Grafik: Verlag Fiftyfifty

Das Gedächtnis der Natur

Ein revolutionäres Erklärungsmodell für eines der großen Rätsel der Naturwissenschaft, die Entstehung der Formen, schlug 1981 der englische Biologe Rupert Sheldrake vor – und rüttelte damit an den Grundfesten heutiger naturwissenschaftlicher Glaubenssätze. Mathias Bröckers stellt die Forschungen vor. Ein Auszug aus seinem Buch „Inspiration, Konspiration, Evolution“, das anlässlich von Bröckers´ 70. Geburtstag erscheint und vor allem seine Essays zu natur- und geisteswissenschaftlichen Themen und Phänomenen versammelt. Multipolar gratuliert!

MATHIAS BRÖCKERS, 5. Juli 2024, 3 Kommentare, PDF

„Natur! Wir sind von ihr umgeben und umschlungen – unvermögend aus ihr herauszutreten, und unvermögend tiefer in sie hineinzukommen ... Sie schafft ewig neue Gestalten; was da ist, war noch nie, was war, kommt nicht wieder – alles ist neu, und doch immer das Alte. Wir leben mitten in ihr und sind ihr fremd. Sie spricht unaufhörlich zu uns und verrät uns ihr Geheimnis nicht. Wir wirken beständig auf sie und haben doch keine Gewalt über sie. Sie scheint alles auf Individualität angelegt zu haben und macht sich nichts aus den Individuen. Sie baut immer und zerstört immer, und ihre Werkstätte ist unzugänglich. Sie lebt in lauter Kindern, und die Mutter, wo ist sie? – Sie ist die einzige Künstlerin: aus dem simpelsten Stoff zu den größten Contrasten; ohne Schein der Anstrengung zu der größten Vollendung – zur genausten Bestimmtheit, immer mit etwas weichem überzogen. Jedes ihrer Werke hat ein eigenes Wesen, jede ihrer Erscheinungen den isoliertesten Begriff , und doch macht alles Eins aus. (...) Gedacht hat sie und sinnt beständig; aber nicht als Mensch, sondern als Natur ... Sie liebt sich selber und haftet ewig mit Augen und Herzen ohne Zahl an sich selbst. Sie hat sich auseinander gesetzt, um sich selbst zu genießen. Immer läßt sie neue Genießer erwachsen, unersättlich, sich mitzuteilen ... Ihr Schauspiel ist immer neu, weil sie immer neue Zuschauer schafft. Leben ist ihre schönste Erfindung, und der Tod ist ihr Kunstgriff, viel Leben zu haben. (...)“ (1)

Als die Zeitschrift Nature im Jahr 1876 mit ihrer ersten Ausgabe erschien, zierte dieser Text von Goethe das Editorial – heute jedoch hat der Geist Gaias, der aus diesen Zeilen atmet, im renommiertesten wissenschaftlichen Blatt der Welt nur noch wenig zu suchen. Als der englische Biologe Rupert Sheldrake 1981 für eines der großen Rätsel der Naturwissenschaft, die Entstehung der Formen (Morphogenese), ein revolutionäres Erklärungsmodell vorschlug – ein morphogenetisches Feld, das die Erinnerung jeder Spezies weitergibt –, hätte der Ahnherr Goethe wahrscheinlich bekundet, dass er so etwas ja schon immer geahnt habe. Der amtierende Herausgeber von Nature indessen verdammte Sheldrakes Arbeit nicht nur als „gefährliche Irrlehre“, sondern empfahl sie auch noch einer ziemlich unfeinen Spezialbehandlung: „Dieses ärgerliche Traktat ist ein Spitzenkandidat für eine Bücherverbrennung.“

In der Tat rüttelte Sheldrakes Hypothese, dass die Formen in der Natur weder allein durch die Gene noch im darwinschen „Kampf ums Dasein“, sondern durch ein „morphogenetisches“, Form verursachendes Feld entstehen, an den Grundfesten heutiger naturwissenschaftlicher Glaubenssätze. Und die wüste Forderung einer Bücherverbrennung zeigte, dass ein wunder Punkt in der fundamentalen Weltanschauung des wissenschaftlichen Establishments berührt war. Das etwas moderater eingestellte Wissenschaftsblatt New Scientist schrieb denn auch: „Wenn Sheldrake recht hat, dann hat die westliche Wissenschaft die Welt ganz übel fehlgedeutet – und alles, was in ihr lebt, dazu.“

Das Herausfordernde an Sheldrake Buch „Das schöpferische Universum“ war, dass er nicht einfach spekulierte, sondern seine Behauptungen anhand wiederholbarer Experimente aufstellte und die Ergebnisse einiger erster Versuche gleich vorlegte. In der Folgezeit fanden, gefördert durch Preisgelder einiger Universitäten und Institutionen, weitere Experimente zur Überprüfung der Hypothese statt. Die Ergebnisse waren positiv. 1988 ging der Streit um die morphogenetischen Felder in eine weitere Runde – es erschien ein neues Buch von Sheldrake – „Das Gedächtnis der Natur“, in dem der Autor seine Hypothese in ihren historischen und philosophischen Gesamtzusammenhang stellt und verdeutlicht, dass sie auf ein vollkommen neues, durch und durch evolutionäres Verständnis der Welt hinausläuft: Nicht ewige, unverrückbare Naturgesetze regieren das Universum und das Leben, sondern ein sich durch die Gegenwart ständig veränderndes, evolutionierendes Gedächtnis der Vergangenheit. In der Einleitung schreibt Sheldrake:

„Dieses Buch erforscht die Möglichkeit, dass die Natur ein Gedächtnis besitzt. Es vertritt die Ansicht, dass natürliche Systeme wie Termitenkolonien, Tauben, Orchideen und Insulinmoleküle von allen früheren Exemplaren ihrer Art, wann und wo auch immer diese existiert haben mögen, eine kollektive Erinnerung übernehmen. Diese kollektive Erinnerung ist von kumulativem Charakter, wird also durch Wiederholung immer weiter ausgeprägt, so dass wir sagen können, die Natur oder Eigenart der Dinge sei Ergebnis eines Habitualisierungsprozesses, also Gewohnheit: Die Dinge sind so, wie sie sind, weil sie so waren, wie sie waren. Gewohnheiten könnten in der Natur aller lebenden Organismen, in der Natur der Kristalle, Moleküle und Atome, ja des ganzen Kosmos liegen. (...)

