß für die Qualität der Probennahme und der beteiligten Labore. Die Chinesen werden wohl ihre Methoden haben, solche Fehler zu vermeiden, wenn sie die gesamte Bevölkerung von Wuhan durchtesten.

Im übrigen räumt der INSTAND-Bericht diese möglich Erklärung für die aufgetretenen falsch Positiven in Abschnitt 2.4.2.1 ausdrücklich ein: "ACHTUNG: Bei Probe ... beruht die reduzierte Erfolgsquote von nur 92,4% im Wesentlichen auf falschen Ergebniszuordnungen (Vertauschungen) ... .Zusätzlich weisen in einigen Fällen die Untersuchungen mit den SARS-CoV-2-negativen Kontrollproben ... auf Spezifitätsprobleme hin, die unabhängig von Vertauschungen sind. Es ist abzuklären, ob diese falsch positiven Ergebnisse auf ein Spezifitätsproblem der angewendeten Teste oder auf eine Verschleppung von SARS-CoV-2 bei der Testdurchführung in den betreffenden Laboren zurückzuführen sind."[2]

Ein anderer Grund für falsch Positive könnte darin liegen, dass der Test auch auf andere Coronaviren reagiert, z.B. auf HCoV-229E. Drosten et al. gehen ausdrücklich auf diese Frage ein in der ersten Beschreibung ihres PCR-Testverfahrens vom Januar 2020 [3]. "In total, this testing yielded no false positive outcomes" steht da im Abschnitt "Specificity testing". Soweit mir bekannt, ist das weiterhin der Stand der Kunst und die Grundlage für die weltweite Testerei. Ich lasse mich gerne eines besseren belehren, aber bitte mit seriösen Quellen.

[1]https://www.globaltimes.cn/content/1188787.shtml

[2]https://www.instand-ev.de/System/rv-files/340%20DE%20SARS-CoV-2%20Genom%20April%202020%2020200502j.pdf

[3]https://www.researchgate.net/publication/338788554_Detection_of_2019_novel_coronavirus_2019-nCoV_by_real-time_RT-PCR

KLAUS PFAFFELMOSER, 26. Mai 2020, 19:30 UHR

Es stellen sich folgende Fragen:

Ist der INSTAND Ringversuch eine seriöse Quelle? Wenn ja, wurden die INSTAND Ringversuche von inkompetenten Laboren durchgeführt, deren Inkompetenz schon durch sehr niedrige Sollwerte zur Erlangung des Zertifikats berücksichtigt wurden (s. Tabelle 4, S. 14, wo für die Spezifität der Probe der nicht infizierten Zellen ein Sollwert von 97.1% angegeben ist) ;-)?

Ist davon auszugehen, dass die Labore, in denen die Tests des RKI durchgeführt werden, im Gegensatz zu den am Ringversuch teilnehmenden Laboren zuverlässigere Ergebnisse liefern? Wenn ja, wo liegt dann die durchschnittliche Spezifität der Tests bei diesen Laboren?

Grundsätzlich muss der Verordnungsgeber nachweisen, dass die Corona-Verordnungen für die angegebene Zielsetzung (Vermeidung einer Überlastung des Gesundheitssystems?) geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sind. Es müssten also bereits übergreifende, wissenschaftlich untermauerte Begründungen dafür vorliegen, die die in obigem Artikel genannten Zweifel hinfällig machen. Können Sie dazu seriöse Quellen nennen?

OLIVER MÄRTENS, 27. Mai 2020, 15:55 UHR

Der PCR-Test IST nicht der "Goldstandard"; er verlangt zur Validierung nach der Bestätigung DURCH einen "Goldstandard" - leider wurde dieser Aspekt durch die Propaganda der PCR-Test-Entwickler in sein Gegenteil verkehrt.

Das RKI verwendet "einen im eigenen Haus entwickelten Test in einem anderen Bereich des Genoms. Es werden alle Untersuchungsergebnisse also mit zwei unabhängigen Testen abgesichert." (Der andere Test ist der der Charité von Prof. Drosten et. al.) Das RKI findet demzufolge so gut wie kein "echtes" SARS-CoV-2 in den untersuchten Proben der Arbeitsgemeinschaft Influenza: https://influenza.rki.de/Wochenberichte.aspx

Dies steht im krassen Gegensatz zur "Ausbeute" des zu wenig spezifischen PCR-Test der Charité, der zu viele Falschpositive ausweist. Skandalös dabei ist, dass die "unteren Etagen" des RKI um diesen Tatbestand wissen; "oben" Herr Prof. Wieler aber unverdrossen mit den überhöhten Zahlen des Charité-Tests allein hausieren geht.

