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Das Rätsel unserer Normalität

Der planvolle Eifer, zugunsten des eigenen Fortkommens so zu erscheinen, wie die anderen mich mutmaßlich gerne hätten, ist das zuverlässigste Zeichen der Systemfrömmigkeit eines Menschen – seiner moralischen Anspruchslosigkeit, seines Desinteresses an eigenen Wertungen und Haltungen. Woher stammt der ehrgeizige Konformismus unserer Industriegesellschaften?

MICHAEL ANDRICK, 15. Dezember 2020, 2 Kommentare

Warum geschieht in der Welt so vieles, das die einzelnen Menschen je für sich verabscheuen und bedauern? Diese Frage bezeichnet das Rätsel unserer Normalität. Denn normal ist in den westlichen Industriegesellschaften und den von ihnen dominierten Regionen, dass wir in zweckorientierten Institutionen mit ruhigem Gewissen unserer Arbeit nachgehen – und dass wir dabei gemeinsam, als Koproduktion unserer „Arbeitswelten“, einen Zustand der Welt fortschreiben, der ökologisch unhaltbar ist und der moralisch gesehen längst hätte beendet werden müssen.

Das ist erklärungsbedürftig. Und es kann dafür überraschenderweise keine überzeugende soziologische, politik- oder geschichtswissenschaftliche Erklärung geben. Denn jede solche Erklärung hätte ihre Grundlage in den Begriffs- und Auffassungsgewohnheiten einer Regionalkultur, etwa Europas oder Afrikas oder Chinas; das Rätsel unserer Normalität ist aber ein globales. Es überschneidet alle Kulturgrenzen, denn die Abhängigkeitsgeflechte unserer Politik, des Kulturlebens und der Wirtschaft sind global geworden.

Deswegen brauchen wir zur Auflösung dieses Rätsels eine philosophische Hypothese – eine Behauptung über das Prinzip, oder wie Marx sagen könnte, über das „Bewegungsgesetz“ des modernen Geschehens auf globaler Ebene. Das klingt nach einem größenwahnsinnigen geistigen Vorhaben; aber in Wahrheit ist es bloß Philosophie, wie sie immer ist, wenn man sie nicht politisch kastriert und zu „sprachanalytischen“ Spielchen degenerieren lässt: Denken aufs Ganze hin.

Ich vertrete in meinem kurzen Buch "Erfolgsleere – Philosophie für die Arbeitswelt" die Auffassung, dass der Schlüssel zum Verständnis unserer rätselhaften Normalität in einer bestimmten Form der sozialen Koordination von Menschen liegt, die ich die „Ordnung des Ansehens“ nenne. Meine philosophische Hypothese zum modernen Weltgeschehen ist, dass eine solche Ordnung existiert und dass sie als globales Interpretationsmuster des Lebens in unseren Industriegesellschaften taugt.

In diesem Essay stelle ich das Konzept der Ordnung des Ansehens mit seinem historischen Kontext vor. Dabei gerate ich natürlich in dieselbe Schwierigkeit, die ich gerade für soziologische, politik- oder geschichtswissenschaftliche Erklärungen des Weltgeschehens benannt habe: Ich muss das Gewebe meiner Argumentation aus den Fäden meiner Heimatkultur spinnen, denn nur deren Begriffstraditionen kenne ich ausreichend gut. Der Wert der Hypothese von der Ordnung des Ansehens bemisst sich deshalb daran, ob und ggf. in welchem Maße der Leser dieses Gedankenkonstrukt zum Verständnis unserer Gegenwart erhellend findet.

Die Vorgängerkultur unserer Industriegesellschaft

Wir nehmen die Fährte im europäischen Mittelalter auf, bei der Vorgängerkultur der Ordnung des Ansehens. Die Funktionen der Menschen füreinander, die ihnen bestimmte Befugnisse übereinander gaben, wurden im ausgehenden Mittelalter strittig. Dies gab im Zeitalter von Reformation und Gegenreformation den Anlass zu ausgedehnten und verheerenden Kriegen.

