Proteste gegen geplante Euro-Einführung in Sofia
26. Februar 2025Mehrere Tausend Menschen protestierten am Samstag (22. Februar) vor der Bulgarischen Nationalbank (BNB) in Sofia gegen den für Januar 2026 geplanten Beitritt Bulgariens zur Eurozone. Der Protest war von der Oppositionspartei „Wiedergeburt“ organisiert worden. Aufgerufen waren alle Bulgaren, die den Erhalt der Landeswährung Lew befürworten. Teilnehmer der Veranstaltung, darunter auch Vertreter anderer Parteien und ziviler Organisationen, befürchten den Verlust der Souveränität ihres Landes, eine weitere Verarmung der Bevölkerung und die Übernahme von Schulden anderer Länder. Redner des Protestes betonten, sie wollten nicht von Brüssel regiert werden und forderten ein Referendum über die Euro-Einführung und den Rücktritt der Regierung, da diese nicht die Interessen Bulgariens vertrete.
Symbolisch wurden Puppen mit den Gesichtern der führenden EU-Kommissionspolitiker Valdis Dombrovskis, Christine Lagarde und Paschal Donohoe verbrannt, von denen nach Meinung der Teilnehmer der Beitritt ihres Landes zur Eurozone abhängt. Im Anschluss an den Protest vor der BNB zogen die Demonstranten zum Sitz der Europäischen Kommission, auf dessen Gebäude Farbbeutel geworfen und Scheiben eingeschlagen wurden. Auf die Eingangstür wurde ein Brandsatz geworfen. Nach Angaben der Polizei wurden sechs Demonstranten festgenommen. Zehn Polizisten hatten Farbe in die Augen oder ins Gesicht bekommen und mussten behandelt werden. Die Eskalation sei eine neue Entwicklung bei den Anti-Euro-Protesten in Bulgarien, schreibt das Magazin „Hintergrund“. In der Vergangenheit seien diese immer friedlich verlaufen.
Eine aktuelle Umfrage der Meinungsforschungsagentur „Myara“ ergab, dass 57,1 Prozent der Befragten gegen die Einführung des Euro in Bulgarien sind und nur 39 Prozent dies befürworten. Am stärksten besorgt über die neue Währung sind demzufolge ältere Bulgaren. Sie befürchten einen Verlust der nationalen Identität und weitere Teuerungen, wie dies in anderen Beitrittsländern geschehen sei. Da Bulgarien die Inflations- und Haushaltskriterien bisher nicht erfüllt hat, musste der Beitritt zur Eurozone bereits mehrfach verschoben werden, zuletzt vom 1. Januar 2025 auf den 1. Januar 2026.
Die Inflation sei inzwischen unter Kontrolle, erklärte Zentralbank-Chef, Dimitar Radew, allerdings sei das Defizit im bulgarischen Staatshaushalt weiterhin zu hoch. Die Regierung plane nun unter anderem höhere Verbrauchssteuern auf Alkohol und Tabak sowie eine einmalige Sondersteuer auf Bankgewinne, um die Staatseinnahmen zu erhöhen. Bereits am Montag (17. Februar) hatten Kostadin Kostadinow, der Chef der Partei „Wiedergeburt“, und sechs weitere Abgeordnete versucht, Radew im Foyer der BNB zur Rede zu stellen. Dieser erklärte das Vorgehen für illegal, zu einem Treffen kam es nicht. Hintergrund war laut Kostadinow die Information, dass eine Delegation des Internationalen Währungsfonds (IWF) bei der BNB erwartet werde. Die Parlamentarier gehen davon aus, dass die Regierung die Inflations- und Defizitdaten fälscht, um der Eurozone beizutreten. Sie verlangten auch Auskunft darüber, warum die IWF-Vertreter in Bulgarien sind und warum dies vor den Volksvertretern geheim gehalten worden sei.
Im Sommer 2023 berichtete „Telepolis“ über ein Leak, welches die Frage aufwarf, ob EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) Bulgarien in die Eurozone „schleusen“ wollte. Sie soll dem damaligen Ministerpräsidenten Kiril Petkow „Kreativität bei der Interpretation der Euro-Kriterien“ versprochen haben, um Bulgarien den Weg in die Eurozone zu ebnen. Wörtlich habe sie in einer öffentlich gewordenen „Abhöraufnahme“ gesagt: „Ich werde versuchen Dir zu helfen.“ Darüber hinaus soll von der Leyen, die sich aktuell auf „X“ empört zeigt über die „unerhörten Szenen in Sofia“, Petkow gebeten haben, sie nicht mit dieser Aussage zu zitieren.
Im Juli 2023 hatte das bulgarische Parlament den Vorschlag abgelehnt, ein nationales Referendum mit der Frage abzuhalten: „Sind Sie damit einverstanden, dass der bulgarische Lew bis 2043 die einzige offizielle Währung in Bulgarien sein soll?“. Mehr als 600.000 Unterschriften waren für die Abhaltung einer entsprechenden Volksbefragung gesammelt worden. Im Februar 2024 lehnte das bulgarische Verfassungsgericht den Antrag der Parteien „Wiedergeburt“ und ITN ab, die Entscheidung der Nationalversammlung für verfassungswidrig zu erklären.
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