Ricardo Leppe | Bild: Screenshot Interview mit Flavio von Witzleben

„Wer die Schulen ändert, ändert alles“

Ricardo Leppe, 34, engagiert sich in Zusammenarbeit mit Eltern und Schulen für ein freieres Bildungssystem. Von Seiten der großen Medien steht er in der Kritik. Im Interview mit Multipolar spricht der Österreicher über seine Vorstellung einer Schule der Zukunft und die Vorwürfe gegen seine Person.

SUSANNE WOLF, 3. Mai 2025, 17 Kommentare, PDF

Multipolar: Herr Leppe, Sie setzen sich seit vielen Jahren für eine grundlegende Reform des Schulunterrichts ein. Was genau tun Sie?

Leppe: Ich gründe Schulen, Lernprojekte, baue staatliche Schulen um, zeige alternative Möglichkeiten auf und stelle kostenlos Lerntechniken und Möglichkeiten für alle zur Verfügung.

Multipolar: Mit welchen Schulen arbeiten Sie zusammen?

Leppe: Aufgrund der Angriffe der Medien gegen mich nenne ich hier keine Namen und arbeite immer unter dem Radar.

Multipolar: Wie reagieren die zuständigen Schulämter? Stehen Sie mit denen in Kontakt?

Leppe: Ich habe Schulämter besucht, Bildungsminister und Beamte getroffen. Die meisten wollen nichts davon hören und schon gar nichts ändern. Viele berufen sich auf negative Medienberichte und sagen ab.

Multipolar: Ihnen wird eine Nähe zur Anastasia-Bewegung vorgeworfen, die im Verdacht steht, antisemitisch zu sein. Zudem stehen Sie auf der Liste der deutschsprachigen Sektenbeobachtung. Was sagen Sie dazu?

Leppe: Da ich die Antisemitismus-Vorwürfe bereits mehrmals gelesen habe, habe ich an diese Zeitungen geschrieben und sie um Aufklärung gebeten: Wo gibt es eine Aussage von mir, wo ich gegen Juden hetze? Ich würde sie sofort offline nehmen und mich entschuldigen. Ich habe keine Antwort erhalten. Diese Vorwürfe kommen übrigens zu 90 Prozent in Deutschland, obwohl ich weltweit in Schulen unterwegs bin. Auch von jüdischen Schulen werde ich zu Vorträgen und Projekten eingeladen.

Multipolar: Wie stehen Sie denn zur Anastasia-Bewegung?

Leppe: Ich habe die Bücher auf meiner Seite empfohlen, so wie viele andere auch, und habe darin nichts Antisemitisches gefunden. Ich habe mich mit vielen Schulmodellen beschäftigt und suche immer die Aspekte heraus, aus denen man etwas Neues machen kann. Das Anastasia-Schulmodell ist eines von vielen, das positive und negative Seiten hat. Die gute Seite ist beispielsweise, wie Schüler in Gruppen über Schaubilder lernen. Auf der anderen Seite ist diese Schule autoritär, es gibt viel Drill, an dem die Kinder zerbrechen. Ich würde niemandem empfehlen, Anastasia-Schulen zu bauen, das steht nirgendwo auf meiner Seite.

Multipolar: Und wie kommentieren Sie den Sekten-Vorwurf?

Leppe: Welche Sekte soll das sein? Ich hätte gerne das Geld dieser Sekte, aber bei mir
muss niemand etwas zahlen. Die Inhalte auf meiner Seite können gratis runtergeladen werden, auch ohne Anmeldung. Bei Sekten geht es darum, sich zu etwas zu verpflichten, etwas gemeinsam zu vertreten.

Multipolar: Was meinen Sie, woher die Vorwürfe gegen Sie kommen?

Leppe: Wenn eine Meinung nicht bequem ist, wird sie angegriffen. Und wenn man das, was getan wird, nicht angreifen kann, muss man den Menschen dahinter angreifen. Meine Inhalte werden nicht angegriffen, weil sie funktionieren – wie ich Schule oder Mathematik neu gestalten würde oder meine Art der Mathematik-Nachhilfe. Doch nichts davon wird in den Medien erwähnt, es geht immer nur um meine Person. Ich habe unzählige Fragen beantwortet zum Thema „rechtsradikal“, aber nur ein einziges Mal wurden diese Antworten abgebildet. Die letzten Male habe ich dann nicht mehr geantwortet. Ich erwarte nicht, dass alle meiner Meinung sind, aber als Journalist muss man sich die andere Seite anhören, bevor man jemanden angreift.

Multipolar: Wie stellen Sie sich die Schule der Zukunft vor?

Leppe: Ich habe in vielen Gesprächen mit Schülern gemeinsam ein Modell erstellt, das aus drei Schritten besteht. Erstens: Wir belassen den staatlichen Schulstoff, wie er ist, aber können mit Lerntechniken viel schneller und effizienter lernen. In der Grundschule wird dafür ungefähr eine Stunde am Tag benötigt, später zwei Stunden pro Tag. Die gewonnene Zeit kann für Sport, Musik und Kunst genützt werden sowie für Dinge, die man im Alltag braucht, wie kochen, Reifen wechseln, Atemtechniken, einen Garten anlegen und so weiter. Im zweiten Schritt werden Lehrpläne umgebaut und Veränderung findet statt. Wir entscheiden gemeinsam mit den Kindern über den Schulstoff, der wegfällt wie binomische Gleichungen oder unnütze Details aus der Geschichte. Wenn sich ein Schüler doch dafür interessiert, unterstützen wir das natürlich. Aber wie viele interessiert das im Vergleich zu Musik, Sport oder Zwischenmenschlichem? Im zweiten Schritt gibt es mehr projekt- und praxisbezogenes Lernen, wie etwa ein Baumhaus zu bauen. Das beinhaltet Geometrie, Mathematik und Geologie. Kinder wollen das richtig bauen, nicht nur auf dem Papier. Ausschlaggebend ist, dass Kinder mehr eingebunden werden und den Lehrern auch Feedback geben dürfen. Es kann nicht sein, dass wir sagen, Schule ist für Kinder, aber sie dürfen nicht mitbestimmen.