Eine „Neuzeit“ musste erfunden werden, weil die alte, weltanschaulich fundierte Ordnung nicht mehr regelungsmächtig war und deshalb keinen stabilen Frieden begründen konnte. Im Friedensvertrag von Münster und Osnabrück, der 1648 den Dreißigjährigen Krieg beendete, einigte man sich deshalb darauf, dass Fragen religiöser Wahrheit nicht Gegenstand der Verhandlung sein würden. Man wusste, dass man nicht zusammenkommen würde, wenn jede Partei sich auf „die Wahrheit“ beruft.

Alasdair MacIntyre schildert den sozialen wie kognitiven Haltverlust der Epoche hellsichtig als Abhandenkommen des Tugendbegriffs. Tugenden sind historisch erprobte und bewährte Zugangswege zu menschlich bedeutsamen Gütern: Ehrlichkeit z.B. ist eine Tugend, weil sie Vertrauen stiftet und Verlässlichkeit in unsere Beziehungen bringt. Damit kann praktizierte Ehrlichkeit uns Stabilität, Ruhe und Gelassenheit einbringen.

Tugenden waren nach MacIntyres Erzählung bis zum Ende des Mittelalters in Gemeinschaft durch Nachahmung und Austausch erlernbar; ein weitgehender Konsens über die Bedeutung und Erfordernisse einzelner Tugenden konnte das Handeln in der Gemeinschaft tatsächlich wirksam regeln. Denn in einer räumlich eng gedrängten, im Glauben weitgehend einigen Gemeinschaft herrscht eine Lebenspraxis, die alle Mitglieder teilen. Diese Praxis bringt Wertmaßstäbe hervor und stabilisiert sie über Generationen hinweg.

Dies ist aus heutiger Sicht ein moralisches Idyll (jedenfalls sofern man die Gegenwart als sozial zersplittert, komplex und vielleicht sogar unheimlich erfährt). Denn dieser Betrachtung nach wächst eine zuverlässige Lebensorientierung in jedem Mitglied der Gemeinschaft langsam heran. In seiner Gemeinschaft entwickeln sich Werte und Ansprüche an seine Person zwar weiter fort, aber niemals in sprunghafter oder bedrohlicher Weise. Dieses Idyll kam spätestens mit der konfessionellen Spaltung des Christentums abhanden.

Es wird durch das für MacIntyre unselige, zum Scheitern verurteilte Projekt ersetzt, die Moral durch philosophische Argumentation zu rechtfertigen – anstatt sie durch lebendige Beispiele und Gespräche in überschaubaren Gemeinschaften direkt zur Wirkung zu bringen. Das neuzeitliche Bedürfnis nach intellektueller Rechtfertigung unserer Lebenspraxis und Moral zeigt, dass es für uns „Neuzeitler“ keine gemeinsame, einfach als natürlich und unstrittig verstandene Lebenswirklichkeit gibt.

Der Ideenhistoriker Hans Blumenberg schildert denselben Vorgang in ganz anderer Perspektive und sagt vom Übergang zur Neuzeit: „Das Mittelalter ging zu Ende, als es innerhalb seines geistigen Systems dem Menschen die Schöpfung als 'Vorsehung' nicht mehr glaubhaft erhalten konnte und ihm damit die Last seiner Selbstbehauptung auferlegte.“ Diese Entwicklung bahnte sich seines Erachtens an im Entstehen der nominalistischen Philosophie des Spätmittelalters: in einem neuen Denken, das die Sprache als rein menschlich-konventionell versteht. Unsere Begriffe sind einfach Namen (nomina), also Benennungen der Dinge. Darin liegt die damals revolutionäre Vorstellung, dass vom Menschen gewählte Bezeichnungen die begriffliche Ordnung unseres Denkens stiften – und nicht Gottes Schöpfungsakt am Anfang der Welt.

MacIntyre und Blumenberg denken auf unterschiedlichen Wegen über denselben Vorgang nach: Der Mensch wird Maßstab aller Dinge, Souverän der Welt und des Lebens darin. Der menschliche Wille übernimmt die Festlegung des Werts aller Dinge. Damit sind die Menschen in gewissem Sinne in den Rang der Gleichheit erhoben. Ihre gleiche Würde liegt darin, dass jeder von ihnen über den Willen verfügt, der nun für die Ordnung der menschlichen Verhältnisse zuständig ist und deshalb z.B. Verfassungen formuliert.