R. SEYFARTH, 26. Mai 2020, 15:40 UHR

Der Artikel wendet sich einer interessante Frage zu, ohne sie beantworten zu können. Gleich im ersten Absatz macht die Redaktion eine Rechnung auf, die nur unter der sehr speziellen Voraussetzung Prävalenz = Null gültig ist und die Zahl der positiven Tests als Neuinfektion weiter geleitet wird. Beides ist jedoch in der Realität nicht der Fall.

Die Prävalenz gibt den Anteil der Infizierten in der Stichprobe bzw. Grundgesamtheit an. Die Spezifität darf aber nur auf den Teil der Stichprobe angewendet werden, der nicht infiziert ist. Nähere Ausführungen finden sich z. B. in dem Artikel "Corona-Teststrategien – ein bisschen Statistik":

https://wien1x1.at/site/teststrategien-corona/

Dort wird auch erklärt, warum bei einer geringen Prävalenz in der Bevölkerung eine Teststrategie gefunden werden muss, die in der Stichprobe die Prävalenz erhöht, um das Problem der falsch-positiven Werte zu mindern. Leider werden nirgends detaillierte und nachprüfbare Angaben zu dieser Strategie in den einzelnen Phasen der Krise gemacht. Auch hat noch kein Journalist je danach gefragt.

Da durch die Anzahl der positiven Tests bezogen auf die Gesamttestzahl die Prävalenz der Stichprobe ungenügend hoch zu sein scheint (1,7 % positive Testergebnisse in der 20. KW), müssen bei der Verarbeitung der Testergebnisse aus den Laboren weitere Schritte zur Validierung unternommen werden. Wenn man die Anzahl der positiven Ergebnisse in der 20. KW (7060 lt. RKI im Artikel) mit den in dieser Woche als neu infiziert gemeldeten (5137 aus den Tagesmeldungen des RKI errechnet) vergleicht, ergibt sich eine Differenz von 1923, die nirgends erläutert wird. Könnte es sein, dass hier ein Großteil der falsch-positiven Ergebnisse aussortiert wird? Auch das hat noch kein Journalist erfragt. Vielleicht kann Ihr Team zur Klärung in einem nächsten Artikel beitragen.

Zusätzlich habe ich mit den Angaben des Artikels zur Sensitivität (98,8%) und Spezifität (98,6 %) die Prävalenz berechnet. Das ist möglich, da uns drei Gleichungen zur Verfügung stehen, die dann nur noch die Prävalenz, und die Zahlen für die falsch-positiven und richtig-positiven Ergebnisse als Unbekannte enthalten. Die Gesamtanzahl der Tests und die Anzahl der positiven Tests sind ja bekannt.

Für die 19. KW ergibt sich mit diesen Werten ein Anteil infizierter Personen von 1,3 % unter den Getesteten. Entsprechend erhält man 5191 richtig-positive und 5555 falsch positive Ergebnisse. Die Sicherheit, mit einem positiven Test eine infizierte Person zu identifizieren liegt damit bei 48 %. Daraus sind rund 6000 Neuinfizierte gemeldet worden. Hier dürfte die Teststrategie schon nicht mehr ganz aufgegangen sein, denn mit lediglich 8 % Prävalenz würde man schon eine Sicherheit von 86 % erreichen. In der 20. KW erhält man eine Prävalenz von 0,26 %. Die 7060 positiven Tests würden sich aus 1114 richtig-positiven und 5946 falsch-positiven Ergebnissen zusammensetzen, was eine Sicherheit von 15 % ergibt.

Diese Werte stehen natürlich unter dem Vorbehalt der angenommenen Werte für die Spezifität und Sensitivität. Bereits bei einer Spezifität von 0,995 kommt man in der 20. KW wieder auf eine Testsicherheit von 70 % und 2104 falsch-positiven Ergebnissen, was dann im Bereich der Differenz zwischen den positiv Getesteten und den gemeldeten Neuinfektionen liegt.

DIRK GINTZEL, 26. Mai 2020, 16:55 UHR

Das RKI versucht schon, die Prävalenz hoch zu halten und hauptsächlich "Verdächtige" zu testen. Trotzdem zeigt die Abbildung 8 auf Seite 12 des RKI-Lageberichts von 20. Mai https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/2020-05-20-de.pdf?__blob=publicationFile , dass die Tests jetzt Ende Mai asymptotisch gegen 1,4% laufen und diesen Wert auch erreicht haben. Man könnte auch sagen, die Welle ist definitiv vorbei. Alle Gefundenen sind mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit falsch positiv und der Nonsens in den RKI-Zahlen ist schlimmer denn je.