Multipolar: Und der dritte Schritt?

Leppe: Der dritte Schritt bedeutet Dezentralisierung: Es gibt keine Vorgaben mehr von oben und wir entscheiden dezentral, wie wir leben wollen. In Bezug auf Bildung bedeutet das, Lernorte losgelöst von Strukturen zu kreieren. Wichtig ist: Dort darf man hingehen, muss aber nicht. Und diese Lernorte sind für alle gedacht, unabhängig vom Alter. Vielleicht gibt es einen 70 jährigen, der sich für Glücksunterricht interessiert? Die Menschen, die dort lehren, sind weise Menschen. Sie wissen nicht alles, haben aber Erfahrung und setzen keine Begrenzungen mehr. Dann heißt es nicht mehr: Mathe ist so und nicht anders, sondern: Schön, dass du dich für das Thema Heilkräuter interessierst, das sind meine Quellen. Wenn es dich interessiert und mit Herz und Verstand resoniert, nimm es als Basis und entwickle es weiter, hinterfrage es. Abgesehen von den Lernorten lernen Kinder auch am Leben mit, bei den Eltern, beim Tischler oder Gärtner.

Multipolar: Wie soll diese Entwicklung konkret funktionieren?

Leppe: Die kleinste Einheit, nämlich die Schule, soll wieder selbst entscheiden. Eltern und Lehrer, Schüler und Direktoren haben gemeinsam die Macht. Dazu kommt die freie Bildungsentscheidung: Wir wissen selbst, was wir gerade brauchen, es sollten keine Anordnungen von oben kommen. Jeder soll selbst entscheiden und Basisbildung muss für jeden frei zugänglich sein.

Multipolar: In der Realität werden Schulen von Schulämtern und Bildungsministerien beaufsichtigt. Welche Spielräume sind vor Ort überhaupt möglich?

Leppe: Schulen können fast gar nichts entscheiden; in Österreich nicht einmal darüber, welche Lehrer angenommen werden. Allerdings pfeifen immer mehr Schulleiter auf das, was von oben kommt. Veränderung geschieht von unten, in diesem Fall sind es vor allem die Mütter, die zu meinen Vorträgen kommen und sich Inhalte von meiner Seite herunterladen. Viele wissen schon, dass es etwas Neues gibt. Ich mache das seit zehn Jahren, damalige Schüler haben schon eigene Kinder und setzen das gelernte Wissen jetzt um.

Multipolar: Wie sieht Ihre Rolle dabei aus?

Leppe: Ich gehe in die Schulen und mache den ersten Schritt, bringe Lehrern und Schülern Lerntechniken bei. Dann gibt es zum Beispiel einen Mathelehrer, der nach zwei Jahren nur noch die Hälfte der Zeit braucht, um seinen Stoff den Schülern beizubringen. Die restliche Zeit hört er ihnen zu, sie singen gemeinsam, gehen hinaus. Wenn das nur ein Lehrer pro Schule macht, macht das schon einen großen Unterschied.

Multipolar: Welche Lerntechniken meinen Sie?

Leppe: Beispiele sind das Einmaleins mit den Fingern, Vokabeln lernen durch Körperbewegungen oder die indisch-vedische Mathematik. Es gibt viele Videos auf meiner Website dazu – wie etwa auf der Startseite das Video „Das kleine 1 mal 1 spielend leicht lernen“.

Multipolar: Woher nehmen Sie dieses Wissen?

Leppe: Ich wurde einige Jahr zuhause unterrichtet und habe mich schon früh mit Lerntechniken beschäftigt, manche von ihnen sind uralt. Später habe ich als Zauberer gearbeitet und dadurch viel gelernt. Manche Techniken habe ich auch mit Kindern erarbeitet.

Multipolar: Wäre es aus Ihrer Sicht sinnvoll, den Kindern beizubringen, kritisch zu hinterfragen, warum sie manche Inhalte überhaupt lernen müssen?

Leppe: Natürlich, aber nicht im ersten Schritt, der darauf abzielt, was wir im Bestehenden verbessern können. Der erste erzeugt Fragen, das weitere ergibt sich im zweiten und dritten Schritt. Wir forcieren nichts, brauchen sanfte Übergänge. Wenn Kinder kritische Fragen stellen in der Schule, kriegen sie Probleme. Ich war auch so ein Kind. Kinder, die gelernt haben zu hinterfragen, wissen, wer sie sind. Und sie wissen, dass sie grundsätzlich alles lernen können. Wenn ich mit Kindern arbeite, ist danach die Hauptaussage der Kinder: Ich dachte ich bin blöd, aber ich bin eigentlich ein Genie. Wenn du mit diesem Wissen durchs Leben gehst, lässt du dich nicht mehr klein machen und dich in irgendeinen Beruf reinstecken. Daher habe ich den Verein „Wissen schafft Freiheit“ gegründet.

Multipolar: Was hat Sie selbst als Schüler am meisten gestört?