Diese neue Grundordnung der Sittlichkeit erfordert eine neue Form der sozialen Koordination von Personen, die nicht mehr in einer durch göttliche Offenbarung diktierten und dann überlieferten Über- und Unterordnung zueinander stehen. Was wir nun brauchen ist eine soziale Koordinationspraxis, in der sich Gleiche glaubhaft ihrer gegenseitigen Achtung und Rücksicht versichern: eine Ordnung des Ansehens.

Die Ordnung des Ansehens

Der Begriff von Ansehen oder Ehre einer Gesellschaft fasst all das zusammen, was einen Menschen zum guten Kooperationspartner im Sinne ihrer Wertvorstellungen macht. Diese Wertvorstellungen einer Gesellschaft sind in Teilen explizit formuliert und erklärt, etwa in einer Verfassung; ebenso wichtig sind aber auch die ungeschriebenen Wertvorstellungen, die einfach praktiziert werden. Der Ehrbegriff einer Zeit ist der Inbegriff dessen, was in einer Gesellschaft gewöhnlich gelobt oder getadelt wird. Wer Anerkennung will, muss diesen Kodex bedenken und seine Anforderungen einhalten.

Meine persönliche Ehre, mein Sozialstatus ist der Barometerstand meiner Anpassung an die Erwartungen meiner Gesellschaft, den die Anderen an mir ablesen. Der Stand dieses Barometers ist nie genau zu erkennen und hält meine Beurteiler und mich selbst in steter Unsicherheit. Einerseits ist das Quecksilber stets im Steigen oder Fallen begriffen, je nachdem wer gerade bei mir ist, und andererseits ist auch die Skala des Barometers nie mit völliger Sicherheit zu fixieren. Denn stetig entwickeln sich die konkreten Konformitätserwartungen meiner Gesellschaft im Lichte neuer Erfahrung fort.

Auch wenn das Sprechen von Ehre ein vages, von Vermutungen und Intuitionen getragenes Geschehen ist, können wir doch nicht darauf verzichten. Unser Reden über Ansehen und Status markiert ein Wähnen und Urteilen übereinander, ohne das eine Gruppe von Menschen nicht als Gesellschaft zusammenhängen kann. Nur im Wege dieses Wähnens und Urteilens darüber, ob jemand die Wertvorstellungen der Gemeinschaft verwirklichen hilft oder ihnen schadet, kann diesen Wertvorstellungen Geltung verschafft und die Gemeinschaft erhalten werden.

Jedes Zeitalter hat einen Ehrbegriff, aber seine logische und politische Funktion wandelt sich vom Mittelalter zur Neuzeit entscheidend: In einer weltanschaulich weitgehend einigen christlichen Gesellschaft kann der Ehrbegriff als eine Art soziales Abbild der allgemein geglaubten göttlichen Ordnung eher die „Begleitmusik“ wirksamer Über- und Unterordnungsverhältnisse sein. Nach der Pluralisierung der Glaubensüberlieferungen in der Reformation wird er nun meiner Ansicht nach zum Grundstein der sittlichen Ordnung einer weltanschaulich pluralen Gesellschaft.

In unserer Gesellschaft von Situation zu Situation gehen bedeutet, sich selbst von außen zu betrachten und zu fragen: „Wie wirke ich in diesem Moment wohl? Stimmt diese Wirkung mit den vermutlichen Erwartungen der anderen an mich in dieser Situation zusammen? Gibt es eine Dissonanz? Wenn ja, welche Kosten kann sie für mich haben?“

Wir sind in weiten Teilen unseres modernen Soziallebens deshalb gedanklich und nervlich nicht bei uns selbst, sondern bei den Anderen, um ihre Erwartungen für uns gewinnbringend (oder wenigstens friedensichernd) zu erraten – und ihnen dabei auch deutlich zu machen, dass wir auf diese Erkenntnis den Wert legen, der ihrer Würde als Personen gebührt. Dieses Navigieren unter den vermuteten Erwartungen anderer in einer Situation nach der anderen ist eine stetige, aktive Selbstverunsicherung. Wir werden andauernd von uns selbst weggeführt, weshalb der Lebenshilfekitsch der Gegenwart auch ganz sinnvoll immer wieder davon spricht, sein „wahres Selbst“ zu entdecken oder „zu sich selbst zu kommen“.