Das hat z.B. Auswirkungen auf Restaurantbesucher, die ihren Namen angeben müssen und so in die Quarantäne-Maschinerie der Gesundheitsämter geraten. Prof. Drosten schlägt jetzt auch noch vor, WÖCHENTLICH ALLE Lehrer und Erzieher zu testen. Zitat: „als Beruhigungs- oder Servicefunktion für dieses sehr wichtige Personal“. https://www.deutschlandfunk.de/virologe-drosten-zu-aerosol-uebertragung-im-alltag-eher.694.de.html?dram:article_id=477312 . Danke, verzichte gerne! Das bedeutet z.B. in einem großen Berufskolleg jede Woche mind. 2 falsch positiv getestete Lehrer, sowie infolgedessen ein riesiges Chaos in der Schule. Zur Erinnerung, es wurden schon Schulen geschlossen, wegen eines einzigen Falls unter Schülern.

Man muss hier wirklich die Frage stellen, warum sich RKI und Politik einfach nicht damit abfinden können, dass Covid-19 vorbei ist. Jede andere Grippewelle wäre wesentlich früher vom RKI für beendet erklärt worden. Worum geht es wirklich?

SEBASTIAN, 30. Mai 2020, 22:35 UHR

Für weitere ausführliche Informationen zu den PCR-Tests kann ich das folgende Interview mit Prof. Dr. Dr. Martin Haditsch empfehlen (Beginn ab Minute 10:40): https://www.youtube.com/watch?v=RFzBG_XMn_E
Im Video ist auch ein kurzer Beitrag von Dr. Klaus Pfaffelmoser enthalten (ab Minute 6:21)

HANS PETER SCHNEIDER, 3. Juni 2020, 13:25 UHR

Die ausgeführten mathematischen Darstellungen sind zwar im Prinzip richtig, stellen aber Wahrscheinlichkieten dar. Deren Interpretation im Artikel konzentriert sich allein auf einen Extremfall, dass die wahrscheinlichen 1,4 % falsch positiven auch tatsächlich zutreffen, also dass unter 100000 von 1700 gemessenen positiven 1400 falsch positiv wären und somit möglicherweise nur 300 tatsächlich positive übrig blieben. Die andere Seite wird verschwiegen: Dass bei 1,2 % falsch negativen von den 100000 - 1700 = 98300 gesund gemessenen, 1180 zusätzliche unerkannte Infizierte hinzu gerechnet werden müssten, man käme also so auf 1180 + 300 = 1480 tatsächlich Infizierte.

Beide Aussagen sind mathematisch falsch, da es sich um Wahrscheinlichkeiten und nicht um Tatsachen handelt. Die mathematisch richtige Aussage ist: Es gibt wahrscheinlich zwischen 300 und (1700+1180=) 2880 tatsächlich Infizierte. Über diesem Bereich legt der Statistiker bei fehlenden näheren Infortmationen eine Gaussche Glocke (Normalverteilung), was der Normalbürger mit der Annahme "Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte" genauso macht, und so darauf kommt, dass es sehr wahrsheinlich ist, dass es wohl um ((300+2880)/2=1590) gerundet 1600 tatsächlich Infizierte gibt. Tatsächlich mürde ein ordentlicher Mathematiker einen Signifikanztest nachstellen, um die Wahscheinlichkeit der Richtigkeit der Annahme zu berechnen (ja, das gibt es, und es würde drei weitere Seiten Platz einnehmen), woraus sich ergeben würde, dass die Wahrscheinlichkeit, dass beide extremen Annahmen, es gäbe nur 300 bzw. tatsächlich 2880 Infizierte, gegen Null geht.

Fazit: Die Wahrscheinlichkeit, dass Klaus Pfaffelmoser mit seiner Annahme recht hat, beträgt praktisch Null.

Übrigens: Um die Signifikanz eines Testes deutlich zu verbessern, gibt es ein einfaches Mittel: Den Test wiederholen. Die Wahrscheinlichkeit, dass beide Tests falsch positiv sind, beträgt 1,4%² = 0,014² = 0,000196 = 0,0196 % also aufgerundet 0,02 %. Wenn also einfach jeder positiv Getestete nochmal getestet wird, würden bei 1700 positiv getesteten nur eine Abweichung von 0,34 Personen (nicht einemal gerundet eine Person) vorkommen. Dies ist einfach, jedem Mediziner bekannt und wird auch tatsächlich gemacht.

All dies kann jeder Abiturient selber nachrechen, der in Mathe aufgepasst hat, da dies Teil der Statistik in der 12. Klasse ist.

Hans Peter Schneider, Mathelehrer

PAUL SCHREYER, 3. Juni 2020, 14:20 UHR

Die Kernaussage des Textes, wonach es sich an den derzeit verwendeten Zahlen und Methoden NICHT ablesen lässt, wenn es keine Virusträger mehr gibt, die Pandemie damit also auch nicht enden kann, bleibt eine Tatsache. Im Übrigen hat das RKI auf Nachfrage erklärt, dass in der Regel KEINE Doppeltests durchgeführt werden.