Leppe: Wenn ein Lehrer mir auf eine kritische Frage geantwortet hat: Weil es so ist, weil es immer schon so war, weil es so im Schulbuch steht. Dann war ich im Kriegsmodus. Wenn die Antwort Sinn gemacht hat, war ich der beste Freund und habe Lehrer auch vor der Klasse verteidigt.

Multipolar: Wie erklären Sie sich, dass gerade in Deutschland der Widerstand gegen Neuerungen im Bildungssystem so groß ist?

Leppe: Deutschland hat eines der striktesten Schulsysteme auf dem ganzen Planeten, es gibt nur Schule – staatlich oder privat – alle anderen Formen sind nicht existent. In Ländern wie den USA oder Großbritannien gibt es Freilernen, in Österreich ist zumindest Homeschooling erlaubt, auch wenn es zunehmend erschwert wird. In Deutschland stammt die Anwesenheitspflicht in der Schule noch aus dem preußischen Schulsystem, wo es darum ging, Soldaten zu rekrutieren. Immer mehr Menschen sind unzufrieden damit. Es kann nur funktionieren, solange es keine Alternative gibt.

Multipolar: Wie schwer ist es in Deutschland oder Österreich, eine freie Schule zu gründen?

Leppe: In Deutschland ist es komplizierter, da der Widerstand größer ist. Zugleich ist hier der Leidensdruck größer, daher gibt es mehr alternative Projekte.

Multipolar: Was wünschen Kinder und Jugendliche sich Ihrer Erfahrung nach von der Schule?

Leppe: In den vielen Gesprächen, die ich mit Schülern geführt habe, haben sich zwei Dinge herauskristallisiert: Sie wollen Freude am Lernen haben und sie möchten Dinge lernen, die sie später im Leben brauchen können. Alle Kinder wollen lernen, viel mehr, als wir ihnen anbieten, aber ohne Zwang und in ihrem eigenen Tempo. Nicht am Montag um 8.30 Uhr Mathematik lernen, weil es im Stundenplan steht, obwohl sie gerade viel lieber etwas anderes machen würden.

Multipolar: Das sind Wünsche, die sich im derzeitigen Schulsystem kaum erfüllen lassen.

Leppe: Es hat sich bei mir noch kein Kind beschwert, dass es lesen lernen soll. Aber wie lange muss ich suchen, bis ich jemanden finde – außer einen Mathelehrer –, der Oberstufenmathematik braucht? Vielleicht gibt es pro Klasse einen Schüler, der sich für Mathematik begeistert, für die anderen ist es sinnlos. In dieser Zeit könnten wir ihnen Kochen beibringen, wie man ein Formular ausfüllt oder einen Reifen wechselt. Was nützt es dir, eine Gleichung mit zwei Unbekannten zu lösen, wenn du nie gelernt hast, mit dem anderen Geschlecht zu kommunizieren? Oder eine Bewerbung zu schreiben, dich vor jemandem zu präsentieren? Ein eigenes Geschäft aufzubauen oder zu verstehen, wie Zinsen funktionieren? Zu mir hat mal ein Schüler gesagt: Ich weiß, was 328 vor Christus an einem Montag Vormittag unter irgendeinem Kaiser passiert ist, aber ich kenne mich nicht mit einem Mietvertrag für eine Wohnung aus.

Multipolar: Nun gibt es den schönen Satz „Das Leben ist kein Ponyhof“ und das Argument, in der Schule müsse man lernen, den späteren Leistungsdruck auszuhalten.

Leppe: Dazu kann ich nur sagen: Wenn du musst, dann lebe es für dich. Ich erschaffe mir eine Welt, in der ich nichts muss und wo auch meine Kinder nicht müssen, sondern wollen. Ich selbst habe Zaubertricks gelernt, weil ich Spaß daran hatte. Ich stelle gerne eine Frage an die Eltern: Würdest du freiwillig nochmal in die Schule gehen? Warum sagst du deinem Kind: Da musst du durch, ich hab’s auch überlebt? Wenn wir irgendetwas anderes so beschreiben würden wie die Schule, würden wir uns denken, um Gottes Willen, das mache ich auf gar keinen Fall!

Multipolar: Wie können Eltern ihre Kinder unterstützen?

Leppe: Je mehr ich an mir arbeite, an meinen Ängsten und Themen, desto schneller habe ich Erfolge bei den Kindern. Kinder machen das, was man ihnen vorlebt. Kinder brauchen starke Vorbilder und bedingungslose Liebe. Und wir können Entfaltungsräume für sie schaffen, wie etwa Klavierunterricht.

Multipolar: Veränderungen scheinen nur langsam zu passieren. Was macht Sie so optimistisch, dass es funktionieren kann?

Leppe: Wir selbst haben den aktuellen Zustand erschaffen, aktiv oder passiv, mit Steuergeldern. Wir haben alle mitgemacht. Wer das Alte kann, unter Druck, Angst und Strafe, der kann das Neue mit Liebe im Herzen erst recht. Mit einer Vision im Kopf und den Kindern an den Händen. Wenn du die Schulen, die Bildung änderst, änderst du automatisch alles. Solange du aber meckerst, bist du Teil des Problems.