Diese Möglichkeiten sind im Rahmen einer wissenschaftlichen Hypothese denkbar, die ich ›Hypothese der Formbildungsursachen‹ nenne. Nach dieser Hypothese hängen Gestalt und Art der Dinge von Feldern ab, die ich ›morphische Felder‹ nenne. Jedes natürliche System besitzt ein eigenes spezifisches Feld und so sprechen wir von einem Insulinfeld, einem Buchenfeld, einem Schwalbenfeld und so weiter. Alle Atome, Moleküle, Organismen, Gesellschaften, Konventionen und mentalen Gewohnheiten werden von solchen Feldern geformt. Morphische Felder sind, wie die bekannten Felder der Physik, nicht-materielle Kraftzonen, die sich im Raum ausbreiten und in der Zeit andauern. (...)

Wenn solch ein organisiertes System aufhört zu existieren – etwa wenn ein Atom sich spaltet, eine Schneeflocke schmilzt, ein Tier stirbt –, so verschwindet das organisierende Feld von dem Ort, an dem das System sich befand. In einem anderen Sinne jedoch verschwinden morphische Felder nicht: Sie sind potentielle Organisationsmuster und können sich zu einer anderen Zeit und an einem anderen Ort wieder konkretisieren, wenn die entsprechenden physikalischen Bedingungen gegeben sind. Den Prozeß, durch den Vergangenheit innerhalb eines morphischen Felds zur Gegenwart wird, nenne ich ›morphische Resonanz‹.“

Warum sieht ein Kaninchen wie ein Kaninchen aus? Warum spinnt eine Spinne in Timbuktu ihr Netz exakt so wie ihre Artgenossin in Lappland? Warum ähneln sich Kleeblätter wie ein Ei dem anderen und sind doch, genau betrachtet, niemals identisch? Warum wächst eine Hand wie eine Hand und ein Fuß wie ein Fuß, obwohl doch die Zellen, aus deren Teilung die vielfältigen menschlichen Organe hervorgehen, absolut identisch sind? Was gibt einem Schneekristall, einem Insulinmolekül oder einem Termitenbau seine charakteristische Form?

Erklärungsversuche von Platon bis Darwin

Was die befruchteten Eier oder Zellen veranlasst, ihre typische Gestalt und Struktur anzunehmen, hat die Wissenschaftler seit der Antike beschäftigt; für Platon waren es transzendente Urbilder, die dafür sorgen, dass ein Esel mit grauem Fell und vier Beinen geboren wird oder ein Kristall harmonische Symmetrien aufweist. Ein Esel war für ihn die irdische Manifestation der metaphysischen „Esel-Idee“, eines ewigen Urbilds, das Platons Nachfolger mit der Ausbreitung des Christentums zu einer Idee im Geiste Gottes umdeuteten. Aristoteles, ein Schüler Platons, bestritt die Existenz einer solchen transzendentalen Ideen- Schmiede. Er glaubte, dass die Natur selbst beseelt sei und die Organisationsprinzipien in den Dingen selbst gegenwärtig wären, dass also das befruchtete Ei die Esel-Idee enthält, die das Tier zu seiner Form und seinem Verhalten hinstreben lässt.

Das Zeitalter der Aufklärung brachte im 17. Jahrhundert die Vorstellung einer Präformation hervor, die den Bauplan des Lebens ebenfalls in den Samen oder Eizellen ansiedelte, allerdings nicht als platonische Idee und auch nicht als Seele, sondern als Miniaturorganismus, der schon alle charakteristischen Formen enthält. Unter dem Mikroskop glaubte man tatsächlich ein winziges Wesen mit Eselsohren zu erkennen oder, in menschlichem Sperma, einen kleinen Homunculus. Schon bald aber wurde entdeckt, dass das Wachstum epigenetisch, durch Neubildung vorher nicht vorhandener Strukturen verläuft – ein Begriff der Präformationsbiologen dieser Zeit allerdings hielt sich und wurde später berühmt: der Begriff „Evolution“.

Charles Darwin, mit dessen Name die Theorie der Evolution heute verbunden ist, hat diesen Begriff bei der ersten Formulierung seines Hauptwerks „Die Entstehung der Arten“ bewusst nicht verwendet – von „Evolution des Lebens“ zu sprechen, hätte im Kontext der damaligen Zeit bedeutet, dass man eine Schöpfung als sich entwickelnde, präexistierende Struktur voraussetzte, womöglich gar eine göttlichen Idee, und ebendies wollte Darwin vermeiden. Er gab seine Antwort auf die Frage, nach welchem Plan die Formen des Lebens entstehen, vielmehr in Begriffen, die dem von industriellem und ökonomischem Aufschwung geprägten 19. Jahrhundert entsprachen: Fortschritt, Innovation, Konkurrenz, Eliminierung des Untauglichen und Vererbung von Gütern. Organismen und ihre Formen entwickelten sich laut Darwin spontan und zufällig, neue Merkmale werden an die Nachkommen vererbt, deren Überlebensfähigkeit sich im Kampf ums Dasein entscheidet.