OLIVER MÄRTENS, 3. Juni 2020, 15:05 UHR

Ich fürchte, die Glockenkurve der Wahrscheinlichkeitsrechnung legt sich bereits über die 1,4 % Falschpositivenrate, denn diese 1,4 % stellen sich "nur" im Durchschnitt und auf lange Sicht ein: Im einzelnen Tausend können dies statt 14 mit ähnlicher Wahrscheinlichkeit auch 13 oder 15 sein. Damit dürften dann auch die vermeintlichen Intervallränder ihrerseits normalverteilt sein, und die Wahrscheinlichkeit genau für 1.400 oder die Residualgröße von 300 ist dann eher "durchschnittlich klein" als praktisch null.

Was bei der Testwiederholung passiert, hängt dann wiederum von der Ursache der Falschpositiven ab: Ist das medizinische Personal gleichmäßig ungeschickt oder der Test arbeitet intern mit einer Art "Zufallsgenerator", dann bringt die Testwiederholung den beschriebenen Erfolg.

Kontaminiert aber ein besonders ungeschickter Mitarbeiter praktisch jeden Abstrich und lässt man diesen Menschen den Test wiederholen, bringt dies wiederum nichts: Das falschpositive Ergebnis würde durch ein weiteres falschpositives Resultat bestätigt.
Eine Testwiederholung würde auch dann nichts bringen, wenn der Test immer wieder präzise auch auf andere Coronaviren anschlägt: Das falschpositive, weil kreuzreagierte Ergebnis würde sich beim nächsten Durchlauf des immer noch mit dem "falschen" Coronavirus befallenen Menschen wiederholen.

Damit ist zumindest eines klar: Das Thema ist komplexer als es vermeintlich eindeutige Zahlen suggerieren.

WERNER, 3. Juni 2020, 22:05 UHR

@Hans Peter Schneider
Bei der Anwendung im "Feld" auch die falsch negative Quote zu berücksichtigen und damit auf andere Werte zu kommen, ist in unserem Zusammenhang nicht zielführend. Falscher Ansatz! W e i l „falsch negativ“ heißt ja, die Infektion ist da, aber der Test sagt negativ. Wenn aber niemand infiziert ist, ist ein falsch negativer Test doch gar kein Problem und sollte nicht in diese Überlegungen einbezogen werden. Vgl. Bücher von Gerd Gigerenzer.

M. KRAHE, 4. Juni 2020, 08:15 UHR

@Hans Peter Schneider: Ihre Rechnung, dass bei 1,2 % falsch negativen von den 98300 gesund Gemessenen 1180 zusätzliche unerkannte Infizierte hinzu gerechnet werden müssten, ist so nicht richtig. Die 1,2 % muss man auf die (unbekannte) Anzahl der tatsächlich Infizierten beziehen, nicht auf die Gesamtheit der negativ Getesteten. Bei einer angenommenen Prävalenz von weniger als 1% kommt man dann lediglich auf weniger als 12 unerkannte Infizierte.

WERNER, 4. Juni 2020, 15:25 UHR

Hans Peter Schneider: "Fazit: Die Wahrscheinlichkeit, dass Klaus Pfaffelmoser mit seiner Annahme recht hat, beträgt praktisch Null." Denke nicht das das so ist. Es lohnt immer einen Abgleich mit der Realität vorzunehmen.

https://www.instand-ev.de/System/rv-files/340%20DE%20SARS-CoV-2%20Genom%20April%202020%2020200502j.pdf

Daraus folgt, daß der SarsCov2 PCR Test in Deutschland in rund 1 % falsch positive Ergebnisse anzeigt. Laut Situationsbericht des RKI vom 3. Juni wurden in der letzten Maiwoche 392.437 Tests durchgeführt, davon waren 4107 bzw. 1.0% positiv. Die Fallzahl lag also schon letzte Woche ü b e r der Rate der mutmaßlich zu erwartenden falsch-positiven Testrate! Wenn nun die Tests verdoppelt werden, verdoppeln sich auch die falsch Positiven, vermindert man, vice versa. Diagnose: wir haben es derzeit glasklar mit einer "Laborpandemie" zu tun.

PAUL SCHREYER, 3. Juni 2020, 14:10 UHR

Zur ergänzenden Information: Der Artikelautor Klaus Pfaffelmoser ist in der vergangenen Woche zu seinen Erkenntnissen vor der Kamera interviewt worden: https://youtu.be/RFzBG_XMn_E?t=382

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