Titelfoto: Screenshot aus einem Interview von Flavio von Witzleben mit Ricardo Leppe

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Diskussion

17 Kommentare
MARKUS, 3. Mai 2025, 19:15 UHR

Wenn ich Herrn Leppe bei der Suche nach Menschen, die Oberstufenmathematik oder binomische Gleichungen brauchen, ein wenig unterstützen darf: Hören Sie sich doch einmal bei Fachkräften in einem technischen, naturwissenschaftlichen oder IT-Umfeld um, oder alternativ auch in der Finanz- oder Versicherungsbranche. Natürlich gab es auch schon menschliche Gesellschaften, die ohne diese Berufszweige ausgekommen sind. Bei ihrer Bewertung sollte man sich trotzdem über ihre erhebliche Bedeutung in der heutigen Gesellschaft bewusst sein und nicht so tun, als würde das meiste auch ohne höhere Mathematik in ähnlicher Art und Weise funktionieren.

Ich könnte mir allerdings gut vorstellen, den Zugang zu Universitäten, und damit auch zur gymnasialen Oberstufe, restriktiver zu handhaben, so wie es ja wohl vor einigen Jahrzehnten auch schon der Fall war. In der Grundschule wäre ich für freiere Konzepte eher noch offen, wobei sich diese natürlich auch erst einmal in unabhängigen Tests bewähren müssten. Würde das nicht einige von Herrn Leppe skizzierten Probleme bereits lösen, ohne das komplette Bildungssystem umbauen zu müssen?

SE, 5. Mai 2025, 23:05 UHR

Nein. "Umbaubar" ist hier gar nichts, genau wie ÖRR. Die Schulreform"debatte" ist eine Scheindebatte, seit Jahrzehnten oder länger geführt mit absurd theologischen Abschweifungen, wie wenn zb. Biologen hier in Europa von "Wald" diskutieren, wo es seit wenigstens 400 Jahren nur noch Forst gibt. Wir sehen halt schon länger nicht mehr, was direkt vor unseren Augen ist. (Schulsystem ist ein Grund dafür.)

CARLO LF, 4. Mai 2025, 13:40 UHR

Wohl ein Plädoyer für Kinder, bei denen schon im Grundschulalter feststeht, dass sie leider stets am Rande des immer anspruchsvoller werdenden Arbeitslebens bleiben werden. Selbst ausgebildete Handwerker und Automechaniker brauchen heute auch mathematisches Basiswissen. Von MINT-Studenten muss man hier wohl gar nicht reden. Auch Finanzjongleure oder BWLer brauchen höhere Mathematik. Geisteswissenschaftler, Sozialingenieure, Journalisten und dgl. allerdings nicht...

Die ganze Problematik (auch vor dem Hintergrund der aufziehenden KI) lautet schon: der Westen schafft sich ab - oder hat sich bereits abgeschafft. Wenn man dieses "Bildungs"-Niveau mit dem aufstrebender asiatischer Länder vergleicht. Es läuft wohl darauf hinaus: eine kleine Schicht gut Ausgebildeter in technologisch anspruchsvollen Jobs mit sehr gutem Verdienst steht einer Masse gegenüber, die unfähig zu etwas anspruchsvollerer Arbeit ist und halt mit Bullshit-Jobs oder mit Stütze (die wie finanziert wird?) sich über Wasser hält. Das wird wohl spannend werden.

MARIUS, 8. Mai 2025, 00:15 UHR

Vielen Dank für die Beschäftigung mit dem so wichtigen Thema Bildung. Ich denke, dass Schule etwas völlig anderes ist als Bildung. Bilden kann sich der Mensch nur selbst. In Abhängigkeit von persönlichen Interessen und erworbenen Fähigkeiten. Jeder Mensch in seiner Individualität wird durch die Schulpflicht (Schulgebäudeanwesenheitszwang) durch ein uniformes Raster gezwungen und damit in seiner Individualität zumindest beeinträchtigt, wenn nicht geschädigt. Schule ist ein künstliches Konstrukt, bei dem sich Menschen anmaßen, vorzugeben, was viele andere Mitmenschen ungeachtet ihrer individuellen Fähigkeiten und Interessen zu lernen haben. Das Grundgesetz in §2 Abs. 1 spricht vom "Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit". Wie soll sich etwas frei entfalten können, wenn die dafür zwingend notwendige Freiheit nicht mehr existiert?

Potentialentfaltung und Interesse wecken sehe ich als vordringlichste Aufgabe an. Das nunmehr jahrzenhntelang praktizierte sogenannte Bulimie-Lernen hat im besten Fall Menschen hervorgebracht, welche vordoziertes Wissen nachplappern können. Selbständiges, hinterfragendes Denken und die Fähigkeit, kreativ Lösungsansätze zu entwickeln, ist auf der Strecke geblieben. Die frühkindliche Lebens-Digitalisierung ist m.E. neben anderen Faktoren maßgeblich für das Dilemma verantwortlich, dass sich nunmehr Bahn bricht. Eine beachtenswerte Initiative zum Thema Digitalisierung und Bildung: "Humane und emanzipierende Bildungspolitik vs. digitale Transformation"

(https://xn--die-pdagogische-wende-91b.de/wp-content/uploads/2025/02/01-aufruf-bildung_2025.pdf)

Prof. Dr. Manfred Spitzer hat sich dazu bereits vor Jahren sehr klar geäußert (der Vortrag ist aus meiner Sicht ein MUSS).

"Von der digitalen Demenz zur Smartphone-Pandemie"

(https://www.youtube.com/watch?v=MRrPbNLhEuQ)

Mathematische bzw. MINT- Fähigkeiten ergeben sich ganz von selbst. In meinem engsten Familienumfeld wurde das Interesse für die Mathematik erst zu Beginn der 12. Klasse zufällig durch einen Wechsel der Lehrperson geweckt. Das Potential konnte sich entfalten und die Person hat daraufhin erfolgreich angewandte Mathematik studiert.

