BSW-Fraktion in Brandenburg uneins über Militärflugplatz und Raketenstationierung

SPD und BSW bekennen sich in Koalitionsvertrag „zur Bundeswehr und ihren Brandenburger Standorten“ / Abgeordneter kritisiert Raketenstationierung und will Ministerpräsident nicht wählen – Geld werde für Bildung und Soziales statt Aufrüstung benötigt / Wagenknecht verweist auf Zuständigkeit der Bundesregierung

29. November 2024
Potsdam.
(multipolar)

Nach der Einigung über den Koalitionsvertrag zwischen dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und der SPD gibt es weiter Streit in Brandenburg. Hintergrund ist die Kritik des BSW-Abgeordneten Sven Hornauf am Ausbau der Infrastruktur am Fliegerhorst Holzdorf und der Stationierung des israelischen Raketensystems „Arrow 3“. Im Koalitionsvertrag bekennen sich SPD und BSW „zur Bundeswehr und ihren Brandenburger Standorten“. Hornauf hat angekündigt, Dietmar Woidke (SPD) nicht zum Ministerpräsidenten zu wählen. Im Gegenzug hat der designierte Finanzminister und BSW-Landeschef Robert Crumbach ihn zur Rückgabe des Landtagsmandats aufgefordert. Auch ein Fraktionsausschluss oder der freiwillige Austritt aus der BSW-Fraktion stehen im Raum. Derzeit hat die BSW-SPD-Koalition eine Mehrheit von zwei Stimmen, ohne Hornauf wäre es nur noch eine.

Im Interview mit der Berliner Zeitung sagt Hornauf, dass ihn die Aufmerksamkeit überrasche. „Immerhin hatte ich schon vor der Wahl gesagt, dass ich gegen die Stationierung von Arrow 3 bin. Und dass ich auch niemanden zum Ministerpräsidenten wählen werde, der dafür ist.“ Hornauf kritisiert, dass neben dem durch den Bund finanzierten Ausbau des Standortes das Land die Infrastruktur mit 100 Millionen Euro ausbauen muss. „Dieses Geld wird woanders akut benötigt – für die Sanierung bestehender Schulen, für Integrationskurse, um nur zwei Beispiele zu nennen. Wir sollten und wollen diese Mittel umwidmen“, sagt er. Der künftige Finanzminister Crumbach sagte hingegen der Tageszeitung „B.Z.“: „Der Ausbau des Bundeswehr-Standorts Holzdorf steht für mich nicht infrage. Ich halte mich an den Koalitionsvertrag.“ Für die Stationierung der Raketen sei die Bundesregierung zuständig.

Auch Parteigründerin Sahra Wagenknecht verweist auf die Zuständigkeit des Bundes für den Ausbau des Standortes. „Deshalb eine SPD-BSW-Koalition in Brandenburg zu torpedieren, halte ich für nicht nachvollziehbar“, sagte sie auf Anfrage des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Ministerpräsident Woidke sagte bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags: „Brandenburg braucht Stabilität und Brandenburg braucht Sicherheit.“ Es gehe darum, für das Land und die Menschen in Brandenburg das Beste zu erreichen. Die AfD-Landtagsfraktion hat unterdessen angekündigt, mehrere Anträge zu stellen, die BSW-Positionen widerspiegeln. Die SPD-BSW-Koalition hatte sich zuvor darauf geeinigt, Anträgen der Opposition grundsätzlich nicht zuzustimmen.

Der Fliegerhorst Holzdorf im Südosten des Landes Brandenburg an der Grenze zu Sachsen-Anhalt soll in den nächsten Jahren zum größten Luftwaffenstützpunkt in Ostdeutschland ausgebaut werden. Neben den Raketen vom Typ „Arrow 3“, das eine Reichweite von 2400 Kilometern hat, werden hier unter anderem Transporthubschrauber stationiert. Kritik am Ausbau kommt unter andere von der Linkspartei. Wulf Gallert, Vizepräsident des Landtags von Sachsen-Anhalt, sagte der Mitteldeutschen Zeitung, ein extremer Ausbau der Luftwaffe im Osten Deutschlands steigere Deutschlands Angriffsfähigkeit. Rüstungsgüter die als defensiv deklariert würden, können von der Gegenseite dennoch als Bedrohung angesehen werden.

Eine Anfrage der BSW-Gruppe im Bundestag zum Waffensystem „Arrow“, wurde von der Bundesregierung nicht in offener Form beantwortet, da die erbetenen Auskünfte geheimhaltungsbedürftige Informationen enthielten. Eine Anfrage der BSW-Fraktion im Brandenburger Landtag zum Standort Holzdorf war zunächst vor Ende der Koalitionsverhandlungen zurückgezogen worden. Sven Hornauf hält allerdings daran fest. Er spricht im Interview mit der Berliner Zeitung bei „Arrow 3“ von einer „Dual-Use-Waffe“, die sowohl defensiv als auch offensiv eingesetzt werden kann. Für ihn gehöre der Protest gegen die Stationierung zum Markenkern seiner Partei. Man habe im Wahlkampf Sahra Wagenknecht und das Friedensthema plakatiert. Das dürfe nicht aufgegeben werden. Auch andere Abgeordnete sähen das so, äußerten ihre Meinung nur nicht öffentlich.

Laut dem Rüstungsexperten Frank Kuhn von „Peace Research Institute Frankfurt“ ist die Beschaffung von „Arrow 3“-Raketen fragwürdig. Deutschland brauche sie nicht zur Raketenabwehr. Das Waffensystem könnte theoretisch auch gegen Satelliten eingesetzt werden, was aber bislang nicht getestet wurde.

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