Mit der Entdeckung der DNS in den 50er-Jahren dieses Jahrhunderts glaubte man das Rätsel der genetischen Vererbung und damit auch das Rätsel der Formentstehung endgültig gelöst zu haben: Der Genotypus, die genetische Veranlagung, bestimmt den Phänotypus, das tatsächliche Erscheinungsbild des Organismus. Evolvieren kann aber nur der Geno-Typ, das Erscheinungsbild und Verhalten des Phänotyps wirkt sich nicht auf die Nachkommenschaft aus. Der blinde Zufall, so die heute herrschende neodarwinistische Lehrmeinung, lasse bestimmte Gene mutieren und neue Formen entstehen. Dass zum Beispiel Kamele mit einer dicken Hornhaut auf den Knien geboren werden, hat nach heutiger Vorstellung nichts mit dem häufigen Niederknien der Ur-Kamele zu tun, welches als erworbenes Merkmal im Laufe vieler Generationen erblich wurde – wie es noch Darwins Vorgänger Lamarck behauptet hatte –, sondern mit einer genetischen Mutation, die irgendwann zufällig Hornhaut an den Knien produzierte, was sich dann als vorteilhaft erwies, von der natürlichen Auslese begünstigt wurde und sich schließlich durchsetzte.

Auch die Schwierigkeit, dass etwa die Form eines Blumenkohls sich nicht aus den DNS- und Eiweißmolekülen ablesen lässt oder dass die von den Genen produzierten Proteine beim Schimpan- sen und beim Menschen zu 99 Prozent übereinstimmen, gilt mittlerweile als überbrückt: Dass sich aus nahezu identischen DNS-Molekülen verschiedene Formen entwickeln, liege, so die Molekularbiologen, an unterschiedlichen „genetischen Programmen“ – doch ebendiesen, scheinbar so klaren Begriff weist Sheldrake als irreführend zurück:

„Vielleicht erhält die Morphogenese ihre Ordnung tatsächlich von einem solch zielgerichteten Lenkungsprinzip, doch dann wäre ›genetisches Programm‹ der falsche Name dafür: Es ist nicht genetisch, liegt nicht in den Genen und man kann die Morphogenese auch nicht als ›programmiert‹ bezeichnen. Wäre das Entwicklungsprogramm in den Genen enthalten, dann wären alle Körperzellen identisch programmiert, denn sie enthalten alle dieselben Gene. So sind beispielsweise die Zellen unserer Arme und Beine genetisch identisch. Diese Gliedmaßen enthalten überdies genau dieselben Arten von Eiweißmolekülen, chemisch identischer Knochen- und Knor- pelsubstanz und so weiter. Aber sie sind von unterschiedlicher Gestalt. Mit den Genen alleine sind diese Unterschiede nicht zu erklären. (...)

An dieser Stelle wird die Theorie der genetischen Programme denn auch fadenscheinig, und man behilft sich mit vagen Ausdrücken wie ›komplexe raumzeitliche Muster physikalisch-chemischer Aktivität, die noch nicht gänzlich erforscht sind‹ oder ›unaufgeklärte Mechanismen‹. Der Begriff der programmierten Entwicklung ist irreführend, denn wenn man ein Phänomen ›programmiert‹ nennen will, muß nachzuweisen sein, dass neben dem Phänomen selbst etwas Zweites besteht, das Programm ... Diese Voraussetzung ist tatsächlich gegeben bei der Abfolge der basischen Bausteine in DNS-Molekülen und der Abfolge der Aminosäuren in Peptiden. Hier aber hört das Programm schon auf. Für die Faltung der Peptidketten zu den charakteristischen dreidimensionalen Eiweißmolekülen ist keine Programmierung vorhanden (...).

Zwar entwickelte sich die moderne Biologie in Opposition zum Vitalismus, also der Lehre, dass lebendige Organismen von zielgerichteten, geistähnlichen Prinzipien organisiert werden, und die Mechanisten verwarfen solche Gedanken. Aber mit den genetischen Programmen haben sich nun doch wieder zielgerichtete geistähnliche Organisationsprinzipien in die moderne Biologie eingeschlichen. (...) Die Mechanisten haben den Vitalisten stets vorgeworfen, sie versuchten, den Geheimnissen des Lebens mit leeren Worten wie ›Entelechie‹ – Zielgerichtetheit – beizukommen, die ›alles und gar nichts erklärten‹. Doch auch in ihrer mechanistischen Verkleidung haben die alten Vital-Faktoren genau diese Eigenschaft: Sie erklären nichts. Wie kann eine Ringelblume aus ihrem Samen herauswachsen? Weil sie genetisch programmiert ist. Wie kann eine Spinne ihr Netz spinnen? Weil der Instinkt dazu in ihren Genen kodiert ist. Und so weiter.“

Sheldrake zeigt an vielen Beispielen, wie alle Versuche, die Organisationsprinzipien des Lebens mit „genetischen Programmen“ zu erklären, fehlgeschlagen sind. Wie erinnert sich ein Strudelwurm, der in mehrere Teile geschnitten wird, an einen ganzen Wurm und regeneriert aus jedem Teil wieder einen solchen? Wird ein Seeigel im Zweizellenstadium geteilt, wächst aus jeder Hälfte ein kompletter Seeigel – auch Pflanzen und Wirbeltiere verfügen über so erstaunliche Regenerationsmöglichkeiten, dass man sich fragen muss, woher die einzelnen Teile ihr Wissen über die Form des Ganzen haben.