Erwin Wagenhofers Film "Alphabet" kann ebenso helfen beim Aufbrechen dogmatischer Denkmuster.

"Doch die einseitige Ausrichtung auf technokratische Lernziele und auf die fehlerfreie Wiedergabe isolierter Wissensinhalte lässt genau jene spielerische Kreativität verkümmern, die uns helfen könnte, ohne Angst vor dem Scheitern nach neuen Lösungen zu suchen."

(https://www.alphabet-film.com/worum-geht-es.html)

Jedes Engagement zum Aufbrechen dieser vollkommen überholten und verkrusteten Schulstrukturen ist absolut willkommen und die Anwürfe mit Anastasia & Co. folgen für mich nur der altbekannten Methode der Kontaktschuld.

SE, 8. Mai 2025, 21:50 UHR

Es gab mal Schulen, wo Bildung passiert ist! Wir profitieren heute noch davon, sogar und vor allem die Dummen. Ist sehr lange her: die verstreuten Philosophen-Schulen der antiken Griechen. Wohl auch einige der Kampfkunst-Schulen in Asien. Laut Michael Hüter sogar in Europa im frühen Mittelalter, bis die Christen jegliche Freiheit kaputt reguliert, dh. mit Klöstern und Bibeldrill erdrückt, hatten. Hüter (Michael) erklärt weiterhin, es ist ein Riesenfehler die Schüler nach Alter zu trennen. Das allein ruiniert bereits die Bildung. Wir haben also genug historische Referenz, um einst Funktionierendes besser zu machen ...

ELSBETH KAUTZ, 15. Mai 2025, 14:45 UHR

Ich halte das Thema Schule auch deshalb für wichtig, weil jeder dieses Beschulungssystem durchlaufen hat und wir uns deshalb auch unserer eigenen Konditionierung bewusst werden können. Als Nachtrag zum Interview mit Ricardo Leppe, will ich doch noch die Gelegenheit nutzen, um an Ivan Illich und seine Streitschrift „Entschulung der Gesellschaft“ zu erinnern. Die deutsche Erstveröffentlichung gab es 1972, selbst habe ich das Buch um 1995/96 in die Hand bekommen. Ich war damals Teilnehmerin an seinen Wintervorlesungen an der Bremer Uni, bis dahin wusste und kannte ich nichts von ihm.

Auf der Rückseite der 4. überarbeitete Auflage von 1995 kommentiert der Verlag C.H. Beck, dass nach Illich „die Schulen der hochindustrialisierten Gesellschaft alles andere als Orte der Bildung sind. Vielmehr erkennt er in der Schule das wirksamste Instrument zur Vorbereitung der Kinder auf ein entfremdetes Leben unter Leistungs- und Konsumdruck. Angesichts dieser ernüchternden Diagnose plädiert Illich dafür, die sogenannte Pflichtschule durch ein Netz 'kommunikativer, geselliger' Institutionen zu ersetzten, die allen in jedem Alter ein freies und schöpferisches Lernen ermöglichen.“

Wie schon in seinem Buch „Die Nemesis der Medizin“, vielen vielleicht aus der sogenannten Coronazeit noch als Titel bekannt, wird hier radikal (an der Wurzel!) jegliche Institutionalisierung als Grundproblem ausgemacht. Denn solche Institutionen wie Schule, Gesundheitswesen usw. liegen immer in der Hand von noch mächtigeren Gebilden mitsamt ihren Experten. Und ich möchte anfügen, dass wir uns auch selbst an die Nase fassen müssen, weil wir immer Mitspieler sind, ob wir wollen oder nicht. „Wir“ sind daran gewöhnt (worden) und wollen auf vieles nicht verzichten. Die einen nicht auf ihre E-Bikes, die anderen nicht auf ihre Smartphones oder die Kreuzfahrt. Und deshalb sollen Kinder weiterhin standardisiert und beschult werden? Damit am Ende ein paar MINT-Studenten herauskommen?

Zitat Illich in „Entschulung“: „Die Schule ist die Werbeagentur, die einen dahin bringt zu glauben, man brauche die Gesellschaft so, wie sie ist.“ (S. 154) Was tun? Vielleicht hilft „Selbstbegrenzung“? Auch das ein Titel von Ivan Illich. Zum Einsteigen und weiterdenken mit oder nach Illich siehe auch Thierry Paquot: Ivan Illich. Denker und Rebell. München 2017. Abschießend fällt mir bei der Frage, warum wir das alles mit uns machen lassen, Jaques Ellul ein. Ellul und sein Werk „Propaganda“ wurden hier auf Multipolar schon besprochen. Die beiden kannten sich, 1993 hielt Illich eine Laudatio zu Ehren Elluls.

(Link: https://www.pudel.samerski.de/pdf/Illich93HONORPU.pdf)

CAROLIN NEUBAUER, 15. Mai 2025, 21:45 UHR

Danke für Ihren Kommentar und den Hinweis auf den mir bisher unbekannten Herrn Illich!

MATTHIAS BARON, 5. Mai 2025, 09:30 UHR

Die Weitergabe von Wissen. Ein zentraler Aspekt jeder Gesellschaft. Hierzulande gibt es Schulpflicht für Kinder ab 6. Frühes Aufstehen ist eine Kulturleistung, die nicht zu spät eingeübt werden darf. Der Zustand des Bildungssystems ist desolat. Die Studierfähigkeit von Abiturienten in einem technikaffinen Fach kaum noch gewährleistet. Gerade in Mathematik ist die Situation prekär. Ein Blick in aktuelle Mathe-Schulbücher lässt einen die Haare zu Berge stehen. Da werden auch andere Lerntechniken nichts daran ändern, auch wenn sie die Hälfte der Zeit ersparen...