Der Ehrbegriff von Ansehen und Status ist in der Moderne unser kulturelles Mittel, Achtung für das Wollen, für die Werthaltungen anderer zu demonstrieren, sie also zu respektieren. Indem wir das ebenso ausgedehnte, unendlich komplexe wie oft versteckte Regelwerk des Ehrerweises gegenüber unseren Mitmenschen anwenden – von Begrüßungsritualen bis zum Bemühen um Takt bei der Vermittlung unserer Vorstellungen und der Vertretung unserer Interessen –, zeigen wir permanent, dass anderer Leute Denken und Wollen von uns als prak-tisch wichtig begriffen und in Betracht gezogen wird.

Unser Verhalten lässt sich als Autoritätskult verstehen, als ein Verfassungsritual. Es ist Ausdruck einer erlernten Mentalität, die unsere Werteordnung stabilisiert: Der Quell aller Normen, unter denen ein Mensch rechtmäßigerweise zu leben kommen könnte, ist in jedem Menschen gegenwärtig; der Souverän bin in diesem Sinne ich als menschliche Person. Der Wille des Menschen ist der Souverän der Neuzeit, und jeder Souverän muss stete Anerkennung fordern, um tatsächliche Macht zu entfalten. Unsere spezielle Form der sozialen Navigation, die diese stete Anerkennung organisiert und garantiert nenne ich die „Ordnung des Ansehens“.

Sie scheint mir keine „westliche“, „abendländische“, oder sonst wie regional eingrenzbare Besonderheit zu sein, wenn ich dies auch letztlich nicht beurteilen kann. Bei internationalen Begegnungen von Menschen aus industrialisierten Gesellschaften geht es aber nach meiner Erfahrung immer nur um die Art und Weise, auf die der äußerliche Ehrerweis bei Angehörigen einer bestimmten Nation zu erbringen ist.

Dass eine Routine der sichtbaren Statuspflege für Austausch und Kooperation sowie für die Stabilität jeder dieser anderen Gesellschaften fundamental ist, steht aber außer Frage. Dass der menschliche Wille der neuzeitliche Souverän ist, steht außer Frage. Und was außer Frage steht, gilt als selbstverständlich und stiftet damit soziale Realität – in diesem Fall eine globale soziale Realität.

Das übliche Verhängnis der Moderne: Ehrgeiziger Konformismus

Abschließend möchte ich die charakteristische Gefährdung unserer moralischen Integrität ansprechen, die sich aus unserer biographischen Einübung in die Ordnung des Ansehens ergibt: Wir geraten leicht in gedankenlosen Konformismus und einen Habitus seiner beinahe sportlichen Perfektionierung, das heißt in den Ehrgeiz.

Konformismus ist gewohnheitsmäßiger Gehorsam gegenüber dem Ehrbegriff meiner Gesellschaft. Konformes Denken und Tun suspendiert den Menschen als moralisches Wesen, denn im unreflektierten Mitmachen ist der Vorbehalt aufgehoben, den jeder Mensch mit seinem Nachdenken gegen das etablierte Tun seiner Umgebung geltend machen kann. Konformismus als festen Habitus zu pflegen bedeutet deshalb, sich bedingungslos der von uns Menschen kollektiv selbstgemachten Wirklichkeit zu unterwerfen.

Damit aber ist der Vernichtung alles Wertvollen und seines einzigen Urhebers, des Menschen, prinzipiell die Bahn eröffnet. Die Konformisten aller Zeiten haben gemeinsam die Macht, dem gerade etablierten Werte- und Herrschaftssystem unkontrollierte und damit ungehemmte Machtentfaltung zu erlauben.

Für jeden Einzelnen ist sein Ausmaß an Konformität folglich der Gradmesser seiner moralischen Gefährdung. Dem Konformisten wird das Selbst schwach – sein Wille und damit seine Fähigkeit, die eigene Erfahrung durch Nachdenken zu verarbeiten, wird schwach; seine Moralität, der Vorbehalt des Nachdenkens gegen das Tun, wird nicht kultiviert, und so festigt sich mit jedem Jahr des bloßen Mitmachens das eigene Schicksal, vor allem als Funktionär zu existieren. Das eigenwillige Leben wird durch die Gewohnheit verdrängt, dem Druck oft nur vermuteter fremder Erwartungen nachzugeben, um zu gewinnen, was die etablierte Ordnung zu bieten hat.