Molekularbiologie hat „keine wirkliche Theorie“

Selbst Jacques Monod, einer der herausragendsten Vertreter des mechanistischen Prinzips von „Zufall und Notwendigkeit“ (so der Titel von Monods bekanntestem Werk), musste zugestehen, dass die Molekularbiologie zur Frage der Morphogenese über ›keine wirkliche Theorie‹ verfügt. Ähnliches gilt auch für die um die Jahrhundertwende vor allem von Hans Driesch und Henri Bergson entwickelten Konzepte des „Vitalismus“, die als Kausalfaktor für die schöpferische Entwicklung alles Lebens und auch der Morphogenese einen nicht-physikalischen „elan vital“ postulierten. Auch dieser Lebensgeist war alles andere als eine „harte“ Theorie für das Rätsel der Formentstehung. Mit Sheldrakes Konzept zeichnet sich jedoch auf Basis der Theorien der Selbstorganisation und der Quantenmechanik eine Synthese der scheinbar unvereinbaren Konzepte von Mechanismus und Vitalismus in der Frage der Morphogenese ab.

Im Jahr 1920 startete William McDougall an der Harvard-Universität mit einem reinrassigen Stamm weißer Wistar-Ratten ein Langzeit-Experiment, mit dem die Möglichkeit der Vererbung erworbenen Verhaltens, also Lamarcks Hypothese, getestet werden sollte. Die Tiere mussten lernen, aus einem speziell konstruierten Wasserbecken durch einen der beiden Durchgänge zu entkommen, wobei der falsche Ausweg erleuchtet war und mit einem Stromschlag bestraft wurde. Die Position der Ausgänge wurde dauernd gewechselt. Als Maß für die Lerngeschwindigkeit galt die Anzahl von Fehlversuchen einer Ratte, bis sie gelernt hatte, immer durch den richtigen, unbeleuchteten Ausgang zu entkommen. Das Experiment wurde über 32 Generationen fortgesetzt und dauerte bis zu seiner Beendigung 15 Jahre, wobei die Paare für die Weiterzucht nach dem Zufallsprinzip ausgesucht wurden. Das Ergebnis sorgte für einen Skandal, denn es schien die Lamarcksche Hypothese voll und ganz zu bestätigen: Während in den ersten acht Generationen die Fehlerquote bei über 56 lag, fiel sie in der 2., 3. und 4. Gruppe von jeweils acht Generationen von 41 auf 29 und schließlich 20 Fehlversuche. Kann also erlerntes Verhalten doch vererbt werden?

McDougalls Experimente waren sehr sauber durchgeführt worden und ließen keinen anderen Schluss zu, allerdings hatte er nicht berücksichtigt, auch noch eine Kontrollgruppe zu führen, in der die Lerngeschwindigkeit von nicht-trainierten Ratten gemessen wurde. Andere Forscher führten diese Experimente später fort, bis sie 1954 in einer großen Kontroverse abgebrochen wurden. Es hatte sich nämlich gezeigt, dass sich die Lerngeschwindigkeit auch bei Ratten erhöhte, deren Vorfahren nicht im Labyrinth trainiert hatten. Damit war zwar Lamarck vom Tisch und McDougalls Schlussfolgerungen hatten sich als falsch erwiesen, seine Ergebnisse waren auf mehr als eindrucksvolle Weise bestätigt worden – mit dem Ergebnis, dass die ganze Sache nach mechanistischer Theorie nunmehr völlig unerklärlich war. Erst Sheldrakes Hypothese eines morphogenetischen Felds machte sich daran, dieses Paradox zu erklären.

Den Vorwurf, dass er mit seiner Theorie eines unsichtbaren, Zeit und Raum überwindenden Bewusstseinsfeldes als Träger biologischer Information dem Irrationalismus und der Mystik Vorschub leiste, erwidert Sheldrake, indem er aufzeigt, dass hinter den gegenwärtig anerkannten Theorien der Naturwissenschaft und der Evolution ebenfalls eine zutiefst metaphysische Annahme steckt: dass nämlich die Naturgesetze ewig und für alle Zeiten dieselben seien. Und dass die scheinbar überholten vitalistischen Prinzipien als Trojanische Pferde schon längst wieder Einzug in die neodarwinistische Biologie gehalten haben, etwa in Form der von ihrem Cheftheoretiker und Lautsprecher Richard Dawkins postulierten „egoistischen Gene“. Diese haben wenig gemein mit „blinden“ chemischen Molekülen der DNS: Sie können „Form erschaffen“, „Materie gestalten“, „evolutionäre Rüstungswettläufe“ veranstalten und sind auf Vorherrschaft aus „wie erfolgreiche Chicago-Gangster“. In der Werkstatt des „blinden Uhrmachers“ – so der Titel des populärsten Dawkins-Werks – werkeln insgeheim längst schon wieder vitalistische Wichtel.

Was aber ist biologische „Information“, wenn sie nicht allein aus dem Aufbau der Gene zu erklären ist? Platon hätte geantwortet, dass es sich um transzendentale Ideen handelt, Aristoteles hätte von der Seele der Natur gesprochen und die modernen Materialisten reden von einem „genetischen Programm“, das völlig ohne Gott, Geist oder Seele auskomme. Sheldrake hingegen zeigt, dass die materialistische Vorstellung einer ausschließlich von einem Zufallsgenerator und mechanischer Notwendigkeit gesteuerten Welt theoretisch nur überleben konnte, weil sie in gut platonischer Manier die Existenz nichtmaterieller Organisationsprinzipien, der ewigen Naturgesetze, a priori voraussetzte. Gesetzmäßigkeiten, die schon vor dem Anfang des Universums, also schon vor dem Urknall, da gewesen sein müssen und sich seither nicht verändert haben.

Kosmos als selbstorganisiertes System

Sheldrake geht davon aus, dass die gesamte Natur einschließlich des Kosmos ein selbstorganisiertes System ist, dessen Baupläne nicht für alle Ewigkeiten fixiert sind, sondern sich mit den von ihnen organisierten Systemen entwickeln, da es sich also weniger um Gesetze als um Gewohnheiten handelt. Die biologische Information wird dabei nicht allein durch die Gene vererbt, sondern durch die „morphische Resonanz“, mit der sich der Organismus auf das Muster des morphischen Feldes seiner Spezies „einschwingt“.