SE, 5. Mai 2025, 00:00 UHR

Im Gegenteil: die angestrebte "Weitergabe von Wissen" funktioniert /so/ nicht. Weil: hätte lange passieren müssen bei so viel Pflicht. Es ist Zeit, das mal einzusehen! Details schrieb Michael Hüter in seinem Buch "Kindheit 6.7" nieder.

SE, 5. Mai 2025, 23:15 UHR

Nach Michael Hüter seinem Buch, genannt Kindheit 6.7, ist jedenfalls mir klar: das wird nichts! WENN wir wirklich wollen, dass das Bildungsniveau der Menschheit wieder mit "Bildung" bezeichnet werden kann, dann MÜSSEN wir den Kindern zunächst mal erlauben, wieder Kinder zu sein. D.h. ihnen ihre Kindheit zurückgegeben, die sie seit Jahrhunderten (!) nicht mehr haben dürfen, wegen all der Beschulungsmaßnahmen.

Das "!" im Satz oben soll andeuten, dass es derzeit fast keine Menschen gibt, die eine echte Kindheit hatten ... auf dem Planeten - so viel beschult haben wir. (Ich weiß: das ist für Beschulte äußerst schwer bis nicht vorstellbar; da riskieren gleich mehrere Weltordnungsbilder den Einbruch...)

DIETER R., 7. Mai 2025, 12:15 UHR

Ok, ich persönlich glaube immer noch, dass man in diesem Land ein besseres System hinbekommt, was das Zusammenleben der Menschen geschickter und weitesgehend demokratisch regelt und glaube eher nicht, dass wir uns im Sonnensystem nach alternativen Planeten umschauen sollten. Allerdings wird die Zahl der Verzweifelten in meinem Umkreis größer, die meinen, dass die Menschheit oder spezifischer die Deutschen einfach zu dumm sind, um zu bemerken, wie krass verarscht sie grade werden und das wir eben nicht in einer Demokratie leben, sondern in einer Oligarchie, wo wenige über viele herrschen. Größer wird auch die Zahl, die ihr Geld und sogar ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen, weil Sie keine kurzfristige Hoffnung für Deutschland mehr sehen und befürchten, dass die nächsten Jahre sehr hart werden.

Ich glaube, letzteres wird ja auch bei Multipolar eindrucksvoll thematisiert, das systematische Versagen deutscher Behörden, die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich, sinnlose Kriegstreiberei statt Diplomatie, unfähige, ideologische Politiker, Zerstörung der deutschen Industrie mit der Folge einer steigenden Arbeitslosigkeit und sinkendem Wohlstand, Bildungsmisere, die Liste ist lang und wird immer länger. Die Widersprüche verschärfen sich quasi im Monatstakt. Der Systemkollaps ist doch eigentlich schon fühlbar, oder?

Mal die Frage an alle: Wie viele glauben denn, dass die Dinge mit der jetzigen Regierung besser werden. Fast alle, die ich diesbezüglich befrage, beantworten diese Frage negativ. Nur in der Konsequenz, was daraus folgt, gibt es noch zu viele Zauderer und Ängstliche, die sich nicht exponieren wollen oder lieber abwarten. Trotzdem wird die Zahl der "Aufgewachten" größer, auch wenn die Zahl "der Handelnden" noch zu klein ist. Diese Zahl wird aber auch größer werden müssen, zwangsläufig. Die derzeit Mächtigen werden aber alles tun, um ihr System zu erhalten, das heißt, die Unterdrückung und Bestrafung von nicht vom System abgesegneten Meinungen wird ebenfalls immer krasser werden. Erleben wir derzeit auch, digitale Vollkontrolle sage ich nur...

Notfalls werden Zwangsmaßnahmen auch mit dem Mittel Krieg durchgedrückt. Alles sehr unschön und alles absehbar. Nur was ist die Alternative? Wir müssen doch endlich über Alternativen reden, die Mehrheiten finden und als Leitbild wirken können. Ich sehe folglich als eine der Hauptziele der nächsten Zeit an, diese gesellschaftlichen Alternativen zu benennen zu diskutieren und Wege zu suchen, diese umzusetzen.

Ihr Argument SE, dass Menschen zum selbstständigen, unabhängigen Denken erzogen werden, würde ich übrigens 10 x unterschreiben....

SE, 7. Mai 2025, 20:30 UHR

Ich kann sowas hier nicht beobachten. Es gibt keinen Willen, irgendetwas einzusehen oder wenigstens die Frage wahrzunehmen. Versuche seit 5 Jahren der Stadtverwaltung klar zu machen, dass Rasen mähen absurd schädlich für den Planeten ist, sinnlos und Geld kostend, und durch einfaches Nichtstun leicht abstellbar, zum Wohl von Natur und Mensch. Dabei sage ich nichts Abstraktes wie Demokratie oder Weltraum, sondern beschreibe, was jedes Auge hier lokal sehen kann und daher auch sieht. Nicht mal so gibt es Willen zu bemerken, was die eigenen Augen sehen. "Das Gras muss weg." und "Sie müssen sich bei der Stadt beschweren." ist alles, was an Sprache aus dem ausführenden Personal rauskommt. Von "der Stadt" selbst kommt kein Wort. Jeden Frühling-Sommer-Herbst wird auf exakt dieselbe Weise durchgemetzelt, der Mähflächeneinsatzplan abgehakt - es interessiert nicht mal, ob Gras nachgewachsen ist. Die mähen auch Staub, Schnee, Luft und Maulwürfe. Einsatz ausgeführt.