Konformistisch sein ist somit eine komplizierte, kraftraubende Sache und keineswegs der berühmte „Weg des geringsten Widerstands“. Es ist der Sport, mit anderen um die Wette fremde Erwartungen zu erraten und zu antizipieren. Man versucht dabei, auf möglichst glaubhafte Weise ein für andere simuliertes Innenleben nach außen zu kehren. Genau dies ist das in jeder Gesellschaft für uns vorgesehene Programm: Abschaffung des eigenen Nachdenkens zugunsten eines vorauseilenden, über fremde Erwartungen spekulierenden Gehorsams. Dies ist der Weg zur Verkümmerung unseres Selbst, zur Abschaffung unserer eigenen, wertenden Perspektive auf die Welt.

Was bleibt, ist ein allein noch außen operierender Mensch, der auf eingehende Reize umstandslos durch zweckmäßige Verarbeitung in gewohnheitsmäßigem Denken und Tun reagiert. Der Konformist exekutiert damit die bestehende Ordnung bruchlos, ohne verzögernde oder den Betrieb gefährdende Reflexion; er macht, wie Theodor W. Adorno sagt, „mit der Welt gemeinsame Sache gegen sich“. Dieser zeitlose Typus Mensch ist der Funktionär, dessen Erzählung von sich selbst schlicht und direkt durch die herrschenden Tatsachen und allgemein akzeptierten Forderungen bestimmt ist. Seine gedankenlose Klarheit ist es, die ihn zum perfekten Organisator und Mitläufer jedes beliebigen Unrechts macht.

Daraus erklärt sich, dass Ehrgeiz als Leittugend der Industriegesellschaft auftritt und durchweg positiv verstanden wird. Der planvolle, geradezu sportliche Eifer, zugunsten des eigenen Fortkommens auch ja so zu erscheinen, wie die anderen mich mutmaßlich gerne hätten, ist das zuverlässigste äußere Zeichen der Systemfrömmigkeit eines Menschen – seiner moralischen Anspruchslosigkeit, seines Desinteresses an eigenen Wertungen und Haltungen. Ehrgeizige Konformisten machen gerade keinen Unterschied, und deshalb werden sie von unserer (wie auch jeder anderen) etablierten Ordnung bevorzugt herangebildet.

Über den Autor: Dr. Michael Andrick, Jahrgang 1980, promovierte in Philosophie und ist seit 2006 in Großunternehmen tätig, unter anderem drei Jahre als Führungskraft in den USA und als Digitalisierungsmanager in Deutschland. Mit seiner Frau und drei Töchtern lebt und arbeitet er in Berlin. Sein Buch "Erfolgsleere – Philosophie für die Arbeitswelt" erschien im Verlag Karl Alber.

SEBASTIAN, 16. Dezember 2020, 18:45 UHR

Vielen Dank für diesen interessanten und wichtigen Artikel! Der Autor weist hier auf ein zentrales Problem der bestehenden Verhältnisse hin. Solche grundlegenden Analysen helfen ungemein beim Verständnis der aktuellen Geschehnisse. Gerne mehr davon!

GEORG, 16. Dezember 2020, 19:50 UHR

Der Beitrag beleuchtet die derzeitige Lage in meinen Augen sehr gut. Ohne näher "auf Corona" einzugehen, gelingt es Dr. Andrick, eine unausgesprochene Verbindung dazu herzustellen. Als Musiker und Musikpädagoge mache ich ganz ähnliche Erfahrungen in meinem Berufsumfeld: Es findet eine sehr starke Fokussierung auf reine Fachlichkeit und professionelle Anforderungen statt, welche kaum hinterfragt und noch seltener in einen größeren gesamtgesellschaftlichen Kontext gebracht werden. Funktionieren in der eigenen Karriere scheint zu vielen Menschen zumindest vordergründig bedeutender zu sein, als in weitere Dimensionen vorzustoßen und dort neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Für die Durchsetzung und Zementierung der derzeitigen staatlichen Umwälzungs-Operationen sind einseitige Natur- und Geisteswissenschaftler, Schriftsteller, Philosophen und Künstler natürlich sehr nützlich und willkommen.

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