Wie haben wir uns das vorzustellen? Die Situation kann mit einem Fernsehapparat verglichen werden: Die Bilder auf dem Schirm entstehen im TV-Studio und werden durch ein elektromagnetisches Feld übertragen. Um das Bild erzeugen zu können, muss der Apparat mit den richtigen, verdrahteten Komponenten ausgestattet, mit elektrischer Energie versorgt und auf die Sender-Frequenz eingestellt sein. Veränderungen an der Ausstattung, etwa ein fehlerhafter Transistor, stören das Bild auf dem Schirm oder lassen es verschwinden – doch niemand käme auf die Idee, dass die Bilder aus den Transistoren und den anderen Komponenten bestehen und dem TV-Apparat einprogrammiert sind. Die herkömmliche Biologie aber tut genau dies: Sie wertet die Tatsache, dass Veränderungen an den genetischen Komponenten Form und Verhalten eines Organismus beeinflussen können, als Beweis dafür, dass Form und Verhalten in den Genen kodiert oder genetisch programmiert seien.

Die Natur hat also nicht nur ein Gedächtnis, dieses Gedächtnis existiert auch außerhalb der materiellen Körper und überbrückt Zeit und Raum. Es wundert nicht, dass diese große, universale Hypothese auf den Widerspruch der etablierten Wissenschaft gestoßen ist. Doch Sheldrakes Theorie kann einige Phänomene erklären, vor denen der Empirische Rationalismus schlichtweg ratlos ist. Für Chemiker beispielsweise ist es sehr schwierig, eine neue Kristallart herzustellen, oft müssen die Zutaten monatelang reagieren, bis sie kristallisieren – ist es aber einmal irgendwo auf der Welt gelungen, ein solches neues Kristall herzustellen, geht es fortan überall viel schneller. Erklärt wurde diese mysteriöse Fernwirkung bisher mit der wahrhaft haarsträubenden These, dass sich winzige Partikel in den Barthaaren reisender Chemiker festgesetzt und die anderen Experimente infiziert hätten. Sheldrakes Lösungsvorschlag: Das neue Kristall hat ein morphisches Feld aufgebaut, das als Sender wirkt.

Die erstaunliche Übertragung von Lernfähigkeit bei Ratten bestätigten auch die zahlreichen Experimente, die mittlerweile zur Überprüfung von Sheldrakes Hypothese durchgeführt wurden. Zwei englischsprachigen Versuchsgruppen in USA und England wurden zum Beispiel drei japanische Verse zum Auswendiglernen vorgelegt – ein bekannter Kindervers und zwei weitere von ähnlichem Aufbau, die ein Lyriker aber eigens für diesen Test verfasst hatte. Nach einer halben Stunde sollten die Versuchspersonen die Verse rezitieren: 62 Prozent statt der zu erwartenden 33 Prozent konnten sich an den echten Vers am besten erinnern. Nach Sheldrakes These ist dieses Ergebnis vollkommen logisch: Durch das tausendfache Wiederholen des echten Kinderverses wurde ein starkes morphisches Feld aufgebaut, dessen Resonanz das Lernen erleichtert, während das ganz schwache morphische Feld der neuen Verse kaum „angezapft“ werden kann.

Ähnliche Ergebnisse brachte auch das von der Tarrytown-Conference, einer Vereinigung zur Förderung der Wissenschaften, mit 10.000 Dollar prämierte Experiment am Psychologiedepartment der Yale Universität. Dort wurden hebräisch-unkundigen Studenten 96 hebräische Wörter, die Hälfte echt, die andere Hälfte sinnlos, vorgelegt, um sie die Bedeutung raten zu lassen und die Sicherheit ihrer Vermutung auf einer Skala von 0 bis 4 einzutragen. Wieder war das Ergebnis hochsignifikant: Das Vertrauen der hebräisch-unkundigen Studenten zu den echten Worten war doppelt so groß wie zu den neu erfundenen, nur hebräisch klingenden Worten.

Entsprechung in den Erkenntnissen der Quantenphysik

Wenn morphogenetische Felder existieren, wären die Konsequenzen und Implikationen außerordentlich. Zwar hat auch Sheldrake noch keinen Beweis gefunden, wie und warum ein solches informationsübertragendes Kraftfeld entsteht – doch wird die Möglichkeit ihres Vorhandenseins nicht nur durch erste Experimente gestützt, sondern auch durch die neueren Erkenntnisse anderer Wissenschaftszweige: So findet die merkwürdige Fernwirkung der morphischen Resonanz eine Entsprechung in den Erkenntnissen der Quantenphysik, die in der subatomaren Welt der kleinsten Teilchen ebenfalls eine unerklärliche Resonanz – Informationsübertragung ohne Energie – festgestellt hat.

Und dass, wie Sheldrake behauptet, das Gedächtnis der Natur nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb der Organismen, in einer Art von Bewusstseinsfeld lokalisiert ist, entspricht dem paradoxen Ergebnis der Neurologie, die bei ihren Versuchen, Erinnerung und Gedächtnis zu lokalisieren, zu dem paradoxen Schluss kam: „Das Gedächtnis ist überall, aber nirgendwo im Besonderen.“ Eine solche Nicht-Lokalität entspricht wiederum den Wahrscheinlichkeitswolken der Quantenwelt, die sich ebenfalls überall und nirgends aufhalten und erst einen Platz einnehmen, wenn ein beobachtendes Bewusstsein Maß nimmt. Mit den Gesetzen der quantenphysikalischen und der neurologischen Realität müsste ein morphogenetisches Feld also nicht zwangsläufig kollidieren, wobei Sheldrake betont, dass es sich nach seiner Vorstellung dabei nicht um materielle, elektromagnetische Felder handelt.