Ich beschreibe das, weil bereits hier ein Geisteszustand sichtbar ist, der mit Worten absolut unerreichbar ist. Diese Hirne sind komplett im Unterwerfungsmodus, wissen nicht, was ein eigener Gedanke ist, das ein Mensch sowas haben kann. Interessiert auch nicht. Mit solchen Leuten ist überhaupt keine Gesellschaftsform möglich, ausser der Despotie: Drohung und Befehl wird "verstanden", sonst nichts. Zusammenleben gibt es nicht. Es gibt nur Dahinexistieren. Diese Leute machen auch Krieg mit, genauso wie sie Rasen mähen.

DIETER R., 8. Mai 2025, 15:40 UHR

Hm, das ist echt bitter. Ich teile Ihre Frustration, dass es zu viele "Untertanen" gibt, die offensichtlich gerne beherrscht werden wollen... Dann würde ich Ihnen empfehlen, andere Kreise/Netzwerke zu suchen. Man will ja auch mal mit Gleichgesinnten sprechen. :-)

DIETER R., 6. Mai 2025, 10:00 UHR

Ok SE, ich bin ja bei vielen Bemerkungen bei Ihnen. Nur was ist denn Ihr Weg? Das heißt, was ist Ihr Plan, um aus dem ganzen Dilemma in dem wir stecken wieder rauszukommen? Sie haben ja andeutungsweise von digitaler Währung gesprochen als Alternative zum derzeitigen vom Staat kontrollierten Geld, Sie haben in einem der Kommentare zur Demokratie auch sehr grundsätzlich argumentiert, bei der Bildung werden Sie wieder sehr grundsätzlich. Was ich ja nicht falsch finde, ich finde den Gerald Hüther auch sehr lesenswert....

Nur ich habe den Eindruck, dass Sie eine fundamentale Änderung möchten. Nicht dass ich das in vielen Punkten nicht auch gern hätte. Nur glaube ich, ist die Zeit dafür noch? nicht reif. Und die Frage ist überhaupt, ob große fundamentale Schritte überhaupt richtig sind, weil diese auch wieder Fehlerpotential in sich bergen. Vielleicht wäre ein Weg der kleinen Schritte bei den Medien, bei der Bildung, im Gesundheitssystem usw. sinnvoller? Ich laß mich allerdings auch gerne von Ihrem Plan überzeugen.....wenn Sie einen solchen haben und dafür sehr valide Argumente haben.

SE, 6. Mai 2025, 00:00 UHR

@Dieter R., ja, sehr richtig: ich schreibe immer grundsätzlich. Das ist der einzige Weg aus dem Dilemma - falls es überhaupt einen gibt! Zeit haben wir nicht, weil "wir", die Menschheit, seit Jahrhunderten Probleme aufschieben und vergrössern statt zu lösen.

Unser wirkliches Problem: Musk hat recht! Die /einzige/ Überlebenschance als Spezies hier in diesem Sonnensystem und Universum ist multiplanetar zu werden. Entweder sterben wir durch selbstverschuldeten Mist aus oder durch ein kosmisches (natürliches) Ereignis. In der Zeit ist mindestens letzteres eine Sicherheit. Ist allerdings keine Erkenntnis von Musk, sondern von Nichtwahnsinnigen wie Carl Sagan. Hier geht das Problem mit der Zeit weiter: "wir" haben locker 50 Jahre mit Nichterforschen des Sonnensystems vergeigt. Nun sind Menschen wie Musk dabei, dies per Brechstange zu machen. SF-Literatur ua. ist voll absurder Überlebensrisiken, die das mit sich bringt. "Wir" überlassen es ein paar Wahnsinnigen, genau diese Risiken für /alle/ einzugehen!

Das kann nur sein, weil "wir" Demokratie seit 2000+ Jahren nicht machen und seit ~250 Jahre akut nicht machen. Aufklärung ist nicht passiert auf der Ebene Menschheit! Was direkt an Bildung liegt: Demokratie ohne Selbstdenkfähigkeit funktioniert nicht.

Nun beobachten wir direkt an den Bürokraten - die ua. Zwangsbeschulung verbrochen haben - dass lesen und rechnen ungeeignet sind, um Bildung zu messen oder herbeizuführen. Wer lesen und rechnen kann, kann nicht automatisch selbstdenken! Anno 2025 lebt die Menschheit im Zustand, wo die Denkunfähigsten Universitätsabschlüsse haben oder mit Titeln herumlaufen. Hier schliesst sich ua. der Kreis mit Geld: wer finanziell beherrscht wird, /kann nicht/ Demokrat sein, da er beherrscht wird. Demokratie erfordert, kompromisslos Herrscher zu SEIN.

Schon das begreift fast keiner. Wer Demokrat sein will, der MUSS wirkliche Herrschaft ausüben, auf dezentrale Weise. Was erfordert einiges mehr zu begreifen: der Demokrat muss de facto als Herrscher über 8 Millarden Menschen denken und entscheiden - "denn ich muss es verantworten" wie Kant formulierte. Er muss begreifen, kein Einzelherrscher zu sein, den anderen nicht vorschreiben zu können, aber dennoch JEDE Entscheidungen treffen, als ob das persönliche Leben dem der 8 Milliarden entspricht. DAS ist die wahre Anforderung der Demokratie an den Einzelnen!