Sheldrakes These, welche die für den Mechanikerverstand unangenehmen Ergebnisse der Quantenphysik und der Neurowissenschaft von einer ganz anderen Seite bestätigte, stößt nach wie vor auf harsche Ablehnung. Begeisterung und teilweise Enthusiasmus hat das Konzept des morphogenetischen Feldes indessen bei den Vertretern eines ganzheitlichen, holistischen Weltbilds ausgelöst: Einen solch umfassenden, die Evolution des gesamten Kosmos sowie das individuelle Verhalten einbeziehenden Entwurf einer organischen Weltsicht hatte es bisher nicht gegeben. Und zum ersten Mal bahnte sich an, dass man sie nicht nur glauben, sondern experimentell überprüfen und wissenschaftlich „hart“ machen konnte.

Mit der Fortsetzung seiner Arbeiten hat Sheldrake gezeigt, dass es sich bei den morphischen Feldern um weitaus mehr handelt als um eine fixe New-Age-Idee. Hier tritt kein schriller Außenseiter auf, der sich um jeden Preis profilieren will, sondern ein vorsichtiger, streng empirisch vorgehender Wissenschaftler, der die eklatanten Ungereimtheiten des vorherrschenden Naturverständnisses sichtbar macht und für ein neues Erklärungsmodell plädiert. Selbst wenn es die Zitadelle der akademischen Autoritäten noch eine Weile ignoriert, letztlich wird sie nicht daran vor- beikommen – wenn Sheldrake recht hat, verbreitet sich die Idee auch so: Die morphogenetische Feldpost geht nicht nur bei der natürlichen, sondern auch in der geistigen und gesellschaftlichen Formbildung unweigerlich ab!

Informationsübertragung in Überlichtgeschwindigkeit

Orthodoxen Naturwissenschaftlern graut vor der Einführung von neuen, hinter den physikalischen Kräften steckenden Feldern – dass der bis zur Jahrhundertwende allgemein angenommene „Äther“ als Übertragungsfeld dieser Kräfte abgeschafft werden konnte, gilt zu Recht als eine der großen Leistungen Einsteins. Dennoch zeichneten sich mit den Anomalien der Quantenphysik bereits in den 20er-Jahren neue Ungereimtheiten ab, die sich seit den 70er-Jahren weiter verwickelt haben. Im Mikrokosmos, so haben die mathematischen Arbeiten von John Bell und die Experimente von Alan Aspect mittlerweile gezeigt, findet Informationsübertragung in Überlichtgeschwindigkeit statt – ein Tempo, das nach der Relativitätstheorie gar nicht möglich ist, weil die Geschwindigkeit des Lichts die einzige absolute Konstante im Einsteinschen Universum darstellt.

Die Konsequenzen aus den Berechnungen Bells und Aspects experimentellen Beweisen sind außerordentlich: Entweder existiert das Universum wirklich in einem Äther, jenem von Einstein abgeschafften astralen, geistigen Fluidum, das als Medium dieser Übertragungen fungiert. Oder aber unser Ortssinn ist falsch, es existiert keine Lokalität im physikalischen Sinne – etwas, was an einem Ort ist, kann sehr wohl auch an einem anderen physikalisch präsent sein. Auf die Frage, welchen Aspekt seiner Ungleichung er lieber festhalten würde – an der Existenz einer Beobachter-abhängigen Realität oder an der Signalübertragung in Überlichtgeschwindigkeit, antwortete Bell:

„Das kann ich wirklich nicht sagen. Ich habe hier keine Lösung anzubieten. Wir befinden uns in einem Dilemma, und, wie ich glaube, in einem grundlegenden Dilemma, das keine einfachen Lösungen zulässt; es verlangt nach einem grundlegenden Wandel unserer Vorstellung von der Wirklichkeit. Aber die billigste Lösung ist, meiner Meinung nach, zu einer Realität zurückzukeh- ren, wie sie vor Einstein existierte, als Männer wie Lorentz und Poincare einen Äther postulierten.“ (2)

Wenn aber kein „übernatürlicher“ Äther, welches Medium sorgt dann für diese überlichtschnelle Informationsübertragung? Die Physik hat darauf derzeit noch keine bündige Antwort, und wenn sich überhaupt eine solche abzeichnet, dann muss sie das Konzept einer klassischen, objektiven Realität überschreiten – zu einer simplen, newtonisch-mechanischen Bauklötzchen-Ordnung des Universums werden wir nicht mehr zurückfinden. Ebendiese grundsätzliche Unsicherheit über den „wirklichen“ Aufbau der Welt sollte es auch erleichtern, neue Hypothesen wie die von Rupert Sheldrake anzunehmen, statt mit bornierter Arroganz gleich nach Bücherverbrennungen zu rufen.

Auch wenn die vorliegenden experimentellen Beweise für die Existenz einer morphischen Resonanz noch bruchstückhaft sind – grundsätzlich wird Sheldrake mit seiner Annahme, dass hinter den bekannten physikalischen Kräften ein subtiles Bewusstseinsfeld agiert, durch die neueren Forschungsergebnisse der Naturwissenschaften bestätigt. Wenn man die von Manfred Eigen und Ilya Prigogine entdeckten Prinzipien der Selbstorganisation weiterdenkt, dann könnte die morphische Resonanz so etwas wie der Geist sein, der aus den selbstorganisatorischen Aktivitäten entsteht und diese steuert – eine Art Verbindungsglied zwischen den Teilen und dem Ganzen.

Wenn das Ganze tatsächlich mehr ist als die Summe seiner Teile, dann muss die Information dieses „Mehr“ irgendwo herkommen, irgendwie gespeichert sein. Auch wenn im Detail noch völlig unklar ist, wie die morphogenetischen Felder, die nach Sheldrake ja nicht-materiell sind, mit der Materie wechselwirken – wenn sie Einfluss nehmen wollen auf die Formbildung eines Organismus oder eines Kristalls, auf das Verhalten und Lernen von Tieren und Menschen, müssen sie irgendwo „zupacken“.

Das Geschehen an dieser Schnittstelle von Geist und Materie hält die Philosophen und Naturwissenschaftler seit Jahrtausenden in Atem – von den archaischen Schamanen, den ersten Bewusstseinsreisenden, über Pythagoras, Platon und die Anfänge der Philosophie bis zur Auf- klärung und der modernen Naturwissenschaft ist die Beziehung zwischen den Welten des Bewusstseins und den Welten der Körper genau betrachtet die entscheidende Frage überhaupt – und sie muss trotz aller Fortschritte des Wissens bis heute als ungeklärt gelten. Sheldrakes Entwurf scheint uns vor dem Hintergrund einer selbstorganisierten Natur, die zudem auf der Quantenebene vollständig miteinander vernetzt ist, der Lösung des Rätsels ein Stück näherzubringen.

Mathias Bröckers, Inspiration, Konspiration, Evolution. Gesammelte Essays und Berichte aus dem Überall, Fiftyfifty, 464 Seiten, 30 Euro

Über den Autor: Mathias Bröckers, Jahrgang 1954, studierte Literaturwissenschaft, Linguistik und Politik, Magister Artium (M.A.) „Mit Auszeichnung“ für eine Arbeit über „Die Rolle der Sprache in der Psychoanalyse“. In den 1980 und 90er Jahren war er Journalist für die taz, das Zeit-Magazin sowie „Die Woche“, später für Telepolis. Für den RBB-Vorläufer SFB verfasste er zahlreiche Radiofeatures. Als Buchautor veröffentlichte er unter anderem: „Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf“ (Zweitausendeins 1993), „Das sogenannte Übernatürliche – Die Intelligenz der Erde. Aufbruch zu einem neuen Naturverständnis“ (Eichborn 1998), „11.9. – zehn Jahre danach. Der Einsturz eines Lügengebäudes“ (mit Christian C. Walther, Westend 2011), „JFK – Staatsstreich in Amerika” (Westend 2013), „Wir sind die Guten – Ansichten eines Putinverstehers oder wie uns die Medien manipulieren” (mit Paul Schreyer, Westend 2014), „Die ganze Wahrheit über alles“ (mit Sven Böttcher, Westend 2016), „Newtons Gespenst und Goethes Polaroid – Über die Natur“ (Westend 2019) und „Vom Ende der unipolaren Welt – Warum ich gegen Krieg, aber noch immer 'Putinversteher' bin (Westend 2022).

Anmerkungen

(1) Erstveröffentlicht 1782 im Tiefurter Journal, J. W. v. Goethe, Naturwissenschaftliche Schriften, Bd.1
(2) P. C. W. Davies/J. R. Brown: Der Geist im Atom, 1988

STRESSTEST, 6. Juli 2024, 00:20 UHR

"Kosmos als selbstorganisiertes System"

... diese Thematik wird noch lange als dankbare Aufgabe für die Grundlagenforschung bleiben. Was ich komisch finde, sind diese "Experimente":

"Zwei englischsprachigen Versuchsgruppen in USA und England wurden zum Beispiel drei japanische Verse zum Auswendiglernen vorgelegt – ein bekannter Kindervers und zwei weitere von ähnlichem Aufbau, die ein Lyriker aber eigens für diesen Test verfasst hatte."

Tja, damit die einfachsten wissenschaftlichen Kriterien erfüllt werden, um ein brauchbares Ergebnis zu bekommen, müsste es 3 x zwei Gruppen bzw. Versuche geben, bei denen man: einmal 3 bekannte Kinderverse, einmal 3 frisch verfasste und einmal - wie oben bereits beschrieben, vorgelegt hätte. Und auch die Änderung der Reihenfolge dieser Verse (6 mögliche Varianten) sollte beachtet werden. Ähnlich auch bei dem zweiten "Experiment":

"Experiment am Psychologiedepartment der Yale Universität. Dort wurden hebräisch-unkundigen Studenten 96 hebräische Wörter, die Hälfte echt, die andere Hälfte sinnlos, vorgelegt".

Als Einstieg in diese Materie diente mir vor über 40 Jahren das Buch: "Homo Electronicus", von "Włodzimierz Sedlak (1911–1993) – polnischer Priester, Professor an der Katholischen Universität Lublin, Begründer der polnischen Schule der Bioelektronik, der elektromagnetischen Lebenstheorie und des Omnivacuum-Konzepts. Im Jahr 1959 veröffentlichte Sedlak eine Hypothese über den Siliziumursprung des Lebens. [...] Im Jahr 1967 begann er mit der Arbeit an der Bioelektronik, nach der chemische Reaktionen und elektronische Prozesse in organischen Halbleitern durch quantenmechanische Beziehungen zusammenhängen , und wurde zu einem ihrer Vorläufer weltweit. Im Jahr 1967 veröffentlichte er außerdem ein Werk, in dem die Möglichkeit der Existenz von Bioplasmen erwähnt wurde – dem fünften Zustand der Materie , der nur in lebenden Organismen vorkommt .

1969 formulierte er das Konzept der elektromagnetischen Theorie des Lebens und stellte fest, dass alle Lebensprozesse dank der Kopplung chemischer Reaktionen mit elektronischen Prozessen in einer Halbleiterumgebung wie Proteinen auf der Quantenebene ablaufen und sich in der Emission von Licht oder anderer elektromagnetischen Wellen manifestieren." - im Westen komplett unbekannt. Sedlak verdanke ich auch eine plausible Erklärung darüber, wie unser Bewusstsein funktioniert.