Ist nicht ansatzweise umsetzbar wie "wir" das bisher scheinversuchen. Fehlerpotential stellt sich nicht mehr. "Wir" leben uns bekannte Fehler bereits viel zu lange - meist auf Teufel komm raus, bis die Natur befielt: Schluss! Aber genau so funktioniert der Kosmos nicht. Tot wegen doof vs. Bildung als Überlebensstrategie ist wohl die einzige Chance, die Homo Sapiens hat. Jetzt oder nie.

CAROLIN NEUBAUER, 6. Mai 2025, 11:10 UHR

Danke für das Interview mit Ricardo Leppe, welches ein wichtiges Thema beleuchtet. Er ist mir persönlich nicht 100% sympathisch (was an seiner Art liegt, nicht an den Anastasia-Büchern), aber es braucht Menschen wie ihn - und beispielsweise auch Bertrand Stern oder den erwähnten Michael Hüter - um die festgefahrene Denkweise über Lernen und Bildung aufzubrechen. Die Frage ist doch: In was für einer Welt möchten wir leben? Denn WIR gestalten sie. Sollen sich die Menschen immer weiter verbiegen, um in eine unwürdige Arbeitswelt zu passen, die dem Kapitalismus unterworfen ist? Viel besser ist es doch, Visionen zu formulieren, wie eine Gesellschaft aussehen kann, in der Menschen wieder „artgerecht“ aufwachsen und leben können.

Der grundsätzliche Irrtum des jetzigen Bildungssystems ist der, dass man junge Menschen füllen muss mit Bildung und Wissen, zur Not mit Zwang. Wahr ist jedoch, dass Menschen einen natürlichen Wunsch nach Weiterentwicklung, Bildung und Lernen haben, ebenso danach, sich sinnvoll in die Gesellschaft einzubringen. Dass das momentan nicht bei allen der Fall ist, ist das Symptom einer kranken Gesellschaft. Wir müssen von Grund auf neu denken und handeln. Ja, auch in Zukunft werden wir Mathe-Genies und Technik-Cracks brauchen, denn Technik und KI werden eine große Rolle spielen. Diese Menschen wird es auch immer geben, sie können und werden sich aber aus ihrem eigenen Antrieb dazu entwickeln und weiterbilden. Wenn wir uns mal den Kapitalismus, das Geldsystem, das völlig verdrehte Wirtschaftssystem und die absurd überbordende Bürokratie wegdenken (alle sind langfristig überflüssig) - was bleibt noch an wirklich wesentlichen Bestandteilen für eine gesunde Gesellschaft? Lebensmittelproduktion, Produktion von nötigen Sachgegenständen, Bau, Infrakstruktur, Logistik, Energiegewinnung, Medizin & Heilung, Forschung & Technik, Kunst & Kultur, wesentliche Dienstleistung…

Ein paar Sachen hab ich jetzt bestimmt vergessen. Aber es wird so viel wegfallen! All die furchtbaren Jobs, die nur dem Geldsystem und der Bürokratie dienen. Dadurch würde so viel Energie frei werden, die für sinnvolle Dinge für Mensch & Umwelt genutzt werden kann. Also ich würde mich auf so eine Zukunft freuen. Und wie der Weg dahin aussieht? Von den Politikern wird er nicht gegangen werden. Wir Menschen müssen das selbst in die Hand nehmen. Kleine Projekte starten. Uns nicht alles gefallen lassen. In Gemeinschaften werden Utopien ausprobiert, das ist ein wesentlicher Schritt. Es wird dauern und nicht alles können wir schon sehen und vorhersagen, aber es wird möglich sein.

AXEL R. KLEIN, 7. Mai 2025, 06:25 UHR

Die allgemein bekannten Kritiker der Gesellschaft, deren Abbild das Schulsystem ist, waren nur begrenzt erfolgreich und das Bestreben, die Menschen dazu zu befähigen, "den eigenen Verstand ohne Anleitung anderer" zu nutzen, bleibt (hoffentlich) die Gemeinsamkeit. Wie wenig diese Gemeinsamkeit gegeben war, zeigte Corona deutlich: Je länger die formale Bildung durchlaufen wurde, übrigens egal ob in der DDR oder in der BRD, desto schwächer war die Bereitschaft den eigenen Verstand zu verwenden. Man erinnere sich nicht nur an Lauterbach, sondern auch an die Befragung der Frau Bundeskanzler Merkel durch den Abgeordneten Münstermaier im Bundestag (Plenarprotokoll 19_235/30424).

Wer dieses sinnlose Geschwafel liest und im Video (https://www.sebastian-muenzenmaier.de/muenzenmaier-konfrontiert-kanzlerin-mit-neuesten-forschungsergebnissen/) sieht und hört, zudem die Stellen betrachtet, die von Abgeordneten mit Applaus bedacht werden, weiß, wo wir stehen. Die Schulsysteme beider Staaten nicht mitursächlich für diese Verhältnisse zu betrachten ist weltfremd. Hier ist einer von vielen Neuanfängen nötig und wenn ich Herrn Leppe richtig verstehe, versucht er den Schulneuanfang aus dem Bestehenden zu entwickeln. Denn auch die Reformschulansätze haben den Coronatest mehrheitlich nicht bestanden. Plötzlich war auch dort der Gehorsam gegenüber Regelungs-Schwachsinn wichtiger als das Kindeswohl.

Lieber Herr Leppe! Weiter so und lassen Sie sich von denen, die die eigene Deformation durch ihr Schulsystem nicht einmal ahnen, nicht aufhalten.

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