DIETER R., 6. Juli 2024, 08:25 UHR

Hallo Stresstest,

"1969 formulierte er das Konzept der elektromagnetischen Theorie des Lebens und stellte fest, dass alle Lebensprozesse dank der Kopplung chemischer Reaktionen mit elektronischen Prozessen in einer Halbleiterumgebung wie Proteinen auf der Quantenebene ablaufen und sich in der Emission von Licht oder anderer elektromagnetischen Wellen manifestieren." - im Westen komplett unbekannt"

Das Leben elektrische Komponenten enthält ist ja durch die Reiz- und Erregungsleitung bekannt. Phänomene wie Gehirnaktivität (Denken, Fühlen usw) oder Herz- und Muskelaktivität sind ja biolelektrische Phänomene, die dann zwangsläufig immer eine magnetische Komponente haben. Das ist ja auch mit Hilfe von Messmethoden (EEG, EKG oder EMG) nachweisbar.

Auf der anderen Seite "häufen wir" in unserem Leben immer mehr "elektromagnetische Fremdstrahlung" an. Sei es durch Mobilfunkantennen, Smartphones, Bluetooth-Anwendungen, WLAN usw. Eine Interaktion dieser elektromagnetischen Fremdstrahlung mit der Biologie (also uns Menschen, Tieren, Insekten und Pflanzen wird ja schon seit längerem wissenschaftlich nachgewiesen, nur von den Behörden (bei uns die BfS, Bundesamt für Strahlenschutz) konsequent abgewiegelt. Der Interessierte sei an die Diagnose Funk verwiesen, die hier seit Jahren eine exzellente Aufklärungsarbeit leistet (https://www.diagnose-funk.org/).

Die beständige Zunahme elektromagnetische Fremdstrahlung ist aus meiner Sicht eines der großen Themen denen wir uns unbedingt annehmen müssen, wenn einmal dieses derzeitig degenerierte westliche pseudodemokratische Regierungssystem überwunden ist und man die wirklich relevanten Themen der Bürger in den Fokus rückt.

DR. H. KÄSMACHER, 7. Juli 2024, 23:20 UHR

Morphische Felder. Was soll das sein? Die Erklärung bleibt an der Oberfläche und mutet, da diese Felder nichtphysikalisch sein sollen, geradezu esoterisch an. Da müsste Herr Sheldrake schon etwas konkreter werden.

Betrachtet man beispielsweise die genetische Codierung der Proteine, so ist klar, dass der genetische Code lediglich die Sequenz der Aminosäuren festlegt. Die räumliche Struktur hingegen kann aus der Nukleotidsequenz nicht direkt abgeleitet werden, obwohl sie durch die Reihenfolge der Aminosäuren determiniert ist. Diese räumliche Struktur kann man durchaus als selbstorganisiert bezeichnen, weil sie von den elektrischen Kräften zwischen den Aminosäuremolekülen (Van der Waal-Kräfte, Wasserstoffbrückenbindungen etc.) abhängt. Allerdings kann man heutzutage mit Computerprogrammen die räumliche Struktur der genetisch determinierten Aminosäuresequenzen berechnen. Dafür braucht man kein morphisches Feld.

Die Frage, warum sich die verschiedenen Körperzellen aus anfänglich pluripotenten Stammzellen genau so und nicht anderes differenzieren, ist nicht verstanden. Aber allein die Tatsache, dass es nur genügend Wärmeenergie bedarf um aus dem anfänglich flüssigen Gemisch vieler verschiedener Substanzen im Ei ein Küken zu machen, spricht doch dafür, dass der gesamte Prozess genetisch determiniert ist, auch dann, wenn die Differenzierung durch Kräfte erfolgt, die erst durch die Wechselwirkungen der beteiligten Stoffe ihre Form erhalten.

Dass die Umweltbedingungen – abgesehen von dem bekannten Prinzip „Zufall und Notwendigkeit“ – eine Rolle spielen, ist spätestens seit dem Aufkommen der Epigenetik bekannt. Ebenfalls bekannt ist, dass Fragmente von Virusgenomen in das Genom des Wirtes integriert werden können. Auf der physikalischen Ebene zeigt sich ebenfalls, dass die Form von den Umweltbedingungen beeinflusst wird. So sind Schneeflocken aufgrund der Molekularstruktur des Wassermoleküls immer sechseckig. Die genaue Form hängt allerdings von den Umgebungsparametern ab, nämlich Druck, Feuchtigkeit und Temperatur.

Wozu braucht man da ein morphisches Feld zur Erklärung? Interessant hingegen ist die Quantenverschränkung. Hier unterliegt der Autor des Artikels allerdings einem Irrtum. Obwohl die verschränkten Quanten, die räumlich weit voneinander entfernt, ohne Zeitverzug reagieren, wenn in das System eingegriffen wird, handelt es sich nicht um einen überlichtschnellen Informationsaustausch. Vielmehr müssen wir uns von dem Paradigma der Lokalität verabschieden. Die einzige bisher plausible Erklärung ist, dass sich ein (verschränktes) Objekt gleichzeitig an verschiedenen Orten aufhalten kann, während sich zwei verschiedene Objekte niemals am gleichen Ort aufhalten können. Ob das auch für größere verschränkte Quantenobjekte in biologischen Systemen gilt, ist hinsichtlich bisher unerklärbarer Phänomene eine spannende Frage. Bis hier weitere Erkenntnisse vorliegen, wird es nach meiner Einschätzung noch etliche Jahre dauern. Wenn Sheldrake dies als morphisches Feld bezeichnet, könnte ich zustimmen. Aber wo soll hier ein Gedächtnis sein?

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